Geändert am 03.04.2024 23:11:00
Guten Abend, alle miteinander 👋
Zur Situation, warum ich mich dazu entschlossen habe, einen Beitrag zu verfassen:
Ich bin zurzeit im zweiten Lehrjahr meiner Ausbildung, und im Herbst letzten Jahres habe ich mein erstes Praktikum absolviert. Stattgefunden hat es in einer kleinen Ergo Therapie Praxis und ich habe größtenteils motorisch funktionell gearbeitet. Rückblickend betrachtet war es eine unglaublich intensive und sehr lehrreiche Zeit.
Mit meiner Praktikums-Anleiterin habe ich mich die ersten zwei Monate sehr gut verstanden.
Das Miteinander war stets freundlich, ehrlich und locker.
Zudem hat es dafür gesorgt, dass ich gerne zur Arbeit gefahren bin und Fragen, Rückmeldungen und Absprachen wertschätzend kommuniziert werden konnten.
Soweit so gut. Klingt ja alles erstmal nach einem guten Praktikum.
Aber trotz einer erfolgreichen Sichtstunde und einem akzeptablen Bericht fiel meine abschließende Bewertung durch die Praktikums-Anleiterin eher weniger gut bis schlecht aus.
Zudem hat sie in vielen Punkten dem Feedback widersprochen, was ich bis dahin jahrelang von meiner Umwelt und seit kurzem auch von den Dozenten erhalten habe.
Zum Beispiel wurde ich in Punkten wie „Kommunikation“ und „Hilfsbereitschaft“ als ausreichend bis mangelhaft bewertet, wobei diese bei Teamarbeiten und Projekten in der Vergangenheit besonders gelobt wurden.
Da ich nicht voreilig urteilen wollte und Kritik nicht persönlich, sondern als gut gemeinte Chance nehme, habe ich das Praktikum noch mal reflektiert.
Einige Punkte konnte ich deswegen gut nachvollziehen, doch andere lassen mich immer noch mit Fragezeichen zurück.
Ich wollte gerne eine andere Meinung dazuholen, um genauer zu reflektieren und um diese Sache für mich abzuschließen.
Drum folgt hier eine kurze Zusammenfassung von den Erlebnissen im Praktikum, die zu der schlechten Bewertung geführt haben.
Ein paar Wochen vor der Sichtstunde hat es angefangen, dass ich deswegen sehr nervös wurde.
Ich habe mich oft gestresst und angespannt gefühlt, hatte einige schlaflose Nächte, und meine Konzentration litt auch häufiger mal darunter. Natürlich auch im Praktikum.
Fehler, die mir vorher nicht passiert sind, waren an der Tagesordnung.
Fehler beim Mobilisieren und beim Tonus lockern.
Einmal war ich bei einer Übung für die Auge-Hand-Koordination so angespannt, dass ich der Patientin kaum in die Augen schauen konnte, geschweige denn richtig geatmet habe.
Ein anderes Mal bin ich nach einem Hausbesuch komplett in die entgegengesetzte Richtung des geparkten Autos gelaufen.
Auch gab es zum Beispiel in der Zeit ein Gangtraining mit einer älteren Dame, was ich so falsch angeleitet habe, dass man meinen könnte, dass ich vorher noch nie etwas von Ergotherapie gehört hätte.
Lauter so Geschichten halt. Fehler, die der Nervosität geschuldet waren.
Fehler, die jedem passieren können, und zwar vermeidbar und ärgerlich sind, doch auch nicht so schlimm, dass man deswegen seine ganze Berufswahl infrage stellen müsste.
In den letzten Wochen bin ich leider auch häufiger mal unabsichtlich zu spät gekommen.
Die Bahnen sind oft einfach super spontan ausgefallen, und ich habe immer sofort bei meiner Praktikums-Anleiterin Bescheid gegeben, wenn das mal wieder der Fall war.
Okay … Kommen wir nun zum Grund, warum mich das immer noch beschäftigt.
Viele der Kritikpunkte kann ich nachvollziehen, und ich weiß jetzt, was ich im nächsten Praktikum besser machen kann.
Dann nehme ich halt mal eine Bahn vorher und bin dafür ein bisschen überpünktlich da.
Die Sichtstunde macht mich auch gar nicht mehr so verrückt, jetzt, da ich schon eine gute hinter mir habe.
Mit so einem Druck kann ich jetzt umgehen. Ich kenne die Situation und schätze mich als genügend stabil für diesen Job ein.
Auch kann ich mehr auf Selbstständigkeit achten, und ich nehme mir fest vor, an meinen Schwächen zu arbeiten.
Stimmt schon, dass mir manchmal der Blick dafür fehlt, was noch gemacht, geplant oder weggeräumt werden muss.
Das bestreite ich ja gar nicht, und es stört mich nicht, dass diese Kritik geäußert wurde.
Was mich stört, ist, WIE diese Kritik von meiner Anleiterin geäußert wurde.
In den letzten Wochen, also denen, wo sich all diese Fehler gehäuft haben, hat sich das Verhalten meiner Anleiterin mir gegenüber radikal verändert. Ich habe ihr meine Angst vor der Sichtstunde mitgeteilt und die Ursache für meine aktuelle Schusseligkeit erklärt. Aber auf all meine Versuche, transparent zu kommunizieren, folgten nur Kommentare wie:
„Wo warst du denn die letzten zwei Monate, als ich dir das erklärt habe?“Das hat mich noch mehr verunsichert, und ich habe mir echt voll den Kopf gemacht.
Irgendwann hat sich das wie ein Teufelskreis angefühlt, immer wenn mir so ein Fehler passiert ist:
Natürlich wollte ich es besser machen und konstruktive Kritik erhalten.
Doch mit jedem Fehler und jedem Kommentar seitens meiner Anleiterin sank mein Selbstbewusstsein ein wenig mehr.
Auch habe ich es so erlebt, dass sie mich irgendwann nicht mehr ganz so ernst genommen und für inkompetent gehalten hat.
Das denke ich nicht einfach so, oder weil ich keine Kritik vertragen könnte, sondern weil es so weit ging, dass sie mir irgendwann im ganz langsamen Ton erklärt hat, wie ich einen Lichtschalter ausmache.
Weil sie ihre ja teilweise durchaus berechtigte Kritik stets in so einem Tonfall und mit so einer Gestik geäußert hat, dass man gar nicht anders konnte, als sich dumm zu fühlen.
Beim Spiel Scrabble, was wir einmal mit einer Patientin gespielt haben, wurde ich ganz entgeistert von ihr angeguckt, als ich das Wort „EQ“ als Abkürzung für „Emotionale Intelligenz“ gelegt habe.
Sie meinte, dass es diese Abkürzung und diesen Begriff überhaupt nicht gibt, obwohl uns das so in der Ausbildung beigebracht wurde.
Nach und nach bekam ich den Eindruck, dass alles, was ich sage oder tue, entweder korrigiert, kritisiert oder gar nicht ernst genommen wird.
Deswegen habe ich irgendwann überhaupt nichts mehr gesagt.
Ich weiß auch, dass das kein Weg ist, erwachsen und vernünftig mit seinen Problemen umzugehen, aber in dem Moment habe ich es wohl so getan.
Ich hielt mich in den Therapieeinheiten zurück, beteiligte mich weniger und unternahm auch nicht mehr den Versuch, das irgendwie diplomatisch zu lösen.
Die Erfahrung hat mir ja mehrere Male schon gezeigt, wie meine Anleiterin darauf reagiert.
Irgendwann hat man auch ehrlich gesagt keine Lust mehr, es zu versuchen, und wird müde davon.
Beim abschließenden Reflexionsgespräch mit ihr wurde ich als unauthentisch bezeichnet.
Natürlich kann es sein, dass ich es nicht so verstanden habe, wie es gemeint war.
Doch für mich bedeutet unauthentisch, sich gegenteilig zu dem Gefühl zu verhalten, welches man gerade empfindet. Ich habe mich irgendwann in den Therapieeinheiten unsicher gefühlt, weshalb ich mich wohl nonverbal zurückgezogen habe.
Unauthentisch wäre es doch eher gewesen, wenn ich da mit einem riesigen Grinsen aufgetaucht wäre und so eine Rolle gespielt hätte, oder?
All das Geschriebene habe ich auch schon einigen aus meiner Ausbildung erzählt.
Diese haben das Verhalten meiner Praktikumsanleitung als unprofessionell und respektlos bezeichnet.
Man merkt vielleicht schon beim Lesen dieses Beitrags, dass ich mir da unsicher bin, wie ich denn jetzt damit umgehen und dazu stehen soll.
Mir ist vollkommen klar, dass meine Anleiterin alleine schon durch viele Jahre Lebens- und Berufserfahrung sicher einen guten Blick für Menschen hat und schon auch wusste, wer ich bin.
Aber zeitgleich ertappe ich mich immer noch hin und wieder bei dem Gedanken, dass ihr Verhalten mir gegenüber nicht besonders fair war.
Hat sie sich wirklich unprofessionell verhalten? Oder habe ich einfach nur ein zu fragiles Ego …
Scheint fast so, bei solch einem langen Beitrag.
Für eure Meinungen, Gedanken und Impulse wäre ich sehr dankbar, und ich bedanke mich bei jedem, der sich die Zeit genommen hat, diesen Beitrag bis hierhin zu lesen 🤝
Schönen Abend, noch alle miteinander ✌️
Knorkenkorn