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Diskussionsforum

Hospitation: an der Lebenswelt orientierten Ergotherapie in Berlin-Brandenburg

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10. Juni 2016 21:28 # 1
Registriert seit: 02.03.2016
Beiträge: 10

Hallo liebes Forum!

Ich arbeite in einer Berliner Psychiatrie und habe ein neues Konzept entwickelt, abseits von all dem Gebastel.

Ich biete nun auch zusätzlich Einzeltherapien an, in denen ich mit Hilfe des COPM, mich an der Lebenswelt des Patienten orientiere u. gemeinsam mit dem Patienten gucke, wo wir ansetzen können: Sportvereine suchen, Haushaltsplanung, Jobsuche, Berufsfindung, soz.Kontakte .... es gibt da eigentlich keine Grenzen.

Da ich zum ersten Mal nicht nur nach der traditionellen Ergotherapie abeite, fühle ich mich oft noch unsicher und mich interessiert sehr, wie andere Ergos in der täglichen Arbeit solch ein/ oder ein ähnliches Konzept umsetzen.

Ich bin nun auf der Suche nach einer Möglichkeit für eine Hospitation im psychiatrischen Bereich in Berlin und Umgebung, um so einen tieferen Einblick und Inspiration zu erhalten ;-)

Vielen Dank im Voraus.

Mit lieben Grüßen
12. Juni 2016 05:29 # 2
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Hallo Tine-Line123,

"an der Lebenswelt orientierte Ergotherapie" - nannte man das nicht mal ganz schlicht "klientenzentriertes Arbeiten" und war für die Ergotherapie selbstverständlich? ::confused:: Ich kann nicht so wirklich nachvollziehen, wieso ein solcher Blickwinkel nicht der "traditionellen Ergotherapie" entsprechen sollte (wohl wissend, dass viele Ergotherapeuten so nicht arbeiten).

Ich kenne eine Kollegin, die in der Nähe arbeitet und sehr gute Arbeit macht, aber dort ist eine Hospitation, vor allem mit der von dir angegebenen Intention, nicht möglich. Bei uns in der Einrichtung (die ohnehin zu weit entfernt ist) wäre das ebenso. Die Geschäftsführung würde mich lynchen, würde ich einem Kollegen der "Konkurrenz" (ja, auch wenn man es im sozialen Bereich gern verleugnet - die gibt es) Tür und Tor zu unseren Interna öffnen, damit er sich etwas abschauen kann. Ist leider so.

Vielleicht kann ich dir aber trotzdem ein wenig weiterhelfen. Bei uns wäre das, was du vorhast, "im Alleingang" nicht umsetzbar. Keine Ahnung, wie euer Personalschlüssel aussieht, aber er muss traumhaft sein. Wir lösen das über interdisziplinäre Zusammenarbeit, die m.E. in diesem Zusammenhang auch sehr sinnvoll ist, zumal mich der Titel "Ergotherapeut" ja nicht automatisch für alles mögliche qualifiziert. In vielen Punkten bin ich nun mal Laie, glücklicherweise gibt es Kollegen dafür, die den Patienten wesentlich besser helfen können.

Deshalb unser vorgehen:
Ausführliches Erstgespräch mit Erhebung der Teilhabebeeinträchtigungen und Ressourcen --> Therapieplanung mit Zuordnung zu den passenden Angeboten --> im Verlauf Überprüfung und ggf. Anpassung des Plans --> Anschlussmaßnahmenplanung für alles, was während der Behandlungszeit nicht oder nicht vollständig bearbeitet werden konnte --> Abschlussevaluation

Beispiele:
Kaum Kenntnisse über Haushaltsführung --> Haushaltstraining bei den Kollegen der Hauswirtschaft.
Keine PC-Kenntnisse --> PC-Schulung beim dafür ausgebildeten Kollegen.
Rückenschmerzen mit Bewegungseinschränkungen --> Physio- und Bewegungstherapie.
Eingeschränkte soziale Kompetenzen (welche ist hier ja egal) --> Interaktionstraining bei mir.
Schlafstörungen mit Antriebslosigkeit, Abgeschlagenheit --> Weiterleitung an die Mediziner und Psychotherapeuten.
Wohnungslosigkeit und/oder Verschuldung --> Weiterleitung an die Sozialarbeiter und Schuldnerberatung.
Inaktive Freizeitgestaltung --> entsprechende Gruppe bei der Sozialarbeiterin.

... und so weiter und so fort, die Liste ließe sich ewig fortführen. Die Beispiele sind natürlich stark vereinfacht, aber für die Zwecke hier sicherlich ausreichend.
Ein anderes Vorgehen kann ich mir kaum vorstellen, sowohl im Hinblick auf Fachlichkeit als auch im Hinblick auf meine Kapazitäten und die der Kollegen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Willst du das nicht auf mehrere Köpfe verteilen mit einem (z.B. dir) der zentral steuert? Wie willst du das sonst bewältigen?

Liebe Grüße! Kinaa
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
9. Juli 2016 23:21 # 3
Registriert seit: 02.03.2016
Beiträge: 10

Hallo Kinaa!

Vielen Dank für deine Worte und entschuldige, dass ich erst jetzt antworte.

Ja du hast natürlich Recht! Auch ich habe das unter dem Begriff " klientenzentriert " gelernt, aber meine Erfahrungen mit den Basteltanten/ traditionellen Ergos hat mir gezeigt, dass diese den Begriff "klientenzentriert" ganz anders definieren.
Klienetenzentriert bedeutet bei denen: Der Patient/ Klient kommt in die Ergotherapie und kann sich ein Medium o. Material aussuchen, seine Gestaltungswünsche stehen also im Zentrum. Oder es wird symptomorientiert gearbeitet, d.h. seine Konzentration ist vermindert, also wird an dem Sägen einer Sperrholzplatte angesetzt, um so die Konzentration zu trainieren.

Den Begriff "Lebenswelt orientierte Ergo", habe ich aus einem Thieme-Artikel aufgegriffen, der in Kooperation mit dem DVE veröffentlicht wurde. Und ich finde ihn echt passend. Meine Erfahrungen mit den traditionell arbeitenden Ergos sind in der Zwischenzeit so zahlreich geworden, dass ich bei dem Wort "klientenzentriert" echt tws. nur noch wütend den Kopf schütteln kann.::mad:: Es wird so oft missverstanden.

Ich weiss nicht, ob du dich an unseren früheren Chat erinnern kannst, in dem ich um Hilfe bat, ein neues Konzept zu entwickeln. Nun ja, ich habe ein neues Konzept entwickelt, mein Oberarzt war begeistert, aber bei der Umsetzung renne ich gegen Wände:
- Ich fühle mich oft überfordert und hilflos, weil auch keine anwesende Ergo mir konstruktiv und fachlich helfen kann. Im Gegenteil, meine Ergo-Kollegen gucken mich an als wäre ich ein Alien ::sad::
- Meine Station, sämtliche Mitarbeiter von sämtlichen Berufsgruppen interessieren sich null dafür, inklusive des doch so begeisterten Oberarztes. Es herrscht das absolute Desinteresse und die vollkommene Gleichgültigkeit, und das finde ich an der Situation am Schlimmsten!!!!!!

Du hast mich ja gefragt, wie ich das alleine bewältigen? ::confused:: Mitlerweile habe ich das Gefühl, dass ich das alleine nicht schaffen kann und ich bin fast 'froh' darüber, dass mein vertrag nur befristet ist und ich mir auch etwas neues suchen kann. Ich bin gerade wieder auf Jobsuche und wenn ich in den Anzeigen lese: handwerkliches Geschick, kreativität, Basteln ...schüttel ich nur noch den Kopf. Na ja ich hoffe eine neue Stelle zu finden, wo ich mich in meiner Profession bestärkter und respektierter fühle, weil ich sonst echt befürchte den Beruf irgentwann komplett an den Nagel zu hängen ::unsure:: Aber dieses anhaltende Gefühl nicht wertgeschätzt und geachtet zu werden demotivert total.

So, jetzt hab ich dir aber genug die Ohren vollgejammert. Ich danke dir jetzt schon für deine ehrlichen Worte ::wink::
10. Juli 2016 13:59 # 4
Registriert seit: 01.04.2014
Beiträge: 599

Wenn Du das Unternehmen verlässt und sich eh keiner für dein Konzept interessiert, empfehle ich Dir es zu schützen und mitzunehmen. Bedenke, es ist geistiges Eigentum.

Viel Glück beim Finden einer guten neuen Stelle!
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