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Schlaganfall-Rehabilitation im eigenen Heim: Forschungsverbund entwickelt System zum spielerischen Training von motorischen und kognitiven Funktionen

Nach einem Schlaganfall ist ein intensives Rehabilitationsprogramm für die bestmögliche Genesung von entscheidender Bedeutung: Individuell gestaltete Übungen können helfen, verlorengegangene Körperfunktionen wieder zurückzubringen. Patienten verlieren jedoch häufig die Motivation, wenn sie nach dem Reha-Aufenthalt wieder zu Hause sind und das Training selbstverantwortlich durchführen müssen. Darüber hinaus fehlt ihnen die fachliche Anleitung. Ein Forschungsverbund unter Federführung des Technologie-Zentrums Informatik der Universität Bremen (TZI) hat jetzt den Prototypen eines Systems entwickelt, das Patienten durch spielerische Übungen zum Fortsetzen der Reha im eigenen Heim animieren soll. Das System gibt ihnen unmittelbare Rückmeldungen zur Ausführung der Bewegungen. Bis zur Marktreife sind jedoch noch offene Fragen zu klären.

Das Projekt Rehab@Home, das Ende September 2015 nach drei Jahren auslief, macht technologische Fortschritte für die praktischen Bedürfnisse von Patienten nutzbar. Im Mittelpunkt stehen dabei Spiele, die von den behandelnden Therapeuten auf den individuellen Bedarf der Anwender abgestimmt sind. Beispielsweise kann geübt werden, virtuelles Geschirr in ein Regal zu stellen. Sensoren und Kameras verfolgen dabei die Bewegungen des Patienten und ermitteln, ob – und inwieweit – die Aufgabe bewältigt wurde. Wann der nächste Schwierigkeitsgrad absolviert werden soll, lässt sich vom Therapeuten einstellen.

Vernetzung von Patienten, Therapeuten und Familie

Das Gesamtsystem besteht aus einem Server und drei verschiedenen Stationen, die für die Nutzung durch Patienten, Therapeuten oder Familienmitglieder vorgesehen sind. Die Station der Patienten beinhaltet neben einem Fernseher auch eine handelsübliche Spielkonsole für die Erkennung von Gesten. Hinzu kommt eine kleine „Blackbox“ – der Computer, der die Software enthält und über das Internet mit der behandelnden Klinik verbunden werden kann. Die zuständigen Therapeuten können somit den Fortschritt des Patienten beobachten, den Trainingsplan anpassen oder Rückmeldungen geben. Die Station für Familienmitglieder oder Betreuungspersonal erlaubt es ebenfalls, unterstützend einzugreifen, kann aber auch für das gemeinsame Spielen ausgelegt werden.

Zusammengestellt und miteinander verknüpft werden die Geräte beim TZI. „Wir setzen dabei Standard-Hardware ein, um die Kosten für Patienten niedrig zu halten“, erklärt Professor Michael Lawo von der Universität Bremen. Die Universität Genua steuert unterdessen ihre Expertise im Bereich der Sensorik bei. Eine Besonderheit besteht darin, dass der Zustand der Patienten, beispielsweise durch die Messung des Pulses oder des Hautleitwerts, überwacht werden kann. „Der Trainingseffekt ist bei positiver Stimmung nachweislich größer“, erläutert Lawo. Die Spiele können darauf Rücksicht nehmen und bei Bedarf, unter anderem durch schnell erreichte Erfolge, für bessere Laune sorgen.

Küchen-Szenarien gewährleisten Alltagsnähe

Umgesetzt werden die Spiele vom italienischen Unternehmen Imaginary. „Wir haben zuerst mit den Ärzten besprochen, welche Bewegungen geübt werden sollen“, berichtet Geschäftsführerin Lucia Pannese. Anschließend seien die Wünsche der Patienten aufgenommen worden, damit sie die größtmögliche Motivation mitbringen und nicht aufgeben. „Dabei handelt es sich oft um ältere Menschen“, so Pannese. „Sie legen Wert darauf, dass sie die virtuelle Welt leicht mit der Realität in Verbindung bringen können.“ Aus diesem Grunde seien für die Spiele überwiegend Szenarien aus dem Küchenumfeld gewählt worden.

Die technischen Aspekte sind laut Pannese bei der Entwicklung eines marktfähigen Produkts keine Hürde mehr, allerdings besteht bei der Klärung der Rahmenbedingungen noch großer Bedarf. Unklar sei beispielsweise, wie die Gesundheitsspiele in den unterschiedlichen Ländern reguliert werden und ob die Krankenkassen einen Teil der Kosten übernehmen. Wer sich für die Nutzung der Spiele interessiert, kann sie zurzeit für einen kostenlosen Test erhalten.

Therapiezentrum sammelt Praxis-Erfahrungen

Im Idealfall wird das System von Reha-Kliniken bereits während der stationären Therapie eingesetzt und in ihr Krankenhausinformationssystem eingebunden, um die Handhabung somit so einfach und effektiv wie möglich zu machen. Getestet wurden die Entwicklungen unter anderem am Neurologischen Therapiezentrum Gmunderberg (NTGB) in Österreich, welches ihr medizinisches und therapeutisches Wissen in das sonst eher technisch orientierte Projekt einbrachte. „Unsere Aufgabe bestand darin, die sich entwickelnde Lösung immer wieder an realen Patienten zu erproben und systematisch deren Feedback zu erheben“, erklärt Dr. Wolfhart Klein vom NTGB. „Wir waren sozusagen die Stimme der Patienten in diesem Projekt.“ Therapeutisches Wissen und Können in Form von Computerprogrammen umzusetzen, sei allerdings eine schwierige Aufgabe. Daher werde jetzt erst einmal versucht, Teilergebnisse des Projekts in die täglichen Routinen einfließen zu lassen.

Neben den genannten Einrichtungen beteiligen sich an Rehab@Home auch die Partner Create-Net, Edna Pasher Ph.D. & Associates, Fondazione Don Carlo Gnocchi Onlus, InfoConsult Gesellschaft für Informationstechnik mbH und Netural GmbH. Das Forschungsprojekt „Rehab@Home“ ist durch die Europäische Union mit 2,4 Millionen Euro gefördert worden.

Weitere Informationen:
www.rehabathome-project.eu

Ein Video von den Spielen kann hier abgerufen werden:
https://www.youtube.com/watch?v=4Y15U6efQBs


Quelle: Universität Bremen

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