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Schlechte Qualität der Angebote von Kollegen: Wie damit umgehen?

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22. November 2013 06:24 # 1
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Umgang mit Kollegen: Was tun, wenn die Qualität der Behandlungen nicht stimmt?

Liebe Kollegen,

ich hoffe auf eure Unterstützung, um meine Gedanken zu sortieren und eine gute Lösung zu finden. Kurz zum Hintergrund:

Bei uns in der Klinik sind wir vier Ergotherapeuten, jeder von uns hat seine festen Aufgaben, einen Großteil machen die Gruppenangebote aus (Schwerpunkt berufliche Rehabilitation). Macht einer von uns Urlaub oder ist krank, übernehmen wir die Vertretung so weit unsere Zeitpläne dies zulassen. Ich selbst war lange Zeit arbeitsunfähig und bin nun wieder an meinen Arbeitsplatz zurück gekehrt. Daher habe ich viele Aufgaben wieder bekommen, die während meiner Abwesenheit meine Kollegen übernommen haben.

Nun ist es so, dass mir verstärkt auffällt, dass die Qualität der Gruppenangebote wirklich schwach ist. Ich habe beispielsweise eine Interaktionsgruppe, die von einem meiner Kollegen während meiner Krankheitszeit geleitet wurde. Ich habe bei ihm zugeschaut, bevor ich sie wieder übernommen habe und habe (innerlich) die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen. Während es bei mir Zielvereinbarungen, Erklärung des Hintergrundes/Zwecks der jeweiligen Aufgabe (ich arbeite z.B. viel mit Seminarspielen) und eine ausführliche Reflexion gibt, geht mein Kollege in den Raum, sagt: "Sie machen jetzt mal so'ne Gruppencollage" und beendet, wenn die Collagen fertig sind, einfach die Einheit. Keine Einbettung in einen Gesamtzusammenhang, kein Aufgreifen des während der Gruppenarbeit erlebten.. gar nichts. Und das, obwohl es meinerseits ein Konzept mit detaillierter Beschreibung gibt, das dem Kollegen auch zur Verfügung stand. Als ich die Gruppe wieder übernommen habe, habe ich wieder "Schliff" rein gebracht und die Patienten erzählten mir, dass sie da erst den Sinn des Angebotes verstanden hätten. Vorher war es für sie einfach nur eine "schwachsinnige Beschäftigungsmaßnahme". Mittlerweile sind sie mit Freude und Einsatz dabei, arbeiten an den vereinbarten Zielen, erproben das Erlernte im Alltag. In diesem Fall nicht weiter schlimm, da ich die Gruppe ja jetzt wieder selbst mache und mir so der Qualität sicher sein kann.

In anderen Fällen, wenn ich selbst die Vertretungskraft bin, sieht es aber anders aus, da ich in Anschluss das Angebot ja wieder an den zuständigen Kollegen übergebe. So habe ich beispielsweise schon mehrfach die Erstellung von Bewerbungsunterlagen vertreten (unser Anspruch: Jeder Patient soll bei Entlassung vollständige, ordentliche Bewerbungsunterlagen besitzen). Reihenweise sah ich Lebensläufe und Anschreiben mit "fragwürdigem Design", sehr vielen Rechtschreibfehlern, umgangssprachlichen Formulierungen, schlechter Formatierung etc., die der eigentlich für die Gruppe zuständige Kollege laut Aussage mehrerer (glaubwürdiger) Patienten bereits "abgenickt" hatte. Ich fiel aus allen Wolken und brachte gemeinsam mit den Patienten ihre Lebensläufe in eine vernünftige Form. Anderes Beispiel: Es ist schon mehrfach vorgekommen, dass ich edukative Gruppen vertreten habe, in der Einheit dann erstmal ein bisschen Wiederholung vom letzten Mal gemacht habe und deutlich wurde, dass die Patienten überhaupt nichts verstanden hatten, was sie mir auch mitteilten: "Bei Herrn xy kapieren wir das alles gar nicht, der kann das gar nicht erklären. Jetzt haben wir das endlich mal verstanden!" Ich kann mir das gut vorstellen, ich kenne die Kommunikationsweise des Kollegen: "Ganz viel reden und dabei nichts sagen" ist das Motto.

Mein Problem ist: Ich ärgere mich über die schlechte Qualität der Angebote, die bis zur Sinnlosigkeit des ganzen führt, und ich schäme mich auch dafür, das "tolle ergotherapeutische Konzept" nach außen zu repräsentieren und zeitgleich zu wissen, dass es nicht vernünftig umgesetzt wird. Ich sehe es aber auch so, dass es mir nicht zusteht, die jeweiligen Kollegen darauf anzusprechen, fürchte zudem, dass es nur zu Teamkonflikten führen, letztendlich aber nichts ändern würde. Außerdem bringt es mich immer wieder in die Bredouille, weil ich vor den Patienten natürlich hinter meinen Kollegen stehe und somit auf jedes Wort und jede "Gesichtsentgleisung" meinerseits achten muss.

Wie würdet ihr damit umgehen? Kennt ihr eine solche Situation aus eurem Berufsleben und wenn ja, wie habt ihr sie gemeistert?

Ich bin gespannt auf eure Ideen und bedanke mich im Voraus. Viele Grüße! Kinaa
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
22. November 2013 11:28 # 2
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1476

Geändert am 22.11.2013 11:33:00
Ich hatte mal in einem Altenheim gearbeitet, wo die Qualität auch nicht so gut war. Wir hatten keine eigene Räume gehabt, sondern mussten die Gruppenangebote auf der Station machen, wo auch die Schwestern rum gewuselt hatten. So war auch kein runder Ablauf gewährleistet. Ich hatte leider das Pech gehabt, das ich ausgerechnet auf der Station zugeteilt war, wo eine Gerontofachkraft meinte, ich sollte doch bitte die Bewohner dort lassen wo sie sind. Und ich musste mich jedesmal auf das neue streiten. Wie bitte schön soll ich ein Gruppenangebot machen wenn jeder verstreut sitzt. Ja die werden dann zu unruhig und das ist ihr dann zu lästig und sie hätte dann mehr arbeit.

Ich denke mal du solltest die mal an der Hand nehmen und zeigen, wie so was auszusehen hat. Evt haben die ja selber keinen Plan und wären dankbar. In einem Altenheim waren die Ergos sehr dankbar, als meine Lehrerin denen noch ein paar Tipps gegeben hatte. Da war ich noch Praktikantin. Und schon war auch die Qualität etwas besser. Wie genau du das angehen sollst weis ich nicht.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
22. November 2013 14:31 # 3
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Beiträge: 1

Hallo Kinaa -
ich kann gut verstehen, wie es Dir mit dieser Situation geht.
Wie ist bei Euch die Hierarchie? Git es Fachbereichsleiter o.ä.? Für mich ist das ein Thema, welches unbedingt in die Hände eines vertrauenswürdigen Vorgesetzten gehört. Das kannst nicht Du lösen - und es gehört zu den Aufgaben eines Vorgesetztes, sich inform von Mitarbeitergesprächen und auch -im positivsten Sinne gemeint - Mitarbeiterkontrolle mit deren Qualitätsstandard und Arbeitsleistung zu befassen. Sie auch entsprechend zu fordern und zu fördern.
Ich bin selbst Vorgesetzte und wir haben öfter das Thema, wie mit solchen Situationen umgehen, da die Mitarbeiter schnell das Gefühl bekommen, zu "petzen". Letzendlich geht es aber darum, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, entsprechende Unterstützung zu überlegen - und natürlich verantortlich im Auge zu haben, daß die Arbeitsqualität eines jeden Einzelnen den Ruf einer Einrichtung prägt. Für Dich selbst finde ich es immens wichtig, daß Du Dir "Ent-lastung" suchst.

Herzliche Grüße
Flora
22. November 2013 14:37 # 4
falladar
falladar
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1376

...

1. Gespräch mit dem Kollegen suchen. Am besten, wenn wegen Urlaub/Fobi (also im Vorraus planbar) wieder Gruppen übernommen/vertreten werden sollen. Genaue schriftliche Planung von ihm erstellen lassen, die die jeweilige Vertretung umsetzen/weiterführen soll. Findet denn keine schriftliche Dokumentation des Verlaufes und der ...-übergabe statt?

2. Gespräch mit dem/der Vorgesetzten/Teamleiter/ect. ohne Kollegen suchen.

3. Supervision/Fallsupervision.

MfG falladar
22. November 2013 15:42 # 5
Registriert seit: 08.11.2007
Beiträge: 185

Hallo Kinaa,

wie wäre es mit einem Qualitätszirkel? Eine kleine, freiwillige Arbeitsgruppe, die sich mit einem definierten Problem über einen begrenzten Zeitraum auseinandersetzt - vorausgesetzt du hast motivierte Kollegen, die ebenfalls die Qualität verbessern möchten.

Anstoß hierfür könnte dein Wunsch nach einer gewissen Standardisierung sein. Man sollte sich darauf verlassen können, dass die Vertretung deine Arbeit entsprechend weiterführt. Warum wird die Gruppe X nicht adäquat vertreten, obwohl es ein beschriebenes Konzept gibt? Ist das Konzept unverständlich? Fehlt es den Kollegen an Interesse und Motivation? Fehlt es an Fähigkeiten? Teilen Sie deine Meinung oder sind sie mit der Qualität zufrieden? Ich denke, hier lassen sich Ziele und Lösungen nur finden, wenn die Ursache von Qualitätsverlust und die Wahrnehmung aller Teammitglieder deutlich wird. Evtl. hilft ein von dir klar beschriebener Stundenaufbau, den es einzuhalten gilt - damit zumindest inhaltlich deinem Qualitätsanspruch entsprochen wird.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Qualitätssicherung und finde es ::thumbup:: dass du Wert darauf legst. Das Feedback deiner Klienten gibt dir Recht.
22. November 2013 18:49 # 6
Registriert seit: 02.06.2005
Beiträge: 3215

Geändert am 22.11.2013 18:51:00
Hallo Kinaa,

ein paar Fragen:

Zitat / Kinaa hat geschrieben:

und ich schäme mich auch dafür, das "tolle ergotherapeutische Konzept" nach außen zu repräsentieren und zeitgleich zu wissen, dass es nicht vernünftig umgesetzt wird.


wer hat dieses Konzept entwickelt, wie sieht es konkret aus, wer war die treibende Kraft dafür und wie ist es innerhalb deiner Abteilung und im ganzen Haus angesehen und etabliert?



Zitat / Kinaa hat geschrieben:
Ich sehe es aber auch so, dass es mir nicht zusteht, die jeweiligen Kollegen darauf anzusprechen, fürchte zudem, dass es nur zu Teamkonflikten führen, letztendlich aber nichts ändern würde. Außerdem bringt es mich immer wieder in die Bredouille, weil ich vor den Patienten natürlich hinter meinen Kollegen stehe und somit auf jedes Wort und jede "Gesichtsentgleisung" meinerseits achten muss.


Ja das ist heikel. Du könntest ja auf der nächsten Teamsitzung deine KollegInnen bitten, dich zu supervidieren. Und so eine Brücke bauen. Wer weiß, was sie dir rückmelden. Und sie hätten dann eine Gelegenheit, deine konkrete Arbeitsweise kennen zu lernen, evtl. auch zu erleben, wie zufrieden die PatientInnen mit deiner Arbeit sind. Falls ihr euch darauf einigt, dass grundsätzlich wertschätzend und positiv supervidiert wird und statt Kritik nur konkrete Verbesserungsvorschläge platziert werden, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass es kein gutes Ende nimmt.

Ich habe einen Kurs in "Kollegialer Beratung" besucht und einige Elemente aus der systemischen Arbeit in meine Art der fachlichen Auseinandersetzung mit Kollegen einfließen lassen. Auch meine MitarbeiterInnen wurden in "Kollegiale Beratung" geschult wovon sie nach eigener Aussage sehr profitiert haben.

Grüße von
Oetken1
23. November 2013 07:44 # 7
Registriert seit: 20.05.2007
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Beiträge: 722

Hallo,

habt ganz lieben Dank für die vielen ausführlichen, guten und durchdachten Antworten! :) Ich gehe mal der Reihe nach vor, sonst vergesse ich die Hälfte:

@Kukdiehe: Ich glaube, wir sprechen von unterschiedlichen Ausgangslagen. Es geht weder um "die Umstände" (Räumlichkeiten etc.) noch um die Qualität meiner Arbeit. Von so einem unsensiblen Vorgehen wie "die mal an der Hand nehmen und zeigen, wie sowas auszusehen hat" distanziere ich mich. Es sind meine Kollegen, nicht meine Kinder. Ich schätze sie und nehme sie ernst, auch wenn mir manches nicht passt. Und - wie gesagt - so etwas steht mir weder zu noch ist es meine Art. Meine Kollegen wären mir für so etwas auch sicherlich nicht dankbar, sondern würden sich (zu Recht) auf den Schlips getreten fühlen.

@Flora: Wenn du mal das Peter-Prinzip live und in Farbe erleben möchtest, lade ich dich gern ein ;) Der Leiter leitet nicht, der Koordinator koordiniert nicht, egal, wie wir das einfordern. Wir werden mit vielem uns selbst überlassen. Qualitätssicherung findet bezüglich der Inhalte der Gruppenangebote im Grunde gar nicht statt. Mein Chef weiß Qualität zu schätzen und erkennt sie auch an, fordert sie aber nicht ein, wenn sie fehlt. Manchmal hab ich das Gefühl, ich steh ganz allein da mit meinem Anspruch :(

@Falladar: Es gibt grobe Beschreibungen der einzelnen Angebote, die weitere Ausgestaltung ist Sache des Durchführenden. Ich habe es für meine Gruppen so gelöst, dass ich für jedes Angebot ein Modulprogramm aufgebaut habe. Jedes Modul ist detailliert beschrieben (Materialliste, Vorbereitung, Durchführung inkl. Ablauf, genauer Inhalte etc., Arbeitsblätter und andere Unterlagen, sogar mögliche Schwierigkeiten, die meiner Erfahrung nach häufig auftreten und mögliche Umgehensweisen damit sowie weitere Hinweise). Außerdem findet man in jedem Ordner zu meinen Angeboten fortlaufend die Gruppenlisten der letzten Wochen mit Vermerk, was gemacht wurde und Notizen zu den einzelnen Patienten. Ich habe die Kollegen darüber informiert, wo diese Ordner stehen, außerdem hat jeder eine Kopie von mir bekommen, sozusagen zu jedem Angebot ein "Modulhandbuch". ABER: Das ist eine "freiwillige Leistung" von mir, niemand gibt das vor. Ich habe im Gegenzug von meinen Kollegen für ihre Angebote höchstens knappe Info-Blätter, wenn überhaupt. In dem Fall, dass ich vertreten werden muss, muss der jeweilige Kollege das Modul im Grunde nur "abarbeiten", es ist alles vorbereitet und liegt ihnen ja auch schon lange vor, das heißt, jeder kann sich rechtzeitig einlesen und informieren. Aber weder meine vorbereiteten Unterlagen noch die Beschreibungen der Angebote der Kollegen bringen irgendetwas, wenn sie sich einfach nicht daran halten. Das existiert alles nur auf dem Papier.

Beispiel: Vor einigen Wochen musste ich mir mit einem meiner Kollegen meine Gruppe für Sozialkompetenztraining teilen (einmalig, machen wir normalerweise nicht, ging an dem Tag aber nicht anders). Ich habe die ersten 45 Minuten übernommen (Inhalt: Erklärung, Zielvereinbarungen, Durchführung einer Gruppenaufgabe), er hat mich dann abgelöst (45 Min., geplanter Inhalt: Präsentation der Ergebnisse der Aufgabe, Reflexion des Erlebten, ggf. Vereinbarungen für die nächste Einheit). Ich übergab ihm eine motivierte, engagierte und gut gelaunte Gruppe. Nach ungelogen fünf Minuten kamen mir meine Patienten alle auf dem Flur entgegen, die Gruppe sei beendet. Mein Kollege rechtfertigte dies mit: "Naja, wenn die Luft bei den Patienten raus ist, ist sie eben raus, ich halte sie dann nicht fest." Es hat mich sehr geärgert. . Ich weiß, dass dieser Kollege mit so etwas wie einer Reflexion mit Patienten überfordert ist. Problem: Ich befinde mich als einzige Frau in einem männerdominierten Team, in dem einer toller ist als der andere. Sie würden über Überforderung niemals sprechen. Das erschwert es für mich zusätzlich, gute Lösungsmöglichkeiten zu finden und ich kann noch so gut vorbereiten - sie machen's trotzdem nicht.

Was das Gespräch mit meinem Chef angeht: Er erkennt schon, dass es an Qualität mangelt. Aber er kümmert sich nicht darum. Er äußert das vor mir auch, aber er tut nichts, weil es sonst u.U. kompliziert werden würde: Er würde feststellen, dass manche Kollegen es auch einfach nicht besser können und sie eigentlich eine Fehlbesetzung für manche Angebote sind. Sowieso ist die Arbeitshaltung sowohl von meinen Kollegen als auch von meinem Chef geprägt von Überforderung/Unfähigkeit ("Unfähigkeit" soll hier nicht abwertend gemeint sein) und "keinem Bock auf Aufwand". Supervisionen wurden uns übrigens gestrichen, zu teuer und zu zeitintensiv...

@Berna: Ja, das wäre eine gute Sache. Wie oben gesagt: Es ist eine Mischung aus Überforderung und "null Bock". Darüber wird aber nicht geredet, sondern es wird einfach stoisch, egal, wie offensichtlich es ist, dass das nicht stimmt, behauptet, man würde seine Sache ganz toll machen. Jeder von ihnen ist "der Größte". So ist gezielter Abbau der Hürden nicht möglich. Ich habe mal vorgeschlagen, eine kleine "interne Schulung" zu machen und jedes meiner Angebote vorzustellen, inhaltlich durchzusprechen etc. Das Resultat waren mürrische, genervte Kollegen. Es ist echt verzwickt :(

@oetken1: Ich ahne, worauf du hinaus willst und kann das auch bestätigen: Das Konzept stammt größtenteils (aus Sicht meiner Kollegen) von außen, vieles aus meiner Feder bzw. auf meine Anregung hin oder eben auf die der Leitung. Einiges haben wir auch im Team entwickelt, aber eben längst nicht alles. So kommt es dazu, dass Kollegen Angebote leiten, mit denen sie sich nicht oder kaum identifizieren und mit denen sie überfordert sind. Da aber wie gesagt über Überforderung von ihrer Seite nicht gesprochen wird, fährt sich die Situation fest. Ich selbst gehe anders mit so etwas um. Ich sollte eine Gruppe anbieten, die absolut nicht meinen Fähigkeiten entsprach. Ich konnte es einfach nicht, so sehr ich mich auch bemühte. Nach einigen Wochen "Bauchschmerzen" und vielen gescheiterten Versuchen, Rücksprache mit meinem Chef, der gemeinsam mit mir die Gruppen vorbereitete, um mir "Starthilfe" zu geben, bat ich ihn um ein Gespräch und sagte ihm, dass ich dieses Angebot nicht weiter machen kann. Es hat mich richtig krank gemacht, sich ständig so unfähig und inkompetent zu fühlen. Wir haben schließlich eine Lösung gefunden und ich konnte das Angebot abgeben. Aber so etwas würden meine Kollegen eben nie machen.

Problem ist auch: Würde man alle Mitarbeiter gemäß ihren Fähigkeiten und Neigungen einsetzen, könnte man den Laden schließen, weil wir schlichtweg nicht mehr belegt werden würden, da wir kaum noch Angebote vorhalten könnten, die den Ansprüchen des Kostenträgers gerecht würden. Meine Kollegen sind "groß geworden" in kleinen Einrichtungen unseres Trägers, in denen Ergotherapie aus "Beschäftigung", "Basteln" und "ein bisschen AdL" bestand. Mit der Zeit hat sich das alles verändert: Die kleinen Einrichtungen wurden geschlossen und zu einer großen Reha-Klinik zusammen gelegt. Reha war plötzlich etwas völlig anderes als die "Kuschel-Langzeit-Therapie im Fachwerkhäuschen auf dem Lande". Die Ansprüche und die ganze Ausrichtung haben sich völlig verändert, die Neigungen, Fähigkeiten und die Einstellung zur Therapie und ihren Inhalten aber nicht.

Könntest du mir grob schildern, wie diese Supervision, die du vorschlägst, aussehen könnte? Ich finde es interessant, kann mir aber gerade nur schwer etwas darunter vorstellen. Das wäre toll.

Nochmals vielen, vielen Dank für eure Beiträge! Oft wünsche ich mir, ich würde einfach gar nicht mitbekommen, was andere in ihren Gruppen (oder in meinen, wenn ich nicht da bin) so treiben... Auch überlege ich, ob mein Ziel nicht eher ist, mich nicht mehr so sehr zu ärgern, das ganze nicht mehr so emotional zu sehen. Ich mache meine Arbeit gut, DAS sollte mir vorrangig wichtig sein, und habe auf die Arbeit der anderen eben nur bedingt Einfluss. Aber es fällt mir sehr schwer, mich so weit abzugrenzen..

Viele Grüße! Kinaa

PS: Vielen Dank auch an alle, die so viel Muße aufbringen, sich meine langen Texte durchzulesen. Ich versuche schon, mich kurz zu halten, aber Außenstehenden "mal eben" die ganze Struktur bei uns zu erklären, ist in der Kurzversion echt schwer ;)
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
23. November 2013 10:04 # 8
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Na gut kommt ja immer drauf an wie die Kollegen so drauf sind. Ich habe auch mal meinen Vorgesetzten gute Ratschläge gegeben und die fanden das auch zum Teil gut und haben Sachen übernommen, die ich denen geraten habe. Die fanden meine Ideen sogar sehr gut und der Patient war auch froh.
Aber da müssten auch die Kollegen auf einem zugehen. Wenn es natürlich welche sind, die meinen, dass sie die größten und schlausten und besten sind, dann kannst du das vergessen.
Mir ist das schon mal passiert, dass meine Anleiterin mal was von mir lernen konnte. Ich wobei das schon komisch ist wenn der Praktikant besser ist wie der Anleiter und die Patienten bei den Praktikanten mehr Fortschritte machen als beim PI.
Als ich die Patienten anleiten durfte und meine Aleiterin, dann meine Stunde beurteilt hatte, da meinte sie auch das sie die Ideen gut fand und sie selber auf so was noch nicht gekommen wäre. Sie fand das gut auch von anderen zu lernen, da jeder Therapeut auch andere Ideen hat und zu so einem Austausch soll das ja auch kommen. So in Teamsitzungen z.B das man so was mal anspricht wie die das so sehen.
Was ich gut finde, ist ja das du dem Vertreter sagst, wie du die Stunde bisher immer gehalten hast und was so das Ziel ist und evt wäre es ja auch schön gegenseitig mal zu Hospitieren, damit der jenige auch einen Einblick bekommt und weis wie dem seine Patienten so drauf sind und weis was den so zum einem gemacht wird und zum anderen das Ziel ist. Bei uns in der Klinik war das auch so das ich bei einem Kollegen vorher Hospitiert habe, als ich seine Pat. übernehmen sollte, was ich auch gut fand. Der Kollege hat mir gesagt, woran gearbeitet wird, nach welchen Methoden und hat mir sogar eine Methode gezeigt, die ich selber noch nicht kannte.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
23. November 2013 17:41 # 9
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Hallo Kukdiehe,

vielen Dank für deine Antwort und auch für deine Bemühungen, aber ich werde den Eindruck nicht los, dass du nicht verstanden hast, worum es eigentlich geht und auch die Gefüge bei uns nicht erfasst hast - was ja auch online, ohne das alles mal gesehen oder erlebt zu haben, sehr schwierig ist. Es geht nicht darum, sich mal einen Rat zu geben oder kollegial auszutauschen. Und einen Rat kann man eben auch nur jemandem geben, der diesen Rat möchte. Auch Veränderungen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft:
  • Der Veränderungsbedarf muss zunächst überhaupt erkannt werden.
  • Die Veränderungbereitschaft muss vorhanden sein.
  • Dem Betreffenden müssen die Ressourcen, die zur Veränderung nötig sind, zur Verfügung stehen oder er muss die Möglichkeit (und auch wieder die Bereitschaft) haben, sie zu erwerben
  • In dem von mir geschilderten Fall scheitert dies allerdings schon am ersten Punkt. Deshalb überlege ich ja auch, mein Ziel von "etwas verändern" in "mich nicht mehr so sehr ärgern" bzw. "mich mehr abgrenzen" umzuändern. Sonst beiße ich mir wohl noch die Zähne aus.
    Meine Kollegen haben gelesen und gesehen/erlebt, wie meine Gruppen funktionieren, darum geht es nicht. Teils können und teils wollen sie es aber nicht umsetzen. Und dass sie bei mir hospitieren, wenn ich ihre Gruppen vertrete, das kann ich ja wohl kaum vorschlagen ;) Sie müssen auch keinen Einblick bekommen, "wie dem seine [heißt das dann in dem Fall "wie mir meine?!" ;) ] Patienten so drauf sind", unsere Gruppen sind nicht geschlossen und somit wechselt die Patientenschaft ständig. Die Kollegen kennen die Patienten aus anderen Angeboten. Und wie gesagt: Ziele und Vorgehen sind bekannt.

    Nichts für ungut, ich erkläre hier jetzt nicht weiter, ich glaube, das verstrickt sich dann nur noch mehr und ich weiß nicht so recht, wie ich es verständlich machen soll. ::confused::

    Danke trotzdem und viele Grüße, Kinaa
    Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
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