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Patientin mit Korsakow Syndrom- Begrüßung Ritual, Aktivität finden

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30. Januar 2016 23:12 # 1
Registriert seit: 17.05.2007
Beiträge: 37

Geändert am 30.01.2016 23:15:00
Liebe Forengemeinde,

vielleicht kann mir jemand von euch mit ein paar Tipps weiterhelfen.
Ich arbeite im Langzeitbereich Psychiatrie und habe eine Bewohnerin, die ich nun seit 4 Monaten ein Mal wöchentlich besuche. Hier ein paar Fakten:
die Bewohnerin ist ca. 70 Jahre alt und wohnt in einem Pflegeheim in einem Einzelzimmer, in den Pflegehandlungen waschen, anziehen, föhnen braucht sie maximale Unterstützung, angefangen von Motivation und Handlungsplanung und Ausführung (diese Tätigkeiten werden von den Pflegekräften übernommen).

In der ADL Essen: wird das Frühstück, Mittagessen und Abendessen von der hauseigenen Kantine zubereitet und von den Pflegekräften ausgeteilt- sie kann zwischen 3 Menüs wählen. Auf Einsatz meinerseits tätigt sie das Bestreichen ihres Frühstücksbrotes mit Butter und Marmelade meist selbständig ::smile:: , wobei hier und manchertags auch beim Mittagessen sie Erinnerung und Aufforderung von außen braucht, um die Handlung zu starten, weiterzuführen bzw zu beenden.
Im allg. Erscheinen ist die Person sehr in sich gekehrt (Haltung, Mimik, Augen oftmals geschloßen).
Die Bewohnerin ist örtlich und persönlich orientiert, aber nicht zeitlich.
In Gesprächen äußert sie sich nur teilweise adäquat, manches Mal mit Konfabulationen, Neologismen und Paraphrasien. Auf Ansprache zweier Mitbewohnerinnen führt sie kurze Small Talks.

Einige Jahrzehnte hat sie in Amerika gelebt, hat daher einen starken Bezug zur englischen Sprache und zu Barack Obama (Zeitungsartikel von ihm lest sie mit großen Interesse). Sie hat dort als Laborantin gearbeitet, in Österreich hat sie sich dann um die Pflege ihrer Mutter gekümmert und eine große Kakteensammlung gehabt.
Mehrmals die Woche fährt sie Motormed in der Physiotherapie.

In der Begegnung mit mir habe ich sie als sehr freundlich und höflich erlebt, zumindest wenn es um die Begrüßung und die Verabschiedung ging. Mit verschiedenen Bildmaterialien, Gesprächen auf Englisch, jahreszeitlichen Themen (auf Englisch), Angebot eine Karte an eine Freundin zu schreiben etc. (Beziehungsaufbau und Kennenlernen) habe ich bis jetzt gearbeitet. Nach meist ca. 10- 15 Min waren nur mehr wenig möglich (verbale Stereotypien wurden mehr) und sie hat auch klar ihr Desinteresse weiter zu arbeiten verbalisiert.

Ansonsten ist ihr Tag nur mit wenigen Aktivitäten gefüllt, man kann sagen sie sitzt ab dem Frühstück nur an ihrem Platz am Tisch vor ihrem Essen bis zum Abendessen.
Meine Frage an euch wäre nun, ob ihr Ideen zu einem handlungsorientierten Begrüßungsritual habt (um mit der Zeit eine Ankerung und Erinnerung an vorhergegangenen Therapien). Wer hat hier Erfahrung mit Korsakowpatienten? Oder allg. passende Begrüßungsrituale.
Die Ziele umfassen Steigerung der Ausdauer und Konzentration sowie zeitl. Orientierung und eine ihr attraktiven Freizeitaktivität zu finden.
Inwieweit in den ADLs waschen und anziehen noch Potentiale stecken, muss ich ehrlich sagen, muss ich noch genauer analysieren (manchesmal hilft nochmals alle Fakten aufzuschreiben ::tongue::)

Ich bin euch dankbar für jegliche Anmerkungen, vielleicht etwas was ich übersehen habe oder andere Tipps.
Schönes Wochenende
the beat of your heart is the rhythm of your soul!!
31. Januar 2016 11:03 # 2
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Hallo alibali,
wie sieht es aus mit Musik, ich dache an die amerkanische Nationalhymne - vielleicht kann dies ein Signal sein! Auch könnte ich mir gut vorstellen eine kleinen Flaggenmast zu bauen und die amerikanische Flagge zu Beginn mit ihr zu hissen. Solltest du eine große Klangschale haben wäre diese geschlagen in der Hand der Klientin auch ein gutes Signal für Anfang und Ende der Therapie.Bezug nehmen zur voraus gegangenen Therapie ist natürlich bei ihrem Krankheitsbild schwer (je nach Ausprägung), helfen kann das Therapiemittel aus der Stunde zeigen, auch Fotos vom Ende der letzten Stunde. Ich würde generell aber eher versuchen die Sinnessysteme, die eng mit Emotionen verknüpft sind bei der Klientin anzusprechen (Riechen, schmecken, tasten, Musik). So können Erlebnisse besser verankert werden.
Viel Erfolg
"Fast alles, was wir gelernt haben, wissen wir nicht. Aber wir können es". (Spitzer)
31. Januar 2016 11:50 # 3
chipchap
chipchap
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1334

"Ansonsten ist ihr Tag nur mit wenigen Aktivitäten gefüllt, man kann sagen sie sitzt ab dem Frühstück nur an ihrem Platz am Tisch vor ihrem Essen bis zum Abendessen."

Hier sehe ich eine Zielsetzung, die eine höhere Priorität hat, als die Körperpflege und das Kleiden...
Sie ist in einem Pflegeheim.. mit der entsprechenden Pflegestufe..
Würde sie sich allein kleiden können, würde ihr in diesem Moment wieder die Interaktion fehlen,
hier mit der Pflegeperson.
Was wird denn alles in der Institution angeboten, woran sie teilnehmen könnte?
Gruppenaktivitäten? Gibt es Haustiere, die zu versorgen sind (Vögel, Aquarium) ?
Spazierengehen...im Garten/Park..?

Den ganzen Tag Sitzen wäre für mich Folter.
Überlege, wie du sie "wörtlich" in Bewegung bringen kannst!
Das fördert auch die Kogniton..
31. Januar 2016 15:37 # 4
Registriert seit: 17.05.2007
Beiträge: 37

Danke für die tollen Inspirationen!
Die Klangschale hat mich gleich direkt angesprochen! Wenn sie sie selber anschlägt und hält, werden gleich mehrer Sinnessysteme angesproche.
Die Fahne ist auch eine lustige Idee!

Das Sitzen den ganzen Tag, tlw Stunden vor dem bereits kalten Essen ist für mich auch schwer mitanzusehen ::unsure::

Das in Bewegung bringen und aktivieren find ich auch gut! Da sie sehr unsicher auf den Beinen scheint, einen kyphotische Körperhaltung hat und kleinschrittig ist kann ich auch hier in Richtung Gleichgewicht und in Kontakt treten mit der Umwelt arbeiten.

Danke vielmals
the beat of your heart is the rhythm of your soul!!
8. Februar 2016 11:52 # 5
Registriert seit: 17.05.2007
Beiträge: 37

Liebe Forengemeinde,

um euch auf dem Laufenden zu halten eine kurze Info:
die Bewohnerin konnte ich zu einem kleinen Spaziergang im Haus motivieren. Wir haben den Meerschweinchen auf einer anderen Station dann einen Besuch abgestattet. Ich bin immer wieder begeistert, welch tollen Effekt Tiere auf uns Menschen haben. Sie zeigte sich nach außen orientiert, kam von sich aus, ohne Aufforderung ins Handeln (Meerschweinchen streicheln) fing von ihrem Hund zu sprechen an.
Am Rückweg war sie an ihrer Umgebung interessiert, las die Namensschilder und kommentierte (z.B."hier bin ich nicht zuhause"). Zum Trinken musste sie nicht extra aufgefordert werden.
Ein schöner Erfolg ::thumbup::
als Einleitung gibt es nächstes Mal den Klangschalen Gong

PS: Bei der Nationalhymne hat sie mit gesummt ::tongue::
the beat of your heart is the rhythm of your soul!!
8. Februar 2016 20:42 # 6
Registriert seit: 14.01.2011
Beiträge: 976

Vielen Dank für deine Rückmeldung. ::thumbup::
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