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Morbus Parkinson - was kann ich noch machen?

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23. Oktober 2010 13:41 # 1
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Hallo liebe Ergos,
ich habe 2 Probleme, wovon ich hier eins schildern möchte.

Seit August dieses Jahres besuche ich eine Patientin mit der Diagnose M. Parkinson im Altenheim.

Hier einige wichtige Anhaltspunkte:
Die Frau ist 85 Jahre alt, bettlägerig seit ca. 2 Jahren. Vorher war sie auch im Heim, aber relativ selbständig, ging mit dem Rollator. Dann kam ein Krankenhausaufenthalt, sie wurde nicht mobilisiert und seitdem in der Hüfte komplett versteift. Zudem hat diese Frau sehr viele Kriegserinnerungen: Kind mit 2 Jahren verstorben, 1 Ehemann im Krieg verloren, den anderen dann etwas später kurz nach dem Krieg. Musste ihr ganzes Leben nur arbeiten, ist nie rausgekommen. Kein Geld. Und daher wahnsinnig misstrauisch fremden Personen gegenüber. Durch ihren derzeitigen Zustand zudem auch noch sehr ängstlich, wenn sie jemand bewegt.

Ich versuche mal zusammen zu fassen:
Liegt im Bett, Hüfte versteift, Spitzfuß beidseitig. Schultergelenke assistiv beweglich (so gut es im Liegen eben geht) – nur Kraft fehlt etwas. Ellenbogen- und Handgelenke auch frei beweglich. Hände – Arthrose. Links Extension der Finger fast ganz möglich, rechts eher weniger. Kopfbeweglichkeit stark eingeschränkt – Flexion aktiv möglich, Rotation und Lateralflexion nur sehr, sehr wenig.

Sinnesorgane:
Die Frau kann nicht mehr gut sehen, sie erkennt mich über die Stimme. Hören kann sie aber auch nur wenig, meist muss man sehr laut reden und sich dicht am Ohr befinden. Riechen kann sie anscheinend nicht oder nur wenig, zumindest macht sie zu Gerüchen keine Aussage. Geschmack kann ich auch nicht einschätzen, denn das Mittag findet sie sehr salzig, aber was Kuchen u.ä. betrifft, das schmeckt für sie anscheinend alles gleich. Gebiss hat sie derzeit nicht, es wird also auch alles mit gematscht und Kuchen mit Flüssigkeiten gemischt, damit sie es essen kann. Fühlen ist aufgrund der Arthrose auch nicht wirklich möglich.

Bis jetzt beschränkt sich die Therapie auf Massagen im Nackenbereich/Sensi und Bewegungen des Kopfes, damit der etwas beweglich bleibt. Und wir bewegen die obere Extremität, damit sie wenigstens nach dem Trinken greifen kann (also auch Koordinationsübungen) oder die Decke so hinziehen kann, wie sie es mag. Zudem genießt sie die Gesellschaft für den Moment, da die Pflege sich nie blicken lässt. Dann unterhalten wir uns ein wenig – ich lasse ein bisschen Gedächtnistraining einfließen, damit sie da geistig nicht ganz eingeht.

Ich habe sie mal aufgesetzt (ist ja mehr ein Lehnen an der Bettkante, da die Hüfte nicht gebeugt werden kann). Zuvor hatte ich das mit nem Physiotherapeuten geübt, der sie auch kennt. Aber trotz guten Halt usw. – sie möchte es nicht und hat große Angst.

Was kann ich mit dieser Dame noch machen? Mir fehlt es an Ideen, wie ich sie ein bisschen fordern kann, sie basal stimulieren kann etc.

Ich bin gespannt auf eure Antworten. Vielen Dank schon mal ;o)

Stewwi
26. Oktober 2010 19:41 # 2
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

*schieb*

Schade, dass keiner antwortet. Hat noch keiner so eine spannende Patientin gehabt? ;o)
26. Oktober 2010 19:55 # 3
Registriert seit: 17.04.2007
Beiträge: 95

Hallo Stewwi,

ich habe da auch noch nicth so viel Erfahrung, aber ich hoffe, dass ich dir trotzdem ein bisschen weiterhelfen kann.

Die Frau erhält zunächst einmal wahnsinnig wenig Informationen von ihrem Körper, sie hat doch gar keine Idee mehr davon, wo sich was befindet. Durch die fehlende Repräsentanz fühlt sie sich im Raum unsicher. Zum Nachteil für sie sind natürlich auch die fehenden Kontrollmöglichkeiten über den Visus. Ich würde sie zunächst einmal in die Seintenlage bringen und angemessen lagern (nach Bobath). Dabei würde ich ganz viele sensorisch Infos durch Rollen, Kissen etc. geben. In dieser Position, mit viel Beugemuster, fühlt sie sich evtl. etwas sicherer. Hierbei kannst du dann super am Rumpf arbeiten und gleichzeitig das Becken mit aktivieren. Das Aufsetzen würde ich wahrscheinlich erstmal nur mit Co-Therapeuten machen, da sie viel Fazilitation benötigt.

Schönen Abend noch, Sabrina.

26. Oktober 2010 19:57 # 4
Registriert seit: 27.09.2008
Beiträge: 7

Hallo Stewwi,

ich habe schon fast den gleichen Patienten gehabt. Deine Ideen mit Massage, Mobi und Hlt find ich gut.
Ich finde bei älteren Menschen ist Massage oder basale Stimulation immer sinnvoll, da es die Wahrnehmung fördert und es den Patienten auch ein gutes Gefühl gibt.
Würde es glaub ich genauso machen... Mich würde interessiere, was sie für eine Diagnose sie hat und wie oft du dahin fährst??

Vlg
26. Oktober 2010 21:53 # 5
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Ich fahre mindestens 1x wöchentlich hin. Am besten wäre 2x (auf der Vo steht 1-2x). Aber ich schaffe es nicht immer (es gibt dort 17.30 Uhr Abendbrot), da es dann zu spät für sie wäre. Sie möchte nach dem Essen auch nicht mehr rumbegwegt werden. Dummerweise liegt das Heim auch so gar nicht in der Nähe der anderen Orte, wo ich bin, sodass man nicht einfach mal schnell "vorbei fahren" kann.

Zu dem Lagern: Ja, seitlich lagern ist natürlich ein wenig möglich. Aber an der Hüfte ist nichts mehr zu machen. Die ist fest. Daher ist auch jegliche Beugung in den unteren Extremitäten sehr schwer.

Diagnose: Morbus Parkinson, Nebendiagnosen: unter anderem Arthrose, Senilität

Dachte zuerst, sie sei dement, aber eigentlich ist sie mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr relativ fit ;o) Da hab ich sie mal innerhalb von 2 Einheiten das Gleiche gefragt und sie meinte tatsächlich genervt: "Das hab ich ihnen doch schon beim letzten Mal erzählt..."
26. Oktober 2010 22:02 # 6
Registriert seit: 30.07.2001
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 12

Hallo Stewwi
hast du mal Fühlkissen mitgebracht? Wenn sie geistig noch recht fit ist und ihr Koordiübungen macht damit sie ihr Trinken erreichen kann wäre das vielleicht etwas für sie, wenn möglich kombiniert mit thermischen Angeboten?
Lg Kyd

26. Oktober 2010 22:32 # 7
Registriert seit: 08.02.2002
Beiträge: 28

Was du da machst hört sich doch sehr gut an. Besonders das Aufsetzen finde ich gut um den Kreislauf ein wenig zu forden und tiefensensiblen input zu geben. Schade das sie nicht mehr in den Stand gebracht werden kann wegen der Spitzfüsse. Sensorisch zu arbeiten finde ich auch wichtig wegen der eingeschränkten Sinnesreize und er fehlenden Tiefensensibilität. Die klischehafte heiße Rolle fällt mir da noch ein. Nach der Therapie würde ich Sie auch gut Lagern und Decken oder Kissen nehmen um Sie in ihrer Lagerung zu Stützen und auch so input zu geben.

Mokao
27. Oktober 2010 16:43 # 8
Registriert seit: 08.09.2010
Beiträge: 43

Hallo Stewwi,
Du schreibst, dass Du Dich mit den Physios auch mal beraten hast.
Ist es nicht möglich eine gemeinsame Therapie zu gestalten, vielleicht einmal die Woche.
Mir würde da das Stehbrett einfallen und dann könntest Du mit ihr aktives ADL machen - falls sie das Stehen toleriert.

Ansonsten würde auch ich viel basal Stimulieren (Reise durch den Körper, geführte Waschungen etc.)und über das Körperschema arbeiten. Vielleicht reduziert sich dadurch auch ihre Angst und Du kommst besser an sie heran. Vertrauen und Kontinuität spielt bei Parkinson Pat. eine entscheidende Rolle.
Die Frau muss sich mehr spüren und dadurch Sicherheit gewinnen - da gebe ich allen hier meine volle Zustimmung

Lieber Gruß

27. Oktober 2010 22:27 # 9
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Vielen Dank für eure ganzen Beiträge.

Zum Stand: Naja, da sie, wie schon erwähnt, nicht viel zulässt, ist es mit dem Stand oder "Sitz" an der Bettkante sehr schwer. Ein Stehbrett, muss ich gestehen, kenne ich nicht. Oder unter einem anderen Begriff?

Die Arbeit mit dem Physio zusammen ist leider nicht möglich, da der Arzt keine Physio mehr verschreibt. Erst war NUR er bei der Pat., dann wurde KG abgesetzt und die Ergo kam. Was das für Sinn macht, weiß ich nicht. Da wir aber in verschiedenen Heimen mit der Physiopraxis zusammen arbeiten, hatte ich ihn einfach mal angequatscht, was er mit ihr gemacht hatte, da ich mich fragte, was man vielleicht noch machen kann. So wie hier eben auch ;o) Und dann habe ich ihn gefragt, wie ich jemanden aufsetzen kann, der komplett steif ist in der Hüfte. So kamen wir netter Weise zum Üben. Man muss ja mal erwähnen: Daumen hoch für solch Hilfsbereitschaft! Ist ja nicht immer so...

Mit thermischen Medien hab ich mir auch schon gedacht. Nur gestehe ich an dieser Stelle, dass ich noch keine Wärmekissen mithatte (in der Praxis habe ich mir welche gewünscht, aber wir haben nichts, was ich im Heim spontan erwärmen könnte). Ich hege die Idee seitdem ich da bin. Aber das Heim ist mit NICHTS ausgestattet. Wenn ihr es sehen würdet, würde euch das blanke Grausen kommen! Ich muss manchmal auf 3 (!) Etagen nach Pflegepersonal suchen für ein Feedback meinerseits oder eine Unterschrift. Ich soll die Therapie auch dokumentieren, nur finde ich in über 50% der Fälle (also wenn ich da bin) niemanden, der mir das Büro aufschließen kann!
Glaubt nicht, dass die für ihre Bewohner auch nur ein Wärmekissen haben. Auch wenn es nicht zum Thema gehört, muss ich den Unmut dazu gleich noch weiter schildern. Ich war sogar schon mehrmals bei der Qualitätsbeauftragten und habe dort welche bestellt. Ich denke, jedes Heim sollte Wärme- bzw. Kühlkissen haben. Sei es für Schmerzen oder sonst was. Ja, sie wollten welche bestellen. Aber als ich dann noch mal da war, hatte die gute Dame das komplett vergessen und meinte dann, es wäre sowieso viel zu teuer! Ich sollte mir mal selbst welche kaufen und für meine Patienten nutzen. Man man man.

3. November 2010 13:15 # 10
Registriert seit: 08.05.2009
Beiträge: 305

Hallo liebe Kollegin,
kennst du die Wärmekissen die sich durch eine chemische Reaktion aufheizen? Innen befindet sich ein Gel und ein Metallknickplättchen. Knickt man es wird das Gel hart und das Kissen warm. Diese eignen sich super zur Anwendung in solchen "besonders" ausgestatteten Einrichtungen, weil du auch keine weiteren Hilfsmittel brauchst. Um das Kissen zu reaktivieren kocht man es in Wasser. (Gibts manchmal bei tchibo und in ein euro Läden). Für basale Stimulation habe ich mir so superweiche Kuschelhandschuhe gekauft, diverse Bürsten und sehr oft setze ich einfach nur meine Hände ein. Hat sie eine Druckluftmatratze? Wenn ja "rüttle" ich (selbstverständlich nach Ankündigung) an den Hüften um die Körperwahrnehmung zu fördern. Viel Erfolg!
7. November 2010 11:32 # 11
Registriert seit: 26.06.2004
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 41

Hallo Andrea,

vielen Dank für den Tipp! Da hätte ich auch mal drauf kommen können. Dann werde ich mir sowas mal besorgen. Was die Dame auch ganz gern hat, habe ich jetzt herausgefunden, ist Vibration. Das genießt sie sehr. Dann drehe ich sie auf die Seite, lagere sie so gut es eben geht und setzte ab und zu dieses Gerät ein.

Eine Druckluftmatratze hat sie leider nicht. Wär ja auch zu schön. Wundert mich, dass sie keinen Dekubitus hat. Weil sie am Tage, so scheint es mir, auch nicht so viel umgelagert wird. Aber reicht anscheinend…

Leider habe ich heute erst erfahren, dass ich sie abgeben muss, da meine Kollegin nun auch auf der Ecke arbeitet und es Quatsch ist, wenn jeder für nur 1 Patientin dahin fährt. Da meine Kollegin mit ihrer Patientin schon länger arbeitet, soll sie nun meine übernehmen. Naja, so ist dann nun mal. Da findet man endlich Lösungen und alles bessert sich, da gibt man sie ab…


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