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Schlaffe Hemiparese/-plegie nach Schlaganfall

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11. Januar 2015 17:49 # 1
Sayang
Sayang
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 3

Hallo zusammen,

ich bräuchte mal ein Tipps oder Behandlungsideen für einen oben genannten Fall. Ich gebe euch als erstes Mal ein paar Infos:

Patientin, 68 Jahre alt, hatte vor knapp einem Jahr einen Apoplex mit Hemi links. Bein und Arm komplett betroffen. War fast 5 Monate in Reha. Anfangs ging scheinbar so gut wie gar nichts. Schlaffe Lähmung im linken Arm und Bein. Verdacht auf Neglect. In der Reha wurde dann Standaktivität erreicht. Der Arm war weiterhin schlaff. Keine Funktion in der Hand und den Fingern. Als ich die Patientin übernommen hatte, war die linke Schulter schmerzhaft, ebenso ist eine Subluxation da. Im Alltag hat sie ihre linke Seite kaum "wahrgenommen" bzw. miteinbezogen (vor allem den Arm). Mittlerweile läuft sie selbstständig mit einem Stock, kann kurze Strecken auch schon ohne gehen, wenn man in ihrer Nähe ist und ihr somit die Sicherheit gibt. Also vom Gehen her wurde schon viel erreicht.
Die Sensibilität ist da. Der Tonus hat sich insoweit verändert, dass im Arm mittlerweile eine Spannung da ist. Allerdings neigt die Hand in Plantarflex zu ziehen (was ja widerum eher nicht so gut ist). Was wir bisher erreicht haben ist, dass die Schulter nicht mehr schmerzt und dass sie die linke Seite, den linken Arm miteinbezieht (beim Anziehen, wenn er mal "runterhängt", etc). Allerdings was die Funktion des Armes und der Hand an sich betrifft, geht's nur schleppend voran. Wie gesagt, allgemein hat sich der Tonus verändert, aber Funktion ist so gut wie keine da. Sie kann in RL bei Aufforderung den Arm leicht beugen (unter Mithilfe, aber bewusstes Anpannen ist auch hier gekommen).
Der freie Sitz ist möglich. Sie sitzt überwiegend eher flektiert, auf Aufforderung kann sie aber auch den aufrechten Sitz einnehmen und halten.Transfers vom Rollstuhl auf die Lige kann sie selbstständig, ebenso vom Sitz in den Stand und zurück. Von der RL in den Sitz benötigt sie etwas Hilfe.

Ich habe schon vieles probiert. Über den Rumpf gearbeitet, in RL mit dem Arm gearbeitet (Schutzspannung herauskitzeln), funktionell versucht zu arbeiten, aber ja, irgendwie weiß ich gerade nicht weiter. Ich meine, ein bisschen was haben wir schon erreicht im Vergleich zu dem wie es ganz am Anfang war. Aber ich vermute auch mal, dass es nach so einer Zeit auch schwierig ist überhaupt noch etwas zu erreichen? Wenn sich auch in der Reha in der Anfangsphase nicht viel bzw. überhaupt nichts getan hat, was den Arm betrifft.
Vielleicht hat jemand von euch vielleicht noch ein paar Anregungen und Ideen :). Ich wäre euch sehr dankbar dafür! :)

Viele Grüße
11. Januar 2015 20:35 # 2
Registriert seit: 23.02.2009
Bundesland: Hessen
Beiträge: 135

Guten Abend,

ich möchte zu Bedenken geben, dass das Rauskitzeln von Schutzspannung in meinen Augen nicht zielführend sein kann. Sollte das Ziel der Patientin ein größerer Nutzen des Armes (z.B. als Haltehand) sein, so wird es anfangs wichtig sein mit der Patientin die korrekte Lagerung des Armes in diversen Grundpositionen zu üben. Ebenso das Handling des Armes in Alltagssituationen wie Waschen & Anziehen. Schmerzreduktion haben Sie ja bereits erreicht, daher gehe ich davon aus, dass dieses Thema nachhaltig bearbeitet wurde und evtl. Lagerung & Handling bereits etabliert sind.
Um den Arm zu tonisieren würden sich bei schlaffen Paresen die bei Aktivität mit pathologischen Bewegungsmustern antworten mehr geführte Bewegungen empfehlen. Auch kann es hilfreich sein den Patienten Entspannungstechniken für hypertone Muskelanteile zu zeigen um dadurch Aktivierung und Deaktivierung zu beüben. Deaktivierung wird gebraucht um den Antagonisten aktivieren zu können. Daher möchte ich empfehlen nicht nur tonisierende Maßnahmen sondern auch detonisierende mit der Patientin zu trainieren. Bei Patienten mit Neglect sehe ich in Alltagssituationen häufig, dass die Hemiparese außerhalb des Sichtfeldes positioniert wird. Da der Neglect meines Wissens nach nur durch dauerhafte kognitive Steuerung überwunden werden kann, ist es von besonderer Wichtigkeit die Patienten darauf zu trimmen in regelmäßigen Abständen nach der vernachlässigten Köperseite zu schauen und deren Positionierung zu überprüfen. Soll der Arm also als Haltehand benutzt werden, so wäre es wichtig die Patientin über die korrekte, schmerzfreie und -vermeidende Lagerung aufzuklären und dann Aktivitäten zu üben, die den Einsatz des Armes nötig machen.
Größere Ziele sind bei solch starker Schädigung zum jetzigen Zeitpunkt unrealistisch und nicht nach der SMART-Regel benennbar.

Ich möchte abschließen darauf hinweisen, dass ich nicht dogmatisch auf den einzig wahren Behandlungsweg hinweisen möchte, sondern aussschließlich meine Meinung und eine Option der Behandlung aufzeigen möchte.
12. Januar 2015 03:11 # 3
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Häh???

Wieso existiert das Profil nicht mehr? Du bekommst eine so gut Antwort und bist wieder abgemeldet???
Christina


"Give a man a fish and he will eat for one day;
Teach a man to fish and he will eat for a lifetime..."
(Chinese Proverb)
12. Januar 2015 08:54 # 4
Registriert seit: 12.01.2015
Beiträge: 2


Das mit meinem Profil war ein Versehen. Hab gedacht, dass ich nur meine Daten ändere, muss aber irgendwie auf Account deaktivieren oder löschen gekommen sein. Habe mich deshalb nochmal neu registriert.

Das mit dem Hemiarm macht die Patientin wirklich schon gut. Der Arm wird selbst von ihr im Sichtfeld platziert. Sie legt auch ihre rechte Habd auf die linke Hand, wenn sie z.B am Tisch sitzt. Von daher ist das wirklich schon gut geworden.

Vielen Dank jedenfalls für die ausführliche Antwort und die Tipps! :) Werde sie versuchen umzusetzen. :)
12. Januar 2015 21:01 # 5
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Hallo Kathrin,

ach so, na das kann passieren.

Ich stimme meinem Vorredner zu.

Ich habe noch ein paar Punkte anzumerken:

Hier handelt es sich wieder die große allumfassende Frage der Kompensation oder Restitution.
Das ist immer die große Herausforderung zu entscheiden, an welchem Punkt deine Patientin mir dir in ihrem Behandlungsprozess angelangt ist. Da kann ich so pauschal kein Urteil abgeben.

Ich habe allerdings ein paar Gedanken dazu, vielleicht helfen sie dir und einer Patientin ja weiter, um zu entscheiden.
Wenn die Lähmung nach einem Jahr so schlaff ist, heißt es zwar nicht die Hoffnung nehmen, dass nicht irgendwann doch noch mehr Funktion wiederhergestellt werden kann (so wie "früher" wird es nicht mehr), weil das Gehirn ja eine enorme Plastizität aufweist, aber auch nicht zuviel Hoffnung machen.

Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass es Patienten natürlich frustriert und depressiv macht, wenn am Arm gar nicht weiter geht. Klärende Gespräche (Literatur, wenn der Patient kognitiv fit ist), über Plastizität, und realistische Erwartungen (natürlich kann sich auch nach Jahren noch etwas tun), aber zum jetzigen Zeitpunkt Fokus vielleicht auf andere Baustellen legen, Laufen, Selbständigkeit, Freizeit (wird so oft vernachlässigt von uns Ergos), etc.

Ich wünsche dir und deiner Patientin viel Erfolg

Christina


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(Chinese Proverb)
14. Januar 2015 09:37 # 6
Registriert seit: 12.01.2015
Beiträge: 2

Vielen Dank auch für deine Antwort!

Die Patientin ist kognitiv noch fit. Sie und ihr Ehemann wissen auch, dass es ein schwerer Schlaganfall war. Beide hätte nicht damit gerechnet, dass sie überhaupt mal wieder laufen kann. Und sie sehen es auch schon als Fortschritt an, dass der Dauerschmerz in der Schulter weg ist und sie die Hand deutlich mehr miteinbezieht und wahrnimmt. Ich habe auch schon mit ihnen darüber gesprochen und beide sind auch sehr realistisch allem gegenüber.

Danke nochmals für eure Antworten. Hat mir weitergeholfen :).

Viele Grüße
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