Hallo Mili,
da es, wie bereits hier angemerkt, keine einheitliche Definition des Jobcoaching gibt: Was genau schwebt dir denn vor? Welches sollen deine Arbeitsinhalte sein, welche Klientel (noch im Job mit Problemlagen am Arbeitplatz, (Langzeit-)Arbeitslose, spezielle Krankheitsbilder usw. usf.) stellst du dir vor, welches Ziel soll das Coaching verfolgen? Wenn du solche Fragen beantworten kannst, kommst du der Antwort auf die Frage nach Fortbildungsbedarf bestimmt ein Stückchen näher.
Wenn man es so nennen möchte, bildet "Jobcoaching" meinen Arbeitsschwerpunkt und ist meiner Ansicht nach ein sehr komplexer, vielschichtiger Bereich, in dem die Klientenzentrierung und Ganzheitlichkeit von großer Bedeutung sind. Die allermeisten Problemstellungen, seien es psychiatrische, physische, kognitive Beeinträchtigungen oder auch Kontextfaktoren wie die Arbeitsmarktsituation, die privaten Lebensumstände des Patienten, der bisherige Werdegang, Situation am Arbeitsplatz usw. haben auch Auswirkungen auf die Teilhabe am Erwerbsleben. Sie alle sind zu berücksichtigen, soll es um die (Wieder-)Eingliederung oder den Erhalt des Arbeitsplatzes gehen.
Es reicht eben nicht, jemanden "ein bisschen fit fürs Arbeitsleben" zu machen und ein paar "Grundarbeitsfähigkeiten" zu "trainieren".
Aus dem enormen Umfang dieser Arbeit ergibt sich auch die Fragestellung: Was kannst du leisten?
Ich bin schon einige Jahre mit der Thematik befasst und dennoch froh, interdisziplinär zu arbeiten. Die Sozialarbeiter kennen sich mit den Fragestellungen rund um ALG II und Jobcenter-Angelegenheiten aus, die Psychologen mit psychotherapeutischer Behandlung, psychologischer Testdiagnostik und auch "Handfestem" wie z.B. MPU, die Ärzte übernehmen den medizinischen/psychiatrischen Teil mit Diagnostik, Medikation, stufenweiser Wiedereingliederung etc., die Physiotherapeuten die orthopädischen Problemstellungen. Wir arbeiten alle vor Ort in derselben Klinik, das macht Kommunikation einfach (und selbst hier hapert es manchmal!). Wie das im ambulanten Rahmen in guter Qualität gelingen soll... - ich stelle es mir sehr, sehr schwierig vor.
Eine Allround-Coaching-Fortbildung hilft da kaum weiter, zumal die Curricula da sehr, sehr unterschiedlich sind. Mir hilft mein (wie gesagt über Jahre angeeignetes) Wissen und Können in folgenden Bereichen (vielleicht hilft dir das, um einzelne Bildungsangebote herauszufiltern):
Um wirklich erfassen zu können,
was genau das Problem des Klienten ist, ist eine gute
Gesprächsführung wichtig. Dazu gehört sowohl die Gestaltung der Atmosphäre und eine Beziehungsgestaltung, die es dem Patienten ermöglicht, scham-, angstfrei und ehrlich über seine Schwierigkeiten zu berichten. Der Therapeut sollte in der Lage sein, im Gespräch die wichtigen Aspekte herauszufiltern und wirklich zu
verstehen. Die Beschäftigung mit systemischer Beratung/Therapie kann weiter helfen.
Erfahrungen mit verschiedenen Krankheitsbildern sind ebenso sehr hilfreich. Ich erlebe es bei Kollegen öfter mal, dass sie sehr vereinfachte Vorstellungen von psychischen Erkrankungen haben und nicht wirklich begreifen, wie sie sich auswirken können. Das kann erfolgreiches Coaching sehr behindern.
Auch eine große Portion
Wissen gehört dazu: Arbeitsrecht, SGB-Kenntnisse, Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung verschiedener Leistungsträger (z.B. LTA), Finanzierungsmöglichkeiten, Eingliederungsmöglichkeiten (BEM, stufenweise Eingliederung usw.), Anerkennung von Behinderungen inkl. Gleichstellung, Arbeitsschutz, aktuelle Arbeitsmarktsituation, Bewerbungsprozesse, (Bewerbungs-)Unterlagen, verschiedene Berufsfelder/-bilder und die Zugangsvoraussetzungen, aber auch über Problemstellungen wie Burnout, Konflikte/Mobbing etc. sind wichtig, außerdem eine gute Informationskompetenz.
Es bringt nichts, mit einem Klienten eine motivierende Perspektive zu erarbeiten, um dann später festzustellen, dass die Umsetzung aufgrund bestimmter Voraussetzungen/Umstände gar nicht möglich ist.
Etwas Know-How über verschiedene
Coaching-/Trainings-Tools ist sehr hilfreich, ebenso wie planerische/organisatorische Fähigkeiten. Gute
Vernetzung (Firmen, andere Behandler, Berufsbildungseinrichtungen etc.) ist von Vorteil.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Frage nach der Finanzierung. Wer soll dich als Coach bezahlen? Leistungsträger kommen eher nicht in Frage. Leider sind die Personen, welche ein Coaching gut gebrauchen könnten, oft gleichzeitig die, die ein solches nicht aus eigener Tasche bezahlen können.
Deshalb coache ich neben meinem Hauptjob in der Klinik ehrenamtlich ambulante Klienten über eine Organisation. Sie alle können keinen Coach bezahlen, profitieren aber sehr. Eine solche ehrenamtliche Tätigkeit lässt sich zudem sehr gut nutzen, um Erfahrungen zu sammeln und durch den Kontakt zu anderen Coaches die eigenen Kompetenzen zu erweitern.
Viele Grüße! Kinaa
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.