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Befund Pädiatrie

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26. April 2011 21:27 # 1
Registriert seit: 26.04.2011
Beiträge: 80

Hallo, ihr Lieben!

Ich habe eine (glaube ich) wirklich dumme Frage. Aber angeblich gibt es ja keine dummen Fragen?!
Also, ich habe 12 Jahre in der Neurologie in einer Rehaklinik gearbeitet. Im Moment befinde ich mich in Elternzeit. Auf 400,- € Basis arbeite ich in einer Praxis - und nun zum ersten Mal auch mit Kindern. Leider ist meine Chefin nicht wirklich gut ausgestattet was Tests angeht. Sie macht bei jedem Kind nur GEZIELTE BEOBACHTUNG, DTVP2 und MOTTIER. Egal wie alt, welche Diagnose usw.

Jetzt habe ich seit heute einen Jungen mit einer motorischen Retardierung. 3 Jahre alt, wirklich ein Grobmotoriker und scheinbar vestibulär eingeschränkt. Ataktisches Gangbild und außerdem scheint die Brille nicht wirklich zu stimmen.

Wer kann mir einen Tipp (oder auch 2...) geben, wie ich diesen Jungen am Besten befunde. So dass auch ich - die ich nicht auf Erfahrungswerte zurüchgreifen kann - weiß, woher die Beeinträchtigungen stammen und wie ich diese am Besten behandle.

Da ich mal davon ausgehe, dass meine Chefin nicht an einem Neuerwerb von Testmaterial interressiert ist (M-ABC-2 .ä.) und sich auch nicht beteiligen wird, wäre eine ´nicht so sehr kostenintensive Variante sehr schön.


Grüße

26. April 2011 21:38 # 2
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Hallo siwokla,
mir ging es vor 3 Jahren ähnlich wie dir und ich war total unzufrieden mit dieser Situation. Da ging eben nur eins mich fortbilden. Wenn du mit Kindern zeitgemäß arbeiten willst, wird auch dir nichts anderes übrig bleiben.
Aber zu deiner Frage:
du solltest als erstes den COPM mit den Eltern und den COPM a kids oder COSA mit dem Kind machen, die COPM Sachen sind nicht so teuer und unbedingt notwendig. Damit kannst du mit den Eletrn und dem Kind Therapieziele formulieren. Tests sind nicht immer notwendig, aber du solltst schon sehen können warum es zu Problemen bei den Betätigungen kommt. Sicher ist der Movement ABC bei Kindnern mit einer F.82 Diagnose oft hilfreich, aber soviel ändert es dann bei der Therapie selbst auch nicht.
Wenn du eine Zielformulierung mit den Eltern und Kind getroffen hast, dann frag hier ruhig nochmal nach wie es weitergehen kann.

"Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir nicht. Aber wir können es". (Spitzer)
26. April 2011 21:42 # 3
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Geändert am 26.04.2011 21:45:00
Hallo siwolka,

deine Frage ist absolut nicht dumm. Sondern im positivsten Sinne grundlegend.

Man sollte sich vor dem "Befunden" die Frage stellen, wozu und auf welcher Grundlage man Befunde erhebt.
Darum: frag doch mal deine Chefin, was sie überhaut herausbekommen will durch diese "Tests" (wobei die "gezielten Beobachtungen" den Testgütekriterien nicht entsprechen, der DTVP2 umstritten ist, weil er zu sehr von aufmerksamkeitsabhängigen Aufgaben geprägt ist und die ergotherapeutische Relevanz dieser drei Befundinstrumente diskussionswürdig ist).

Was willst du herausbekommen durch "Testung"?

Grüße von

Oetken1
26. April 2011 22:08 # 4
Registriert seit: 02.05.2007
Beiträge: 59

Hallo Siwolka,

ich finde deine Frage auch sehr grundlegend und absolut angebracht. Dadurch zeigst du, dass du dein Arbeiten hinterfragst, um den Klienten die benötigte Behandlung zukommen lassen zu können.

Wir machen es in der Praxis so, dass wir u.a. das COPM/COPM a kids durchführen. Anhand dieses Messinstrumentes kannst du rausbekommen, was das Kind erreichen möchte. Du bist da auch tief im Kern der Ergotherapie - du kannst herausbekommen, was das Kind können möchte und was von ihm erwartet wird einfach altersbedingt - das sieht man oft in den Zielen der Eltern. Das tolle daran ist, dass du die Wichtigkeit, die Performance und die Zufriedenheit festlegen kannst (bzw. die Klienten) und da kannst du auch auf dem Papier eine Veränderung sehen. Du arbeitest klientenzentriert, im Alltag und hast die umweltbedingten Faktoren mit drin. Und oft legen die Kinder Ziele fest, weswegen sie auch kommen, nur eben wesentlich klarer. Ich bin immer wieder erstaunt, wie klar die Kinder für ihr Alter die Ziele festlegen (auch mit Hilfe der Eltern).

Anhand der Zielfestlegung wäre dann zu überlegen, welche Testung eventuell noch notwendig ist.
Ich persönlich finde, dass nicht jeder Test, den eine Praxis besitzt, auch bei jedem Kind durchgeführt werden muss. Jedes Kind ist ja eben anders, das ist ja das Tolle daran. Und ich denke, allein durch deine Fragestellung, dass du das auch super meistern wirst!
LG Guilia15



27. April 2011 08:47 # 5
Registriert seit: 26.04.2011
Beiträge: 80

Hallo,

vilen Dank erst mal für die netten Antworten.

Ich werde mir jetzt erst mal das COPM/ COPM a kids näher angucken. Und natürlich möchte ich auch Fobis machen. Was würdet ihr vorschlagen, was sinnvoll ist. Ich dachte an den SI-Kurs und wollte in diesem August den Testtheorie-Kurs machen, der ja vorausgesetzt ist.

Aber jetzt mal wieder zu "meinem" Jungen. Er ist sehr grob im Spiel, beim Trinken drückt er das Glas so fest an seinen Mund, dass ich Angst habe, es geht kaputt. Er badet lieber als er duscht usw.. Das alles deutet doch auf eine sensorische Unterversorgung hin. Aber seine Eltern berichten, er liebe auch zarte Berührungen, was nun wieder dagegen spricht. Wie kann ich denn herausfinden, was mit der Sensi los ist?

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet.

Viele Grüße

27. April 2011 08:48 # 6
Registriert seit: 26.04.2011
Beiträge: 80

Hallo,

vilen Dank erst mal für die netten Antworten.

Ich werde mir jetzt erst mal das COPM/ COPM a kids näher angucken. Und natürlich möchte ich auch Fobis machen. Was würdet ihr vorschlagen, was sinnvoll ist. Ich dachte an den SI-Kurs und wollte in diesem August den Testtheorie-Kurs machen, der ja vorausgesetzt ist.

Aber jetzt mal wieder zu "meinem" Jungen. Er ist sehr grob im Spiel, beim Trinken drückt er das Glas so fest an seinen Mund, dass ich Angst habe, es geht kaputt. Er badet lieber als er duscht usw.. Das alles deutet doch auf eine sensorische Unterversorgung hin. Aber seine Eltern berichten, er liebe auch zarte Berührungen, was nun wieder dagegen spricht. Wie kann ich denn herausfinden, was mit der Sensi los ist?

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet.

Viele Grüße

27. April 2011 12:11 # 7
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Hallo siwokla,

Zitat:
Aber jetzt mal wieder zu "meinem" Jungen. Er ist sehr grob im Spiel, beim Trinken drückt er das Glas so fest an seinen Mund, dass ich Angst habe, es geht kaputt. Er badet lieber als er duscht usw.. Das alles deutet doch auf eine sensorische Unterversorgung hin. Aber seine Eltern berichten, er liebe auch zarte Berührungen, was nun wieder dagegen spricht. Wie kann ich denn herausfinden, was mit der Sensi los ist?

Zunächst solltest du deine Zielsetzung und Befundung abschließen, erst dann kannst du dich für eine Behandlungsmethode entscheiden. Ob die SI die erste Wahl ist kann dir zur Zeit keiner sagen. Es gibt viele moderne und evaluierte Methoden die hier zum Einsatz kommen könnten. Auch ist "die Verbesserung der Sensibilität" kein ergotherapeutisches Ziel und weder für Kind noch Eltern alltagsrelevant.
Wenn du den COPM gemacht hast wirst du dich leichter tun Ziele daraus abzuleiten. Was besonders wichtig ist, ist eine gute Elternanleitung und Beratung um die therapeutischen Ziele in den Alltag zu transportieren.


"Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir nicht. Aber wir können es". (Spitzer)
27. April 2011 19:45 # 8
Registriert seit: 26.04.2011
Beiträge: 80

Hallo,

Fine43 vielen Dank für deinen Beitrag. Ich merke mal wieder, dass ich noch sehr in alten Denkmustern denke.

Ich habe mir heute schon mal drei Bücher bestellt (COPM, COPM a-kid und MOHO9 und werde die mal schnellstens lesen.

Jetzt mal wieder zu Fobis. Was würdet ihr denn empfehlen. Ich als absoluter Neuro-Ergo kenne eigentlich nur SI. Ich habe wohl gehört, dass SI in letzter Zeit nicht mehr so hoch im Kurs steht, wie noch vor ein paar Jahren, aber ein anderes Konzept kenne ich ehrlich gesagt nicht. Oder bin mir jetzt nicht darüber bewußt.

Nun wieder zu "meinem" Jungen: natürlich habe ich die Eltern gefragt, welche Ziele sie mit einer Ergotherapie ihres Sohnes verfolgen. Aber den beiden ist nicht das Geringste an ihrem Sohn aufgefallen. Eigentlich hat mich die Oma des Jungen angesprochen und mir berichtet, dass sowohl die Erzieherinnen im Kiga wie auch die Kinderärztin zu einer Ergotherapie raten. Aber den Eltern schein es nicht aufzufallen, dass ihr Sohn mit 3,4 Jahren die Treppe nur an 1 Hand hoch und nur krabbelnd heruntersteigen kann. Die Oma hat mir erzählt, dass der Junge sich im Kiga total zurückziehe, da er mit den anderen Kindern motorisch nicht mithalten kann. Turnen im Kiga verweigere er total. Die anderen Kinder hingegen ziehen sich von ihm zurück weil er sehr grob sei.
Ich habe auch den Jungen gefragt, was er denn besser können wolle. Aber erstens ist er ein wirklich schlaues Kerlchen, der seine Mitmenschen nach allen Regeln der Kunst manipulieren kann. Ich hatte den Eindruck, er wolle sich auch bei mir nicht die Blöße geben, etwas nicht zu können. Und zum 2. denke ich, dass meine Fragetechnik vielleicht nicht die Beste ist!?
Auf jeden Fall habe ich in meinem fragwürdigen Befund, der sich größtenteils auf Beobachtung gründet herausgefunden, dass er Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht hat, das Körpergefühl nicht das Beste ist und seine Brille nie im Leben passt. Hier stimmen mir auch die Eltern zu. Diese Brille sei schön die zweite vom zweiten Augenarzt. Trotzdem sieht er damit scheinbar weit gut aber nah zieht er sie aus oder geht extrem nahe ran und dreht den Kopf zur Seite.

So, da steh´ich jetzt und weiß nicht weiter. Ohne richtigen Befund - aber mit ein paar Ideen für die Therapie (Gott sei Dank wenigstens das).

Also wenn ihr noch mehr gute Anregungen für mich habt bin ich sehr dankbar.

Grüße

27. April 2011 19:58 # 9
Registriert seit: 05.04.2010
Beiträge: 894

du könntest die kids-activity-cards nutzen. da suchst du ein paar sachen raus, die kinder in seinem alter gut können müssen. es können ruhig auch welche dabei sein, die er sicher kann. dann gehst du die aktivitäten mit ihm durch, was dazu gehört und was man beachten muss. so prüfst du, ob er wirklich diese dinge machen kann und gleichzeitig fühlt er sich wichtig, wenn er dir was zeigen und erklären kann.
dann überlegt ihr, was ihm schwer fällt (ich sage nie "was kannst du nicht?" sondern immer "kann es sein, dass dir das und das noch schwer fällt?" oder "das ist ganz schön schwierig, stimmts?". so kriegt das kind nicht das gefühl, n schwächling oder versager zu sein).



27. April 2011 20:59 # 10
Registriert seit: 20.02.2008
Beiträge: 58

Guten Abend siwokla,

Zitat:
Jetzt mal wieder zu Fobis. Was würdet ihr denn empfehlen. Ich als absoluter Neuro-Ergo kenne eigentlich nur SI. Ich habe wohl gehört, dass SI in letzter Zeit nicht mehr so hoch im Kurs steht, wie noch vor ein paar Jahren, aber ein anderes Konzept kenne ich ehrlich gesagt nicht. Oder bin mir jetzt nicht darüber bewußt.


Eine SI-Weiterbildung ist sehr zeit- und kostenintensiv und wird Dir wahrscheinlich nicht zeitnah die Inhalte vermitteln können, die Du nun mal aktuell brauchst (bitte nicht falsch verstehen, ich nutze, weil selbst SI-Ausbildung gemacht und auch davon überzeugt, wenn es für das Kind angebracht ist, diese Behandlungsmethode mit Erfolg).
Zu empfehlen wären z.B diese Fobis Link undLink Habe sie selbst letztes Jahr gemacht, die Inhalte sind äußerst praxisnah und sofort umzusetzen, gerade für "Neueinsteiger" in der Pädiatrie. Ansonsten kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen. Wenn Du klientzentriert und qualitätsorientiert arbeiten willst, brauchst Du bzw. Dein Arbeitgeber ein inhaltliches Konzept von der Anamnese bis zum Outcome.

Grüße
27. April 2011 21:16 # 11
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Hallo siwokla,
als Grundkonzept ist auch das Wunstorfer Therapiekonzept zu empfehlen, CO-OP ist das Mittel der Wahl (meine Meinung) nach bei F.82 Diagnosen aber schwierig ohne Pädiatrieerfahrung gerade bei den ganz Kleinen. Aber vielleicht wäre ja mit deiner Cheffin ein Überdenken der doch anscheinend recht veralteten Behandlungsmethoden möglich. Was ich dir neben den Behandlungskonzepten für die Kinder noch dringend empfehle ist eine Fobi in Elternarbeit. Bei uns steht die Elternberatung und Anleitung bereits auf der Verordnung und wird von allen Kinderärzten erwartet.

"Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir nicht. Aber wir können es". (Spitzer)
28. April 2011 19:45 # 12
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Geändert am 28.04.2011 19:46:00
Hallo siwolka,

wegen der Fortbildungen: bevor du dich entscheidest, halte ich es für sinnvoll, dass du dich zuerst mit konzeptionellen Modellen beschäftigst. Ich bevorzuge das CMOP, weil es gut zum deutschen Gesundheitswesen paßt.
Das Prozeßmodell CPPF gibt dir eine sehr gute Richtschnur für dein grundsätzliches Vorgehen. So behältst du besser den Überblick und hast Entscheidungsgrundlagen, gerade weil du Neuling in der Pädiatrie bist.
Aber du bist gleichzeitig eine erfahrene Therapeutin. Gesprächsführung, Betätigungsanalysen, Zielformulierung, Umgang mit Assessments sind dir sicherlich zumindestens in den Grundzügen bekannt.

Zitat:

Nun wieder zu "meinem" Jungen: natürlich habe ich die Eltern gefragt, welche Ziele sie mit einer Ergotherapie ihres Sohnes verfolgen. Aber den beiden ist nicht das Geringste an ihrem Sohn aufgefallen. Eigentlich hat mich die Oma des Jungen angesprochen und mir berichtet, dass sowohl die Erzieherinnen im Kiga wie auch die Kinderärztin zu einer Ergotherapie raten. Aber den Eltern schein es nicht aufzufallen, dass ihr Sohn mit 3,4 Jahren die Treppe nur an 1 Hand hoch und nur krabbelnd heruntersteigen kann. Die Oma hat mir erzählt, dass der Junge sich im Kiga total zurückziehe, da er mit den anderen Kindern motorisch nicht mithalten kann. Turnen im Kiga verweigere er total. Die anderen Kinder hingegen ziehen sich von ihm zurück weil er sehr grob sei.

Sowas kommt häufiger vor. Gut, dass der Junge eine aufmerksame Oma hat.
Es kann mehrere Gründe für die "Blindheit" der Eltern geben, angefangen von Unkenntnis bis hin zum Versuch, der Realität auszuweichen, weil man ein schlechtes Gewissen hat und sich schuldig fühlt am Handicap des Kindes.
Da ruhig mal mit dem verordnenden Kinderarzt sprechen.

Ansonsten: "Meilensteine der Entwicklung" und das Buch "Wie weit ist mein Kind entwickelt" helfen Eltern auf einleuchtende Weise, einzuschätzen, was "normal" ist.
Auch "Mein Kind im ..... Lebensjahr" von rowohlt finde ich sehr geeignet.

Wenn die Eltern sich damit beschäftigt haben, dann könnt ihr nochmal über Anliegen und Ziele sprechen.

Bis dahin würde ich mich an die Oma halten (mit Einverständnis der Eltern natürlich) und v.a. an die eigentlichen Auftraggeber, nämlich die Erzieherinnen. Bitte sie doch, in einfachen Worten ganz pragmatisch zu beschreiben, was ihnen aufgefallen ist. Im Positiven, wie im Negativen. Stichworte reichen. So kannst du dir ein Bild über die tatsächlichen, alltäglichen Probleme, aber auch über die Ressourcen des Kindes machen.
Anschließend machst du deine Betätigungsanalyse, indem du einige der Problemaktivitäten genau untersuchst. Sinnvoll ist es, dabei v.a. auf die Teilhaberelevanz und die konkrete Ausführung zu achten. Funktionelle Fragen sind zweitrangig, da die Behandlung ja eh so gut wie immer auf einer Betätigungsebene statt findet. Schaukeln ist genauso eine Betätigung wie Matschen oder mit Sensimaterial spielen.
Die Preisfrage ist dabei nämlich, inwieweit "Schaukeln" ein Kind dazu befähigt, Schreiben zu lernen oder seine Kleider selbst anziehen zu können. Und ob man da nicht lieber gleich bei der problematischen Betätigung selbst ansetzt.

Zitat:
Ich habe auch den Jungen gefragt, was er denn besser können wolle. Aber erstens ist er ein wirklich schlaues Kerlchen, der seine Mitmenschen nach allen Regeln der Kunst manipulieren kann. Ich hatte den Eindruck, er wolle sich auch bei mir nicht die Blöße geben, etwas nicht zu können. Und zum 2. denke ich, dass meine Fragetechnik vielleicht nicht die Beste ist!?

Ein konkretes "Interview" über Anliegen zu führen ist auch nicht so einfach.
Deshalb ist es besser, wenn du von dem ausgehst, was die Oma und die Kita genannt haben und das Kind am Anfang der Stunde zwischen zwei Sachen wählen läßt. Wenn es kooperiert und dir zumindestens demonstriert wie es etwas macht, dann kann es "Gewinnzeit" für etwas bekommen, was ihm großen Spaß macht.
Es ist sinnvoll, dass du von vorneherein die "Bestimmerin" der Struktur bist und er der "Bestimmer" des Inhalts der Stunde und des "Gewinns". Kinder empfinden das als sehr "gerecht". Aber: laß ihn zwischen zwei Vorgaben von dir wählen, sonst endet es in Dünnbrettbohrerei bzw. Bespaßung.

Der Junge wird schnell erfahren, dass du nicht "schimpfst" oder "lachst" wenn er etwas nicht kann, sondern ihm hilfst, selbst eine Lösung zu finden und kompetenter zu werden. Die Bereitschaft, auch mal etwas zu offenbaren, was nicht klappt, steigt dann bei den Kindern.

Womit Kinder oft gut leben können, ist wenn man sagt, dass man ihnen helfen will, dass Kitasport auch ihnen Spaß macht. Und dass man aber leider nicht wisse, wie Kitasport geht. Sie darum bitte, ein paar Sachen vorzumachen bzw. es ein Stofftier oder eine Puppe vormachen zu lassen.
Anschließend spielst du das "Kind" und machst natürlich jede Menge Fehler, die das Kind entdecken, benennen und bei dir korrigieren darf. Mit dieser Strategie schmilzt das Eis sehr schnell und die Kinder fassen Vertrauen.

Eine Anekdote dazu: Ein siebenjähriges Mädchen, das sich vor "Sport" fürchtete, weil es immer der "Plumpssack" war und gehänselt wurde, kam nach einer Stunde ganz begeistert in den Warteraum um der Oma zu berichten: "Oma, weißt du was, Frau Oetken ist auch ein Plumpssack". Mit diesem Mädchen hatte ich die Vereinbarung, dass wir zusammen Seilspringen lernen wollen und uns gegenseitig helfen und beraten.
Das klappte gut und Du wirst es nicht glauben: auch ich wurde besser!

Zitat:
Auf jeden Fall habe ich in meinem fragwürdigen Befund, der sich größtenteils auf Beobachtung gründet herausgefunden, dass er Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht hat, das Körpergefühl nicht das Beste ist und seine Brille nie im Leben passt. Hier stimmen mir auch die Eltern zu. Diese Brille sei schön die zweite vom zweiten Augenarzt. Trotzdem sieht er damit scheinbar weit gut aber nah zieht er sie aus oder geht extrem nahe ran und dreht den Kopf zur Seite.

Letztendlich haben die meisten unserer Befunde den Charakter von Beobachtungen. Die Frage ist nur, wo du ansetzt und was du beobachtest.
"Gleichgewichtsprobleme" ist im Grunde eine Schlußfolgerung.
Du kommst weiter, wenn du ganz konkret beschreibst, wie er genau eine Betätigung angeht. D.h. was passiert, wenn er zu Balancieren versucht.
Motivation? Kommentare? Korrektur der Bewegung? Was macht er mit seinem Körper? Wohin guckt er? Lernt er aus Fehlern? bzw. ist ihm klar, was er ändern müßte?

Genau aus diesen Beobachtungen kannst du einen spezifischen Therapieansatz kreieren. Wie du intervenierst, bzw. das Kind unterstützt hängt von deiner Erfahrung ab. Natürlich ist es einfacher für dich, wenn du Wissen über strukturierte Anleitung und motorisches Lernen und Lehren hast.
Aber du kannst auch deine Therapieeinheiten z.B. aufnehmen und dann in Ruhe anschauen und daraus lernen. Oder die Eltern hospitieren lassen und sie bitten, das Kind genau zu beobachten und Notizen zu machen, die du nutzen kannst.

Beobachte das Kind und stell einfach demnächst deine Ergebnisse ein. Dann kann ich versuchen, dir weiterzuhelfen.

Grüße von

Oetken1
29. April 2011 20:46 # 13
Registriert seit: 26.04.2011
Beiträge: 80

Hallo, ihr Lieben,

zuerst möchte ich mich mal ganz herzlich bei euch bedanken, dass ihr mir so viele Infos und Hilfestellungen gebt. Danke also!!

Heute habe ich ein riesiges Packet von Amazon gekriegt. Auch die Activity- Cards sind dabei. Also jetzt gehts los.

Liebe Oetken 1, vielen Dank für Deinen Beitrag und dein Angebot, mir Hilfestellung zu geben.

Also, ich hab´noch mal mir der Oma gesprochen (sie ist die Nachbarin meiner Mutter).Sie nennt immer wieder ein Problem beim Treppensteigen. Raufgehen an einer Hand mit vielen Stoperern, Hinuntersteigen mit Geländer und an einer Hand und vielen Stolperern. Da dies im Moment der einzige richtige Anhaltspunkt ist den ich habe, würde ich erstmal gerne daran arbeiten. (Ich hab´mir u.a. das Buch "Kinder zu Wort kommen lassen" bestellt und möchte in dessen Sinn noch mal ein "Interview mit Eltern und Oma und den Kindergärtnerinnen führen.) Aber am Montag habe ich wieder einen Termin mit dem Süßen. Ich hab´ mir überlegt, ein paar Tritte und Stiegen aufzustellen. Vielleicht Bälle runterwerfen lassen oder kleine Hopser runtermachen lassen, wenn er sich traut. Ich denke, er wird alles ausprobieren. Im Kiga zieht er sich zwar total zurück aber in der Therapie versucht er sich an allem. Die Motivation ist gut, solange er machen kann was er will, ansonsten stellt er einfach die Ohren auf Durchzug und macht mit dem weiter was er gemacht hat. Er lässt sich in keinster Weise von mir korrigieren oder bremsen und lernt nicht aus seinen Fehlern. Außerdem verlässt er sich total auf die Erwachsenen, dass diese ihn in jeder Lage auffangen und "retten".

So, ihr Lieben, jetzt werde ich mal weiterlesen.

Ein schönes Wochenende und einen schönen Maifeiertag wünsche ich.

Gruß Simone

29. April 2011 21:33 # 14
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Hallo siwokla,
erstmal ein großes Lob an dich, du bist wirklich sehr engagiert. Wenn du die COPM a kids Unterlagen hast, dann nimm dir doch auch die für deine nächste Einheit vor. Du könntest sie ein wenig vorsortieren, so das es nicht zu viele sind (verliert sonst wohl die Lust) und ihn Fragen was er denn auch schon alles kann und ob es Fotos gibt die Aktivitäten zeigen die er schwierig findet. Bei den entsprechenden Karten kannst du dann fragen ob er das gezeigte auch gerne richtig gut können will und ob er das mit dir in der Ergo üben möchte. Dann hast du wahrscheinlich schon 1-3 Ziele beisammen die für deinen kleinen Patienten selbst relevant sind. Zum Thema Treppen steigen solltest du genau beobachten wie er es macht und dir auch genau überlegen was denn altersgerecht ist (genaues Alter des Kindes). Um ihm Struktur zu geben, denke dir immer gleich ablaufende Begrüßungs- - und Verabschiedungsrituale aus. Biete ihm maximal 2 Therapieinhalte zum aussuchen an, z.B. Klettern oder Rutschen. So hat er das Gefühl selbst bestimmen zu können, die Struktur musst aber du vorgeben, sonst wird es Larifari. Wichtig ist, dass du eine gute Elternanleitung in deinen Einheiten einfließen lässt, es sollte geklärt werden was der Junge überhaupt schon können muss und wie sie das im häuslichen Umfeld üben, dazu gibt es Trainingsaufgaben für zu Hause. Was bei so einer unklaren Auftragslage oft hilft, ist das Führen eines Wochenprotokolls seitens der Eltern. 3 Spalten mit den Überschriften: das hat die Woche gut geklappt, das hat die Woche nicht gut geklappt und dabei ging es meinem Kind besonders gut. Wenn die Eltern dies Stichpunktartig ausfüllen und mit in die Therapie bringen hast du den Alltag des Kindes in der Hand und kannst wunderbar darauf therapeutisch eingehen.
Ich hoffe dies hilft dir ein wenig für die nächste Einheit.


"Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir nicht. Aber wir können es". (Spitzer)
29. April 2011 22:10 # 15
Registriert seit: 05.04.2010
Beiträge: 894

gucke auch beim treppensteigen auf mögliche ursachen. zum beispiel die körpergröße: einige kinder haben noch so kurze beine, dass "richtig" runtersteigen gar nicht mögliche wäre.
auch ein lob an dich von mir :o)

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