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Austausch Ergotherapeuten im Bereich Pädiatrie

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9. August 2016 10:32 # 1
Sina12
Sina12
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 121

Geändert am 09.08.2016 10:39:00
Liebe Kollegen!

Ich eröffne dieses Thema aus dem einfachen Grund, dass ich etwas unzufrieden mit dem momentanen Stand der pädiatrischen Ergotherapeuten bin.
Ich habe immer wieder das Gefühl, dass unsere Motivation zur Fortbildung und zur fachlichen Qualifizierung in gewisser Weise genutzt wird, um einem ordentlich Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich bin seit langer Zeit auf der Suche nach einer fachlichen Richtung, der ich mein Geld und meine Zeit investierte. Aber es ist teilweise unverschämt, Ergos springen auf jeden Zug auf, in der Hoffnung ein gewisses Alleinstellungsmerkmal zu haben, teilweise durch seltsame Weiterbildungen. Von Evidenz braucht man da selten anzufangen. Mich würde interessieren, welches fachliche Selbstbewusstsein beispielsweise auch Ergos aus anderen Ländern haben. Wie sich dort weiter gebildet wird. Natürlich mit dem Bewusstsein der Akademisierung.
Vielleicht hat jemand Lust ein Kommentar zu geben. Ich würde mich über andere Meinungen freuen.
10. August 2016 14:57 # 2
Registriert seit: 06.04.2013
Beiträge: 60

Hallo, erstmal eine Frage von mir als langjährig pädiatrisch arbeitende Ergotherapeutin und Anbieterin von Fortbildungen: was meinen Sie denn konkret mit "seltsamen Fortbildungsangeboten"?
Kollegiale Grüße, Sabine Pauli
www.ergotherapie-ravensburg.de
11. August 2016 13:24 # 3
Sina12
Sina12
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 121

Hallo Frau Pauli!
Mit "seltsam" meine ich zum einem Weiterbildungen wie zb.
"heilendes Zaubern" oder "systemische Arbeiten in der Ergotherapie". Von einem Wochenendseminar kann ich nicht systemisch arbeiten oder abrechnen.
Genauso "KISS/KIDD - Manualmedizin" - quasi die guten alten Reflexe neu verpackt. Mittlerweile sind ja ganz andere Therapieberufe auf diesen Zug aufgesprungen.
Genauso frage ich mich, muss ich tausende Euro für eine InterAct-Fortbildung ausgeben um dieses Zertifikat dann auch noch in meiner Schublade liegen zu haben? So scheint mir das bei vielen anderen namhaften Anbietern. Man bunkert das Wissen für sich und weil's gut klingt machen viele die WB um des Namens Willen. Und dieses "um des Namens Willen" - da frage ich mich, lohnt sich das oder sind wir Ergos in der Lage die Dinge nicht komplizierter zu machen als sie sind und auch das anzulesen beispielsweise? Ach ja - ein weiteres Disaster, das mir gerade einfällt: COOP. In dem UEMF Leitlinien empfohlen, Evidenzbasiert und dann das - Buch ausverkauft, hunderte Euro Weiterbildungskosten.
11. August 2016 19:47 # 4
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Vergriffene Fachbücher können über wissenschaftliche Internetbüchereien ausgeliehen werden und wichtige Seiten kopiert werden. Kostet nur die Leihgebühr.
"Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir nicht. Aber wir können es". (Spitzer)
13. August 2016 11:58 # 5
Registriert seit: 31.08.2007
Beiträge: 518

Geändert am 13.08.2016 12:05:00
Hallo,

aus eigener Erfahrung und durch intensivem Austausch mit anderen Ergos ist mir inzwischen klar, dass es nicht unbedingt hilfreich war und ist, zeitnah nach dem Examen eine Fobi (zumindest keine größere) zu besuchen. Im Grunde kann man in Gefahr geraten, sich selbst zu blockieren, da oft nach einer größeren Fobi das Blickfeld eingeengt ist. So hat z. B. nach einer KISS-Fobi unter Umständen jeder zweite Klient ein Kiss-Syndrom, nach IntraAct fokussiert man sich u.U. nur auf gestörte Beziehungen u s. w.!
Viele die ich kenne, wollen/wollten sich gleich mehr Wissen aneignen, ohne das bisher gelernte richtig zu verinnerlichen und auszuprobieren. Ich persönlich fand den Berufsstart in einer Praxis dafür hervorragend, da ich so erst mal schauen konnte, was mir wirklich liegt und mich danach spezialisieren. Auch den Austausch mit den KollegInnen empfand und empfinde ich als äußerst wertvoll und für einen Start in den Beruf meines Erachtens auch erstmal als ausreichend.

Nun ja...einen "Schnellschuss" hatte ich mir allerdings schon geleistet, eine Fobi über Ursachen, Diagniostik und Behandlungsmethoden bei ADHS für über 1000,- Euro!
Die Ursachen waren mir größtenteils eigentlich klar, die Diagnostik übernehmen zumeist kinder- und jugenpsychiatrische Praxen...und die Behandlungsmethoden waren im Grunde ausschließlich psychologischer Natur, u. a. THOP und Lauth/Schlottke, wofür ich aber wiederum eine teure Fobi hätte machen müssen, um es fundiert anwenden zu dürfen. Das ADHS-Training von Britta Winter fand z. B. keine Erwähnung, das hatte ich auch erst später kennen gelernt. Also ein Tausender, den ich mir hätte locker sparen können...aber hinterher ist man ja zumeist eh´ schlauer.

Zu IntraActPlus:
Es stimmt schon, es kostet ein paar Tausender, um eine Nutzungslizenz auf Lebenszeit zu erwerben, aber mindestens die Basisausbildung (2000,-) möchte ich nicht mehr missen. Die Videoarbeit hat mir einfach auf einer anderen Ebene die Augen geöffnet, u. a. auch für die Betätigungsanalyse. Es hat mich bei der Gesprächsführung auch richtig toll weiter gebracht. Allerdings ist es auch wichtig, sich von einer dogmatischen und ausschließlichen Nutzung zu distanzieren, was mir in der Anfangs-Euphorie nicht immer gelungen ist. Ich benötigte etwas Zeit dafür, um meine Ergowurzeln nicht aus den Augen zu verlieren, jetzt freue ich mich immer, dieses Tool in den Therapieprozess mit einbinden zu können, wenn es als notwendig erscheint.
Und letztlich hängt es ja immer vom Anwender ab, wenn der ganzheitliche Blick nicht aus den Augen verloren wird und Betätigungsorientierung und Klientenzentrierunng keine Fremdwörter sind, kann ja fast jede Methode im positiven Sinne nutzvoll sein.
Eine ressourcenorientierte Methode ist wohl noch "MarteMeo", ich kannte sie damals nur nicht, finde sie aber auch sehr interessant.
Vieles kann man sich auch autodidaktisch aneignen, zuletzt war ein toller Artikel über Videoarbeit in der Ergopraxis von Thieme zu lesen gewesen, da ist für mich vieles auf den Punkt gebracht worden.

Es gibt einiges, was ich bei IntraAct sehr kritisch betrachte, z. B. wurde man sehr dafür sensibilisiert, auf Anzeichen von ADS und ADHS zu achten, um dies den Ärzten mitzuteilen und im Zuge dessen wurde ein meines Erachtens zu starker Fokus auf die medikamentöse Behandlung gelegt. Auch der Ausschließlichkeits-Anspruch und das Kurs-System an sich nervte mich...und letztlich natürlich auch die überzogenen Preise.

Klasse fand ich ein Seminar bei Helen Strebel über das "COPMaKids", "COOP" und auch "PEAP", was ich allerdings noch vor mir habe und bisher nur autodidaktisch anwende. Ich denke, es kann kaum verkehrt sein Fobis in Richtung Betätigungsorientierung und Klientenzentrierung zu machen. Auch in Richtung Elternarbeit gibt es sicherlich gute Angebote.
Auch diverse Testverfahren halte ich für sinnvoll, z. B. ET6-6 oder M-ABC-2.
Außerdem noch diverse Gruppenverfahren, wie "Attentioner" oder ergotherapeutische Sozialkompetenztrainings, insbesondere im Hinblick darauf, dass immer mehr Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten in der Praxis erscheinen.
Ich habe schon viel Gutes über "Affolter" gehört (ist aber recht teuer) und auch zumindest die Basics der "SI" sollten meines Erachtens geläufig sein. Fundierte Fobis in Richtung Grafomotorik sind sicherlich auch brauchbar, ich fand letztes Jahr einen Workshop von Frau Kisch gut.

Geld und Zeit kostet fast alles und manches finde ich auch echt überzogen...aber bei eingehender Recherche kann man sich das auf dem Zug aufgespringe sparen und einfach in Ruhe im Bahnhof einsteigen!

Zuletzt noch ein Tipp: Auf den Ergokongressen kann man sich meines Erachtens gut austauschen und darüber informieren, was es alles für Möglichkeiten gibt, manche Workshops dort haben mich schon weiter gebracht als 1-2-tägige Fobis. Oft werden auch neue Behandlungskonzepte und Methoden vorgestellt...ich empfand es bisher als bereichernd.

Lieben Gruß, ergotron





29. August 2016 16:00 # 6
Registriert seit: 27.08.2009
Beiträge: 31

Ich finde es auch schade, dass Ergos immer mehr nach neuen Aufgabenfeldern (teilweise auch als recht zweifelhaft anzusehende) streben und nicht wie der Schuster bei seinen Leisten bleibt. Damit meine ich nicht, dass es nicht sinnvoll ist sich fortzubilden (auf welche Weise auch immer - Kurse besuchen, lesen, ausprobieren,...), aber was braucht die Ergotherapie mehr als das Alleinstellungsmerkmal Arbeit mit Betätigung und Partizipation.
Ich hab eher den Eindruck, dass viele Ergos in "Funktionskurse" strömen und dabei den Fokus zu Betätigung verlieren. Kurse, die im ursprünglichen Sinn ergotherapeutisch sind, kommen dann häufig nicht zu Stande - selbst wenn die Vortragenden renommierte Ergo-SpezialistenInnen sind.

CO-OP finde ich allerdings den Preis absolut wert. Mit dem Buch alleine konnte ich persönlich davor nicht soviel anfangen.

Nun noch zu anderen Ländern: Deutschland hat den Vorteil eines regional gut verteilten Kursangebots zu adäquaten Preisen. Österreich hinkt da hinterher. Das hat aber vermutlich auch mit der geringeren Nachfrage zu tun, da die Dichte der ErgotherapeutInnen deutlich niedriger ist. Und es gibt vermutlich auch immer wieder mehr oder weniger länderspezifische Fortbildungs-Trends.
In Österreich gibt es ja seit einigen Jahren die Ergotherapie-Ausbildung ausschließlich auf Bachelorniveau. Auf die praktische Arbeit hat das meiner Meinung nach wenig Auswirkung, auf das wissenschaftliche Arbeiten innerhalb des Berufes aber sehr wohl.
29. August 2016 16:57 # 7
Registriert seit: 29.08.2016
Beiträge: 3

Heyho :)
Ich kann mich da bisher nur anschließen, dass eine Wartezeit nach dem Examen erstmal gut ist, umuss sich darüber klar zu werden, wohin man eigentlich will.
Ich befinde mich selbst gerade noch im dem Prozess, da ich in meiner neuen Stelle noch unzufrieden mit meinen Tätigkeitsbereichen bin und diese durch verschiedene Gruppentherapien erweitern möchte. Und da stehe ich genau vor dem Debakel: Welche sollen es sein und reicht das Buch oder ist die Fobi besser? Ich denke wenn man das Material im Hause/in der Einrichtung hat lohnt es sich, erst einmal das Manual durchzuschauen. Einige Assessments u.ä. benötigen ja keine fachliche Weiterbildung. Und wenn man sich traut mal nen Probegang zu machen hilft das manchmal auch schon um zu schauen ob es das richtige ist und ob man dazu doch mehr braucht als das Manual.
Mir hat bei großen Fobis auch schon oft eine praxisinterne Fallbesprechnung mit erfahrenen ETs geholfen oder wenn diese interne Fobis zum Thema Si o.ä. gaben

Lg
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