Geändert am 13.08.2016 12:05:00
Hallo,
aus eigener Erfahrung und durch intensivem Austausch mit anderen Ergos ist mir inzwischen klar, dass es nicht unbedingt hilfreich war und ist, zeitnah nach dem Examen eine Fobi (zumindest keine größere) zu besuchen. Im Grunde kann man in Gefahr geraten, sich selbst zu blockieren, da oft nach einer größeren Fobi das Blickfeld eingeengt ist. So hat z. B. nach einer KISS-Fobi unter Umständen jeder zweite Klient ein Kiss-Syndrom, nach IntraAct fokussiert man sich u.U. nur auf gestörte Beziehungen u s. w.!
Viele die ich kenne, wollen/wollten sich gleich mehr Wissen aneignen, ohne das bisher gelernte richtig zu verinnerlichen und auszuprobieren. Ich persönlich fand den Berufsstart in einer Praxis dafür hervorragend, da ich so erst mal schauen konnte, was mir wirklich liegt und mich danach spezialisieren. Auch den Austausch mit den KollegInnen empfand und empfinde ich als äußerst wertvoll und für einen Start in den Beruf meines Erachtens auch erstmal als ausreichend.
Nun ja...einen "Schnellschuss" hatte ich mir allerdings schon geleistet, eine Fobi über Ursachen, Diagniostik und Behandlungsmethoden bei ADHS für über 1000,- Euro!
Die Ursachen waren mir größtenteils eigentlich klar, die Diagnostik übernehmen zumeist kinder- und jugenpsychiatrische Praxen...und die Behandlungsmethoden waren im Grunde ausschließlich psychologischer Natur, u. a. THOP und Lauth/Schlottke, wofür ich aber wiederum eine teure Fobi hätte machen müssen, um es fundiert anwenden zu dürfen. Das ADHS-Training von Britta Winter fand z. B. keine Erwähnung, das hatte ich auch erst später kennen gelernt. Also ein Tausender, den ich mir hätte locker sparen können...aber hinterher ist man ja zumeist eh´ schlauer.
Zu IntraActPlus:
Es stimmt schon, es kostet ein paar Tausender, um eine Nutzungslizenz auf Lebenszeit zu erwerben, aber mindestens die Basisausbildung (2000,-) möchte ich nicht mehr missen. Die Videoarbeit hat mir einfach auf einer anderen Ebene die Augen geöffnet, u. a. auch für die Betätigungsanalyse. Es hat mich bei der Gesprächsführung auch richtig toll weiter gebracht. Allerdings ist es auch wichtig, sich von einer dogmatischen und ausschließlichen Nutzung zu distanzieren, was mir in der Anfangs-Euphorie nicht immer gelungen ist. Ich benötigte etwas Zeit dafür, um meine Ergowurzeln nicht aus den Augen zu verlieren, jetzt freue ich mich immer, dieses Tool in den Therapieprozess mit einbinden zu können, wenn es als notwendig erscheint.
Und letztlich hängt es ja immer vom Anwender ab, wenn der ganzheitliche Blick nicht aus den Augen verloren wird und Betätigungsorientierung und Klientenzentrierunng keine Fremdwörter sind, kann ja fast jede Methode im positiven Sinne nutzvoll sein.
Eine ressourcenorientierte Methode ist wohl noch "MarteMeo", ich kannte sie damals nur nicht, finde sie aber auch sehr interessant.
Vieles kann man sich auch autodidaktisch aneignen, zuletzt war ein toller Artikel über Videoarbeit in der Ergopraxis von Thieme zu lesen gewesen, da ist für mich vieles auf den Punkt gebracht worden.
Es gibt einiges, was ich bei IntraAct sehr kritisch betrachte, z. B. wurde man sehr dafür sensibilisiert, auf Anzeichen von ADS und ADHS zu achten, um dies den Ärzten mitzuteilen und im Zuge dessen wurde ein meines Erachtens zu starker Fokus auf die medikamentöse Behandlung gelegt. Auch der Ausschließlichkeits-Anspruch und das Kurs-System an sich nervte mich...und letztlich natürlich auch die überzogenen Preise.
Klasse fand ich ein Seminar bei Helen Strebel über das "COPMaKids", "COOP" und auch "PEAP", was ich allerdings noch vor mir habe und bisher nur autodidaktisch anwende. Ich denke, es kann kaum verkehrt sein Fobis in Richtung Betätigungsorientierung und Klientenzentrierung zu machen. Auch in Richtung Elternarbeit gibt es sicherlich gute Angebote.
Auch diverse Testverfahren halte ich für sinnvoll, z. B. ET6-6 oder M-ABC-2.
Außerdem noch diverse Gruppenverfahren, wie "Attentioner" oder ergotherapeutische Sozialkompetenztrainings, insbesondere im Hinblick darauf, dass immer mehr Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten in der Praxis erscheinen.
Ich habe schon viel Gutes über "Affolter" gehört (ist aber recht teuer) und auch zumindest die Basics der "SI" sollten meines Erachtens geläufig sein. Fundierte Fobis in Richtung Grafomotorik sind sicherlich auch brauchbar, ich fand letztes Jahr einen Workshop von Frau Kisch gut.
Geld und Zeit kostet fast alles und manches finde ich auch echt überzogen...aber bei eingehender Recherche kann man sich das auf dem Zug aufgespringe sparen und einfach in Ruhe im Bahnhof einsteigen!
Zuletzt noch ein Tipp: Auf den Ergokongressen kann man sich meines Erachtens gut austauschen und darüber informieren, was es alles für Möglichkeiten gibt, manche Workshops dort haben mich schon weiter gebracht als 1-2-tägige Fobis. Oft werden auch neue Behandlungskonzepte und Methoden vorgestellt...ich empfand es bisher als bereichernd.
Lieben Gruß, ergotron