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Diskussionsforum

Patient ohne Hände und ohne Augen

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19. September 2016 11:58 # 1
SteffiJa87
SteffiJa87
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 74

Hallo zusammen,

ich arbeite auf einer akut geschützten psychiatrischen Station. Wir haben letzte Woche einen Patienten mit einer PTBS bekommen, welcher im Krieg beide Augen und beide Hände verloren hat. Der gute spricht leider auch kein Wort deutsch. Hat irgendjemand eine Idee was ich mit ihm machen könnte? Ich bin absolut vollkommen ratlos::sad::

Aufnahme Grund war, dass der arme in einem Obdachlosenwohnheim gelebt hat und dort fast verhungert ist, weil es niemanden gab, der ihn beim Essen unterstützt hat. Wenn man das Essen aber entsprechend vorbereitet, dann kann er das auch zu sich nehmen. Primär wird er bei uns jetzt wohl "verwahrt", bis er einen Betreuer und einen Heimplatz gefunden hat.
19. September 2016 12:46 # 2
Registriert seit: 22.08.2004
Beiträge: 387

Hallo,

das wichtigste ist, über google translate Fragen und wichtige andere Sätze in deutsch / anderer Sprache zu formulieren und auszudrucken und auf diesem Wege anfangen mit ihm zu kommunizieren. Noch besser wäre ein Dolmetscher in der entsprechenden Sprache.


19. September 2016 14:20 # 3
Registriert seit: 17.11.2015
Beiträge: 152

Frag ihn doch einmal was seine Ziele sind! /i

Ich denke am sinnvollsten wäre ein ADL Ansatz mit einer Morgenbetreuung; Anziehen, Essen, Waschen etc. Denk einfach dran was für ihn nach Entlassung denn sinnvoll sein könnte? Befunde mal was er kann und was nicht klappt, dann weist du ja wo du ansetzten kannst.

Du meinst er wird wahrscheinlich nicht lange bei euch verweilen also versuch ihm in kleinem Maße Selbstständigkeit um Alltag zu geben.

P.S. Die Paar Sätze raussuchen ist eine gute Idee nur würde ich des ganze auch von Dr. Google vorlesen lassen weil ich nicht glaube, dass er gute Mann versteht was sonst vorgelesen wird. Wenn ich in China im Krankenhaus bin wird ich irgendwelche Sätze vom dortigen Personal nicht verstehen wenn die noch nie Deutsch gesprochen haben.

Viel Erfolg::thumbup::
19. September 2016 21:23 # 4
Registriert seit: 16.02.2007
Beiträge: 185

Wenn es mit der Kommunikation gar nicht klappt ist eine psychische Berhandlung m.E. kaum möglich (weil ja nicht mal durch Gestik/Mimik/vormachen ausgeglichen werden kann).
Dann blieben Körperwahrmehmung und ADL und damit wären wir wieder bei dem was Invictus schrieb...
20. September 2016 10:22 # 5
Registriert seit: 01.04.2014
Beiträge: 599

Wie sieht es denn bei ihm mit Hilfsmitteln und Prothesen aus? Kannst Du mit ihm mit den Füßen trainieren, dass sie die taktile Wahrnehmung der Hände übernehemen? Wie beweglich ist er, könnte er vielleicht lernen mit den Füßen zu essen?

Kümmer dich dringend um einen Dolmetscher. Je nach dem wo er herkommt, hilft google translator nicht, weil er nicht den Dialekt spricht.

Viel Erfolg!!!
23. September 2016 08:28 # 6
SteffiJa87
SteffiJa87
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 74

Soo. Also. Ein bisschen deutsch spricht der gute Mann. Er kommt aus Tschetschenien, hat einen ungeklärten Aufenthaltsstatus und wird sehr wahrscheinlich abgeschoben werden, da er die Aufnahme in ein Pflegeheim (was ihm wohl angeboten wurde, da er ein schwerer "Ausnahmefall" ist) abgelehnt hat, und die Bombe wohl selbst gebaut hat, welche ihm um die Ohren geflogen ist. Es gibt wohl eine Ehefrau, die sich aber nicht mehr um den Patienten kümmert.
Anziehen, waschen klappt gut, auch Essen klappt sehr gut, wenn dieses vorbereitet wird. Das einzige, was den Patienten aktuell stört ist "Langeweile". Durch den ungeklärten Aufenthaltsstatut kann er nicht in eine Werkstatt vermittelt werden und in dem Obdachlosenwohnheim gibt es logischerweise auch kein Angebot.
Als Herausforderung hat sich noch ein Hördefizit herausgestellt, weshalb der Patient selbst bei passiver Gruppenteilnahme nur sehr wenig mitbekommt, es sei denn die Patienten und ich schreien in der Stunde (und man muss leider wirklich von schreien reden, sonst hört der Patient nämlich nichts).
Alles in allem ist das ganze frustrierend. Der Patient wird bei uns verwahrt, es gibt keinen Behandlungsauftrag, da der Patient den Übergang in ein Wohnheim ablehnt und die Abschiebung bevor steht.
20. Dezember 2016 21:43 # 7
Registriert seit: 26.11.2011
Beiträge: 38

Nehme an, die abschiebung wurde bereits umgesetzt?
Wenn nicht - Wie sieht es mit der versorgung mit einem hörgerät aus?
Das wäre die erste möglichkeit zur teilhabe aus meiner sicht.
21. Dezember 2016 10:10 # 8
SteffiJa87
SteffiJa87
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 74

Nein der Patient wird aus medizinischen Gründen wohl nicht abgeschoben werden. Er wurde von uns wieder in die Obdachlosigkeit entlassen (welche er sich ausgesucht hat, da er den Heimplatz verweigert hat). Das Traurige ist, dass in München eine Klinik zugesagt hat ihm Hände zu transplantieren, er aber alles ablehnt (genauso wie ein Hörgerät). Manchen Menschen kann man einfach nicht helfen..
22. Dezember 2016 22:20 # 9
Registriert seit: 26.11.2011
Beiträge: 38

Ja, so ist es. Auch wenn es -wie in diesem fall - sehr schwer auszuhalten ist, gehört die akzeptanz und der respekt vor dem wunsch des klienten zu unserer aufgabe.
Es war dennoch sehr interessant zu lesen - eine echte herausforderung - habe lange darüber nachgedacht.
Dank dir jedenfalls für das teilhaben lassen.
23. Dezember 2016 08:35 # 10
Registriert seit: 08.12.2009
Bundesland: Berlin
Beiträge: 13

Er ist wahrscheinlich (noch) nicht bereit. Die Tragik des Ganzen ist, dass Behörden und Institutionen den Zeitfaktor, den ein schwerst Traumatisierter zur Verarbeitung - oder einfach auch nur um "zur Ruhe" und zu sich selbst erneut finden zu können - nun einmal braucht, unberücksichtigt lassen (müssen).
23. Dezember 2016 15:46 # 11
Registriert seit: 26.11.2011
Beiträge: 38

So ist es. Es dürft zukünftig auch nicht zwingend besser werden, beachten wir den trend bzgl. des demographischen wandels und dem inhalt der kk- und rentenkassen....
23. Dezember 2016 17:29 # 12
Registriert seit: 01.04.2014
Beiträge: 599

Ein wie ich finde interessanter Artikel zu dem Thema Link
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