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Diskussionsforum

Asylbewerber Therapiebedarf

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4. März 2015 12:24 # 1
Registriert seit: 03.05.2012
Beiträge: 24

Hallo, heikles Thema....
habt ihr auch Asylbewerber in eurer Praxis oder in Behandlung? Hier häuft sich das mittlerweile. Wie sind hier eure Erfahrungen?
Ich stehe gerade vor dem Fall, ein sehr schwer betroffenes Kind (äußert sich wie eine geistige und körperliche Behinderung ist aber diagnostiziert nur eine extreme Entwicklungsverzögerung) braucht dringend Ergotherapie und Physiotherapie. Sie kam mit Rezept vom SPZ und wir haben das ganze eingereicht und warten auf die Bestätigung. Mit dem ersten Befunden wurde schon begonnen, da am Telefon schon eine Zusage kam.
Nachdem jetzt lange keine Rückmeldung kam, haben wir (Physio als auch Ergo) nocheinmal angerufen. Jetzt heißt es, wir dürfen nicht mehr behandeln, es muss nochmal zum Gesundheitsamt und dort bestätigt werden. Es würde mindestens bis Ende Juni andauern. In meinen Augen in das fatal. Das Kind benötigt dringend therapeutische Behandlung und die eltern Hilfe und Unterstützung. Zudem ist es eine Familie, die sehr sehr viel für Integration etc tut. Alle sprechen schon sehr gut Deutsch, selbst nach erst kurzem Aufenthalt. Die Mutter und Vater üben sehr sehr viel Zuhause und bemühen sich sehr. Schon anch wenigen Behandlungen zeigt das Kind eine gravierende Verbesserung und ein sehr schnelles Aufholen von Entwicklungsschritten.
Welche Möglichkeiten gibt es denn, um das Ganze zu beschleunigen? Oder um der Familie anderweitig Hilfe zukommen zu lassen? Irgendwo Förderungen? Bin gerade etwas ratlos. Mir geht es gerade einfach nur um das Kind!
Vielen Dank!
5. März 2015 21:25 # 2
Registriert seit: 03.07.2007
Beiträge: 490

Hey Hope 105,

gegen Bürokratie kann man nichts unternehmen.

Was man versuchen kann ist die Stadt/ die Kirchen zu fragen ob es einen Pool von Freiwilligenarbeitern gibt und ob unter diesen Therapeuten/Mediziner/Sozialpäds/Heilpädagogen/Auszubildende sind, die evtl. Interesse haben das Kind zu fördern. In München klappt das anscheinend sehr gut und es gibt Mediziner die freiwillige und kostenlose Behandlungen anbieten.

Viel Erfolg,

Ceilidh
7. März 2015 11:49 # 3
Registriert seit: 06.03.2015
Bundesland: Berlin
Beiträge: 9

Hallo Hope 105,

ich behandle ebenfalls Asylbewerber in unserer Praxis die geflohen sind aus z.B. Kriegsgebieten. Einige sind erst seit letztem Jahr hier und andere schon länger und verstehen somit etwas besser deutsch. Trotzdem warten alle auf eine verlängerte Aufenthaltsgenemigung und müssen noch 10.000 bürokratsche Regelungen durchlaufen.
Einige kommen mit Dolmetscher, was die Arbeit natürlich auch erleichtert, andere ohne.. Die Behandlungen mit Asylbewerbern in unserer Praxis beziehen sich aber eher auf den pädiatrischen Bereich in der psychosozialen Behandlung (z. B. Trauma, Angst, unsicherheiten).

Das Kommunikationsprobleme aufgrund der sprachlichen barrieren ist ein großes Thema was Schwierigkeiten bereitet. Die Behandlungsziele werden zwar, wenn vorhanden, unter Einbeziehung des Dolmetscher besprochen aber größtenteils lege ich diese selbst fest. Fühle mich da auch noch sehr unsicher.
Das erste und für mich das wichtigste Ziel ist, dass die Kinder erstmal einen sicheren Ort haben an dem sie "Spaß" haben können und sich selbst mit Freude wahrnehmen und natürlich die integrität in den Alltag (wobei das meiner meinung nach alleine für Ergos utopisch ist auf einigen Ebenen). Dafür müssen die Kinder jedoch meiner Meinung nach erstmal selbstsichereiten gewinnen und Ängste abbauen.
Die Überweisungen kommen ebenfalls vom SPZ.

Warum muss das Kind was zu dir kommt eigentlich so lange auf die Behandlunge warten? Werden noch "Tests" oder Befundungen seitens der Kinderärzte durchgeführt?

Manchmal ist es ja so, dass nicht mit der Behandlung begonnen werden kann, weil doch noch bestimmte Dinge "abgetestet" werden und wir dann leider warten müssen.
Es ist wirklich schade das es so lange dauert wenn es doch so offensichtlich ist. Oftmals weiß man ja auch gar nicht was wirklich dahintersteckt. Vielleicht wird auch noch etwas bzgl. der Aufenthaltsgenemigung geklärt, sodass sich die medizinische und therapeutische Versorgung hinzieht. Schlimm!!

Hast du dich denn schon einmal bei einigen Organisationen gemeldet wie zum Beispiel der "medizinischen Flüchtlingshilfe?" Es gibt eine reihe von Organisationen die dort Unterstützung bieten und die du kontaktieren kannst. Kommt auch natürlich drauf an welches Bundeslang betreffend.
Ich finde das Thema sehr wichtig und auch wir Ergos müssen da, denke ich, ein offenes Ohr und AUge für bekommen!

Lieben Gruß
7. März 2015 14:07 # 4
Registriert seit: 08.05.2009
Beiträge: 305

Hallo Hope
wende dich doch noch einmal persönlich an das SPZ und schildere vor allem, welche Fortschritte ihr jetzt schon erzielt habt. Vielleicht könnt ihr dann gemeinsam das Gesundheitsamt kontaktieren? Mir fällt noch ein, gibt es vielleicht Flüchtlingsbeauftragte die für diese Familie zuständig sind?
Viel Erfolg und berichte bitte unbedingt weiter, ist ja ein sehr aktuelles Thema.
Andrea
Ich liebe unseren Beruf!
:-)
8. März 2015 20:45 # 5
Registriert seit: 12.09.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 279

Asylbewerber haben in der Regel keinen Anspruch auf Ergotherapie. Nur bei akuten Erkrankungen, starken Schmerzen oder Traumata wird in der Regel eine Behandlung genehmigt.
Verordnungen von Asylbewerbern müssen VOR Behandlungsbeginn der zuständigen Behörde (Sozialamt) vorgelegt und genehmigt werden, sonst besteht kein Vergütungsanspruch.
8. März 2015 21:49 # 6
Registriert seit: 22.07.2007
Beiträge: 220

Hallo xxu,
interessant!
Wo steht das denn geschrieben?
Habe einen "unbegleiteten minderjährigen" Flüchtling in Therapie. Die Informationen vom zuständigen Jugendamt sind kaum zu erfragen, weil hoffnungslos überlastet.
Vielen Dank!
Frenzie
10. März 2015 12:38 # 7
Registriert seit: 12.09.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 279

Hallo Frenzie,

im Asylbewerberleistungsgesetz, z. B. hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Asylbewerberleistungsgesetz

Dort findest du auch die entsprechenden Links. Sobald ein Asylbewerber den Status "Asylberechtigter" hat, kann er Krankenkassenleistungen in Anspruch nehmen wie jeder andere Versicherte auch. Allerdings können sich die Verfahren jahrelang hinziehen.

Wenn du deine Behandlung bezahlt haben möchtest, lass sie dir auf jeden Fall vorher genehmigen.

Schöne Grüße

xxu
10. März 2015 21:06 # 8
Registriert seit: 22.07.2007
Beiträge: 220

Hallo xxu,

herzlichen Dank für den Link auf das Gesetz.
Das haben die Herrschaften vom Jugendamt mir nicht verraten.
Kann jetzt sein, dass die Behandlung nicht erstattet wird, da nicht akut.
Ziemliche Beeinträchtigung der Handnerven durch Bombensplitter im Plexusgebiet. Weiß nicht, ob er eine Ausbildung damit schaffen würde.
Naja, statt Geldspende diesmal ev. Dienstleistungsspende. :-))
Schönen Abend
Frenzie
11. März 2015 08:17 # 9
Registriert seit: 08.12.2009
Bundesland: Berlin
Beiträge: 13

Guten Morgen alle Miteinander,

ich schwenke sozus. grad von "Ergo" zu "Traumapadagogik & Trauma-
zentrierte Fachberatung" um und schreibe gegenwärtig meine Abschluss-
kolloquiumsarbeit zu diesem Thema - was ja sehr vielfältig ist.

Ich, an eurer Stelle, würde mich auch an Traumafachkräfte u./o. spezielle
Therapeuten in in eurem regionalen Bereich u./o. an die DeGePT (Deutsch-
sprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie) wenden. Auf der Homepage
findet man Verschiedenes zu diesem Themenbereich und kann dort nachfragen.

In Berlin z. B. gibt es das "Behandlungszentrum für Folteropfer", die meines
Wissens bezügl. UMF (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge) zumind. aus-
kunftsbereit sind ...

Ich fi nde es unerlässlich, dass das umschriebene Kind Behandlung erhält !

Viel Erfolg und Durchhaltevermögen bei der Umsetzung möglicher Kostendeckung !
12. März 2015 07:41 # 10
Registriert seit: 08.12.2009
Bundesland: Berlin
Beiträge: 13

Erneuten Guten Morgen Frenzie,

je nachdem wie wichtig dir dies erscheint oder Engagement du hast/
haben kannst/darfst/möchtest für Anstellung in einer Praxis,

würde ich dir gern empfehlen , zm online.de vom 16.02.2013 zu le-
sen ... Hier geht es zwar um die "eingeschränkte Krankenhilfe bei
Asylbewerbern" und einem Zahnarztbesuch, der Beitrag selbst je-
doch bietet Querverweise auf Paragraphen bezügl. der Gesundheits-
fürsorge. Bei ein wenig Recherche landet man dabei auf der Druck-
sache 18/2184 des Deutschen Bundestages, 18. Wahlperiode vom
22.07.14. u n d er bietet juristische Korrespondenzadressen (Mammut-
satz beendet ::smile::)

Ich finde immer, wer nicht wagt, der nicht gewinnt ... und viel zu viele
Menschen schauen weg oder es ist ihnen zumind. mit zu viel Arbeit
verbunden sich für andere - "Schwächere", in diesem Fall Menschen
die z. B. Sprachbarrieren, kulturelle Barrieren, etc. überwinden müssen -
einzusetzen.
... und so lange man nicht zum hilflosen Helfer dabei wird, würde ich
immer, diejenigen, die nachfragen darin bestärken wollen, etwas zu
unternehmen ...
Die wir hier in der Praxis tätig sind und über eine entsprechendes -
zumind. zum Teil - Wissen verfügen, brechen sich "keinen Zacken aus
der Krone" sich eins ums andere Mal etwas mehr für andere, denen
das - aus den verschiedensten Gründen - nicht gegeben ist, einzuset-
zen.
Es ist wie es ist ... wie du schon "sagtest", der Entwicklungszustand des
Kindes verbessert sich nicht während unverhältnismäßiger Wartezeit,
die man auch sinnvoll nutzen kann ... Das Kind & deren Eltern oder die
nächsten werden es dir ggf. danken ...

Es grüßt dich V.
12. März 2015 08:06 # 11
Registriert seit: 08.12.2009
Bundesland: Berlin
Beiträge: 13

Sry - Hope105 ... nicht Frenzie sollte die Ansprache lauten ...
29. Juli 2015 17:17 # 12
Registriert seit: 29.07.2015
Beiträge: 4

Wie verfahre ich, wenn ich einem Asylbewerber (oder einem Flüchtling) eine Behandlung ehrenamtlich anbieten möchte, weil mir die ganze Bürokratie zu lange dauert??? Räume, Therapiemittel usw ist alles gegeben. Aber wie sichere ich mich ab? Muss ich sonst noch was beachten??

Für Tipps wäre ich sehr dankbar!
17. August 2015 18:53 # 13
Registriert seit: 08.02.2015
Beiträge: 1

soweit ich weiß bist du versichert sobald Du Dich als Ehrenamtliche hast registrieren lassen. Wo lebt die Familie, noch in einer Gemeinschaftsunterkunft? Dann ist der dortige Sozialarbeiter der Ansprechpartner. Wenn sie schon in der sogenannten "Anschlussunterbringung" leben, dann ist der entsprechende Soz.arbeiter des Kreises zuständig. Den Namen müsste die Familie kennen. LG
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