Anzeigen:
Sie sind hier: Forum >> Ergotherapie-Forum >> Allgemeine Themen >> Alzheimer und Depression - was nun?

Diskussionsforum

Alzheimer und Depression - was nun?

Optionen:
1 2  
23. Oktober 2010 13:39 # 1
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Hallo liebe Ergos,
ich habe 2 Probleme, wovon ich hier eins schildern möchte.

Ich habe eine Patientin, die ich 2x wöchentlich seit einem halben Jahr (vorher war schon seit 01/2009 meine Kollegin bei ihr) im Altenheim besuche.

87 Jahre alt, Diagnose: Alzheimer, psycho-funktionelle Trauerreaktion bei Suizid des Ehemannes – Anmerkung: Der Suizid ist schon viele Jahre her.

Nun ist es so, dass wir eigentlich immer auf der kognitiven Schiene gearbeitet haben. Vor ca. 2 Monaten erkrankte die Dame dann an Gürtelrose, kämpfte lang damit an, kam, nachdem diese langsam verheilt war, ins Krankenhaus aufgrund von Halluzinationen wegen Flüssigkeitsverlust. Dann kam sie wieder raus und seitdem geht es bergab. Sie ist dermaßen depressiv, dass sie eigentlich nur im Bett liegt oder auf dem Sessel vor sich hindöst, aber auch NICHTS machen mag. Dazu muss ich sagen, dass sie laut Aussage des Sohnes schon immer sehr träge war und sich nie gern bewegt hat. Aber sonst konnte ich mit ihr alles machen, sei es knobeln, Spiele spielen, kleinere Bewegungsspiele oder sonst was. Sie hat echt alles mitgemacht. Auch allein hat sie noch gerätselt. Und nun wehrt sie alles ab. Sie lebt so dermaßen in ihrer eigenen Welt. Eine ganze Zeit lang konnte ihr Sohn sie wenigstens noch motivieren aufzustehen, zu Frühstücken usw. Aber auch der wird nun abgelehnt. Wir sind so planlos, wie es weiter gehen soll. Denn sie verweigert fast alles an Essen und Trinken. Mit viel Charme schaffe ich es, dass sie am Nachmittag mal ein drittel Stück Kuchen ist und 100ml trinkt. Bei den Pflegekräften nimmt sie auch nicht mehr zu sich.

Und nun meine Frage: Was macht man da?

Vielleicht habe ich wichtige Details vergessen, dann fragt noch mal nach.

Mir fällt gerad ein: Ich hatte immer das Gefühl, dass sie über den Verlust ihres Mannes gut hinweg ist. Und nach Absprache mit ihrem Sohn wollte ich mal in die Erinnerungen gehen und habe mit ihr Bilder von früheren Reisen angesehen. Sie erzählte viel und es machte ihr sichtlich Spaß, sich mal wieder daran zu erinnern. Auch wenn sie so von Urlauben früher mit ihrem Mann berichtete, machte es nie den Eindruck, als würde sie noch trauern. Nun habe ich Bedenken, dass ich sie vielleicht damit doch wieder in die Trauerreaktion geschubst habe. Denn bei Demenz-Erkrankten kann es ja vielleicht etwas dauern, bis sich entsprechende Reaktionen zeigen, oder?

Ich bin sehr gespannt auf eure Antworten. Vielen Dank schon mal im Voraus.

Stewwi
24. Oktober 2010 12:05 # 2
Registriert seit: 14.03.2010
Beiträge: 271

Hallo,

ich habe 2 Jahre neben meiner Ausbildungszeit in einem Pflegeheim gearbeitet (in der Pflege).
Du solltest bedenken, dass die Dame nun schon ein hohes Alter erreicht hat, und es kann gut sein, dass sie durch die vorrige Erkrankung germekt hat, dass sie nicht mehr so viel Kraft hat und nun vll auch dabei ist, sich langsam vom Leben zu verabschieden.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meistens gerade das "nicht mehr Essen wollen" ein Anzeichen dafür sein kann...dass diese Person nicht mehr möchte...

Ich würde vll mit ihr darüber sprechen, an was für schöne Dinge sie sich im Leben erinnert. Wie sie die Herbstzeit empfand, wie sie Weihnachten verbrachte...etc. Vll auch viel mit ihrem Sohn.

Das sind nun alles meine persönlichen Erfahrungen.... es kann natürlich bei dir ganz anderst Laufen...
Aber ich persönlich glaube nicht, dass sie sich wieder in einem Trauerzustand befindet...sondern vll eben eher gemerkt hat, dass sie nicht mehr so kann und nicht mehr so viel Kraft hat...und manchmal durch die Demenz eben auch sehr verwirrt ist, was sie vll auch nicht wirklich versteht.

Liebe Grüße
Stern87


25. Oktober 2010 15:27 # 3
Registriert seit: 06.05.2008
Beiträge: 1188

Vielleicht kannst du es mit Lichttherapie versuchen. Damit machen wir bei Depressiven und bei Dementen ganz gute Erfahrungen

25. Oktober 2010 21:27 # 4
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Ich muss gestehen, ich habe von Lichttherapie keine Ahnung. Wie schaut das aus?
Hihi, was ich noch sagen wollte: Man mag es kaum glauben, aber selbst eine Tasse Kaffee bringt sie schon etwas auf Trapp ;o) Nur leider mag sie ja momentan nichts trinken...

Und dann komme ich gleich zu dem Beitrag zuvor: Wie verhält es sich denn bei älteren Menschen im Allgemeinen, die nichts mehr Essen und Trinken möchten? Auch als Pflegekraft kann ich das ja nicht einfach hinnehmen und sagen: Gut, dann is es eben dein Ende. VerHunger doch. Ich mein, hallo? Also, wie geht man denn da vor? Denn die stehen ja vor dem gleichen Problem...

25. Oktober 2010 22:13 # 5
Registriert seit: 25.10.2006
Beiträge: 100

Hallo Stewwi, hast Du Deine Patientin schon einmal direkt gefragt, wieviel ihr das Leben noch bedeutet? Viele trauen sich das nicht, aber es ist doch viel natürlicher, wenn wir unseren Eindruck-dass sie nicht mehr wollen- offen aussprechen. Ich habe dann immer gesagt, dass sie-die Pat.- das ja nun nicht so einfach bestimmen können und dass es ja so aussieht, als ob sie "noch nicht dran ist". Auch wäre die Vorstellung einer Zwangsernährung ja furchtbar und ob sie dann nicht lieber essen und trinken wolle, damit solch eine unwürdige Prozedur nicht nötig wäre. Der richtige Moment des Abschieds würde schon irgendwann da sein, aber vorher sollte man das Beste aus der Situation machen.
Es mag ja auch sein, dass Deine Pat. merkt, dass die Demenz fortschreitet und das macht ja richtig Angst. Das ist dann die nächste Aufgabe,

26. Oktober 2010 08:55 # 6
Registriert seit: 06.05.2008
Beiträge: 1188

Die Lichttherapie ist ein anerkanntes Verfahren zur Behandlung von Depressionen und den damit häufig verbundenen Schlafstörungen, die für die Betroffenen einen Stressfaktor darstellen können. Therapeutisch werden die Patienten dabei hellem Kunstlicht ausgesetzt, man spricht hier auch von einer therapeutischen Lichtdusche. Alternativ wird ein der Lichttherapie ähnliches Verfahren auch zur Vorbeugung des Jet-Lag eingesetzt. So bieten manche Fluggesellschaften ihren Langstreckenpassagieren spezielle Kopfbedeckungen an, an denen eine helle Lichtquelle befestigt ist. Der Patient schaut täglich aus mind. 1 m Abstand für etwa 30 bis 60 Minuten in eine helle Lichtquelle. Die Wirksamkeit ist gut nachgewiesen bei einer Exposition von 10.000 Lux für eine halbe Stunde oder 2.500 Lux für zwei Stunden. Wichtig ist, dass das Licht auf die Netzhaut fällt, der Patient muss aber nicht direkt in die Lichtquelle sehen. Neuere Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Zusammenhang von Lichttherapie und circadianen Rhytmen, zum Beispiel mit der Kombination von Lichttherapie und Schlafentzugstherapie (sog. Wachtherapie) und der Schlafphasen-vorverlagerung. Ein bedeutsamer biologischer Vorgang scheint zu sein, dass besonders in der zweiten Nachthälfte Melatonin im Gehirn produziert wird. Melatonin wird mit einer depressiogenen Wirkung in Verbindung gebracht. Wird die Lichttherapie am Vormittag angewendet, also möglichst früh, dann wird die Produktion von Melatonin beendet bzw. Melatonin abgebaut, so dass es zu einem positiven Stimmungsumschwung kommt.
Es gibt auch Studien zu Demenzen. Hab sie aber gerade nicht zur Hand. Das oben ist ein kleiner Auszug einer Info bei uns wenn jeamand sich genauer informieren möchte.

26. Oktober 2010 08:56 # 7
Registriert seit: 06.05.2008
Beiträge: 1188

Der behandelnde Arzt hat Ihnen Lichttherapie verordnet. Diese Therapie findet täglich einmal über 30 min im Ruheraum der Tagesklinik statt. Die Ergotherapeutin wird Ihnen anfänglich eine kurze Einweisung geben und die Therapielampe bedienen.

Verhalten während der Therapie:
Sie können vor der Lampe lesen, schreiben oder Handarbeiten machen. Es wurde herausgefunden das es am sinnvollsten ist, jede Minute für 5 Sekunden direkt in die Lampe zu schauen, dieser regelmäßige intensive Lichtreiz steigert die Wirkung. Da durch das Licht der gesamte Stoffwechsel des Körpers angeregt wird, ist es sinnvoll, während der Zeit vor der Lampe etwas zu trinken. ( Mineralwasser, Tee etc.)

Für die Lichttherapie ist das natürliche Sonnenlicht oder das dem Sonnenlicht nachempfundene helle Licht der Lampe am besten geeignet. Die Therapielampe enthält einen UV-Filter.
Sie nehmen das Licht der Lampe vorwiegend über das Auge
( Sehnerv, Mittelhirn ) auf. Durch den Filter brauchen sie keine Angst zu haben ihre Augen zu schädigen oder einen Sonnenbrand zu bekommen.
Bei direktem Sonnenlicht ist es nicht ratsam direkt in die Sonne zu sehen.
Sollten sie noch Fragen haben, wenden Sie sich bitte an ihre Ergotherapeutin.


26. Oktober 2010 23:08 # 8
Registriert seit: 08.02.2002
Beiträge: 28

Ist denke ich schon alles Gesagt! Zum Thema Unterernährung kannst du nicht mehr machen als dem Pflegepersonal bescheid zu sagen. Auch sind (oder sollten) die Pat. unter ärztlicher Kontrolle stehen, was der Pflegedienst veranlassen mus.

Wie du das beschreibst machst du das doch alles sehr gut mit viel Umsicht und Einfühlsamkeit, also nicht die eigenen arbeit in Frage stellen. In dem Bereich kann man nur niederschwellig arbeiten und auch nur den letzten Lebensabschnitt begleiten der nunmal abwärtz geh,t was man als Therapeut nicht gerne einsehen vermag.

Mokao
27. Oktober 2010 22:41 # 9
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Vielen Dank für eure ganzen Antworten. Ist schön, wenn man ein paar neue Gedanken bekommt bzw. in seinem Handeln bekräftigt wird. :o)

Ich wollte auf die letzten Beiträge noch eingehen:

Ich habe sie mal gefragt, was ihr das Leben noch bedeutet. Aber sie antwortet darauf irgendwie nicht so richtig. Sie sagt aber auch nicht, dass sie nicht mehr möchte (was ja auch manche machen). Ich weiß, dass ihr Handeln oft darauf abzielt, dass es ihren Sohn erfreut. Da sie ihren Mann nicht mehr hat, habe ich das Gefühl, sie hat nun dafür ihren Sohn. Sie freut sich auch sehr, wenn er da ist. Und alles ist dann ein bisschen einfacher. In letzter Zeit nimmt die Demenz so zu, dass sie nach seinem Abschied gleich vergessen hat, dass er da war. Das erschwert die Motivation eigenständig zu Handeln (und auch zu essen und trinken) enorm.
Da sie schon einmal so wenig getrunken hat, musste sie aufgrund von Halluzinationen ins Krankenhaus. Nur leider erinnert sie sich nicht daran und daher kann ich sie mit diesem Negativ- Beispiel nicht motivieren. Dumm irgendwie, diese Demenz ;o)
Grundsätzlich scheint es mir ein Teufelskreis zu sein: Sie nimmt keine Energie zu sich und fühlt sie sich schlapp. Zusammen mit der Depression "hängt sie nur noch da". Würde sie mal wieder etwas mehr essen, würde sie auch zu Kräften kommen. Und ihr würde es insgesamt wieder besser gehen.
Die Problematik ist den Pflegern bekannt. Die machen sich genau so viele Gedanken wie ich. Auch mit dem Sohn stehen wir in Kontakt. Wir alle kümmern uns um das Wohl der Dame.
29. Oktober 2010 17:23 # 10
Registriert seit: 22.05.2007
Beiträge: 23

Hallo stewwi,

die Symptomatik hat mehrere Aspekte:
Zum einen den, dass es in diesem Fall nicht unbedingt die Depression sein muss, die zum Rückzug der Patientin führt, sondern dass es ein durchaus normaler Prozess des Beginns des Sterbens sein kann. Wenn die Einrichtung, in der die Dame lebt eine Fachkraft hat, die eine Palliativ - Care- Weiterbildung hat, oder Besuchsdienstkontakte durch das Hospiz z.B. mit Hospizhelfern bestehen, so wäre dies eine Alternative, sich der Dame anzunehmen. Die physiologischste Art zu sterben ist, das Essen und Trinken einzustellen, denn wenn der Körper seine Funktionen einschränkt, kann er das garnicht mehr verstoffwechseln und die Nahrung ist eine Belastung für den Körper. Natürlich ist das für die Umgebung oft schlimmer als für den Betroffenen, da Essen ein Symbol für Leben ist. Leider wird der BMI für diese hochaltrigen Menschen nicht adäquat berechnet, und somit leiden alle Heime unter untergewichtigen Bewohnern.... hier passt das System nicht zur Realität (ich meine dass das Pflegewissenschaftler aus Witten-Herdecke sagen). Wir sprechen hier also sehr viel von dem Leiden der Umgebung, deren Maßnahmen, die sich für die Umwelt als scheinbar nutzlos erweisen und die Umwelt sich dadurch hilflos fühlt.

Der andere Aspekt ist das Leiden der betroffenen Dame selbst. Davon schreibst Du eigentlich wenig. Vielleicht kannst Du bei Deinen Besuchen, denn mehr aber auch nicht weniger ist es, einfach da sein, und aufhören

30. Oktober 2010 09:49 # 11
Registriert seit: 16.01.2006
Beiträge: 85

Hallo Stewwi,

es ist oft schwer zu akzeptieren, wenn jmd die Nahrungsaufnahme und Trinken verweigert. Natürlich ist es richtig, es soweit es geht zu versuchen. Deine Patientin hat sich verändert, das heisst man muss abwägen zwischen: so viel wie möglich erhalten und den neuen Status berücksichtigen, sie da abholen wo sie jeweilig sich verändernderweise steht. Die Idee mit dem Licht ist super, das hat mich auf die Idee gebracht, vielleicht auch Anteile aus dem Snoezelen anzuweden. Aus meiner Arbeit in der Onkologie weiss ich, dass viele Patienten das sehr schätzen, wie z.B. Lampen, die langsam die Farbe in harmonischen Farbönen wechseln, oder was mir noch einfällt ist entspannende Musik oder eine Raumbeduftung, morgens etwas zitroniges anregendes, spätnachmittags/ abends eher Lavendel oder Rose, vielleicht gefällt ihr das.

Das sind kleine simple Dinge aber sie können vieles angenehmer machen.

Erzähl mal, wie es weitergeht.

LG!

31. Oktober 2010 16:32 # 12
Registriert seit: 09.10.2007
Beiträge: 4

Hallo Stewwi

Ich arbeite seit 9 Jahren als Ergo in einer Pflegeeinrichtung mit Menschen mit Demenz. Zusätzlich Gerontopsychiatrische Fachkraft
Du stehst als Fachkraft erst mal ziemlich allein da. Die dir vertraute Person hat sich so verändert, dass kein Zugang mehr möglich scheint.
Was weißt du über Körperwahrnehmung - Basale Stimmulation, Aromapflege - Therapie, Orale Therapie - Genuß über die Zunge von schmackhaften oder anregenden Speisen, Flüssigkeiten.Wundere dich nicht wenn geliebte Speisen und Getränke plötzlich abgelehnt werden, da sich auch das Geschmacksempfinden stark verändert.
Ansonsten hat sich singen, Musik im Allgemeinen sehr bewährt.
Wohlfühlen ist die oberste Devise - aufgeben wäre hier falsch - mit der Situation umgehen zu lernen wie es jetzt ist - ist gerade bei unerfahrenen Kollegen/innen nicht einfach
Aber akzeptiere, wenn sich keine Besserung mehr einstellt.
Therapie ist bis zum letzten Atemzug möglich.
Gruß Silvia

31. Oktober 2010 20:29 # 13
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Soo, nun komme ich endlich zum Antworten. Ich sollte berichten, wie es weiter ging. Es gab eine kleine „Kehrtwende“, wenn ich es so bezeichnen kann.

Wie ich es so aufnehme, hat die Dame wirklich einfach keine Lust. Sie hat keine Lust auch nur irgendetwas zu machen. Sei es am Morgen aufzustehen, sei es auf Toilette zu gehen oder zu essen und zu trinken. Am Donnerstag, als ich bei ihr war, so sie schon wieder viel fitter aus als die Male zuvor. Die Pfleger machen es nun so, dass sie ihr die Nahrung anreichen. Das funktioniert soweit ganz gut. Ihr dürft euch das auch nicht so vorstellen, dass sie ihr die Nahrung „reinstopfen“. Nein, meine Patientin öffnet gleich den Mund, wenn man mit der Gabel kommt. Sie hat einfach keine Lust sich diese zu nehmen, so sagt sie. Ab und zu sagt sie dann zwar: Ich wollt doch gar nichts essen. Aber sie futtert Einiges in sich rein, wenn es ihr angereicht wird. Bei dem Trinken muss man sie des Öfteren bitten, aber dann nimmt sie auch das Glas und trinkt etwas. Am besten geht es in Gemeinschaft, wenn direkt neben ihr jemand sitzt und mit ihr gemeinsam trinkt.

Mit den Toilettengängen ist es etwas schwieriger. Sie trägt nun Inkontinenzeinlagen, da sie aufgrund ihrer „keine Lust“-Stimmung nicht zur Toilette geht. Mal sehen, wie sich das noch entwickelt.

Beim letzten Besuch war sie sogar so fit, dass sie sich ein bisschen bewegt hat. Ich hatte bunte Tücher mit und Musik, sodass wir dann etwas auf die Beine stellen konnten ;o) Anhand ihrer Mimik behaupte ich mal, dass es ihr auch Freude bereitet hat. Sie wird wieder etwas mobiler. Vielleicht war es doch nur der Teufelskreis, dass die Pflege zu lang gewartet hat, dass sie allein isst und dadurch so schwach wurde…

Zu dem Gedanken, dass es dem Ende zugeht. Sie selbst sieht das auch nicht so und äußert auch nicht ansatzweise den Gedanken sterben zu wollen. Das glaube ich auch nicht. Die Dame gehört zu denen im Heim, die defintiv nicht untergewichtig sind. Und warum auch immer, habe ich es im Gefühl, dass sie noch n büschen macht. Eher denke ich, dass all das, was passiert, noch auf ihre Gürtelrose zurückzuführen ist. So hat sie auch immer noch Berührungsschmerzen im Rückenbereich.

Baumi, du hattest vom Leiden der Dame geschrieben. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie leidet. Ich sag mal so, es geht ihr vielleicht noch nicht wieder 100%ig wegen der Berührungsschmerzen im Rücken, Gürtelrose usw.. Aber sie leidet meiner Meinung nach nicht in dem Sinne, dass da n Prozess des Sterbens beginnt, dass sie Probleme mit dem Essen hat oder ähnliches.

Fin, die Idee mit der Entspannung, Snoezelen etc. hatte ich auch schon. Nur bin ich da nur zum Hausbesuch und ich kann ja nicht sonst wie viel mitschleppen. Dort im Heim gibt es sowas nicht. Aber die Idee mit den Lampen finde ich toll! Ich bringe auch einen CD-Player mit, wenn ich mit ihr Musik hören möchte. Musik hatte ich gerad in der letzten Zeit schon öfter mit. Hatte auch mal ein paar alte Schlager zum Schunkeln oder Mitsingen mit, damit sie ein wenig wach wird. Das war auch ganz gut.

Zu dem Duft hab ich doch glatt mal ne Frage: Die Idee kam mir auch schon, aber wir haben so was in der Praxis nicht. Wo bekomme ich denn Düfte her, die nicht gerad nach Weihnachten riechen? Und die die älteren Herrschaften auch wirklich gut riechen können. Allein, was ich kenne, ist so künstlich, dass man es kaum erkennt.

Si310363 zu dem Genuß über die Zunge von schmackhaften oder anregenden Speisen hab ich doch glatt mal ne Frage. Gemacht habe ich das noch nicht. Aber mir ist der Gedanke der Stimulation auch schon gekommen (auch bei einigen anderen Patienten). Ich weiß nur nicht, was ich bei der Dame anstellen soll. Denn sie schmeckt die Dinge ja, nur es motiviert sie nicht, sie zu essen. Ich habe momentan noch nichts gefunden, was ihr irgendwie gut schmeckt.

Hmm, ich bin mal gespannt, wie es weiter geht… Vielen Dank für eure Gedanken.


1. November 2010 08:57 # 14
Registriert seit: 16.01.2006
Beiträge: 85

Hallo Stewwi,

schön, dass Du erzählst wie es weitergeht!
Ich finde es total schade, dass dieses Heim keine Entspannungsmedien etc zu haben scheint. Ich weiss nicht, wie Dein Verhältnis zu den Mitarbeitern oder der Heimleitung da ist, aber es ist sicher nicht verkehrt, das mal anzuregen wenigstens ein paar Sachen anzuschaffen, dann könnten noch viel mehr Bewohner davon profitieren. Hat das Heim keinen sozialen Dienst oder sowas?

Zu den Duftölen:
Es gibt äusserst fiese künstliche, da hast Du recht. Ich habe Öle in Bioläden, bei Spinnrad oder auch in Apotheken gefunden, die eine bessere Qualität hatten, leider aber auch ein bisschen teurer sind. Auch bietet da das gute alte Internet unzählige Möglichkeiten, allerdings kann man da ja leider nicht "Probeschnuppern".
Vielleicht kann das Heim für die Station Duftöle besorgen, frag doch mal die Heimleitung, ob da was möglich ist, vermutlich werdet ihr ja nicht nur die eine Bewohnerin als Patientin haben. Eine andere Möglichkeit wäre, die Idee ihrem Sohn zu erzählen, er kennt seine Mutter und wird wissen, welcher Duft ihr gefällt, vielleicht ist er bereit, etwas zu besorgen. Es ist immer gut, etwas anregendes und etwas beruhigendes zu haben. Zwei verschiedene wäre also am besten.
Je nachdem, wie Du die einsetzt: wichtig ist, dass Deine Patientin nicht aus Versehen die Duftöle trinkt, das muss ich Dir sicher nicht extra sagen, aber es arbeiten ja viele Menschen mit ihr und dann ist es am Besten, das Wasserbehältnis, die Duftlampe etc was auch immer, zu beschriften und das für das Pflegepersonal zu dokumentieren, sonst reicht ihr im schlimmsten Fall noch jmd das Duftölwasser an. Klingt schräg, aber ich habe auch schonmal in einem Heim gearbeitet und manchmal kann man da echt nur mit dem Kopf schütteln...also immer immer immer alles haarklein dokumentieren!

Jau, bleib am Ball, gutes Gelingen für Deine Arbeit und ich freu mich auf Deinen nächsten "Bericht" wies weitergeht.

LG!

1. November 2010 12:40 # 15
Registriert seit: 02.11.2003
Beiträge: 4

Hallo stewwi,
ich habe mit Interesse diese Beiträge gelesen. Ich selbst habe mich mit Tagesbetreuung für Senioren mit Schwerpunkt Demenz selbständig gemacht.
Bei allem was ich so lese, fehlen mir bei dem Thema Demenz zwei sehr wichtige Faktoren. Zum einen das Thema Validation, zum anderen die Biographie!
Inwieweit liegt dir die Biographie der Dame vor, von der du unter Umständen das derzeitige Verhalten ableiten könntest? Dies ist relvant bezüglich des Zeitpunkts der Demenz, wo sie sich "Jetzt" in ihrem Leben befindet könnte?

Oberflächlich betrachtet, könnte die Nahrungsverweigerung tatsächlich darauf hinweisen das sie ihrem Mann folgen möchte. Meine Erfahrungen zeigen jedoch auch, das dies eine verankerte Form im Vergessen sein kann. Das bedeutet, das sie gar nicht mehr weis wie essen überhaupt funktioniert! Das zeigt mir das autonome öffnen des Mundes wenn essen gereicht wird.

Sie kann mit dem Begiffen evtl. nichts mehr anfangen, weil ihr zu der Tätigkeiten der absolute Bezug feht und das vorhandene nur noch autom abläuft.
Auch ist möglich, das sie in ihrer Form der Demenz ganz individuelle Eigenschaften lebt, die bisher unter einem Deckmantel von geprägter Erziehung, nun zum Vorschein kommen.

Meine Erfahrungen mit Demenz zeigen mir immer wieder das kein an Demenz erkrankter dem anderen gleicht, weil durch das Erziehungsdogma ganz viel im Verborgenem liegt und mehr oder weniger durch eine Demenzerkrankung die Möglichkeit gegeben ist nun unkontroliert sein ursprüngliches Wesen zu leben, wie gesagt unbewusst.

Daher finde ich es sehr schwierig dir etwas zu empfehlen ohne sich ein Bild von der Dame zu machen (Biographie) außer, das du die Dame in ihrem Wesen studieren solltest, damit du sie "Neu" kennen lernen kannst und ihr somit die bestmögliche Betreuung schenken kannst, die für sie Jetzt am besten wäre.

Ich wünsche dir viel Spass und Erfolg mit der Dame
mfg HFergo

Optionen:
1 2  

nach oben scrollen