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Tremorbehandlung - Was sinnvoll tun? (konkreter Patient)

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18. Oktober 2011 15:06 # 1
Registriert seit: 25.01.2008
Beiträge: 41

Hallo,
Ich habe heute einen neuen Patienten bekommen. Er ist 64 Jahre alt und ist eigentlich wegen eines Lungen - Carzinoms bei uns in der Klinik. Laut Arzt soll der Patient wegen eines beidseitigen Händetremors mit unbekannter Ursache ergotherapeutisch behandelt werden. Dieser bestehe nach Aussagen des Patients seit ca. 10 Jahren.
Das war das einzige, was ich von dem Patienten selbst erfahren habe. (Er spricht sehr schlecht deutsch) Und im ärztlichen Bericht habe ich dazu nur folgendes gelesen: "Seit längerer Zeit bekannter Händetremor beidseits. " Mehr nicht!
Zum Tremor an sich: Er tritt nicht im Ruhezustand auf. Sobald er den Arm bewegt fängt der Tremor an und wird bei zielgerichteten Bewegungen schlimmer. Und auch wenn er etwas hält ist er stark ausgeprägt.

Jetzt ist mein Problem, das ich überhaupt keine Erfahrung mit der Behandlung von Tremor hab! Ich bin leider die einzige Ergo hier im Haus, so dass ich leider niemanden Fragen kann, was ich in der Behandlung sinnvolles machen kann!

Könnt ihr mir da bitte weiter helfen? Wie kann ich den Patienten in dieser Richtung sinnvoll behandeln?

Liebe Grüße,
Ergodame

"Viele klagen über ihr mangelndes Gedächtnis, aber niemand über seinen mangelnden Verstand."
18. Oktober 2011 16:38 # 2
Registriert seit: 13.01.2011
Beiträge: 21

Ist da mal de Differentialdiagnose bezüglich Parkinson gemacht worden? Ich meine wegen Intentionstremor und so???

LG!
18. Oktober 2011 17:14 # 3
Registriert seit: 08.07.2007
Beiträge: 222

Hallo,
manchmal helfen kleine Gewichtsmanschetten an den Handgelenken. Ich würde mit ca. 500g anfangen und mal probieren, ob es etwas nutzt.
Ansonsten denke ich auch,dass man an Parkinson denken sollte. Ist das schon getestet worden?
Liebe Grüße
Anja

19. Oktober 2011 08:01 # 4
Registriert seit: 25.01.2008
Beiträge: 41

Guten Morgen!

Steht bei Parkinson nicht der Ruhetremor im Vordergrund? Aber mir ist die Diagnose auch schon durch den Kopf geschossen... Leider habe ich nichts weiter in der Akte gefunden, als schon den oben angeführten Satz: "Seit längerer Zeit bekannter Händetremor beidseits."

An Gewichtsmanchetten kann ich durch die Physios kommen. Und was mach ich dann am besten mit ihm?

"Viele klagen über ihr mangelndes Gedächtnis, aber niemand über seinen mangelnden Verstand."
19. Oktober 2011 13:43 # 5
Registriert seit: 13.01.2011
Beiträge: 21

Hier noch einiges zur Unterscheidung von Tremorformen:

LG!

Abgrenzung verschiedener Tremorkrankheiten

Die Bezeichnung „Tremor“ wird in der medizinischen Sprache für das Zittern verwendet. Tremor ist als unwillkürliche rhythmische Bewegung eines oder mehrerer Körperteile definiert (= Oszillation). Der Tremor selbst ist nur ein Symptom und kann viele verschiedene Ursachen haben.

Die häufigste allgemein bekannte Erkrankung mit Zittern ist die Parkinson-Krankheit. Dementsprechend wird beim Auftreten eines Zitterns in erster Linie an diese Krankheit gedacht und in vielen Fällen eine eventuell jahrelange, nicht notwendige und unwirksame Parkinson-Therapie eingeleitet. Um diese Fehldiagnose zu vermeiden, ist die Abgrenzung der verschiedenen Tremorformen und Tremorkrankheiten von großer Bedeutung.

Tremorformen

Die Unterscheidung verschiedener Tremorformen erfolgt aufgrund folgender Kriterien:

1.Frequenz: niederfrequent: 2–4 Hz, mittelfrequent: 4–7 Hz, hochfrequent: >7 Hz
2.besondere Lokalisation: Kopf-, Zungen-, Stimmband-, Unterkiefer, Hände-, Beintremor.
3.besondere Auslöse-Situation: Stehen, Schreiben, Geigespielen.
4.Aktivierungsbedingungen: Ruhe, Halten, Aktion und Zielbewegung. Dementsprechend unterscheiden wir einen Ruhe-, Halte-, Aktions- und Intentionstremor.
Aktivierungsbedingungen

•Der Ruhetremor ist am häufigsten bei der Parkinson-Krankheit vorhanden, hat eine Frequenz von ca. 5 Hz. Er tritt in erster Linie bei völliger Entspannung auf und bei hängenden Armen im Stehen und Gehen. Innere Spannung (z.B. Rückwärtszählen), positive oder negative Emotionen, Stress, Beobachtung, Kälte verstärken das Ruhezittern. Bei willkürlichen Bewegungen, besonders am Anfang der Bewegung, hört das Zittern für einige Zeit auf. Bei zielgerichteten Bewegungen kann der Ruhetremor im Ziel erneut auftreten. Dieser so genannte Landetremor ist nicht zu verwechseln mit dem Intentionstremor. Das Ruhezittern der Hände wird auch als Geldzähl- oder Pillendreh-Tremor genannt, aufgrund der typischen, rhythmischen Handbewegung.
•Der Aktionstremor tritt bei willkürlichen Bewegungen auf und kann diese erheblich stören (Verschütten von Flüssigkeiten, Probleme beim Schreiben und bei der Besteckführung). Er ist im Allgemeinen etwas schneller als der Ruhetremor, die Frequenz kann aber auch identisch sein.
•Der Haltetremor, der auch als statischer Tremor genannt wird, ist bei Vorhalten der Arme zu beobachten. In der Frequenz ist er ähnlich wie der Aktionstremor. Halte- und Aktionstremor sind typisch für den familiären essentiellen Tremor.
•Der Intentionstremor ist für die Erkrankung des Kleinhirns charakteristisch, tritt bei zielgerichteten Bewegungen der Hände und der Beine auf und der Ausschlag des Zitterns wird vor dem Ziel immer größer.
Tremorsyndrome

Die verschiedenen Tremorformen, deren Kombination, die sonstigen Symptome, die anamnestischen Daten und Befunde führen zu spezifischen Tremorsyndromen.

Tremorsyndrome (Krankheiten)

•verstärkter physiologischer Tremor
•Parkinson Tremor
•essentieller Tremor
•orthostatischer Tremor
•dystoner Tremor
•aufgabenspezifischer Tremor
•Tremor bei Kleinhirnerkrankungen
•Holmes Tremor
•Gaumensegel-Tremor
•medikamentöser und toxischer Tremor
•Tremor bei Polyneuropathie
•Wilson-Krankheit
•Alterszittern
•psychogener Tremor
Verstärkter physiologischer Tremor

Auch gesunde Menschen zittern in verschiedenen Situationen, bei Kälte, Aufregung, Anstrengung usw. Dieser so genannte physiologische Tremor kann verstärkt sichtbar werden, besonders bei dem Armhalteversuch. Dieses Zittern ist schneller (über 6 Hz). Die Ursachen sind sehr unterschiedlich, wenn sie behoben werden, ist der Tremor reversibel. Demzufolge ist es wichtig, durch Diagnostik den Auslöser des verstärkten physiologischen Zitterns zu finden. Die häufigsten Ursachen sind

•Medikamente (Antidepressiva, Lithium, Antiepileptika)
•Schilddrüsenüberfunktion, Blutzuckerabfall
•Vegetative Dystonie
•Medikamenten- und Drogenentzug
•Leber-/Nierenerkrankungen
•Alkoholerkrankung
•Schädigungen im Gehirn (halbseitig)
Parkinson-Tremor

Bei der Parkinson-Erkrankung treten verschiedene Formen des Tremors auf, trotzdem ist der Ruhetremor das typischste Zeichen der Parkinson-Erkrankung. Die folgenden Kombinationen der einzelnen Tremorformen kommen in Frage:

Typ I, klassischer Parkinson-Tremor
Es handelt sich hier um einen typischen Ruhetremor, der von einem Halte- oder Aktionstremor begleitet werden kann. Diese Tremorformen haben aber dieselbe Frequenz. Das Zittern lässt beim Übergang von Ruhe zu Halte- oder Aktionsbewegungen nach.

Typ II, Ruhe- und Haltetremor unterschiedlicher Frequenz
Bei diesem Typ liegt neben dem Ruhetremor ein schneller, zweiter Tremortyp mit einem Frequenzunterschied von mehr als 1,5 Hz. vor (Mischtremor). Bei einigen Patienten handelt es sich dabei um die Kombination eines essentiellen Tremors mit einem Parkinson-Tremor.

Typ III, reiner Halte- und Aktionstremor
Einige Patienten haben einen reinen Halte- und Aktionstremor mit einer Frequenz oberhalb von 5 Hz.

Monosymptomatischer Ruhetremor
Diese Tremorform bereitet oft diagnostische Schwierigkeiten, weil neben dem isolierten Ruhetremor keine sonstigen Parkinson-Symptome zu finden sind. L-Dopa-PET-Untersuchungen zeigen bei den Patienten eine Störung des Dopamin-Systems, wie bei der Parkinson-Krankheit. Diese Form des Parkinson-Zitterns wird auch als „benigner (gutartiger) tremor-dominanter Morbus Parkinson“ bezeichnet.

Klassischer essentieller Tremor

Als familiärer essentieller Tremor wird eine Krankheit bezeichnet, die einen häufig erblichen, isolierten Tremor aufweist. Der essentielle Tremor ist im Allgemeinen eine langsam progrediente Erkrankung mit vorwiegendem Halte- und Aktionstremor. Sehr selten ist auch ein Ruhetremor vorhanden. Das Zittern kann früh im Jugendalter oder erst im höheren Alter beginnen. Bei ca. 60% der Fälle gibt es eine autosomal dominante Vererbung. Die meisten Betroffenen registrieren den vorübergehenden Rückgang des Zitterns nach Alkoholgenuss. Hände, Kopf, Stimme, Gesicht, Beine und Rumpf können betroffen sein.

Der essentielle Tremor wird oft mit der Parkinson-Krankheit verwechselt. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt:

Parkinson-Zittern

Essentieller Tremor

Form

überwiegend in Ruhe

überwiegend Halte- und Aktionstremor

Frequenz

5/Sek.

8-10/Sek.

Erblichkeit

sehr selten

60 % familiär

Anfangsalter

ab 50-60 J

häufig unter 20 J.,
auch später möglich

Progredienz

schneller

langsamer

Symmetrie

auf einer Körperhälfte

auf beiden Körperhälften

Schrift

kleiner werdend

verzittert

Sprache

heiser, leise

zittrige Stimme

Kopfzittern

selten

häufig

Unterkieferzittern

typisch

nicht typisch

sonst. Symptome

fast immer vorhanden

keine

Alkohol

keine Wirkung

typische Dämpfung des Zitterns

dopaminerge Therapie

wirksam

keine Wirkung

Primärer orthostatischer Tremor

Der so genannte orthostatische Tremor ist durch eine Standunsicherheit charakterisiert, die auch beim Gehen auftreten und auch einen Sturz aus dem Stand verursachen kann. Beim Sitzen oder Liegen sind die Patienten symptomfrei. Typisch ist ein sichtbares oder tastbares schnelles Zittern der Beinmuskeln. Die Tremoruntersuchung mittels Elektromyographie zeigt im Stehen einen schnellen symmetrischen Beintremor mit einer Frequenz von 14-18 Herz. Bei einem Teil der Patienten finden sich auch andere neurologische Störungen wie Parkinson oder Restless legs.

Dystoner Tremor

Bei diesem Syndrom ist ein Tremor in einer Extremität oder einem Körperteil vorhanden, das mindestens minimale Zeichen einer Dystonie (zentralbedingte Verkrampfung der Muskeln) zeigt. Das Zittern ist in der Amplitude und in der Frequenz variabel, unregelmäßig. Die Frequenz liegt unter 7 Hz, das Zittern ist Halte- und Aktionstremor, kein Ruhetremor. Typische Erscheinung ist der dystone Kopftremor beim Schiefhals.

Aufgabenspezifischer Tremor

Der aufgaben- oder positionsspezifische Tremor tritt z. B. bei professionellen Musikern oder Sportlern auf. Der Tremor zeigt sich im Allgemeinen nur bei der spezialisierten Tätigkeit. Das Schreiben und Sprechen gehört ebenfalls zu den motorischen Tätigkeiten, die betroffen sein können (isolierter Stimmtremor, primärer Schreibtremor). Bei einigen Patienten tritt der Tremor nur bei bestimmten Haltungen der Extremitäten auf (positionsspezifischer Tremor).

Tremor bei Kleinhirnerkrankungen

Der so genannte zerebelläre Tremor ist ein halbseitiger oder beidseitiger Intentionstremor mit einer Frequenz unter 5 Hz. Ein Haltetremor ist auch möglich, aber kein Ruhetremor. Es sind immer andere Kleinhirnsymptome vorhanden. Die häufigste Ursache dieser Tremorform ist die Multiple Sklerose.

Holmes-Tremor

Dieses Tremorsyndrom beinhaltet einen Ruhe- und Intentionstremor, seltener einen Haltetremor. Dieser Tremor ist nicht so rhythmisch wie die anderen Zitterformen und zeigt eine langsame Frequenz unter 4,5 Hz. In der Anamnese oder in den MRT-Bildern findet sich eine Läsion des Hirnstammes (Schlaganfall). Der Tremor tritt nach dem Schlaganfall bis zu 2 Jahre verzögert auf.

Gaumensegeltremor

Der seltene Gaumensegeltremor kann in 2 Formen auftreten. Es gibt eine symptomatische Form, die auf eine Veränderung das Hirnstammes oder des Kleinhirns zurückzuführen ist. Die essentielle Form zeigt im MRT keine Veränderungen. Rhythmische Bewegungen des weichen Gaumens charakterisieren diese Tremorform. Die Patienten verspüren einen Ohrklick.

Medikamentöser und toxischer Tremor

Ein Tremor wird dann als medikamentös induziert betrachtet, wenn er im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten auftritt, die als Nebenwirkung Zittern auslösen können. Toxische Tremorformen kommen nach akut- oder chronischen Vergiftungen vor. Der medikamenteninduzierte Tremor kann sehr unterschiedlich sein, das klinische Bild hängt von der Medikamentengruppe ab. Verstärkter physiologischer Tremor, klassischer Parkinson-Tremor, Kleinhirn-Tremor können auftreten.

Tremor bei Polyneuropathie

Die chronische schwere Entzündung der peripheren Nerven (Polyneuropathie) kann selten auch einen Tremor verursachen.

Wilson-Krankheit

Die Wilson-Krankheit ist eine Kupferstoffwechsel-Störung, die Veränderungen der Leber und des Gehirns verursacht. Ein Symptom dieser Krankheit ist ein grobes Zittern, das als „Flügelschlagen“ bezeichnet wird.

Alterszittern

Das sogenannte Alterszittern ist häufig eine nicht erbliche Spätform des essentiellen Tremors.

Psychogener Tremor

Im Hintergrund des selten auftretenden psychogenen Tremors steht keine organische Störung des Nervensystems.

Auch diese kurze Beschreibung der Krankheiten, die als Symptom einen Tremor aufweisen, zeigt, dass beim Auftreten eines Zitterns als Diagnose nicht nur die Parkinson-Krankheit in Frage kommt.


19. Oktober 2011 13:44 # 6
Registriert seit: 13.01.2011
Beiträge: 21

Das war von der Seite : http://www.parkinson-web.de/content/was_ist_parkinson/symptome/tremor/index_ger.html
19. Oktober 2011 15:09 # 7
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Hallo Ergodame,

ich denke, an eine Abklärung haben die Ärzte in deiner Klinik auch schon gedacht oder?

An sich ist es für deine Behandlung auch nicht ganz so wichtig, dass du jetzt genau weißt, woher der Tremor kommt. Auch wenn es für den Patienten natürlich wichtig ist, dass er eine möglichst klare Diagnose hat. Z.B. wegen einer etwaigen Medikation.
Dein Job ist es, für eine möglichst gute Alltagsbewältigung zu sorgen.
Insofern behandelst du auch nicht den Tremor direkt, sondern die Folgen, die er für die Fähigkeiten/Aktivitäten des Patienten hat.
Um einen sinnvollen ergotherapeutischen Therapieansatz zu entwickeln, ist es notwendig, genau zu beobachten, wie der Patient selbst mit dem Tremor umgeht. D.h. was er dagegen tut, bzw. ob er überhaupt was dagegen tut. Einige Patienten kompensieren sehr sinnvoll, indem sie sich bei den problematischen Aktivitäten stabilisieren, z.B. anlehnen oder aufstützen und alle Bewegungen körpernah durchführen. Einige erhöhen die Muskelspannung bzw. blockieren ihre Gelenke, um dem Tremor zu begegnen.
Das sind an sich sehr sinnvolle Strategien.

Nun gibt es Betroffene, die versuchen, durch möglichst schnelle, weiträumige Bewegungen gegen den Tremor anzukommen bzw. Bewegungen nach Möglichkeit vermeiden. Oder welche, die sich sehr aufregen, weil der Tremor da ist und je erregter sie werden, desto stärker wird auch der Tremor.
Das ist alles eher nicht zielführend.

Beschreibe bitte, was dein Patient konkret tut, bei welchen Handlungen dir der Tremor aufgefallen ist. Bzw. welche Handlungen dieser Patient derzeit durchführen muß, z.B. Essen, Trinken, Telefonieren, TV bedienen...

Daraus kann man dann den passenden Therapieansatz ableiten.

Grüße von



Oetken1
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