Anzeigen:
Sie sind hier: Forum >> Schüler & Studenten >> Gruppenangebot in der Psychiatrie

Diskussionsforum

Gruppenangebot in der Psychiatrie

Optionen:
24. November 2009 14:40 # 1
Registriert seit: 03.01.2006
Beiträge: 32

Hallo!
Derzeit bin ich auf einer Station für suchtkranke Patienten tätig (Entgiftungsstation).
Habt ihr eventuell eine Idee, was für ein Gruppenangebot (eher kompetenzzentriert und Konzentration, Handlungsplanung, Selbsteinschätzung usw. fördernd) ich da mal anbieten könnte?
Habt ihr bei verschiedenen Projekten - in die Richtung - evtl. gute Erfahrungen gemacht? Bzw. Tipps für mich?
Danke!
24. November 2009 22:22 # 2
Registriert seit: 13.05.2008
Beiträge: 382

Geändert am 09.01.2010 21:36:00
Hallo Gieselaa,

Klienten in der Entgiftungsphase sind einer Beschäftigungstherapie oftmals noch schwer zugänglich, weil sie damit beschäftigt sind, Entzugserscheinungen auszuhalten /abzustellen / zu verdrängen - je nach Medikation und therapeutischem Ansatz. In den Tagen der Entgiftung "kommen sie an", was sich auch darin widerspiegelt, dass viele während dieser Zeit wieder gehen, weil ihnen die Identifikation mit dem Ziel "clean werden" nicht gelingt.

Ich denke, dass es wenig Sinn macht, in dieser Zeit Projekte anzuschieben, denn die Arbeit innerhalb dieser Sozialform setzt ein höheres Maß an Teamfähigkeit des Einzelnen voraus, also eine schon gefestigte Gruppe in relativ stabiler Zusammensetzung. Vielleicht hast du mit dem Begriff "Projekte" aber auch einfach Themen gemeint, an denen man arbeiten kann?

Wichtig finde ich für diese Zeit, dass die Klienten beim "Ankommen" unterstützt werden, also solche Beschäftigungsangebote ausgewählt werden, die Sinn für den Alltag auf Station machen. Das kann das Einrichten des eigenen Zimmers oder des Gruppenraumes für bestimmte Aktivitäten sein, die Aufstellung und Visualisierung von Regeln und Normen oder Tagesplänen, gemeinsames Tischdecken, das Stationswäsche -in -den -Schrank- räumen oder die Planung des Wochenendes, die Gestaltung des eigenen Namensschildes für die Zimmertür (wenn dem datenschutztechnisch nichts im Wege steht), die Entspannungsübung bei psychosomatischen Beschwerden usw.

Durch die Wahl der Sozialform "Einzelarbeit in der Gruppe" oder "Gruppenarbeit" ist es möglich, kompetenzzentriert zu arbeiten bzw. die Interaktion zwischen mehreren Klienten anzubahnen und dadurch gruppendynamische Entwicklungen in Gang zu setzen. Immer dann, wenn reflektierend gearbeitet wird - und das ist bei der Anbahnung von Regeln und Normen des Gemeinschaftslebens immer erforderlich - arbeitest du gleichzeitig an der Selbsteinschätzung des Einzelnen, denn das Selbstbild wird in der Reflektion mit dem Fremdbild (Gruppe, Therapeut, Personal, ...) verglichen und optimaler Weise in Übereinstimmung gebracht bzw. in kleinen Schritten optimiert.

Das A und O in dieser Phase der Rehabilitation ist konsequentes und stets begründbaresTherapeutenverhalten (Therapeuten sind hier alle am Prozess des Pflegens, Betreuens, Therapierens beteiligte), also die Vermittlung und Durchsetzung von Regeln bzw. die zeitnahe Sanktionierung bei positiven und negativen Abweichungen vom bisher gezeigten Verhalten des Einzelnen. Und dazu eigenen sich nun mal am besten Alltagshandlungen - weil diese immer "anfallen" und deshalb häufiges und wiederholendes Üben möglich machen. Im Übrigen kosten sie meist auch nichts oder wenig (- was den Betriebswirt freut).

Wenn du an Handwerk und gestalterische Arbeiten gedacht hast, dann empfehle ich dir Materialien und Aufgaben so zu wählen, dass eine Identifikation möglich wird, Misserfolge passieren dürfen (also wenig kostenintensiv), denn diese Misserfolge und die Reflexion darüber gehören dazu und können nicht dauernd vermieden werden, nur weil das Material so teuer war und man "ja nicht dauernd neues bestellen darf".

In Dreiergruppen kann man beispielsweise aus längs gefalteten und eingekleisterten Zeitungsseiten (wie Streifen) Körbe "flechten", die nach dem Trocknen mit Latexbindemittel und Farbe gestrichen werden und ausgesprochen haltbar sind. Diese könnten für den Einzelnen als Aufbewahrungsmittel für persönliche Sachen oder als "Übertopf" für den Gruppenraum genutzt werden ,... Für Weihnachten kann der Stationsbaum geschmückt und es kann der Weihnachtsschmuck hergestellt werden. Wichtig ist, dass Erfolge der Arbeit unmittelbar sichtbar werden, der Erfolg der Arbeit also nicht erst Tage später fassbar wird, denn soweit reicht die Identifikation dann meistens noch nicht.

Gruß, Ergo 05

Optionen:

nach oben scrollen