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Motivation männliche Patienten

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13. März 2014 15:14 # 1
Registriert seit: 21.08.2008
Beiträge: 47

Hallo,
wie bereits in verschiedenen Themen berichtet wurde , wird man vorallem in Tagesklinik als Basteltante abgestempelt. Dieses ist auch sehr schwer sich daraus frei zu kämpfe und eine andere Rolle einzunehmen. Da ich in der Ergotherapie zur Zeit noch überwiegend Kreativ arbeite brauch ich eure Hilfe. Mir fällt es zunehmend schwerer männliche Patienten zu motivieren da auch oftmals die möglichkeiten fehlen. Mein Ergotherapiezimmer befindet sich in einem alten Stationszimmer. Leider keine Holzwerkstatt, Dekupiersäge etc. ist bisher nicht genehmigt. Daher viele Frauentechniken und Peddigrohr, Speckstein und Laubsäge sind nach eine gewissen Aufenthaltsdauer auch nicht mehr das motivierenste. Auch das Gartenprojekt geht nicht voran zwecks genehmigungen.
Daher meine Frage was bietet ihr an? Wie motiviert ihr eure Männer?

Zu den Klientel: Vorallem depressive Patienten zwischen 30-60 Jahren, kommen meist direkt aus dem Berufsleben.

Danke im vorraus.
13. März 2014 15:52 # 2
Registriert seit: 12.11.2009
Beiträge: 94

Hallo,

Ich gerate bei meinen "älteren" Patienten (arbeite mit Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 18 im psychiatrischen tagesklinischen Arbeitsfeld) teilweise an einen ähnlichen Punkt. Ich hole diejenigen dann in die Verantwortung, alt genug sind sie ja. Ich erkläre ihnen die Möglichkeiten, die sie in der ET haben und sage ihnen, dass ich meine Stunden gerne individuell nach den Bedürfnissen der Patienten gestalte anstatt ihnen Aufgaben vorzugeben.
Fakt ist: Einfach "basteln" oder "malen" ist für die wenigsten etwas, die eine gewisse Reife besitzen und nicht so schwer betroffen sind, dass man sehr niedrigschwellig ansetzen muss. Das wäre bei mir als Patientin vermutlich nicht anders, ich müsste schon den Sinn und Zweck dahinter erkennen, um motiviert mitzuarbeiten.
Ich biete meinen Patienten in so einem Fall Zeit bis zur nächsten Einheit, um sich zu überlegen, was sie von mir wollen und wobei ich ihnen helfen kann. Teilweise folgen dann Wünsche aus dem Bereich ADL, Entspannungstechniken, Hilfe zur beruflichen oder schulischen Orientierung oder auch ganz einfach das Ausprobieren verschiedener handwerklicher Techniken oder Spiele, um Alternativen zur Freizeitgestaltung kennenzulernen oder auch bestimmte Fähig-/Fertigkeiten zu verbessern. Wenn man erstmal einen Fuß in der Tür hat ergeben sich aus einem Thema meistens schon die nächsten. Bei ganz hartnäckigen Fällen habe ich die Therapie aber auch schon mal vorzeitig beendet, es gibt immer andere Patienten, die von mehr Zeit profitieren.

LG
„Handeln, das ist, wozu wir da sind.“
Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), dt. Philosoph d. Idealismus
13. März 2014 17:24 # 3
Registriert seit: 03.07.2007
Beiträge: 490

Hallo,

Was machen Männer die zwischen 30 und 60 Jahre alt sind. Kein Wunder dass sie dir das Handwerk um die Ohren hauen.

Wenn kein Material zur Verfügung steht... dann redet über Aktivitäten die sie ausführen/ausgeführt haben, deren Bedeutung, analysiert zusammen warum diese nicht ausführbar sind, was Schritte dahin, Alternativen wären... überlegt euch sinnvolle Aktivitäten die allen helfen. Ich bin mir sicher Du wirst etwas finden.

lg Ceilidh

13. März 2014 22:32 # 4
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Geändert am 13.03.2014 22:45:00
Hallo rike1402,

ich sehe das wie meine Vorredner. Der Schlüssel zur Motivation der Teilnehmer liegt m.E. in transparentem, zielführendem, therapeutisch sinnvollem und für alle Beteiligten nachvollziehbarem Vorgehen auf Augenhöhe. Dazu kommt die Haltung des Therapeuten und die positive Beziehungsgestaltung zwischen Therapeut und Patient.

Meine Überzeugung: Niemand ist motiviert, etwas zu tun, das für ihn keinen Sinn ergibt.

M.E. gehst du das Ganze von der falschen Seite an. Es ist nicht das Medium an sich, das motivierend wirken muss, sondern vielmehr das Ziel. Wenn ein Ziel gefunden ist, mit dem sich der Patient identifiziert, das also wirklich sein Ziel ist, du dann ein geeignetes Medium und Vorgehen auswählst und für den Patienten nachvollziehbar ist, wieso du dieses gewählt hast und wie es ihm seinem Ziel näher bringen kann, erübrigt sich die Frage nach "männlichen" Techniken/Werkstücken von selbst.

Um zu verdeutlichen, was ich meine, hier ein Beispiel:

Ich war lange Zeit krank, in dieser Zeit wurden meine Gruppen von einer Krankheitsvertretung übernommen, unter anderem eine Interaktionsgruppe. Der Kollege übernahm auch die Spiele und Übungen, die ich zuvor angewendet hatte. Als ich zurückkehrte, hatte diese Gruppe einen extrem schlechten Ruf im Haus und mir war auch völlig klar, wieso.

Vorgehen des Kollegen: Raum betreten, Übung vorgeben, durchführen lassen, Feierabend.

Mein Vorgehen: Erklärung, wozu die Gruppe gut ist, individuelle Zielvereinbarung zu Beginn, Übung vorgeben, Erklärung, dass die Übung nur "Mittel zum Zweck" ist, durchführen lassen, ausführliche Reflexion, ggf. theoretischer Input, wenn es sich im Verlauf ergibt (z.B. zu Themen wie "konstruktive Kritik", "die vier Seiten einer Nachricht", "die Bedeutung von Körpersprache und Doppelbotschaften", "Gruppendynamik und Rollen" etc.), Ermutigung, die Erfahrungen im Verlauf der folgenden Woche in anderen Zusammenhängen zu nutzen, Feierabend.

Mit diesem Vorgehen kann ich meine Patienten (übrigens fast nur Männer!) zu fast allem motivieren, sei es nun der Bau eines "Eierfluggerätes", die Entwicklung einer Werbekampagne für ein "Fass ohne Boden", einen "Sack Flöhe" oder eine "rosarote Brille", die gemeinsame Lösung einer Konstruktionsaufgabe oder was auch immer - völlig egal, weil sie verstehen, dass es nicht um die Aufgabe und deren Ergebnis an sich geht. Ich habe sehr selten mit unmotivierten Patienten zu tun. Wenn man aber, wie besagter Kollege, einfach nur reinkommt und sagt: "Heute machen Sie mal ein Werbeplakat für ein "Fass ohne Boden'", ist die Reaktion verständlicherweise: "Voll der Scheiß hier! Beschäftigungsmaßnahme!" Es ist doch klar, dass den Patienten das in dieser Form schwachsinnig erscheint und Widerstand entsteht.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es dir zudem auch helfen könnte, dir theoretisches Wissen anzueignen. Mögliche Stichworte: intrinsische Motivation, Motivationstheorien, Volition, Rubikonmodell u.a.

Viel Erfolg! Kinaa
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
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