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Hilfe bei Therapieplanung mit Suchterkrankten

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8. Juni 2015 16:12 # 1
Registriert seit: 01.05.2015
Beiträge: 2

Hallo ihr Lieben,
ich habe große Probleme bei der Therapieplanung mit Suchterkrankten.
Ich arbeite vorerst Betätigungsprobleme des Klienten gemeinsam mit ihm heraus und fokusiere mich auf die von ihm benannten Prioritäten.
Was mit jedoch dann total schwer fällt, ist, den Transfer in den Alltag für den Klienten zu schaffen. Denn die Therapie findet in einer Klinik statt, in der die Klienten stationör aufgenommen sind.
Habt ihr eine Idee, wie man einen Alltgsbezug immer gut herstellen kann?
Denn z.B. wenn ein Klient XY schwierigkeiten mit der Konzentration hat sich z.B währende seiner Brüoarbeit auf seine Aufgaben zu konzentrieren, heißt es ja noch lange nicht, dass wenn er handwerklich etwas macht, sich dabei konzentriert, das dann auch auf seiner Arbeit schafft ?!! wisst ihr was ich meine?
Ich habe immer Ideen wo die Problematiken liegen, mir fällt es nur schwer, den Transfer in den Alltag zu schaffen.
Ist mein erstes Praktikum ::unsure::::confused::::confused::::smile::
Liebe Grüße Lisa
9. Juni 2015 23:17 # 2
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Hallo Lisa,

solche Schwierigkeiten können entstehen, wenn man mit theoretischen Konstrukten hantiert. Wenn darüber gesprochen wird, dann wird i.d.R. so getan, als wüsste jeder, worum es sich bei dem Begriff "Konzentration" handelt (oder man ist sogar ernsthaft davon überzeugt, wir würden tatsächlich alle dasselbe mit diesem Begriff meinen). Letztendlich gibt es "die Konzentration" aber überhaupt nicht, es ist eine Frage der Definition, und die muss erst mal klar sein. Nicht allgemein gültig, sondern zwischen dir und dem Patienten.

Deshalb reichen mir Aussagen wie "Ich kann mich nicht so gut konzentrieren" nicht. Da werde ich hellhörig, will wissen, worin denn dieser (subjektive) Mangel an Konzentration besteht. Wie äußert er sich? Wie sieht es aus, wenn der Patient sich "nicht konzentrieren" kann? Was hält ihn davon ab, seine Aufmerksamkeit zu fokussieren (Gedanken? Lautstärke am Arbeitsplatz? Kollegen? Unterbrechungen durch z.B. Telefonanrufe? Visuelle Reize? Schwierigkeiten, Prioritäten sinnvoll zu setzen? Unklare Arbeitsorganisation/Strukturen? Motorische Unruhe? Ängste oder Sorgen? Schmerzen? Müdigkeit? Suchtdruck? Oder...oder...oder...)?

Bevor ich das nicht weiß, ist völlig unklar, wo ich ansetzen soll. Erst, wenn alle offenen Fragen geklärt sind und der Patient und ich uns einig sind, worüber wir überhaupt reden, können wir einen "Schlachtplan" entwickeln und der sieht je nach Ursache der Konzentrationsstörungen ganz unterschiedlich aus.

Manchmal kann so die Lösung ganz einfach sein. Ich hatte mal einen Patienten, dem immer Gedanken kamen, Dinge, die er auf keinen Fall vergessen wollte, irgendetwas, was noch zu erledigen war o.ä. Gemeinsam entwickelten wir den Plan, dass er sich ein Notizbüchlein anschaffte, das er am Arbeitsplatz deponierte. Immer, wenn ihm etwas (vermeintlich) wichtiges einfiel, schrieb er es sich kurz stichpunktartig auf. So musste er sich gedanklich erst mal nicht mehr damit befassen, konnte sich seiner Arbeit zuwenden in dem Wissen, dass der Gedanke nicht verloren gehen würde und er später darauf zurück kommen konnte, ohne permanent daran denken zu müssen.

Manchmal ist es auch komplizierter, weil die Kontextfaktoren tatsächlich ungünstig sind und die Arbeitsumgebung angepasst werden muss, damit dem Patienten konzentriertes Arbeiten möglich ist (z.B. bei hoher Lautstärke, viel Trubel o.ä. am Arbeitsplatz). Dann kann ein Arbeitgebergespräch mit gemeinsamem "Aushandeln" der zukünftigen Arbeitsbedingungen angezeigt sein. Einer meiner depressiven Patienten arbeitete im Schichtdienst. In depressiven Phasen litt er unter Einschlafstörungen und bekam deshalb zu wenig Schlaf, um im Frühdienst fit genug für seine Arbeit zu sein, während Spätschichten problemlos verliefen, weil er ausschlafen konnte. Ein Arbeitgebergespräch führte dazu, dass er aus dem Schichtwechsel genommen und dauerhaft in der Spätschicht eingesetzt wurde. Ein guter Ausgang für den Patienten - es hätte ihm hingegen wohl kaum etwas gebracht, hätte ich in irgendeiner Arbeitstherapie "die Konzentration mit ihm beübt".

Bei Schmerzen gibt es z.B. mehrere Möglichkeiten: Entweder ist eine ärztliche/medikamentöse Behandlung angezeigt. Vielleicht muss auch der Arbeitsplatz angepasst werden (rückengerecht o.ä., je nach Sachlage) und der Patient eine Ergonomieschulung erhalten.

Dies nur als Beispiele. Du siehst also: Die Ursachen sind ebenso vielfältig wie die möglichen Herangehensweisen und Lösungen. Also: Erhebe eine detaillierte Berufsanamnese und Arbeitsplatzbeschreibung, lasse dir die Situationen schildern, in denen der "Konzentrationsmangel" auftritt und gehe mit dem Patienten gemeinsam den Ursachen auf den Grund. Dann könnt ihr kreative, sinnvolle Lösungsansätze entwickeln und probieren.

Viel Erfolg und viel Spaß! Kinaa
Nicht alles, was Hand und Fuß hat, hat auch Herz und Hirn.
10. Juni 2015 16:05 # 3
Registriert seit: 01.05.2015
Beiträge: 2

Vielen lieben Dank für deine ausführliche, nette Schilderung :) !
Das mit der Befunderhebung mache ich auch sehr ausführlich.
Das was bei uns das Problem ist, ist der Klinikalltag. Das ist immer eine Gruppentherapie und geht nach der kompetemzzentrierten Methode. Dabei suchen die Klienten sich jeweils eine beliebige Tätigkeit aus dem Kreativ- / Handwerklichen Bereich aus. Das hätte ich noch dazu sagen sollen (Sorr::unsure::).
Aber da wäre dein oben genannter Ansatz gut, irgendwelche Strategien mit dem Klienten zu erarbeiten, die er dann auch auf der Arbeit in seiner Freizeit oder oder oder anwenden kann. Aber manchmal ist es schwerer als gedacht.

Vielen Dank nochmal.Die hat mir sehr auf die Sprnge geholfen...
Liebe Grüße,
Lisa
11. Juni 2015 05:52 # 4
Registriert seit: 20.05.2007
Bundesland: Schleswig-Holstein
Beiträge: 722

Hallo Lisa,

soll das eine berufliche Reha sein? Was ist denn das Behandlungsziel? Würde mich wirklich mal interessieren, wer der Kostenträger ist und wie der das so findet... ::unsure::
Sollte es die Rentenversicherung sein, gibt es recht klare Anforderungen, du findest sie hier: BORA unter Punkt 2 "Empfehlungen zur beruflichen Orientierung (BORA)" --> Finale Fassung BORA 14112014

Bei uns heißt das, was du da schilderst, weder "kompetenzzentrierte Methode" noch "Ergotherapie", sondern "freies Kreativangebot" und ist dem Bereich Freizeit zuzuordnen, ist mit einem Termin in der Woche nur eine "Randerscheinung". Als "Therapie" wird das ausdrücklich nicht bezeichnet.

Vielleicht schaust du dir die kompetenzzentrierte Methode noch mal an - kompetenzzentriert zu arbeiten bedeutet eben nicht, das die Patienten "irgendwas basteln", auch wenn das gern so ausgelegt wird und ich von meinen therapieerfahrenen Patienten oft höre, dass das in anderen Einrichtungen so gehandhabt wird.

Was macht denn dein/e Anleiter/in, "wenn ein Klient XY schwierigkeiten mit der Konzentration hat"? Was sagt er/sie, wie du vorgehen sollst? Und was bedeutet nun "Konzentration" bzw. "Schwierigkeiten mit der Konzentration" im konkreten Fall deines Patienten?

Viele Grüße, Kinaa

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