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Frage an Handtherapeuten

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15. Juli 2017 12:45 # 1
Registriert seit: 07.04.2008
Beiträge: 56

Liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich habe seit ca 3 Monaten zunehmende Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks und des Daumens. Schmerzen vor allem bei radialer Abduktion, Opposition, Supinations- und Drehbewegungen (Öffnen von Schraubgläsern etc.) Der Finkelsteintest ist positiv - was ja eigentlich für eine Tendovaginitis der Quervain sprechen würde. Leider bin ich selber keine Handtherapeutin und bräuchte Euren Rat.
Bisher war ich nur bei meinem Hausarzt in Behandlung, einen Termin beim Orthopäden habe ich erst in 4 Wochen bekommen. Weder Ibuprofen noch Cortison bringen eine Linderung der Beschwerden. Ich kühle und trage eine Handorthese von Bauernfeind (Manuloc Rhizo) - allerdings nur phasenweise, da der Alltag es nicht immer zuläßt (z.B. beim Autofahren). Teilweise löst auch die Orthese einen Druckschmerz aus und das Tragen bringt nicht wirklich eine spürbare Linderung. Bekomme Physiotherapie (Detonisieren der Oberarm- und Umterarmmuskulatur, Querfriktionen am Handgelenk und Lasertherapie) alles ohne viel Erfolg.
Da ich mit neurologischen Patienten arbeite (und überwiegend manuelle Techniken anwende) treten die Beschwerden vor allem beim Arbeiten auf. Versuche zwar meine Arbeitsweise anzupassen, da das aber nicht wirklich gut gelingt, bin ich kurz davor mich krankschreiben zu lassen...
Was könnt Ihr mir denn aus Eure Erfahrung noch raten? Bin dankbar für jeden Hinweis.
LG Chris
In der Vorgeschichte gibt es eine Epicondylitis, die nie ganz ausgeheilt ist - vielleicht gibt es einen Zusammenhang - was meint Ihr?


16. Juli 2017 14:30 # 2
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1476

Hallo das sind alle die Maßnahmen bis auf die Lasertherapie, die ich auch mit meinen Patienten durchführe. Bis jetzt hat das immer gut zum Erfolg geführt. Was auch gut hilft, wäre es bei der Arbeit mit ein Stabilisationstabe zu probieren. Das behindert dich nicht bei der Arbeit. Sonst würde ich auf jeden Fall die Muskulatur immer wieder dehnen und die betroffen Region gut kühlen. Ibo ist ja an sich Entzündungshemmend und sollte eigentlich gut helfen. Evt würde dir auch ein Antagonisten Training helfen. Bezüglich deinere Arbeit müsste man halt mal sehen wie genau du diese durchführst, dass ist jetzt aus der Verne schlecht beurteilbar. Aber als Ergotherapeutin weist du ja eigentlich wie ergonomisches Arbeiten und Gelenkschutz geht.
Für die Gläser zu öffnen gibt es ja auch Hilfsmittel, wo du weniger Kraftaufwand dafür brauchst.
Ich würde aber auch bei deinem Problem nicht zum Orthopäden, sondern eher zum Handchirurgen damit gehen.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
16. Juli 2017 20:53 # 3
Registriert seit: 07.04.2008
Beiträge: 56

Hallo Kukdiehe,

vielen Dank für Deine Rückmeldung.
Ich war auch unsicher ob Orthopäde oder Handchirurg. Mein Hausarzt hat den Orthopäden empfohlen und ich war erstmal einverstanden weil ich dachte der Handchirurg will bestimmt gleich operieren und das möchte ich natürlich nach Möglichkeit vermeiden - sonst gibt es wieder Probleme wegen der Narbenbildung etc.

Könntest Du mir vielleicht auch noch etwas zu der Art des Stabilisationstapes sagen - wie sollte das aussehen? Du meinst jetzt kein Kinesiotape, oder? Wäre das evtl. auch sinnvoll?
Und wie sollte das Antagonistentraining aussehen?

An Alle:

Welche Erfahrungen habt Ihr im Allgemeinen mit Handchirurgen?
Und was meint Ihr zu Cortison-Injektionen? Wird ja allgemein im Bereich des Handgelenkes eher abgeraten wegen der Gefahr, dass Nerven verletzt werden oder es zu Nekrosen kommen könnte...

Freue mich über weitere Beiträge!

Liebe Grüße,

Chris
17. Juli 2017 09:44 # 4
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1476

Hallo ja ich meinte ein Kinesio Tape. Es gibt gute Anleitungen bei You Tube, aber wenn deine Physiotherapeutin Tape anbietet, dann würde ich sie mal bitten, dass sie das dir mal zeigt. Viele Physiopraxen bieten ja auch Kinesio Tape an. Am besten finde ich die Anleitungen von Kintex. https://www.youtube.com/watch?v=-jFkb90kU54 wobei ich das ganze ein bisschen anders da mache. Ich würde ein I Streifen von IP bis 1/3 Unterarm Außenseite unter Zug machen. Stellung des Handgelenkes und Daumens wie im Video und Evt genau um das Handgelenk auch noch ein Tape aber etwas weiter unten, so dass das Tape nicht die Handinnenfläche berührt. Die Enden ohne Zug auslassen.
Es ist immer total unterschiedlich bezüglich Handchirurgen. Welche probieren es auch erst mal konservatiev, was ich auch erst mal probieren würde, weil so etwas muss in den meisten Fällen nicht operiert werden. Und es gibt auch welche die Operieren immer gleich alles. Ich würde auf jeden Fall dem Handchirurgen sagen, dass eine Operation für dich keine Option darstellt.

Antagonisten Training bedeutet Übungen für die Gegenspieler und in diesem Fall wäre es die Flexoren vom Daumen. Das heißt ich würde die Beugemuskulatur des Daumens kräftigen, das kannst du ganz gut machen, wenn du einen Softball nimmst und diesen zusammen drückst. So 2 Mal 10 Wiederholungen immer mal wieder so zwischen durch. Aber rechtzeitig aufhören, wenn es dir zu viel wird. So 3 Mal Täglich. Das kann man ganz gut mal beim TV schauen machen.
Evt kann dir ja der Handchirurg dir ja auch Ergotherapie verschreiben. ::smile:: Es gibt Hanchirurgen die Verschreiben überwiegend Ergotherapie, manche beides und manche nur Physiotherapie das habe ich alles schon erlebt.
Aber die meisten verschreiben in der Regel bei so was gleich mal beides. Zumindest ist es bei uns so. Ich habe sehr wenige Patienten, die jetzt bei so etwas nur Ergotherapie oder nur Physiotherapie bekommen.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
18. Juli 2017 08:31 # 5
Registriert seit: 20.12.2011
Beiträge: 125

Hallo Chris,

Du schreibst "was ja eigentlich für eine Tendovaginitis der Quervain sprechen würde" - das heißt, diagnostiziert ist es nicht? Der positive Finkelsteintest spricht natürlich erst mal für einen De Quervain. Dennoch solltest du andere mögliche Ursachen für deinen Schmerz ausschließen. Dazu zählen Arthrose (Daumensattelgelenk/ STT-Gelenk), das Intersektionssyndrom (=Entzündung des 2. dorsalen Sehnenfaches im Überkreuzungsbereich mit dem 1.->in dem Fall wäre ein Druckschmerz proximal des 1. SF auslösbar) und das Wartenbergsyndrom (=Kompressionssyndrom des sensiblen Astes des N. radialis am radialen Handgelenk->hier bestünde zusätzlich Hypästhesie und ein positives Hoffmann Tinel Zeichen). An eine Styloiditis (durch Tendopathie des Brachioradialis) wäre auch noch zu denken, allerdings wäre hier der Finkelsteintest nicht positiv.

Aber bleiben wir beim De Quervain. Dafür sprechen würde folgendes:
- Wenn du den Daumen beim Finkelsteintest wieder streckst (=Eichhoff-Test), sollte der Schmerz nachlassen bzw. verschwinden (andernfalls können die Schmerzen auch von der radialen Handgelenkskapsel kommen).
- Zusätzlich zum Finkelsteintest, kannst du den Brunellitest machen: Bei Isometrischer Anspannung des EPB und APL (=die Muskeln dessen Sehnen durch das 1.Sehnenfach ziehen), sollte sich der Schmerz verstärken, wenn eine Entzündung des 1. dorsalen Sehnenfaches vorliegt.
- Außerdem ist direkt auf dem Sehnenfach ein Druckschmerz auslösbar, ggf. siehst du eine leichte Schwellung darüber und die Muskeln (EPB und APL) sind hyperton.

Ist dir denn eine auslösende Ursache bekannt? Vermehrte Belastung zum Beispiel? Hsat du in letzter Zeit etwas anders gemacht als sonst? Mehr manuell gearbeitet z.B.; viel am PC gesessen o.ä.?) Da du auch von der Epicondylitis schreibst, könnten repetetive Mikrotraumen durch Überlastung der Extensoren eine Ursache sein. Also ist neben den lokalen Maßnahmen vor allem deine Gesamthaltung wichtig (ADL-Training, gerade für dich im Neurobereich, wenn du Patienten evt. auch umsetzen musst etc.). Dafür sollte dein Physio der optimale Ansprechpartner sein! Außerdem sind vegetative Techniken sinnvoll, um den lokalen Stoffwechsel zu verbessern und somit die Ernährungssituation für die Sehnenscheiden (de Quervain) und Sehnenursprünge (Epicondylitis). Dazu zählen z.B. die heiße Rolle (im BWS-Bereich starten und dann die komplette Extensorenkette bis zum Daumen entlang), Bindegewebsmassagen im Bereich der BWS usw.
Lokal sollten die entsrechenden Muskeln (Extensoren) detonisiert werden (z.B. mit Massagen, Dehnungen, etc.), die Antagonisten gekräftigt werden (das schon angesprochenene Antagonistentraining - für Daumen- und Unterarmbeugemuskulatur, da du sagst der Tennisarm ist noch nicht ganz ausheheilt). Die Querfriktion kann auch sehr gut mit Ultraschall (Phonophorese) verbunden werden. An Tapes können sowohl Handgelenk stabilisierende Tapes als auch Muskel detonisierende Tapes für die entsprechenden Muskeln und/ oder fasziale Tapes angewendet werden. Frag mal in deiner Physio nach. Bestimmt kann dir das dort ein Therapeut zeigen. Wenn nicht dann schreib mir mal eine PN.

Zu deiner Frage zu den Corticoiden: 1-2 Injektionen in der Akuttherapie können die Entzündung zu hemmen und den Schmerz lindern (2. Injektion nach ca. 4-6 Wochen). Danach sind keine weiteren empfohlen. Werden Corticoidinjektionen zu oft gemacht kommt es zur Verdünnung der Haut aufgrund von Fettnekrosen des subcutanen Gewebes. Nervenverletzungen sind bei Operationen in diesem Bereich noch viel häufiger. Daher versuche es ruhig erstmal konservtiv.

Ich hoffe das hilft dir weiter und war jetzt alles verständlich.
Alles Gute für deinen Daumen/ dein Handgelenk

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18. Juli 2017 14:20 # 6
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hallo Chris,
ich kann da meiner Kollegin nur zustimmen. Grundsätzlich ist es immer wichtig, eine sorgfältige Befundung mit entsprechender Anamnese vorzunehmen! Es ist nicht unbedingt normal, dass das Problem sich so lange hinzieht und sich ein neues auffropft. ich könnte mir gut vorstellen, dass die nicht ausgeheilte Epicondylitis Schuld daran ist. Das ist leider ein bekanntes Problem. Die Therapie ist leider in der Praxis oft mit der Behandlung der lokalen Entzündung beendet. Alle Kollegen, die dir Tips gegeben haben, haben durchaus Recht, nur sind das erst einmal nur Tips für eine Symptombehandlung. das ist vollkommen Okay, solltest du dir aber gleichzeitig die Frage stellen, warum deine Epicondylitis nicht ausgeheilt ist. Meiner Meinung nach ist die häufigste Ursache, dass der ECRb ( M.extensor carpi rad. brev.) nach Ausheilung der Entzündung zu schwach für den Alltag geworden ist. Schließlich hat die Ruhigstellung während der Entzündungsphase, oder zumindest die verringerte Belastung im Alltag dazu geführt, dass der Muskel abschwächt. Ist die Entzündung vorüber, fangen viele wieder sofort mit der alltäglichen Belastung an, tut es doch nicht mehr weh ;-), AAAber der Muskel wird sofort wieder überlastet, was dazu führt, dass sein Sehnenansatz erneut gereizt wird. Der Muskel braucht ein vernünftiges Kraftausdauertraining, um eben dieser Belastung standhalten zu können. Und genau das macht kein Therapeut und wenn, dann mit allgemeinen Angaben wie: 1x täglich 10x mit ner kleinen Hantel, oder noch unspezifischer mit dem Theraband Dorsalextension der Hand! Aber ist das spezifisches Kraftausdauertraining? Wird davon der Muskel kräftiger? Antwort kann nur nein sein. Also sollte man zuallererst einmal die Maximalkraft testen und dann ein entsprechendes Programm ( beispielsweise für eine extensive Kraftausdauer: mit einem Gewicht, das 30%der Maximalkraft entspricht 40 Wiederholungen in 3 Sätzen und jeweils dazwischen eine Pause von 30sek) wählen. Und natürlich gehört ebenso eine Haltungsüberprüfung dazu, wie meine Kollegin schon schrieb.
Denk immer daran, dein Körper kompensiert viel und sucht sich für Probleme immer die Schwachstellen heraus.
Also Fazit: Symptombekämpfung ist notwendig und richtig, aber Ursachenforschung und -Beseitigung sollte ebenso im Fokus stehen, sonst wirst du immer wieder Probleme bekommen.
Herzliche Grüße und gute Besserung!
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21. Juli 2017 07:56 # 7
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Beiträge: 56

Vielen Dank für Eure ausführlichen und wertvollen Beiträge, die ich mir sehr zu Herzen genommen habe.
Heute habe ich einen Termin beim Handchirurgen. Bin gespannt was er sagt...

Tape habe ich auch probiert, aber das war eher unangenehm. Scheinbar ist die Entzündung noch so akut, dass das Tape die entzündete Stelle am Handgelenk über die Haut zu sehr gereizt hat. Habe es nach 2 Stunden wieder abgemacht weil es sich nicht gut angefühlt hat. Ich bräuchte ein Tape, das den Daumen stabilisiert, aber den entzündeten Bereich am Handgelenk irgendwie ausspart... Gibt es sowas? Habe nichts gefunden...

Ich glaube ja auch, dass es einen Zusammenhang mit der Epicondylitis gibt. Evtl. kommt das Ganze auch von der Wirbelsäule - zumal die Epicondylitis beidseits aufgetreten ist... Habt Ihr noch irgendwelche Ideen dazu?

Liebe Grüße,

Chris
24. Juli 2017 08:49 # 8
Registriert seit: 20.12.2011
Beiträge: 125

Hallo Chris,

Ein Tape, das den ganzen Daumen stabilisieren soll, kannst du nicht applizieren, ohne damit auch das Handgelnke zu berühren, da das Daumensatetlgelenk ja im Handgelenk eingebunden ist. Minimal kannst du den Tapekontakt halten, indem du ein Y-Tape zuschneidest und die Basis in die erste Komissur legst. Die Zügel werden dann nach proximal gelegt, umschließen das Daumensattelgelenk und du kannst sie distal der Handgelenksfalten (auf den Carpalknochen) auslaufen lassen. So ist das 1. Strecksehnenfach weitestgehend frei. Wenn es dir eher um das MCP (und IP) geht, kannst du ein kleines Y-Tape mit der Basis auf dem Metacarpale I kleben und die Zügel nach distal um das MCP (ggf. auch IP) legen. Da ist das Handgelenk dann außen vor, aber du hast eben auch das Daumensattelgelenk nicht stabilisiert.
Lass an der Wirbelsäule mal C5/C6- TH1 untersuchen. Der N. radialis, der die Unterarmstrecker versorgt, entspringt aus den Spinalnerven dieser Segmente und das Dermatom C6 liegt direkt über dem lateralen Epicondylus. Da kann es natürlcih einen Zusammenhang geben.
Viele Grüße,
Conny
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