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Angststörung - Hausbesuch - Behandlungsvorschläge - Erfahrungsaustausch

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12. Februar 2015 21:31 # 1
Registriert seit: 21.09.2010
Bundesland: Berlin
Beiträge: 5

Halli Hallo

nun habe ich eine neue Patientin mit HB bekommen: Angststörung.. Hat jemand Erfahrung? Fernziel ist, dass wir im Edeka nebenan einkaufen gehen. Sie hat bereits Ängste beim betreten der Türschwelle, wenn Termine wie Ärzte etc anstehen, meistert sie diese mit gestzl. Betr,
Ersteinmal strebt sie 1/Woche an, sie hat auch einige Interessen geäußert, wie Mandala malen, Gedächtnistraining. Allerdings sehe ich nun nicht vor jedes Mal mit ihr Bilder zu malen bzw Kreuzwort/Schüttelrätsel... etc zu machen.


Ich bin erfahrene HB Therapeutin, allerdings stand ich noch nie vor der Herausforderung mit eine rpsych.-funktionellen B., zumal es ja meistens ohne HB verschrieben wird, warum brauch ich ja grad nicht erklären... ::biggrin::

Vllt hat jmd ähnlich Erfahrung sammeln können, würde mich freuen über Antworten/Anregungen/Erfahrungne

Dankööö::thumbup::
15. Februar 2015 12:28 # 2
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Hallo funny88,

ich denke, es ist wichtig, dass du erst mal eine vernünftige Therapieplanung machst. Was hat das:
Zitat:
sie hat auch einige Interessen geäußert, wie Mandala malen, Gedächtnistraining. Allerdings sehe ich nun nicht vor jedes Mal mit ihr Bilder zu malen bzw Kreuzwort/Schüttelrätsel... etc zu machen.


damit:
Zitat:
Fernziel ist, dass wir im Edeka nebenan einkaufen gehen.


zu tun? Das erschließt sich mir absolut nicht.
Warum kann die Patientin nicht einkaufen gehen? Was hält sie davon ab? Was fehlt ihr, um einkaufen gehen zu können? Über welche Ressourcen verfügt sie, die sie zur Zielerreichung nutzen könnte? Wieso funktioniert es in Begleitung des Betreuers, was ist da anders? Wo genau bestehen die "Knackpunkte" (rausgehen im Allgemeinen? anderen Menschen begegnen? Verkehrsmittel nutzen? ...)?
Sprich: Erarbeite mit ihr erst mal eine Betätigungsanalyse, um zu wissen, wo du überhaupt ansetzen könntest.

Ein zweiter Punkt ist es m.E. zu schauen, ob es überhaupt realistisch ist, dass du als Ergotherapeutin mit deinen Fähigkeiten und Erfahrungen (welche ich nicht kenne und nicht beurteilen kann), mit ihre allein dieses Ziel erreichen kannst oder ob dazu nicht eher die Arbeit mit einem Psychotherapeuten nötig wäre.

Viele Grüße, Kinaa
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
15. Februar 2015 13:34 # 3
saloia
saloia
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 3623

Geändert am 15.02.2015 13:42:00
Mir fehlt zuerst einmal eine genauere Definition der Angststörung...
Hat die Klientin zusätzlich Psychotherapie, sind Medikamente im Einsatz?
Sieht sie einen Grund/Auslöser für die Angststörung?
PTBS ausgeschlossen?

Ich sehe auch wenig Sinn darin, mit einer Angstpatientin Gedächtnistraining zu machen oder Mandalas zu malen. Mit welchem Zweck und Ziel?
Ein Ziel könnte zb (lange vor "bei Edeka einkaufen") sein: Klientin kommt zur Behandlung in die Praxis, verlässt das häusliche Umfeld (Gefängnis)

Diese Erkrankung erfordert- leider mal wieder- eine absolute Gradwanderung: psychotherapeutische Ergotherapie.

PS: HB ist im psych-Bereich keineswegs selten. Ich habe ~ 13 Jahre fast ausschließlich so gearbeitet...
15. Februar 2015 17:07 # 4
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1485

Wäre da nicht eine Verhaltenstherapie besser? Ich kenne ja deine Fähigkeiten nicht, aber ich würde mit so einem Problem zum Psychologen gehen, der Verhaltenstherapie anbietet.
Ich hatte vor paar Jahren an einer Sozialen Phobie gelitten. Hatte Angst vor Menschenmassen, hatte mich nur geschminkt und Gestylt vor die Tür getraut, hatte immer Angst gehabt, was die Leute vor mir Denken. Mir selber und meinen anderen Leidensgenossinnen hatte damals geholfen erst mal über unsere Ängste zu sprechen, was wir den uns vorstellen was alles passieren kann. Dann wurden wir gefragt, was den das schlimmste ist was passieren könnte. Ich hatte damals auch Angst gehabt Sachen wieder Umzutauschen oder zu Reklamieren.
Wir hatten von unsere Psychologin immer so genannte "Mutproben" machen müssen. Eben genau das machen müssen wo vor wir angst haben. Es waren auch ganz verrückte Dinge dabei.
Wenn ich nur Mandalas ausgemalt hätte und Gedächtnistraining gemacht hätte, würde ich bis heute immer noch an Sozialer Phobie leiden.
Das einzige was mir damals geholfen hatte, war mich meinen Ängsten zu stellen. Vorher mir die frage zu stellen, was schlimmsten Falls passieren könnte und ob die Ängste realistisch sind. Dann mir Gedanken zu machen, was passiert wenn ich es nicht ausprobiere mein T- Shirt umzutauschen. Antwort: Ich bin unglücklich darüber, denn jetzt habe ich schon wieder ein T-Shirt was mir nicht passt. Wenn ich zu dem Laden hin gehe und ich frage einfach nett und höflich die Verkäuferin, ob ich das T- Shirt umtauschen kann. Dann kann schlimmstenfalls es passieren, dass sie Nein sagt. Mehr wird aber nicht passieren. Oder ich es nur gegen einen Gutschein umtauschen kann. Dann hätte ich ja trotz dem Gewonnen und ich tausch es gegen ein passendes T-Shirt. Im nächsten Schritt bekam ich die Aufgabe von der Psychologin in den Laden zu gehen und eine Sache umzutauschen.
Ich hoffe ich konnte dir weiter helfen. Deine Klientin hat ja doch ähnliche Probleme als ich gehabt. Aber da sollte schon ein Profi an die ganze Sache ran gehen, sonnst kann das wirklich einen Schuss in den Ofen sein.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
16. Februar 2015 19:07 # 5
Registriert seit: 16.02.2007
Beiträge: 185

Hi,
ich würde in etwa folgendermaßen vorgehen:
- analysieren wobei genau sie Angst hat
(Menschenmenge, Fehlverhalten, unerwartete Fragen, Kassiervorgang etc.)
- erstellen einer Angstskala: d.h. die komplette Tätigkeit in einzelne Handlungssequenzen splitten und diese jeweils bewerten lassen (0-100, 100=größte Angst)
- einen Punkt finden, der Überwindung kostet, den sich die Pat. dennoch zutraut
- Exposure
- die angstvollen Teilelemente schrittweise steigern und Hilfen abbauen (z.B. als Therapeut anfänglich mit reingehen, Handlungselemente wie z.B. bezahlen erst einmal selber übernehmen)
- Rollenspiel (mögliche angstbehaftete Situationen durchspielen), evtl. auch worst case Szenarien bis zum Ende besprechen, Wahrscheinlichkeitsrating etc. (wie teils schon genannt)

Bei allem, sollte jedoch ein gewisses Hintergrundwissen vorhanden sein, weswegen ich erst einmal den Blick in ein paar Bücher empfehlen würde (sofern alles Neuland ist).

Falls die Patientin neben der Angststörung auch unter einer Depression leidet, kann das Gedächtnistraining durchaus sinnvoll sein – ebenso die Entspannung (und falls Mandalas dazu beitragen…. (?)).
16. Februar 2015 22:38 # 6
Registriert seit: 21.09.2010
Bundesland: Berlin
Beiträge: 5

Geändert am 16.02.2015 22:45:00
Hi Leute danke für die Rückmeldungen

Also nochma allgemein, die Angstproblematik bei Frau S. ist allein schon der Gedanke daran, raus zu gehen, sie denkt, alle Menschen reden über sie, sie leidet unter Sozialphobie.......

Und die ersten Ansätze habe ich basierend auf ihren Interssen (wie Mandala malen) erstma geplant und so mitaufgenommen, dass sie diese besonderen Interessen hat, um überhaupt einen Zugang zu ihr zu finden.. logisch wa..
Ganz allgemein habe ich bisher nur den Befund mit ihr gemacht und noch gar keine Therapie, letzten Freitag sagte sie ab aufgrund einer Durchfallerkankung... ::blink::
Ich habe mir daher auch nochmal weiter Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, erstmal PME und autogenes Training auszuprobieren, um das Lösen von Spannungen erstmal bewusst zu machen...
Freitag ist unser Termin, ich werde sehen, wie sie es annimmt. Ich denke, das ist erstmal ein guter Ansatz, werde dann auf Handlungsplanung im Alltag übergehen (versteht sich von selbst, dass ich das nicht innerhalb 1 TE anstrebe ::biggrin::)
was dann zum Ziel führen soll, das Einkaufen bei Edeka, nochmal zur Relevanz des Ziels: Thema Selbstversorgung...

So und nun allen n jutz Nächtle::thumbup::

@Kukdiehe: Dein Beitrag hat mir sehr gut geholfen, sobald ich eine Vertrauensbasis geschaffen habe (durch Mandala malen und Gedächtnistraining etc ::biggrin::) werde ich sicherlich auch mit Mutproben arbeiten.
Ich schätze dass diese Therpie sich über seeeehr lange Zeit hinziehen wird, zumal es nur 1TE/Woche sind, und sich Vertrauen auch nicht, gerade bei solchen Klientel, innerhalb von 3 TEs aufbauen lässt. Von daher, ist es auch nicht möglich, aufgrund der Sozialphobie, die Patientin in die Praxis kommen zu lassen... Naja der Weg is ja das Ziel ::thumbup::
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