Kann man schon im Kindergarten erkennen, ob ein Kind später in der Schule Probleme mit dem Lesen, Schreiben
und Rechnen bekommen könnte? Ja, dafür kennt man viele wichtige Einflussfaktoren.
Psychologen der Julius-Maximilians-Universität
Würzburg entwickelten nun ein neues Verfahren, das weit über alle bisherigen Ansätze hinausgeht:
Der Würzburger Vorschultest (WVT) liefert nicht nur gute Hinweise für die Früherkennung von „Risikofällen“ in Sachen
Lesen, Schreiben oder Rechnen, mit ihm lassen sich auch Kindergartenkinder mit einem Entwicklungsvorsprung
ausmachen und solche, die leistungsmäßig im Durchschnitt liegen.
Leistungsförderung und Schuleingangsdiagnostik
Der Test macht es möglich, alle Kinder ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen gemäß frühzeitig zu fördern.
Das gilt auch für leistungsstarke Kinder: „Sie brauchen ebenfalls Unterstützung, weil sich ihre Fähigkeiten sonst
nicht optimal entfalten können“, sagt der Würzburger Psychologe Darius Endlich.
In den USA sei diese Art der Förderung schon weit verbreitet, in Deutschland gebe es da noch Aufholbedarf.
Der Würzburger Vorschultest eignet sich außerdem zur Beantwortung der Frage, ob ein Kindergartenkind genügend
Grundlagen für die Schule hat – denn er berücksichtigt weitaus mehr Leistungsmerkmale als bisherige Tests.
Um Schreib- und Lesekompetenzen zu prognostizieren, erfasst er zum Beispiel Buchstabenkenntnis,
Satzverständnis und grammatikalische Fähigkeiten.
Um die spätere Entwicklung in Mathematik vorhersagen zu können, werden unter anderem der Umgang mit Mengen
und erste Kompetenzen im mathematischen Modellieren betrachtet.
Entwickelt mit mehr als 400 Kindern
Der Test wurde in den Jahren 2012 bis 2015 entwickelt. Die Würzburger Psychologen
um Professor Dr. Wolfgang Schneider und Darius Endlich
haben ihn mit insgesamt 417 Kindern
aus mehreren Bundesländern erarbeitet; alle Kinder befanden sich im letzten Kindergartenjahr.
Die Gültigkeit ihres Tests bezeichnen die Wissenschaftler als hoch:
„Personen, die ein Kind gar nicht kennen und mit ihm den Test machen, stufen seine Leistung ähnlich ein wie Erzieherinnen,
die das Kind sehr gut kennen“, so Darius Endlich.
Die drei Testbereiche Schriftsprache, Sprache und Mathematik können getrennt oder als Gesamttest durchgeführt werden,
wobei jeweils eine Erziehungsperson mit einem Kind arbeitet. Pro Modul dauert das etwa 20 Minuten.
Dabei werden die einzelnen Aufgaben in kleinen „Spielen“ an die Kinder herangetragen, etwa in Form von Bildkärtchen,
die es zu ordnen oder zu beschreiben gilt. Entsprechend bereitwillig machen die Kinder bei dem Test mit,
wie die Psychologen festgestellt haben.
Geeignete Einsatzbereiche des Tests stellen die Frühförderung, Beratung und die Schuleingangsdiagnostik dar.
Das Verfahren ist u.a. von ErzieherInnen und TherapeutInnen in Kindergärten, ebenso wie von Lehrkräften im
Rahmen der Einschulungsdiagnostik einsetzbar.
Der Würzburger Vorschultest zur Erfassung schriftsprachlicher und mathematischer (Vorläufer-) Fertigkeiten und
sprachlicher Kompetenzen im letzten Kindergartenjahr ist im Hogrefe-Verlag erschienen und für
Fachpersonen über die
Testzentrale
erhältlich.
Quelle:
Julius-Maximilians-Universität Würzburg