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Wernicke Aphasie, Apraxie, Desorientiertheit

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4. Mai 2011 20:39 # 1
Registriert seit: 11.08.2005
Bundesland: Sachsen
Beiträge: 842

Ich soll von meinem Chef einen Patienten mit Wernicke Aphasie, Aprtaxie und zeitlicher Desorientiertheit nach Apoplex übernehmen.

ICh habe keinerlei Erfahrung in dem Bereich und bin froh über Denkanstöße.

Seine Frau ist sehr überfordert mit der Situation, sie denkt sein Verhalten wäre mutwillig, um sie zu ärgern und demantsprechend putzt sie ihn immer runter und überfordert ihn total, indem sie ständig auf ihn einredet.

Mein Chef hatte mit ihm ein einfaches Tongefäß begonnen. ICh denke aber, das ist ihm viel zu abstrakt, weil es keinen Bezug zu seinem Alltag hat. Der patietn kommt in die Praxis.

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Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt. (Albert Einstein)
4. Mai 2011 21:31 # 2
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Hallo Juanita,

also das hört sich auf alle Fälle komplex an. Ich sehe das große Problem bei der Ehefrau, die größtmögliche Unterstützung und Hilfe benötigt. Denn nur wenn sie als Angehörige lernt mit der wirklich nicht leichten Situation umzugehen, kann sich das positiv auf den Patienten auswirken. Gibt es Kinder, die mit unterstützen können. Ist die Ehefrau an eine Selbsthilfegruppe angebunden?
Kannst du Kontakt zur Logopädin aufnehmen, könnte man sich an einen runden Tisch setzen?
Was ist für den Patienten vorranginges Ziel? Was für die Ehefrau? Ich denke das Ehepaar benötigt externe Hilfe, denn wenn der Mann zeitlich desorientiert ist, wird sie ihn wahrscheinlich nicht alleine lassen können. Eine wahnsinns Belastung!
Gibt es Nachabartschafts- oder Stadteilhilfe, die die Ehefrau in Anpsruch nehmen könnte?

Auch auf die Gefahr hin, mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, aber hier mit dem Herstellen von Tongefäßen zu arbeiten halte ich für NICHT annährend sinnvoll ("Haare rauf". Wenn es wirklich so ist, dass die Ehefrau überfordert und der Patient so schwer betroffen ist, musst du im Alltag arbeiten. Aber das hast du ja auch schon gesagt.

Vielleicht wäre auch Hausbesuch sinnvoll, dann könntest du mit dem Patienten in seiner Umgebung arbeiten, gerade in Hinblick auf Apraxie und die Ehefrau müsste nicht noch ihren Mann in die Praxis bringen.

Ich hoffe ich konnte dir ein paar Denkanstöße geben. Ich bin der Meinung, der Weg führt über die Ehefrau, die unbedingt mit ins Boot geholt werden muss!

LG
Christina



5. Mai 2011 07:08 # 3
chipchap
chipchap
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1334

Wenn die VO beendet ist, würde ich ebenfalls im Bericht an den Arzt
für die neue VO Hausbesuch empfehlen. Bei Apraxie ist die Durchführung von Alltagstätigkeiten in gewohnter Umgebung am sinnvollsten (v.a. bei Wernicke Aphasie !!)
Finde im Gespräch über die Ehefrau zunächst heraus, welche Tätigkeiten der Pat. noch gut selbst durchführt
zu Hause und bei welchen er sehr viel Hilfe braucht.
Jede Alltagshandlung, die der Pat. selbst durchführen kann, entlastet die Ehefrau und kann
Konfliktpotential senken.
Solange noch in der Praxis gearbeitet wird: was waren ehemalige Freizeitaktivitäten des Patienten,
wo lagen seine Interessen ?? Setze dort an! Ich denke nicht, daß er früher getöpfert hat...

5. Mai 2011 09:00 # 4
Registriert seit: 16.10.2007
Beiträge: 107

Geändert am 05.05.2011 09:02:00
Liebe Juanita,
ich kann mich meinen Vorschreiberinnen nur anschließen, gerade bei Menschen mit Apraxie ist es extrem wichtig ganz nah am Alltag zu bleiben. Die Transferleistungen von Geübtem auf den Alltag sind nämlich in der Regel extrem beeinträchtigt. Du kannst die Zeit in der Praxis aber gut nutzen, um am Verständnis der Ehefrau zu arbeiten. Ich habe es schon des öfteren erlebt, daß Klienten nach Hause entlassen wurden, ohne die Angehörigen auch nur im Geringsten über die komplexen neuropsychologischen Einschränkungen aufzuklären. Das führt häufig dazu, daß sie nicht dazu in der Lage dazu sind, die verbliebenen Fähigkeiten für den gemeinsamen Alltag gewinnbringend einzusetzen. Genau wie den Betroffenen hilft es auch den Angehörigen eine "vorausschauende Awareness" zu erlangen. Um eben auch der Belastung/ Überlastung kompetent begegnen zu können.

Was kann der Klient alleine?
Wo benötigt er nur wenig Hilfe?(setze hier an- die ganz schwierigen Sachen bleiben häufig ganz schwierig)
Welche Art Fehler macht er bei welchen Betätigungen?
Bei welchen Dingen hat die Angehörige ein 'komisches' Gefühl beim Helfen?
Welche gemeinsamen Betätigungen führen sie noch durch?
Welche bedeutsamen Betätigungen fehlen ihr sehr, könnte sie mit wenig (Betreuungs-) Aufwand einige wieder ermöglichen?

Das Leben mit Apraxie ist für die beiden ein sehr schwierig zu lösendes alltäglich wiederkehrendes existentielles Rätsel, du kannst dabei Hinweise geben und Lösungswege trainieren.

Es wäre schön, wenn du weiter von ihm berichtest, wenn du Fragen hast, können dir hier einige helfen!

Hanneke
5. Mai 2011 11:20 # 5
Registriert seit: 11.08.2005
Bundesland: Sachsen
Beiträge: 842

Danke für eure Antworten!
Habe gestern Abend noch ein bischen gegrübelt und eure Antworten decken sich mit meinen Überlegungen.

Entlastung hat sie seit Kurzen in dem Sinne, dass ihr Mann an ein paar Tagen in der Woche in die Tagespflege geht. Oder besser egsagt gehen soll. Er will nämlich nicht mitgehen, wenn er abgeholt wird.

Was er zu Hause an Alltagsverrichtungen selber macht, muss ich mal erfragen. Ich glaube nicht, dass seine Frau ihn viel tun lässt, denn sie traut im absolut gar nichts zu. Aber das wäre ja ein Ansatzpunkt, dass man ihn wieder verschiedene Dinge machen lässt und in der therapie daran arbeitet.

Der Patient selber hat sich zu den belastendsten Einschränkungen nicht geäußert. Die Frau belastet wohl die zeitliche Desorientiertheit am meisten.

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5. Mai 2011 12:36 # 6
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Hallo Juanita,

klingt doch alles sehr vernünftig, was die Ehefrau sich überlegt hat.

Patienten mit diesem Krankheitsbild sind häufig sehr depressiv, können aber auch sehr fordernd sein.
Die Frau braucht deshalb viel Unterstützung, ihre Entscheidung, nämlich Tagesstätte ihm gegenüber durchzusetzen.

Was heißt "zeitlich desorientiert" konkret? Bitte anhand alltäglicher Dinge beschreiben. Nur da können wir nämlich in der Behandlung auch ansetzen.

Und: geht dein Chef mit deinen Entscheidungen konform?

Die Vorschläge, die du bisher bekommen hast, sind sehr gut.

Allerdings bist du Angestellte und wenn sich dein Chef übergangen fühlt, könntest du großen Ärger bekommen.

Alles Gute wünscht

Oetken1
5. Mai 2011 20:18 # 7
Registriert seit: 11.08.2005
Bundesland: Sachsen
Beiträge: 842

Zeitlich desorientiert heißt z.B., dass er statt nachmittags in die Praxis zur Therapie zu kommen, schnell nach Hause will, weil er die Medikamentenlieferung der Apotheke erwartet. Die soll aber erst abends kommen.
Oder dass er unbedingt vom Garten hoch in die Wohnung will, weil er denkt seine Medikamente nehmen zu müssen, obwohl noch gar nicht die Zeit dafür ist.

Mit meinem Chef habe ich noch nicht über das weitere Vorgehen gesprochen, ich werde es morgen mal ansprechen.
Seine Vorstellungen sind halt die Tonarbeit weiter machen, Gleichgewichtsübungen und konkret die Uhr üben. Ich kann ihn jetzt auch so gar nicht einschätzen, wie er auf meine Vorschläge reagieren wird - ich habe erst vor 5 Wochen in die neue Stelle gewechselt.

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5. Mai 2011 20:30 # 8
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Hallo Juanita,

da wünsche ich dir für morgen viel Glück für das Gespräch mit deinem Chef. Ich hoffe sehr für dich (und deinen Patienten), dass er aufgeschlossen auf deine Vorschläge reagiert!

LG
Christina


5. Mai 2011 21:02 # 9
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Zitat:

Hallo Juanita,

da wünsche ich dir für morgen viel Glück für das Gespräch mit deinem Chef. Ich hoffe sehr für dich (und deinen Patienten), dass er aufgeschlossen auf deine Vorschläge reagiert!

LG
Christina




Hallo Juanita,

schließe mich Tinawi an.

Und falls dein Chef irgendwie ungnädig reagiert, dann schreib mir doch mal eine PN

Grüße von


Oetken1
11. Mai 2011 20:31 # 10
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Beiträge: 842

Also mein Chef hat neutral reagiert. Er hat mir noch 2 Dinge gesagt in dem Zusammenhang: Sien Informationsstand ist, dass die Frau mit ihrem Mann in die Praxis kommen möchte, weil sie will, dass er mal rauskommt. Vielleicht wäre es ja aber inzwischen doch eine Erleichterung für die frau, wenn man bei der nächste VO nen Hausbesuch bekkommt. Dann häte sie mal 45 Minuten für sich und nicht den Stress, dass ihr Mann nie wohin will.

Und von wegen Aufgaben im Haushalt: Er denkt, dass sie auch schon vor dem Apoplex alles selber gemacht hat im Haushalt - so typische Rollenverteilung.

Die 2 kommen morgen, da frag ich sie direkt nochmal.

Logopädie bekommt der Mann schon.

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12. Mai 2011 20:22 # 11
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Die Frau möchte unbedingt, dass die Therapie außerhalb stattfindet, d.h. kein Hausbesuch. Sie hätte gern, dass ich bei der neuen VO zur Therapie in die Tagespflege fahre.

Ihr größtes Problem sei momentan, dass ihr Mann nirgends mit hin will. Er hat gesagt, dass ihn die linke Hand behindert - sie ist etwas geschwollen und ist eben durch den Apoplex nicht mehr so gut in der Feinmotorik wie vorher. Außerdem hat er Schmerzen im linken Arm angegeben.

Seine Aktivitäten im Haushalt macht er nach wie vor, da gebe es auch keine Einschränkungen.

Ich habe den beiden heute die Nummer einer Selbsthilfegruppe in ihrer Nähe mitgegeben.

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25. Mai 2011 19:39 # 12
Registriert seit: 11.08.2005
Bundesland: Sachsen
Beiträge: 842

Schade, dass keiner nochmal geschrieben hat. Ich werde wohl an der betroffenen Hand ansetzen, denn das war das Problem, was der Patient mir beim letzten Mal genannt hat.

Hab noch eine Frage - würde denn ein Hausbesuch in der Tagespflege überhaupt gehen? So wie die Frau es möchte? Hausbesuch heißt ja den Patienten da zu besuchen wo er wohnt.

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2. Juni 2011 12:17 # 13
Registriert seit: 30.07.2006
Beiträge: 24

Also bisher kann ich mich meinen Vorschreibern auch nur anschließen.
Ich halte jedoch Hausbesuche auch für sinnvoller, weil die gesamte Situation für beide Ehepartner wohl nicht einfach ist, denn inwieweit nimmt der Ehemann seine Defizite denn noch konkret wahr?
Für die zeitliche Orientierung wie wäre es ddenn mal mit einem bildlichen Zeitplan irgendwo daheim an der Wand? Kann ja die Ehefrau selbst mit ihm erstellen, so sieht er z. B. auch, wann genau die Medikamentenlieferung kommt. Ist halt eine Trainingssache, welche auch die Frau mit ihm durchführen kann.

Ich denke auch, dass Sie mit der Schlüssel zum Erfolg sein wird. Denn erst wenn sie auch lernt, ihn wieder alltägliche Dinge machen lässt, was ja in der Therapie bei Hausbesuchen mit ihm trainiert werden kann. Wenn ich ehrliche bin, würde das handwerkliche erstmal ( nciht ganz und für immer ) außer betracht lassen.

Und eine Selbsthilfegruppe für die Frau, den Vorschlag finde auch gar nicht so schlecht. Auch die tageweise Betreuung ist ein sehr guter Ansatz, ich denke für beide Ehepartner. Es muss halt immer wieder versucht werden, es dem Mann positiv dargestellt werden, irgendwann wird er dann ja evtl. auch mitgehen. Zuviel einreden denk ich, bringt dann morgens auch nicht.

Aber unbedingt in die Praxis kommen zu wollen, damit der Ehemann mal rauskommt, halte ich auch für die falschere Lösung, weil das bedeutet wieder Stress für beide und ist auch nicht gut für die Behandlung dann.

Würde mich mal über eine Schhilderung freuen, so nach einiger Zeit, was du ggf. erreichen konntest, was du so umsetzen konntest.

Weiterhin viel Erfolg

2. Juni 2011 13:15 # 14
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Hallo Juanita,

wegen des Hausbesuches:

Hausbesuche sind im "häuslichen Umfeld" zu erbringen. So weit ich informiert bin, gehört eine Tagespflege dazu. Denn die übernimmt ja Pflegeleistungen, die ansonsten zuhause zu erbringen wären.

Eine Tagespflege ist ja keine therapeutische oder pädagogische Einrichtung. Da wäre es etwas Anderes, da die ja oft schon Fördergelder für therapeutische Maßnahmen bekommen und somit eine "Doppelfinanzierung" vorliegen würde, wenn auch noch ambulante Ergo verordnet würde.

Alles Gute wünscht


Oetken1
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