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Wenn Kind gegen sich Gewalt anwendet

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28. August 2010 08:29 # 1
Registriert seit: 14.03.2010
Beiträge: 271

Hallo Ergos,

ich habe gerade einen 6 jähigen Jungen. Er ist allgemein Entwicklungsverzögert. Ich hab ihn im Moment nur in den Ferien, weil er sonst in einer Vollzeit Schule ist, für schwer erziehbare Kinder.
Das Kind ist wirklich in allen Bereichen auffällig, Grobmotorisch wie Feinmotorisch, Sprache (bekommt auch Logo)....
Ich versuche auch wirklich einfache Aufgaben zu machen bzw. immer nur ein Therapiemedium zu benutzen. Therapie geht gut, ca. 20 min. Danach wird er richtig aggresiv gegen sich selbst und will zur Mama. Mutter ist immer im Wartezimmer, also er kann sie sehen, wenn wir z.b. von einem zu anderen Raum gehen oder er kann mal kurz aus der Tür schauen.

Diese Ausbrüche sind echt heftig, er haut z.B. den Kopf gegen die Wand, den Tisch oder sonst was. Schlägt sich selbst ins Gesicht, würgt sich, und lässt sich absolut nicht beruhigen. Anfassen (trösten/beruhigen) darf ich ihn nicht. Teilweise zieht er sich auch aus. Er verweigert auch imm wieder Dinge, setzt sich in die Ecke und reagiert auf nichst mehr.

In der letzten Therpie hat er seine Socken ausgezogen. Das war kurz vor Ende der Therapie. Bis dahin lief es auch gut. Als ich ihm dann erklärt habe, dass man seine Socken hier nicht einfach ausziehen darf, und er sie wieder anziehen soll (ich ihm auch helfen könne), hat er auch wieder angefangen, wie oben beschrieben. Mutter wollte auch das er die Socken wieder anzieht, weil die Therapie zu Ende war und sie nach Hause wollten. Nun spielte sich das oben genannte im Wartezimmer ab, weil der Junge sein Socken eben nicht anziehen wollte...er lies sich über 15 min weder von der Mutter noch von jemand anderst beruhigen...danach hat er die Socken angezogen, wie wenn nichts gewesen wäre...

Ich habe das Gefühl, dass er die Gewalt gegen sich, als "Druckmittel" nimmt. Grenzen bekommt er von den Eltern keine. Ich habe auch seine Schwester in Dauerbehandlung...

In der Familie selbst war lange das Jugendamt, weil die Eltern sich nicht richtig um die Kinder gekümmert haben. Sie waren wohl ziemlich verwarlost und auch unterernährt...es ging fast so weit, dass die Kinder zu Pflegeeltern gekommen wären... aber für beide wurde dann eine Ganztagseinrichtung gefunden...

Ich weiß nicht so genau, wie ich mit dieser Gewalt umgehen soll....die Therapie wäre sehr wichtig für ihn...

Grüße Stern87



28. August 2010 11:30 # 2
Registriert seit: 17.05.2007
Beiträge: 142

In welchen Situationen kommen diese "Wutausbrüche"?
Hast Du schon einmal mit der schule gesprochen?

28. August 2010 15:13 # 3
Registriert seit: 19.05.2006
Beiträge: 542

Geändert am 28.08.2010 15:16:00
Bei einem so starken autoaggressiven Verhalten dieses Kindes sollte ganz dringend eine Vorstellung bei einem Kinderpsychologen erfolgen!!!
Es ist ganz schwierig, dir einen Rat für deine Arbeit zu geben, aber vielleicht solltest du während deiner Therapieeinheit immer eine Möglichkeit parat haben, damit das Kind die Aggressiionen umleiten kann, zum Beispiel über das Zerreißen einer Zeitung, Boxsack oder ähnliches. Ich würde auch versuchen, die Gefühle des Kindes zu verbalisieren, denn diese Kinder haben sehr oft Schwierigkeiten, die Gefühle zu verbalisieren.
Das meine ich ungefähr so, dass du, wenn er mit Autoaggressionen reagiert du versuchtst, z. B. seine Aufmerksamkeit zu bekommen und dann zu sagen: Ich habe grad das Gefühl dir geht es nicht gut und du bist richtig sauer!!! Erlaube ihm auf alle Fälle das Ausleben seiner Gefühle, aber eben nicht gegen sich selbst, sondern umgeleitet

Und wie gesagt, ganz ganz dringend psychologisch vorstellen!!!

lg

29. August 2010 08:45 # 4
Registriert seit: 14.03.2010
Beiträge: 271



Kind hat eine psychologische Betreuung in der Schule.
Leider kann ich gerade nicht mit der Schule reden, da bei mir noch Ferien sind (Baden-Württemberg).

Es kann z.B. vorkommen, wenn wir uns den Ball zuwerfen, er fängt an quatsch zu machen, und wirft den Ball gegen Gegenstände die auch kaputt gehen könnten. Ich sag zu ihm, dass er dies bitte lassen soll, weil die Sachen eben kaputt gehen könnten....und dann fängt er an, legt sich auf den Boden, schreit wie am Spieß, haut den Kopf auf den Boden....etc.
Ich komm leider in diesen Minuten überhaupt nicht zu ihm durch. Er reagiert auf nichts mehr.
Er kann mir danach auch nicht erklären, warum er das tun musste, ob ihn was gestört hat, ob ihm was nicht gepasst hat...keine Antwort darauf.


29. August 2010 15:43 # 5
Registriert seit: 05.04.2010
Beiträge: 894

das klingt für mich nicht nach einem schulpsychologischem problem, sondern nach einer tiefgehenden störung, die unbedingt eine intensive diagnostik erfordert. vielleicht auch teil- bzw. vollstationär.
wenn er bei dir bereits bei solchen lapalien ausrastet, ist es meiner meinung nach nicht nur schlechte erziehung oder aufmerksamkeitssuche. rede mit den eltern und empfehle ihnen einen guten kinder- und jugendpsychiater.

30. August 2010 06:05 # 6
Registriert seit: 05.03.2003
Beiträge: 562

.....nicht das kind ist die ursache, das "problem" ist die mutter und das verhältnis zwischen den beiden......(auch mit der schwester)
für den jungen geht es ums überleben...der hatte ängste zu sterben ..... zu verhungern ..... und er kann nur mit seiner mutter überleben.
kannst du dir vorstellen, wie groß seine angst ist??
psychologe und co....glaub nicht das die da helfen können....
angst ist das "problem"...ich würde der mutter jemanden empfehlen, der sich in spiritueller heilarbeit mit kindern auskennt.
wo ist dein ergotherapeutisches Ziel (Dauerbehandlung).................
hast du schon mal klänge ausprobiert oder trommeln oder musik ???
sag ihm ,dasdu ihn magst und zeige ihm das. dann wirds euch beiden leichter .

Liebe grüße
claudia


31. August 2010 10:05 # 7
Registriert seit: 23.06.2010
Beiträge: 55

Zitat:

...ich würde der mutter jemanden empfehlen, der sich in spiritueller heilarbeit mit kindern auskennt.
Liebe grüße
claudia


Eine Empfehlung zum Kinder- und Jugendpsychiater halte ich dann doch für sinnvoller, da ist intensive Elternarbeit mit einbezogen.

LG, mara8

31. August 2010 17:38 # 8
Registriert seit: 31.03.2005
Beiträge: 6

Geändert am 31.08.2010 17:44:00
Das Kind braucht psychiatrische / psychologische Hilfe

Sorry für die knappe Antwort...
ich hatte grade richtig viel und ausführlich geschrieben, und als ichs abschicken will ist der ganze Text weg. Jetzt bin ich gefrustet....
Ich versuchs nachher nochmal
31. August 2010 18:34 # 9
Registriert seit: 18.07.2009
Beiträge: 74

Ich arbeite in einer Einrichtung die genau solches Klientel, nur dass diese schon erwachsen sind. Dein beschriebener Fall klingt aber Orginal nach meinen Bewohnern.

Diese haben diagnostisch zwei Hintergründe:
- Zuviel Aufmerksamkeit durch Andere -> Bild des überbehüteten Sorgenkindes, welches keinerlei Grenzen bekommt und seinen Willen bekommen will, teilweise mit plötzlich eingesetzten Grenzen durch Erziehungsberechtigte und dann folgenden krampfhaften Versuchen -aggressives Verhalten
- Zu wenig Aufmerksamkeit durch Andere -> teilweise Vernachlässigung oder Misshandlungshintergrund, oft der Versuch Aufmerksamkeit um jeden Preis auf sich zu ziehen und wahrgenommen zu werden.

Ich arbeite dort jetzt fast ein Jahr. Und ich hab ein paar mögliche Arbeitsweisen, die funktionieren, für mich fixiert:
- Klare Grenzen
- Anpassung der Umwelt an den Klienten (nicht umgekehrt!).
- Gezielte Aufmerksamkeit
- positive Verstärkung bei gutem Verhalten (Verstärker- oder Tokenplan)
- Nichtbeachtung bei Fehlverhalten (Löschen)


Eins ist ganz klar: Das Kind erreicht ein Ziel ganz sicher: Du kümmerst dich um es, wenn es autoaggressiv ist. Sprich es erhält Aufmerksamkeit.
Bei uns wird eine Autoaggression gelöscht, die nicht mit einer Verletzung einhergehen kann (mit der Hand an den Kopf haun sieht böse aus, tut aber nichts weh). Das Verhalten bessert sich oft. Die Klienten können auch einfach an den Händen festgehalten werden.


Es gibt da viele Möglichkeiten. Gerade bei einem Kind in dem Alter sollte man schnell eingreifen, bevor sich das Verhalten festigt.... Und vorallem: Medikamente sind die letzte, nicht die erste Lösung!

Hoffe ich konnte helfen
Mirri

31. August 2010 20:16 # 10
Registriert seit: 08.02.2010
Beiträge: 122

Ich denke auch, eine vorstellung beim Psychologen kann ja nicht schaden.... da du ja vermutest das er die aa als druckmittel verwendet, nehmt ihm dieses doch einfach mal wie oben ja schonmal gesagt wurde...

also erstmal würde ich in den ersten Einheiten die Sachen die kaputt gehen können nicht in dem Raum lassen,indem du Ball spielst...und dann kannst du ja wieder was reinstellen, wenn er wieder mit dem Ball dagegen wirft, sagst du ihm wie gewohnt das du das nicht möchtest, da der Gegenstand ja kaputt gehen könnte.
Wenn er dann wieder seine Ausraster kriegt, dann setzt du dich auf den Boden, behälst ihn im Auge und beschäftigst dich mit dem ball. Dazu sagst du das du wartest bis er sich wieder beruhigt hast..und dann: wartest du eben......es wäre eine Möglichkeit die aa zu reduzieren, viel Erfolg und viel Kraft!!!! Ach so..wenn ersich beruhigt hast und ihr noch zeit habt, spielt ihr einfach weiter und zum Schluss lobst du ihn noch dafür das er es geschafft hat sich so toll zu beruhigen

lg, sara

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Ich kann nur unter Druck lernen.........
drückst du mich???
1. September 2010 20:12 # 11
Registriert seit: 31.08.2010
Beiträge: 15

Lieber Stern87,

ich würde nicht das Kind zum Psychologen oder zum Psychiater schicken und schon garnicht der Mutter einen solchen Weg vorschlagen, weil die Eltern nur positve Bestätigung an sich heran lassen. Alles was ein negatives Bild erzeugt, beziehen solche Eltern meist au sich und handeln dann schon garnicht, sie sind ja auch keine Therapeuten.

Ursachen sind nicht allein beim Kind zu suchen, sondern im Umfeld, Bezugspersonen etc. zu finden. Ich würde selber als Therapeutin den Kontakt erstmal zu anderen suchen: mit dem Kinderarzt zum Beispiel, mit dem Schulpsychologen und konkrete Fachfragen stellen, um ein interdisziplinäres Netzwerk evtl. zu schaffen. Ich würde auch einen Psychiater kontaktieren, immerhin sind sie auch Fachkollegen von uns, und um Lösungsvarianten und Umgang mit solchem Verhalten sammeln und erfragen, bevor ich selbst zur Tat schreite. Lass Dir auch Zeit damit. Woppen kann man in solch schwierigen Situationen und mehrschichtigen Problemen nichts in einer Woche. Ebenfalls Kollegen befragen, immerhin zeugt das auch von eigener Kompetenz,wenn man Unsicherheiten zugibt oder auch sagt: das kann ich nicht.

Du wirst ALLEIN kein zahmes Kind schaffen (ist ja garnicht deine Aufgabe). Aber deine Bemühungen sind sehr lobenswert und schult deine Berufserfahrung.
Lass dich doch vielleicht mal nach Hause zum Kind einladen. Vielleicht hat das Kind soviel Vertrauen.

Ich würde gern mehr erfahren, im Laufe der Zeit.

Liebe Grüße

1. September 2010 21:51 # 12
Registriert seit: 08.02.2010
Beiträge: 122

also das man sich mit den anderen Berufsgruppen (Erziehern, Ärzten, usw...) in Verbindung setzt, habe ich so oder so angenommen. Sonst ist eine "allumfassende" Behandlung ja unmöglich.

Das man den Eltern gegenüber behutsam sein muss, ist natürlich richtig. Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht das es gut ist die ungeschminkte Wahrheit zu sagen. Die ELtern können ja nur was ändern wenn sie wissen was und vorallem wie.....naja und natürlich wenn sie es wollen!

lg
sara

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4. September 2010 09:51 # 13
Registriert seit: 14.03.2010
Beiträge: 271

Erstmal danke, für die vielen lieben Antworten und auch Emails!

Also, diese Woche lief es mit dem Jungen zwei Mal richtig gut, dass eine Mal hat er nur am Ende der Therapie, wos ums aufräumen ging los gelegt, und beim anderen Mal war gar nichts.... jedoch beim 3 Mal wars wieder ne reine Katastrophe...

Beim 3. Mal wars so, dass er vor der Praxis (vor der Therapie) große Steine auf die Bodenplatten geworfen hat. Meine Kollgegin hat dies gesehen und ihn gebeten dies zu lassen...nunja, dann fing das Ganze schon vor der Therapie an....und ging im Prinzip 45 min. im Wartezimmer. Wir kamen gar nicht nach hinten...zeitweise haben wir versucht ihn zu "ignorieren" was dann dazu geführt hat, dass er sich kurzzeitig auch echt beruhigt hat...und irgendwann fings dann von vorne an...weil ich z.B. sagte, dass er nicht seine 15 Autos mit in die Therapie nehmen kann...sondern sich 3 davon aussuchen darf. Er möchte im Prinzip immer "bestimmen" ...auch zu seiner Mutter ist er so. Als die 45min "Therapie" um waren, wollte die Mutter mit ihm gehen...er hat keine Lust, Schuhe und Jacke anzuziehen und machte noch weitere 15weiter....

Das größte "Problem" war, dass sich von der Kollegin die Patienten beschwert haben, wegen seinem geschrei, gestampfe...etc... ich hoffe nun, dass es nicht mehr so schlimm wird und 45 min so schreit, etc....

Nun hat er auch mehrfach erwähnt, dass er nicht wieder in die Schule möchte. Ich bin nun gespannt, wies aussieht, wenn bei uns in einer guten Woche die Schule los geht und er wieder in seine Betreuung gehen wird....
In einer Woche ist dann der Kinderarzt wieder da...und ich erstmal im Urlaub ...ich werde aber einen ausführlichen Bericht schreiben und diesen auch an die Schule schicken.

Der Kinder- und Jugendpsychologe hat NICHTS festgestellt, außer dass er in allen Bereichen Entwicklungsverzögert ist.... die Mutter hat mir den Bericht mit gebracht... er ist vor einem halben Jahr dort gewesen.

Er kommt nun nächste Woche noch 2 Mal zu mir....bin gespannt wies läuft.

Danke für eure vielen Tipps.
Grüße Stern87

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