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Heißes Thema- Inklusion

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9. Dezember 2015 15:27 # 1
Registriert seit: 09.08.2007
Beiträge: 68

Hallo ihr Lieben, ich bin Integrationskraft in einer Kita für ein Kind mit Behinderung ( geistig). Das Kind soll im kommenden Jahr auf eine Regelschule gehen. Ich bin generell für Inklusion und Integration - aber persönlich halte ich es in diesem Fall nicht für sinnvoll. Vielleicht könnt ihr mir helfen, ob "Basiskönnen" für den Schulalltag irgendwo vorgeschrieben ist? Gibt es Regeln zum Nachteilsausgleich? Ich finde dazu nichts im Internet. Das Kind könnte dem Unterricht nicht folgen, auch nicht mit Hilfe. Es macht zudem oft den Kasper ( ist ja nicht tragisch- aber es stört massiv) und macht ( noch) was es will bzw versucht sich durchzusetzen , hält sich nicht ab Regeln usw. Bis das klappt - wenn es je klappt- ist es ein weiter Weg. Das Kind hat schon einige Fortschritte gemacht braucht aber dazu ( mehrere Monate-?) länger, als andere Kinder...dem heutigen Druck schon in der 1. Klasse steht es sicher nicht durch.... Durch Interaktionsstörung sprachlicher Natur befürchte ich zudem Mobbing. Heutzutage wechselt auch ständig die Klasse / Klassenlehrer was auch nicht positiv ist.... Was haltet ihr von Inklusion in diesem Fall? Habt ihr Erfahrungen mit Inklusion und geistiger Behinderung? Ich denke , das Kind wäre langfristig glücklicher auf einer Förderschule...
10. Dezember 2015 11:22 # 2
Registriert seit: 17.11.2015
Beiträge: 152

Geändert am 10.12.2015 11:22:00
Dies ist zwar nicht mein Arbeitsgebiet aber ich denke der Leitsatz wird sein, "Solange das Kind mit der Hilfe der Assistenz am Unterichtsgeschehen teilnehmen kann ist eine Inklusion sinnvoll."

Ich denke nicht das es sinnvoll ist ein Kind in die Regelschule zu stecken wenn es auch mit Unterstützung nicht am Unterricht teilnehmen kann. Ich denke in solchen Fällen hat es häufig etwas damit zu tun, das die Eltern noch keine Krankheitseinsicht bezüglich ihres Kindes erreicht haben (-> Normalität vorgaukeln).

Sonderschulen haben den riesigen Vorteil das die gesamte Infrastruktur zur Förderung des Kindes vorhanden ist. Es ist wesentlich aufwendiger neben der Regelschule die gesamten Therapien in Anspruch zu nehmen.

15. Dezember 2015 10:57 # 3
Registriert seit: 14.06.2005
Beiträge: 189

Geändert am 15.12.2015 10:59:00
Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf geht es aus meiner Erfahrung auf den Förderschulen mit den entsprechenden Schwerpunkten emotional besser. Kleinere Gruppen, enge Betreuung, angemessene Angebote, Therapien usw. Die Kinder sind unter ihresgleichen, sie werden nicht ausgeschlossen. Zukünftig wird es aber so sein, dass es diese Förderschulen nicht mehr geben wird. In NRW und Rheinland-Pfalz sind sie dabei alle Förderschulen zu schließen und alle Kinder zu inkludieren. Ich halte davon sehr wenig, solange der Personalschlüssel an den "normalen" Schulen für die Förderkinder so gering ist.
Solltest du in einem Bundesland leben, wo es noch Förderschulen gibt, sollte die Einschulung auf einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Ganzheitliche Entwicklung angedacht werden, um die bestmögliche Förderung zu erhalten und dem Kind eine angemessene Teilhabe zu ermöglichen.

lg
17. Dezember 2015 20:54 # 4
Mschiew.
Mschiew.
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 935

Inklusion ist ein heißes Thema?

Definitiv!

Prinzipiell sollte man es immer versuchen. So viele Chancen gibt es im Leben nicht für Menschen mit Behinderung. Förderschulen meinen auf die Bedürfnisse von Schülern mit Behinderungen ausgelegt zu sein. Der Output ist Deutschlandweit aber sehr mau. über 70% aller Förderschüler schaffen KEINEN Abschluß. Da frage ich mich nach dem Sinn der Schule. Das Menschen mit Behinderungen von einer Regelschule profieren dokumentieren mittlerweile unzählige Studien.

Fehlende Krankheitseinsicht? Wer Behinderungen als Krankheit definiert ist im Zeitalter der Inklusion noch nicht angekommen. Da gibt es also noch Nachholebedarf....
18. Dezember 2015 10:31 # 5
Registriert seit: 16.08.2006
Beiträge: 394

Geändert am 18.12.2015 10:56:00
Hallo,
habe lange überlegt ob es überhaupt Sinn macht dazu was zu schreiben, aber ich finde es sehr traurig dass wir hier in Deutschland über dieses Thema immer noch diskutierem müssen. Wenn man sich die Geschichte der Sonderpädagogik anschaut, dann sieht man dass das ein Überbleibsel aus der NS zeit ist, es geht unter dem Deckmantel der besseren Förderung nur um eines, nämlich die behinderten Menschen auszugrenzen und eben nicht in die Gesellschaft zu integrieren.
Wie M Schiew bereits geschrieben hat es gibt diverse Studien dass behinderte Menschen eben nicht besser auf den Sonderschulen lernen sondern wenn sie gut integriert sind. Deutschland hängt da meilenweit gegenüber den anderen Ländern hinterher. Die Diagnose "Lernbehinderung" gibt es lediglich in unserem Land.
Ich habe in meiner Praxis bereits diverse Kinder auf Sonderschulen erlebt und keines dieser Kinder wurde zu irgendeiner Zeit zurückgeschult. Aktuell hatte ich eine Mutter die ihrem behinderten Kind gerne Lesen beibringen möchte. Habe ihr gezeigt wie sie das zu hause üben kann. Das Kind kann nun lesen, da bekam die Mutter einen Anruf von der Sonderschullehrerin sie soll das bitte unterlassen das Kind wird zu gut::scared::
Könnte noch viel mehr solcher Geschichten erzählen, hospitiere auch regelmäßig in den Schulen und was ich da beobachte ist haaresträubend. Kinder die bei mir super den Stift halten können, toll schreiben etc. können dort auf einmal gar nichts mehr und es wird auch nicht eingefordert, da das Kind ja behindert ist.::mad::

Ich will generell die Arbeit der Sonderpädagogen damit nicht schlecht machen, wenn das ganze Geld welches in die Sonderschulen läuft in eine gute Inklusion fließen würde und die Sonderpädagogen an den RegelSchulen angestellt wären....ja das wäre schön. ich gebe die Hoffnung nicht auf das ich das noch erleben darf!::smile::

Grüße Lusa
18. Dezember 2015 13:11 # 6
Mschiew.
Mschiew.
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 935

Ich möchte wenig ergänzen und freue mich auf Inklusionsbefürworter!!!! ::thumbup::

Es gibt keine rationalen Gründe Inklusion nicht durchzuführen und Kinder gemeinsam lernen zu lassen.

Hier mal ein aktueller Artikel

Selbst das dreigliedrige Schulssystem ist aus Humboldts also Kaisers Zeiten. Damals gab es die Idee, die Massen zu bilden und auch Ideologisch auf Linie zu bringen. Dazu kam die Vorstellung; Hauptschule für Hilfsarbeiter, Realschule für Arbeiter und Gymnasium für Beamte.

Grundsätzlich sollten wir Therapeuten ebenso überlegen ob wir es uns anmaßen die Schullaufbahn bestimmen zu wollen? Ich meine wir sollten das Maxium unterstützen.

Willkommen in der Inklusion. ;)
18. Dezember 2015 20:37 # 7
Mschiew.
Mschiew.
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 935

Zitat / Akay... Einschulung auf einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Ganzheitliche Entwicklung angedacht werden, um die bestmögliche Förderung zu erhalten und dem Kind eine angemessene Teilhabe zu ermöglichen.

lg[/quote hat geschrieben:


Förderschule und angemessene Teilhabe!?! Was für ein Ausschluß.....

::confused::::confused::::confused::
19. Dezember 2015 13:07 # 8
Registriert seit: 21.03.2002
Beiträge: 362


Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der Kinder mit geistiger Behinderung Pullunder trugen
und ihre Haare waren mit Brisk gescheitelt.
Die Erwachsenen sagten immer:"Guck da nich so hin!"
In der ersten Klasse saß ein Junge neben mir, der im Unterricht immer "Mäh" gemacht hat,
der war eines Tages weg, mir als Kind erzählte man er sei auf der Sonderschule.

Und ab dem Moment hörte das Denken, Sorgen und Sichverantwortlichfühlen auf: der ist jetzt
"Woanders" und da wird dem schon geholfen, die kennen sich ja aus damit!
Guck da nich so hin, denk da nich so dran, sperr es aus!

Später in der Praxis saß ich auch mal in den Förderkommissionssitzungen, als Vertrauensperson der Eltern, las
blödsinnige Fördergutachten; in einem belief sich der schulische Föderbedarf auf über 80 Stunden pro Woche,
zusätzlich zum normalen Unterricht, das sollte dann ganz dolle helfen!
Beispiele kennt Ihr bestimmt viele, und meist keine guten.

Als Vater lerne ich im Moment sehr viel über Inklusion. Meine Tochter ist
mein bester Coach: " Papa, X kann nicht so gut denken, der muss das zweimal, oder dreimal, oder
viermal probieren, dann geht das manchmal!"

Und das ist sie, die Partizipation, das ist der Top-down-Ansatz, den wir Ets seit Jahren auf unsere Fahnen
geschrieben haben!
Um Partizipation zu verstehen, müssen wir sie leben und in unserem Oberstübchen mal gründlich
auskehren.
Und ich nehme mich da auf keinen Fall aus: ich weiß ja noch garnicht, wieviele "Knaller" dereinst in
der Klasse meiner Tochter sein werden, vielleicht schreie ich dann ja auch ganz laut: "EXKLUSION!"


Lieber Gruß
Kai

PS: Wenn Andrea Hasselbusch und Juanita Scheffler über das Thema Inklusion referieren, dann hin!
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