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Gesellschaft im Wandel: 100 ist die neue 80

Sind Hundertjährige Vorbilder für gesundes und erfolgreiches Altern oder ist besonders hohes Alter untrennbar mit zunehmenden Erkrankungen verbunden? Welche Erkrankungen häufen sich bei Menschen, die 100 Lebensjahre und mehr erreicht haben? Wie sich Krankheitsverläufe bei Personen im dreistelligen Alter am Lebensende darstellen, dem sind Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin nachgegangen. Es zeigte sich: Hundertjährige sind in ihren letzten Lebensjahren gesünder als gedacht.

Weit mehr als ein Jahrhundert: Erwin H., Jahrgang 1909
Noch vor vierzig Jahren galt: Nur etwa ein Mensch von 10.000 erreichte in den Industrienationen ein Alter von 100 Jahren. Heutzutage nimmt man an, dass jedes zweite Kind, das in diesem Jahrhundert in einem entwickelten Land lebt, ein Alter von 100 Jahren oder mehr erreicht. Ist hohes Lebensalter dabei aber unweigerlich mit zunehmenden Erkrankungen verbunden?

Es gibt Indizien, dass Hundertjährige im Vergleich zu jüngeren Kohorten hochaltriger Menschen an einer geringeren Zahl von Erkrankungen leiden. In der Auseinandersetzung mit alternden Gesellschaften spricht man dabei von der These einer Kompression der Erkrankungshäufigkeit. Der Beginn altersassoziierter Erkrankungen und Behinderung wird immer weiter ins hohe Alter verschoben, also komprimiert. „Unser Ziel war es, darüber hinaus die Entwicklung der Anzahl der chronischen Erkrankungen, man nennt es Multimorbidität, und deren Verläufe am Lebensende bei Hundertjährigen besser zu verstehen“, erklärt Dr. Paul Gellert vom Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité.

Die Wissenschaftler untersuchten Routinedaten der Kranken- und Pflegekasse Knappschaft über Diagnosen und Gesundheitsversorgung von rund 1.400 hochaltrigen Personen innerhalb des Zeitraums von sechs Jahren vor deren Tod. Für die Analyse teilte man sie anhand ihres Sterbealters in drei Gruppen ein und verglich somit Zufallsstichproben von Personen, die als Hundertjährige, in ihren 80ern oder 90er Jahren starben. Dabei fanden zuhause lebende Menschen und jene in Pflegeeinrichtung gleichermaßen Berücksichtigung. Für die Auswertung waren vor allem solche Erkrankungen ausschlaggebend, die gemäß Elixhauser-Morbiditätsindex gewöhnlich mit einem Versterben während eines Kankenhausaufenthaltes verbunden sind. „Im Quartal vor dem Tod wiesen Menschen, die als Hundertjährige verstarben, im Durchschnitt 3,3 Erkrankungen auf, im Vergleich zu durchschnittlich 4,6 Erkrankungen bei denjenigen, die als Achtzigjährige starben“, fasst Dr. Gellert zusammen. „Unsere Ergebnisse zeigen auch, dass der Zuwachs an Erkrankungen in den letzten Jahren vor dem Tod bei hochaltrigen Menschen geringer ausfiel, im Vergleich zu denjenigen, die mit 90 bis 99 Jahren oder 80 bis 89 Jahren starben.“

Bezieht man die im hohen Altern häufigen dementiellen Erkrankungen sowie Muskelskeletterkrankungen in die Auswertung mit ein, weisen knapp 50 Prozent der hundertjährig Verstorbenen fünf oder mehr Erkrankungen auf, wobei bereits mehr als 60 Prozent der 90-jährig Verstorbenen und 66 Prozent der 80-jährig Verstobenen auf dieselbe Anzahl an Erkrankungen kommen. Während dementielle Erkrankungen und Herzinsuffizienz bei Hundertjährigen häufiger anzutreffen sind als bei den jüngeren Hochaltigen, verhält es sich bei Bluthochdruck, Herzrhytmusstörungen, Niereninsuffizienz und chronische Erkrankungen gegenteilig. Muskelskeletterkrankungen sind in allen Gruppen ähnlich häufig vertreten. Hohes Alter und Anzahl der Erkrankungen sind durchaus miteinander verbunden, das Ausmaß dabei muss allerdings eine differenziert betrachtet werden.

Original Veröffentlichung
Paul Gellert, PhD Petra von Berenberg, PhD MD MPH Monika Oedekoven Maria Klemt Christine Zwillich Stefan Hörter, PhD Adelheid Kuhlmey, PhD Dagmar Dräger, PhD. Centenarians differ in their comorbidity trends during the six years before death compared to individuals who died in their 80s or 90s. J Gerontol A Biol Sci Med Sci glx136.
DOI: https://doi.org/10.1093/gerona/glx136


Quelle: Charité - Universitätsmedizin Berlin

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