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Funktionelles Training in der betätigungsorientierten Therapie?

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12. Februar 2011 11:22 # 1
Registriert seit: 30.08.2010
Beiträge: 92

Hallo Kollegen,
welche Berechtigung hat u. a. ein funktionelles Training(z. B. repititives Üben,shaping eines Bewegungsablaufes) zum Erreichen der aufgestellten Ziele in einer betätigungsorientierten Behandlung?
MFG
ergokuh

12. Februar 2011 13:44 # 2
Registriert seit: 19.07.2008
Beiträge: 840

@ergokuh

kannst du das mal auf den Punkt bringen!?

Was verstehst DU unter betätigungsorientierter Behandlung?
>Evt. auch ein Zielbeispiel dabei!?
Wo arbeitets du ? Praxis, Klinik, Heim..........

LG Matti

12. Februar 2011 23:02 # 3
Registriert seit: 25.03.2002
Beiträge: 136

Hallo,
ich finde dass eine funktionelle Therapie bzw. der Einbezug funktioneller Behandlungsmethoden wie Shaping innerhalb einer betätigungsorientierten Therapie seine Berechtigung haben kann. Wenn du nach einer genauen Analyse der Betätigung feststellst, dass ein Funktionsdefizit die erfolgreiche Betätigungsausführung verhindert und es entsprechendes Potential bei dem Klienten gibt kann man u.a. die Methode des shaping einsetzten um die erfolderlichen Bewegung für die Betätigung zu erreichen. Wichtig ist das man immer im Hinblick auf die Zielbetätigung shapped und nicht einfach gernerellle Übungen zur Funktionsverbesserung macht da einen Gerneralisierbarkeit nicht gewährleistet ist. Man sollte immer auch die Integration der verbesserten Funktion in die Alltagsaktivität üben.

13. Februar 2011 12:04 # 4
Registriert seit: 08.09.2010
Beiträge: 43

Hallo Ihr Lieben,
sorry, wenn ich etwas "unfachlich" wirke, jedoch kann ich mit dem Begriff "Shaping" nichts anfangen.

Kann diesen bitte einer mal kurz erklären?! Und ich welchem Zusammenhang steht dieser?

Herzlichen Dank.

Tjarven

13. Februar 2011 17:06 # 5
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Hallo zusammen,

shaping bedeutet, dass eine Aufgabe, die der Patient ausführen soll, an sein individuelles momentanes Leistungsniveau anngepasst wird. Er soll so weder unterfordert (unterhalb seiner Leistungsgrenze), noch überfordert (über seiner Lestungsgrenze) arbeiten bzw. eine Aufgabe durchführen. So ist es ihm möglich Verbesserungen und Erfolgserlebnisse zu erzielen. Shaping bedeutet auch, dass die Aufgaben immer wider angepasst, bzw. verändert werden müssen.
Ich finde Shaping und repetitives Training einen essentiellen Baustein der Ergotherapie. Ich stelle in der Neuro immer wieder fest, dass vielen Patienten mit eingeschränkter Handfunktion ein wichtiges Ziel der Besteckgebrauch ist. Hier lässt sich z.B. ein Alltagsziel, wunderbar repetitiv üben und es muss auch ganz individuell an das Laistungsniveau des Patienten angepasst werden.
P.S. Gibt übrigens eine super Studie, in der herausgekommen ist (Assessment war der Motor Activity Log= MAL), dass Besteckgebrauch und Gegenstände mit beiden Händen tragen bei so und so viel Prozent der befragten Patienten das vorrangigste Ziel war!
Vielleicht schaffe ich es den Link reinzustellen.
Den Rest hat ja auch eagle ganz gut beschrieben.
LG
Christina

13. Februar 2011 19:10 # 6
Registriert seit: 30.08.2010
Beiträge: 92

Geändert am 13.02.2011 20:09:00
Danke für die Beiträge, vor allem an eagle und tinawi.
Es haben sich einige Knoten in meinem Gehirn gelöst.
Vielleicht ergänzend zum Shaping. Beim shaping ist auch die Annäherung an ein Ziel in kleinen Schritten gemeint. Lob und Bestätigung erfolgt in kürzeren Abständen.

Danke
ergokuh

13. Februar 2011 20:29 # 7
Registriert seit: 08.09.2010
Beiträge: 43

Ah so!
Herzlichen Dank für die Erklärung...habe diesen Begriff noch nie gebraucht oder gehört.
Mal ganz ehrlich...machen wir das nicht immer, die Übungen an den Patienten anpassen und das Leistungsniveau ebenfalls? Das Loben und Motivieren gehört für mich bei jeder Therapie dazu, egal wie man sie nennt.
Sorry, vielleicht ist meine Ausbildung schon zu lange her, aber manchmal versteh ich nicht ganz, warum man Dingen die wir in unserer Therapie täglich durchführen und die meines Erachtens auch echt selbstverständlich sind und als Fähigkeit zu jedem Therapeuten dazu gehören, einen neuen Namen gibt.
Ich meine, wir können und wollen doch das Rad nicht neu erfinden oder??

Versteht mich bitte nicht falsch. Ich finde es wichtig und schätze dieses Forum sehr dafür, dass man sich über so etwas austauscht und von einander lernt. Man lernt ja nie aus

Vielleicht bin ich auch etwas gereizt deswegen, weil ich erst letztens mit Studenten der Ergotherapie zu tun hatte. Die haben ja echt für manch völlig normale Tätigkeiten und in meinen Augen Selbstverständlichkeiten echt wahnsinnige neue Namen.
Mir fällt es sehr schwer mich daran zu gewöhnen.
Ich weiß, dass diese Ausdrucksweise etc. sehr wichtig für unsere internationale Anerkennung und Wissenschaft in der Ergotherapie ist. Aber manchmal verwirrt es doch ganz schön, weil so viele neue denglische Wörter dazu kommen.

Naja...
Freue mich jedenfalls darüber, dass ihr mich aufgeklärt habt.
Lieben Dank und einen schönen Abend noch.

Tjarven

14. Februar 2011 11:03 # 8
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Hi Tjarven,

ja sicher im Grunde hast du schon recht. Wir erfinden das komplette Rad sicher nicht neu (aber alte Speichen ersetzen, ist sicher drin ) und machen Vieles ja sowioeso schon.
Trotzdem denke ich, dass es doch sinnvoll ist sich, wie du das ja auch schon schreibst, nie "auszulernen" weiterzubilden und offen dafür zu sein. Klar, nenn es shaping oder sonst wie, machen wir das oder sollen es machen. Trotzdem, dadurch, dass ich mich mit den "neuen Konzepten" befast habe und auch den Begriffen, mache ich einiges wieder bewusster und erhlich gesagt, finde ich persönlich, auch besser. Aber ich gestehe auch, dass ich ein Verfechter der "neuen Konzepte" bin. Für meinen Bereich der Neuro kann ich nur sagen, dass durch repetitives Training, anpassen ans Leistungsniveau, Zielfindung mittels CMOP, Doku anhand ICF-Bogen, Videoaufnahmen, standatisierte Tests wie WOLF ect. und "harte" Trainingsprotokolle, die Patienten oft gut ihre Arm-Handfunktion verbessern konnten und in ihren Alltag integrieren können. Ich könnte noch 1000 Sachen dazu schreiben und habe aber auch das Gefühl, dass ich daran weiter und weiter arbeiten kann....

Ich suche noch einen super reinen Feinmotoriktest, der schnell durchführbar (ca 10 Min) und standartisiert ist. Hat da jemand Erfahrungen???

LG und ich freue mich auf weitern Austausch und Diskussionen!
Guter Orgiginalbeitrag - danke fürs Eröffnen!

Christina
14. Februar 2011 14:42 # 9
Registriert seit: 17.06.2010
Beiträge: 318

Geändert am 14.02.2011 14:56:00
Zum Shaping:
In Anlehnung an Prof. Miltner, Friedrich-Schiller Universität Jena, Fortbildung zum Taubschen Training, 2003 ist Shaping die Druchführung von Einzelbewegungen, die dazu führen sollen, dass ein komplexer Bewegungsablauf als Endresultat möglich ist. Komplexe Verhaltensmuster werden in einzelne Verhaltens- bzw. Bewegungseinheiten zergliedert und nach einer gewissen Zeit wieder zu komplexen Verhaltens- bzw. Bewegungsmustern zusammengesetzt.
Der Bewegungsablauf wird in der Therapie in einzelne Units zerlegt. Beispiel - Greifen einer Flasche:
Nötig ist Flexion im Ellenbogen, Anteversoin im Schultergelenk, Extension im Ellenbogen, Stabilisierung im Handgelenk, Extension der Finger, Daumenopposition, Gleichmäßige Druckverteilung in den Finger etc.....

Beim Shaping handelt es sich demzufolge um ein spezielles Verfahren.

Der Bezug zur Betätigung als Endziel ist hiermit gegeben und hängt individuell vom Klient ab. Funktionelles Training hat seine Berechtigung, wenn der Top-Down- Ansatz Berücksichtigung findet (Therapie richtet sich nach dem Wunsch und Ziel des Klient und nicht nach dem auf Defiziten aufgebauten Training).

Zu Tests: Ich finde den Nine-Hole-Peg-Test geeignet. Geht sehr schnell, misst Geschicklichkeit in Bezug zur Zeit und kann in regelmäßgen Abständen schnell durchgeführt und mit Normwerten verglichen werden. Zur Evidenz siehe Leitlinien des DGNR.
L.G. Dattel

14. Februar 2011 22:32 # 10
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Hallo ergokuh,

gute Frage.

Habe sie mit KollegInnen diskutiert, weil uns aufgefallen ist, dass häufig zwar betätigungsorientierte Assessments genutzt werden, die Behandlungen dann aber auf der Funktionsebene statt finden. Offenbar weil die durch eine Vielzahl von Therapiemethoden auf dieser Grundlage vertrauter sind.
Auf der Betätigungsebene fehlen einfach Routinen und viele scheinen die in ihrer Arbeit zu brauchen.
Unser Schluß: wenn die Befundauswertung und die Prognose ergibt, dass funktionelle Maßnahmen von Erfolg gekrönt sein werden - was spricht dagegen? Maßstab bleibt ja das Betätigungsziel. Wenn man davon ausgeht, dass normalerweise mind. einmal wöchentlich eine Erfolgskontrolle anhand der Betätigung durchgeführt wird, dann zeigt sich doch schnell, ob die funktionelle Arbeit etwas bewirkt.
Zudem würde ich Behandlungsansätze wie repetitives Üben oder das Prinzip des "Shapen" nicht unbedingt den funktionellen Therapien zuordnen. Es ist allerdings so, dass ich den Bereich des "Übens" in den häuslichen Alltag meiner Patienten verlagere. Ich bin der Meinung, dass die Therapiezeit fürs reine Üben zu kostbar ist. Und dass meine Aufgabe ist, dem Patienten neue Fertigkeiten zu vermitteln. Die er dann im Eigenprogramm einschleifen kann.
Insgesamt überzeugt mich das Konzept des "repetitiven Übens" als standardisiertes Programm nicht. Ich würde die Zeit lieber für spezifische Behandlungen nutzen, die ganz nah dran sind am Betätigungsproblem des Patienten.
"Shapen" nutze ich, indem ich dieses Prinzip meinen Patienten vermittle, denn die Behandlungszeit ist kurz, die Frequenzen sind oft niedrig. Die Patienten haben mehr davon, wenn sie zu Experten ihrer eigenen Erkrankung werden. Also auch zu Experten dafür, wie sie sich neue Fertigkeiten erarbeiten.
Dazu leite ich sie einige Zeit darin an, Fertigkeiten so lange in Einzelteile zu zerlegen, bis die Folge optimal ist und aus "Fehlern" zu lernen, indem sie die Strategie verändern.

Ansonsten betreten wir mit dem betätigungsorientierten Ansatz Neuland, aber es gibt ja mittlerweile einige passende Konzepte. Und durch eine gute Betätigungsanalyse und mit dem Prinzip "die Lösung des Patienten optimieren, nicht korrigieren" kommt man auch als "Anfänger" oder "Unkundiger" vorwärts.

Grüße von


Oetken1
15. Februar 2011 19:56 # 11
Registriert seit: 30.08.2010
Beiträge: 92

Hallo Oetken1,
ich denke inzwischen, dass die betätigungsorientierte Behandlung nicht ohne funktionelles Training auskommt. Betätigungsorientiert bedeutet Arbeiten an Fertigkeiten. Die Qualität von Fertigkeiten ist abhängig u. a. von Funktionen. Um also eine Fertigkeit zu verbessern, müssen die benötigten Funktionen erkannt und Schwachstellen modifiziert werden. Durch generalisiertes Angebot würde sich die Performance einer Tätigkeit nicht verbessern.
Ich schließe mich deiner Therapiegestaltung an, repititves Üben ins Häusliche zu verlagern und "Knackpunkte" in der Therapie zu bearbeiten. Ich nutze das shaping, also das Teilen einer Handlung in kleinere Schritte(mit dem Endziel der Betätigung), lasse diese jedoch als Hausaufgabe repititv üben. Dadurch gewinnen Kinder an Sicherheit, werden durch den Vorher/Nachhervergleich z.B. bei Graphomotorik belohnt. Jedoch ist es wichtig, zum richtigen Zeitpunkt dieses Training wieder zu verlassen und Angebote flexibel zu gestalten, bzw. das Ziel als erreicht zu erklären.
MFG

ergokuh

16. Februar 2011 12:46 # 12
Registriert seit: 17.06.2010
Beiträge: 318

Hallo ergokuh,

kann mich deiner Auffassung voll anschließen, sehe es genauso. Betätigungsanpassung erfolgt mit Berücksichtigung der unterschiedlichen Aspekte von Person, Umwelt und Betätigung. Funktionen/Fertigkeiten sind wichtige Elemente der Person.
L.G. Dattel

16. Februar 2011 12:55 # 13
Registriert seit: 30.08.2010
Beiträge: 92

Hallo Dattel,
ist schön wenn solch ein spannendes Thema hier im Forum so positiv endet. Danke nochmals an alle für die guten Beiträge. Mir ist wieder einiges klarer geworden.

ergokuh

17. Februar 2011 17:24 # 14
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Zitat:

@ergokuh

kannst du das mal auf den Punkt bringen!?

Was verstehst DU unter betätigungsorientierter Behandlung?
>Evt. auch ein Zielbeispiel dabei!?
Wo arbeitets du ? Praxis, Klinik, Heim..........

LG Matti



Hallo liebe KollegInnen,

ich habe den Eindruck, dass hier teilweise aneinander vorbei gepostet wurde, weil die Begriffe offenbar unterschiedlich definiert wurden. Das ist leider in unserem Metier häufig so und es behindert die fachliche Auseinandersetzung und damit Weiterentwicklung.

Für eine Weiterbildung habe ich Definitionen zusammen gestellt (Quelle: Taxonomischer Code, Polatajko u.a. und ICF):

Schritt/Aufgabe: eine oder mehrere Aktionen (inkl.
Werkzeuge, Hinweise, Kontext) Bsp. Messer in die Hand
nehmen

 Aktivität: Gruppe von Schritten Bsp. Brot streichen

 Betätigung: Gruppe von zusammenhängenden
Aktivitäten Bsp. Eine Mahlzeit zubereiten und
einnehmen

 Funktion: physiologische und psychologische Funktionen
des Körpersystems Bsp. Die Hand öffnen und schließen

 Teilhabe: Beteiligt sein an Lebenssituationen
Bsp. Sich selbst versorgen können

Geht ihr mit den Definitionen konform oder nutzt ihr andere?

Grüße von

Oetken1
24. Februar 2011 19:54 # 15
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Hallo Angelika,

ich, bzw. wir in der Praxis gliedern die Begrifflichkeiten genauso:
Die Hirachie wäre: Funktion, Aufgabe, Aktivität, Betätigung, Teilhabe.

Für die Doku gibt es bei uns in der Praxis einen geminsamen ICF Bogen mit den für unsere Klientengruppe (Neurologie) relevanten Items. D.h. wir Ergos beurteilen u.a. Selbstversorgung, Handhabung von Gegenständen, Häusliches Leben, Einkaufen, gemeinschaftliche Aktivitäten mit zum Teil Unterpunkten. Wir stellen immer wieder fest, wie wichtig die Kontextfaktoren sind, die wir auf 100% verteilen. In funktionelle, personenbezogene und umweltbezogene Kontextfaktoren. Die Teilhabe wird in den wenigsten! Fällen vor allem vorwiegend durch fehlendeFunktionen eingeschränkt!!!

P.S.: Habe gesehen, dass du mehrere interessante Vorträge auf dem Kongress hälst. Da hätte ich dich gerne mal persönlich gesehen. Ich kann aber leider nicht kommen. Mit Baby und Kleinkind ist das dieses Jahr nicht vereinbar.

LG Christina


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