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Reflexionsgespräch

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18. Mai 2011 22:11 # 1
E.Fuß
E.Fuß
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 86

Geändert am 18.05.2011 22:14:00
Hallo ihr Lieben,

ich hab mal ne Frage.
Ich tu mir da richtig schwer.
Was müss(t)en denn so grundsätzlich für Reflexionsfragen bei einer interaktionellen Methode einer Kleingruppe (Depression, Psychose, Alkoholmissbrauch) drinnen sein?
Gehe ich da mehr auf die Aktivität, auf die Gefühle ein?
Also, ich weiß, dass die interaktionelle Methode nicht prozessorientiert ist.
Mir fällt es einfach schwer, im fließenden Gesprüch mit den Leuten zu reflektieren. Ich weiß nie, wie tief darf ich fragen (jaaa, soweit dass ich es noch auffangen kann, aber wenn ich die Leute nicht kenne?!), wie schaffe ich es, dass es sich nicht wie ein Fragenkatalog anhört, welche Fragen stelle ich überhaupt?

Meine Aktivität: Bilder kreativ gestalten zum Thema Familie seines Nachbarn
Fragen: Wie haben sie sich gefühlt beim Fragen ihres Nachbarn?
Wie haben sie sich gefühlt, als sie befragt wurden?
Wie fühlten sie sich während der Gestaltung (mit verständlicheren Worten)?
Wie fanden sie den Austausch untereinander? (einfach wg. 3-er Gruppe, einfach)
Was viel ihnen schwer?
Was viel ihnen einfach?

Dazu sollen die Klienten zuvor noch die Bilder vorstellen die sie gestaltet haben....

hoffe, war verständlich.
Danke für Antworten.
lg

18. Mai 2011 22:56 # 2
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Hallo E.Fuß,

stell dir doch einmal vor, du wärst eine der Patienten, mit denen du arbeitest.

Was würdest du von der Therapie erwarten?

Wäre es schlimm, wenn die Therapeutin einfach "echt" ist in ihrer Arbeit?

Patienten sind doch Menschen wie du und ich und keine exotischen Zootiere, die eine "Spezialbehandlung" brauchen, damit sie keinen Schaden nehmen.

Die Symptome, die sie zeigen, sind so gut wie immer solche, die auch bei uns im "normalen" Leben vorkommen.

Was hilfst dir, wenn du "normale" Symptome hast?

Und: falls du im Praktikum sein solltest - es kann helfen, sich eine scheinbar banale Frage zu stellen: "Was ist konkret und kurz gesagt der Auftrag der Einrichtung"

Guck mal, ob es irgendwas wie ein Konzept gibt. Meistens gibt es keins und das hat auch Gründe.
Die Folge ist, dass viele Maßnahmen aufgesetzt wirken. Sie gehören zu einer Routine, die den Patienten Fachlichkeit suggerieren und dem Personal Struktur geben soll. Und ihm ermöglichen soll, zu verdrängen, dass die meisten ziemliche ähnliche Probleme haben wie ihre Patienten

Deshalb: ehrliche Reflektion betreiben, am besten mit Mitschülern zusammen und dann eine konkrete Planung, die etwas mit dem Alltag der Patienten zu tun hat. Welche konkreten Probleme und v.a Ziele äußern sie denn?

Viel Erfolg wünscht

Oetken1
19. Mai 2011 09:35 # 3
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Hallo E.Fuß,

Reflexionsgespräche sind zu Beginn schwierig, es trainiert sich aber mit der Zeit und Erfahrung. Ich leite selbst eine interaktionelle Gruppe und erfahrungsgemäß haben die meisten Praktikanten große Schwierigkeiten damit. Du bist also nicht allein

Die meisten meiner Praktikanten versuchen, wenn sie interaktionelle Einheiten durchführen, zunächst die freie Reflexion mit den Patienten und müssen dann feststellen, dass das nicht funktioniert. Man braucht einfach Erfahrung im Wahrnehmen und Beobachten, Fingerspitzengefühl für die "richtigen" Fragen, aber auch ein Klientel, das zur freien Reflexion in der Lage ist. Meinen Patienten fällt das häufig genau so schwer wie den Praktikanten.

Stelle dir die Frage, was du mit deiner Einheit erreichen willst. Was soll das Medium bewirken? Was sollen die Klienten im Idealfall erkennen und "mitnehmen"? Bauen die Einheiten aufeinander auf, d.h. wurde in den vorherigen Einheiten "Vorarbeit" für diese geleistet und wird das Thema in den nächsten Einheiten weitergeführt? Was genau ist das Ziel?
So kann man oft auf eine geeignete Reflexionsmöglichkeit kommen.

Meine Patienten (Suchtbereich) können mit so offen gestellten Fragen wie deinen oben formulierten oft nicht viel anfangen. Sie wissen, wenn man so fragt, schlichtweg nicht, was der Therapeut von ihnen will. Im Idealfall verwendet man solche aber Fragen natürlich, um die Möglichkeit zu freien Antworten zu geben und nicht durch Suggestivfragen zu lenken.

Eine Möglichkeit, die das Arbeiten erleichtern kann, sind verschiedene Reflexionsvarianten aus der Seminarpraxis. So kann man die Patienten sog. "Feedbackbriefe" schreiben lassen, Fragebögen zur Reflexion austeilen, anhand von Bildern oder Postkarten reflektieren, Rollenkarten auswählen lassen ("Mitläufer", "Anführer" etc...). Meinen Patienten fällt die Reflexion oft leichter, wenn sie etwas "in der Hand haben", etwas das ihnen einen Anhaltspunkt gibt. Alle oben aufgelisteten Varianten werden natürlich dann besprochen. Per Fragebogen haben die Patienten beispielsweise Zeit, sich erstmal Gedanken zu machen und zu sortieren, bevor sie in der Gruppe reflektieren. Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile.

Je nachdem, was das Thema ist (Rollen, Kommunikation...), gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Bei meinen Patienten kommt beispielsweise der "InnovationsPotentialCompass" gut an, damit können sie etwas anfangen. Mit freier Reflexion wie gesagt eher weniger. Es ist aber auch möglich, wenn das Thema "Kommunikation" ist, gemeinsam anhand der bei der vorherigen Übung gemachten Erfahrungen zu sammeln und ein Poster zu erstellen "Was ist förderlich / was ist hinterlich für die Kommunikation". So reflektieren sie ihre Kommunikationsweisen auch, erkennen Stärken und Schwächen, ohne so sehr im Fokus zu stehen. Vorteilhaft ist auch, dass die Einheit ein Ergebnis für die Patienten aufweist (ich erstelle aus dem gemeinsam erarbeiteten Poster immer ein "Handout", dass sie in der nächsten Einheit mitnehmen können. So kann ich besser aufeinander aufbauende Einheiten gestalten und die Arbeit der Patienten wird gewertschätzt).

Ich denke, du solltest es dir nicht so schwer machen und erstmal versuchen, dich über verschiedene Reflexionsmöglichkeiten an die "Königsdisziplin" der freien Reflexion heranzutasten.

Bei deiner Planung fiel mir außerdem auf (wenn diese kleine Anmerkung erlaubt ist), dass du es dir sehr schwer machst, indem du das häufig stark emotional belastete Thema "Familie" mit der interaktionellen Methode vermischst. Das macht die Reflexion natürlich ungleich schwerer.

Also - überlege dir nochmal (wenn du das nicht schon getan hast), welchen "Zweck" die Aufgabe für die Klienten haben soll. Mich würde interessieren, wie du auf das Thema und das Medium kommst und welche Ziele du damit verfolgst.

Liebe Grüße, Kinaa

21. Mai 2011 12:48 # 4
E.Fuß
E.Fuß
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 86

Geändert am 21.05.2011 12:56:00
Vielen Dank für eure Antworten,

also generell fällt es mir irgendwie schwer, in kürzester Zeit "autentisch", "echt" zu sein. Weil ich die Leute nicht kenne, weil ich niemanden verletzen und auf den "Schlips treten" möchte etc.
Und dann kommt mir auch nicht die Idee, das zu sagen wie es wirklich ist.
Autentisch sein, das schaff ich, wenn ich die Leute besser kennen lerne. Aber wenn man es so wieder betrachtet bin ich ja auch autentisch

Naja, also ich habs versucht. Mein Problem ist halt auch einfach, dass ich kein fließendes Gespräch zustande bekomme. Bei mir hört sich alles wie ein Fragenkatalog an (wenn ich die Leute nicht kenne), hinzu kommt noch, dass ich von Natur aus kein Typ bin, der gern und viel redet. SmalTalk fällt mir auch noch ganz schwer. Ich bin von Natur aus jemand, der ans "Eingemachte" geht. Tiefe Gespräche mit Hintergrund und tiefen Inhalten. Und, manche Leute wollen das nicht, blocken, getraun sich nicht, schämen sich etc. Kann ich auch alles nachvollziehen. Dennoch ist es dann schwer, ein Gespräch aufzubauen und fortzuführen.

Wie gesagt, ich spreche hier von einer Zeitspanne von 1 Woche. Alles darüber hinaus fällt mir schon wieder leicht. Nur die Anfangszeit, die Kennlernphase fällt mir unheimlich schwer. Und dann noch ein Reflexionsgespräch zu führen.....
Und da nützt es auch nichts, wenn ich mir vorstelle, wenn ich da sitzen würde und ein Ergo würde mich ausfragen. Ich würde die Fragen selbst nur oberflächlich beantworten.
Vllt. stell ich deswegen auch die Fragen so und gehe nicht tiefer .... vllt. liegt es sogar an mir und nicht an den Anderen.

Ich habe jetzt bei meiner einen Klientin gemerkt: sobald es um ihr Problem geht, ans Eingemachte, blockt sie ab. Kein Blickkontakt, kurze Sätze, kein Lachen, andere Körperhaltung.... und dann lenk ich das Gesprächsthema wieder auf etwas Neutrales = ganz andere Gesprächsführung ihrerseits.
Aber da ich die Informationen ja brauche, lass ich mir da auch immer Zeit und frag nicht immer alles an einem Tag ( - 1 Woche) ab.

Zitat:
"Die Symptome, die sie zeigen, sind so gut wie immer solche, die auch bei uns im "normalen" Leben vorkommen. "
Das habe ich meine Klienten auch gesagt, dass die Depressions-Symptome wirklich jeder kennt. Auch ich. Auch wenn ich noch so optimistisch den Leuten gegenüber trete.
Tja, ich hatte meine Klientin auch gefragt, was sie sich von mir wünscht/erhofft. Ihre Antwort: einen Rat gegen die Depression (Verbesserung der Stimmung).
Ich hab ihr gesagt was ICH mache. Tja, meine Antwort war: Entspannung, Entspannungsübungen, Erdübungen (ich weiß, dass das noch eine andere Beschreibung hat, ich weiß sie aber nicht) ... wir haben es zusammen ausprobiert, ich habe sie angeleitet. Und es hatte ihr für den Moment geholfen. Ob sie es weiter macht, weiß ich nicht (ich seh sie auch nicht mehr). Sie meinte auch, dass Meditation und/oder Entspannungen auch der Vorschlag ihrer Tochter gewesen sei....
Ich weiß nicht ob das wirklich therapeutisch sinnvoll war bei einer Depression (da diese Leute ja sowieso schon in ihren Gedanken sind), aber es hat ihr gefallen und in diesem Moment hatte ich das Gefühl, das sei das richtige. Gedanken sotieren, Gedanken los lassen, ruhig werden....

Zitat:
"Stelle dir die Frage, was du mit deiner Einheit erreichen willst. Was soll das Medium bewirken? Was sollen die Klienten im Idealfall erkennen und "mitnehmen"? Bauen die Einheiten aufeinander auf, d.h. wurde in den vorherigen Einheiten "Vorarbeit" für diese geleistet und wird das Thema in den nächsten Einheiten weitergeführt? Was genau ist das Ziel?
So kann man oft auf eine geeignete Reflexionsmöglichkeit kommen."
Ja, Vorarbeit wurde geleistet, den Sinn meiner Beschäftigung habe ich den Klienten auch erklärt und sie verstanden ihn. Alltagstransfer habe ich auch gemacht. Ich hatte ja das Gestalten eines Blattes. Klienten meinten zwischendurch: "Das sieht doof aus; ich kann nicht malen; etc." Zum Schluss habe ich erklärt, (oder auch zwischendurch) dass es nicht auf die Malleistung ankommt oder wie das Bild ausschaut. Und ich habe erklärt, dass es um den Austausch untereinander ging.... (Gemeinsamkeiten entdecken etc.)
Das war gut. Dann hatten sie auch den Sinn von der ganzen Stunde verstanden.

lg

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