Anzeigen:
Sie sind hier: Forum >> Philosophie & Ethik >> Sinn und Zweck unseres Berufes?

Diskussionsforum

Sinn und Zweck unseres Berufes?

Optionen:
1 2  
11. Februar 2017 20:10 # 1
gfds
gfds
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 5

Geändert am 11.02.2017 20:27:00
Liebe Kollegen,
Ich bin seit 20 Jahren Ergotherapeutin, habe seit 12 Jahren eine eigene Praxis mit mehreren Mitarbeitern und habe aufgrund des hier schon oft diskutierten schwammigen Berufsbildes unseres Jobs über die Jahre eine soziale Phobie entwickelt. Das ist kein Scherz und steht zweifelsfrei fest.
Über die genauen Entstehungsmechanismen möchte ich mich hier nicht auslassen, nur soviel: Das Denkmuster ist in etwas dies: Ergotherapie ist kein vollwertiger Beruf, deshalb bin ich auch kein vollwertiger Mensch.

In meiner Praxis behandeln wir alle gängigen Fachbereiche. Und in jedem Fachbereich fühle ich mich als Ersatz für ein anderes Berufsbild.
In der Pädiatrie sind Psychologen / Erzieher / Physios für die jeweiligen Schwerpunkte besser ausgebildet, bis auf wenige Ausnahmen, z. B. Graphomotoriktraining. Die SI , ehemals Ergo-Domäne hat ausgedient, da als unwirksam erkannt.
Im funktionellen Bereich sind Physios deutlich besser ausgebildet als wir.
Und bei Demenz-Patienten sind wir überbezahlte 87b-Kräfte.

Nun ist dies etwas undifferrenziert geschrieben, aber es trifft im Prinzip den Kern der Sache.

Vor einigen Jahren dann kam der betätigungsorientierte Top-down- Ansatz, der mir Hoffnung machte, und mit dessen Hilfe ich zumindest die gefürchtete Frage "was macht eigentlich eine Ergotherapeutin?" zufriedenstellend beantworten konnte.
In der Praxis aber tauchten damit Probleme auf und zwar vor allem Folgende:
- Arbeite ich nur betätigungsorientiert, bzw. auf Kompensation bedacht (z.B. in der Neurologie) würde sich die durchschnittliche Therapiedauer auf ein Maß reduzieren, das mir wirtschaftliche Probleme bereiten würde.
Es sind die Langzeitpatienten (und hier ist es nur funktionelle Behandlung!), die eine Praxis rentabel machen.

- die Mehrzahl der Patienten möchte gar keine handlungsorientierte Therapie. Zitat: " zum Essen üben brauche ich Sie ja nicht, aber wenn ich meinen Arm besser heben könnte, wäre mir geholfen" (sinngemäß)
Oder, auf die Pädiatrie gemünzt, "Schuhe binden üben können auch die Eltern". Dem habe ich nichts entgegenzusetzen.

- Und komm einem frisch operierten Handpatienten mal mit dem COPM - haha :)

Auch die ICF konnte mir dahingehend nicht weiterhelfen, da sie meiner Meinung nach die gleiche Problematik nur differenzieter und in Buchstaben und Zahlen ausdrückt.

Da mir nun der Zusammenhang dieses Dilemmas mit meinen Persönlichen Problemen klargeworden ist, steht für mich fest: entweder stimmt was nicht mit meinem Denkmuster bezüglich unseres Berufes, dann muß ich das ändern, oder ich kehre der Ergotherapie den Rücken.

Nun ja, vielleicht hat jemand was zu sagen von Euch

Grüße

12. Februar 2017 00:28 # 2
Registriert seit: 16.07.2014
Beiträge: 62

Hi,

hast ne Private Nachricht ::sad::
12. Februar 2017 11:09 # 3
Sina12
Sina12
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 121

Die Nachricht hätte ich auch gern ;)
12. Februar 2017 17:52 # 4
Registriert seit: 19.06.2004
Beiträge: 40

Hallo,

berufliche Identitätskrisen sind in therapeutischen Berufen nicht selten. Tatsächlich entstehen sie, wenn man den Kern seiner Tätigkeit nicht kennt oder aus den Augen verliert. Mir helfen klare Ziele, die auf das Kerngeschäft der Ergotherapie bezogen sind. Nämlich Teilhabe ermöglichen. Partizipation steht über alle SGBs. Du gibst an, dass Du Dich mit Modellen auseinander gesetzt hast und Dir diese Sichtweise bei der beruflichen Identitätsfindung nicht geholfen hat. Klienten kommen zu uns, da sie in der Teilhabe eingeschränkt sind. Sie kommen in der Regel dann, wenn eine Diagnose zu diesen Einschränkungen führen. Da unterscheiden wir uns von anderen Berufen. Erzieher wissen oft nicht, wieso ein Kind in der Entwicklung auf Betätigungsebene nicht weiter kommt. Sie sind für die Förderung der Kinder ausgebildet, die sich weitestgehend ohne große Probleme entwickeln. Da sind wir die besseren Analytiker. Psychologen haben in der Regel nicht die Betätigung im Fokus ihrer Arbeit. Genau so wenig die Physiotherapeuten. Das wir an Klienten geraten, die sich eher in der Patientenrolle sehen, ist durchaus nicht selten. Auch das müssen wir akzeptieren. Und meine professionell-therapeutische Haltung klärt dann auf. Ich bin auch seit 19 Jahren in dem Job. Auch ich habe eine Praxis. Auch ich hatte eine berufliche Identitätskrise. Geholfen haben mir Supervisionen, Coaching und der Austausch mit tollen Kollegen in Arbeitsgruppen. Auch die Auseinandersetzung mit occupational Science, hat mir geholfen.
Ich wünsche Dir für Deine Entscheidung alles Gute.
12. Februar 2017 18:11 # 5
Registriert seit: 19.06.2004
Beiträge: 40

Nachtrag:

Ich arbeite betätigungsorientiert und habe Klienten max. drei VO lang bei mir. Dieses Vorgehen kommt den Klienten, aber auch den Verordner sehr entgegen. Wir sind in unserer Arbeit wirksam. Wirtschaftliche Probleme sehe ich nicht. Eine hohe Klientenzufriedenheit führt zu einem guten Ruf. Wir haben seit Jahren eine Warteliste. Langzeitklienten gibt es bei mir nicht.

Beste Grüße.
12. Februar 2017 18:49 # 6
Registriert seit: 26.06.2005
Beiträge: 520

Mir tut deine Situation sehr leid.

Ich kann durch das was du schreibst zwar verstehen was du meinst, aber sehe es wie mein Vorredner.
Supervision, Coaching, über den Tellerrand schauen, bei Kollegen hospitieren, sich austauschen, die die Ergotherapie leben, Visionen haben und und und, mag dir vielleicht helfen.

Ich hatte so eine Identitätskrise zum Glück nicht, aber kenne das bei Kollegen, gerne aus Praxen. Du schreibst dass due schon einiges umgestellt hast und trotzdem funktioniert es für dich nicht. Ich denke du kannst nur ganz allein entscheiden, ob du weiter so arbeiten kannst.

Der Beruf hat viele Möglichkeiten und ist in meinem Verständnis vielseitig und wichtig. Da ich auch in anderen Ländern gearbeitet habe, hat es mir geholfen, mein Selbstbewusstsein bzgl. Ergotherapie noch zu stärken. Hier ist der Beruf oft viel anerkannter und besser bezahlt :-) und es entschuldigt sich niemand dafür, dass er NUR Ergotherapeut ist!

Ich glaube wirklich, dass es hilft sich mit engagierten Ergos mit Visionen zu umgeben und auszutauschen. Und übrigens, die gibt es in Deutschland auf alle Fälle! Vielleicht nicht an jeder Straßenecke, aber sie lassen sich gut finden!

Ich wünsche dir viel Kraft und die für dich richtige Entscheidung. und es klingt, als musst du die sehr bald für dich treffen.

LG
Christina


"Give a man a fish and he will eat for one day;
Teach a man to fish and he will eat for a lifetime..."
(Chinese Proverb)
12. Februar 2017 20:38 # 7
Registriert seit: 03.07.2007
Beiträge: 490

Hallo.

Identitätskrisen zu haben ist normal. Und unser Beruf wandelt sich und es IST schwer sich in neue Theorien einzudecken und diese anzuwenden. Vor allem, wenn man es nicht in der Praxis sieht.

Dass alte Patienten sich nicht belehren lassen aktiv zu werden, das hatte/habe ich auch (die anderen Therapeuten haben das immer so gemacht). Aber langsam sind sie soweit darauf gekommen, dass Aktivitäten wichtig sind, um psychisch und physisch fit zu bleiben/werden (und weniger Schmerzen & Stress mit Angehörigen zu haben). Oft führt Inaktivität zu einem Ungleichgewicht der Hierachie und der Patient ist eben nur "Patient" und aufm Abstellgleis des Lebens.... Oft sind sie psychisch damit auch nicht happy. (Stichwort Occupational Science- wie fühlt sich der Patient als untätiger Mensch- Biographiearbeit (worauf ist dein Patient stolz? Was hat er erreicht? Gibt es realistische Ziele/Wünsche?)

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Therapeuten die Zwischenform von aufgabenorientiertem Training nicht kennen. Oder die Patienten nicht darauf hinweisen, dass ihr Arm (nur ein Teil von ihnen), nicht zur kompletten Inaktivität (ihrer selbst) führen sollte/muss (dass ein Schlaganfallpatient nach 6 Jahren wieder normal Greifen kann ist unrealistisch, aber vielleicht kann er mit der anderen Hand mit seinen Freunden Karten spielen). Viele Ergo messen auch nicht, wenn es um funktionelle Ziele (Handtherapie) geht. Ich finde da muss man Patienten Hinweise geben, was möglich wäre (ADLS/IADLS). Bei Neuaufnahmen sagen die Patienten klar: Ich möchte dass ich wieder so werde wie früher: zaubern Sie mich gesund, machen Sie meinen Arm wieder fit. Aber ist nunmal wishful thinking und kann nicht versprochen werden. Aber Ziele können benannt werden (kann einen Gegenstand von A nach B schieben, C beschweren, kann ein Brötchen stabilisieren), diese Schritte haben viele Ergos meiner Erfahrung nach vergessen. Eine Kollegin meinte sie hat dies erst durch mich gelernt, dass in der physischen Reha solche Ziele tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden.

hope this helps, wenn du Fragen hast, frag- es ist komplex und viel auf einmal,

lg Ceilidh
12. Februar 2017 21:01 # 8
gfds
gfds
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 5

Hallo und Danke für alle Antworten.
Ein Anliegen: bitte schreibt mir keine Privatnachrichten mehr. ich finde es sinnvoller, das hier zu diskutieren, und es ist auch mühsam, mich bei jedem zurückzumelden.

aloatal:
Das was du schreibst klingt gut, allerdings sind dies nur Allgemeinplätze, die ich wirklich hier und anderswo oft genug gelesen habe Wie sieht denn deine betätigungsorientierte Therapie aus? Ich meine, konkret, was ist der Inhalt über 30 Therapieeinheiten?
Deiner Homepage entnehme ich, dass du Marburger Konzentratiostraining und Spiegeltherapie anbietest. Das mache ich auch, und das ist nicht betätigungsorientiert.

Und ja, der Austausch mit anderen Ergos, das ist es, was ich hier gerade suche.

12. Februar 2017 21:14 # 9
Registriert seit: 19.06.2004
Beiträge: 40

Geändert am 12.02.2017 21:23:00
Hallo,

wie das aussieht, kannst Du beispielsweise auf der Seite der Alltagsmöglichmacher bei Facebook sehen. Oder meinem Artikel zur Videotarbeit in der ergopraxis. Link
Meine Homepage müsste ich mal wieder überarbeiten, das stimmt ;-).
Ich nutze das CPPF, um mein Vorgehen zu strukturieren. Nur grob. In der ersten Einheit führe ich das COPM durch, danach gibt es eine Betätigungsanalyse und konkrete Zielformulierung. Anschließend Planung und Anpassung der Strategien und des therapeutischen Vorgehens. Evaluation und evtl. Ende bzw. neue Betätigungserhebung.
12. Februar 2017 21:27 # 10
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1476

Geändert am 12.02.2017 21:46:00
Ich weiß nicht, warum manche Ergotherapeuten so eine Identitätskrise haben. Ich selber kann mich sehr wohl mit meinem Beruf identifizieren und den Leuten schon erklären wofür wir da sind und was wir genau machen.
Ja klar ist das so, das Patienten mir Ziele nennen wie Arm heben können oder den Daumen im IP wieder beugen können. Und manche Patienten haben sicherlich nur ein rein funktionelles Problem und keine Probleme im Alltag. Denen stört es halt, dass sie das IP Gelenk im Daumen nicht vollständig beugen können, aber es treten jetzt nicht diesbezüglich Probleme im Alltag auf.

Ja klar die Art an Therapie, was ich mit einen Teil der Patienten mache könnte auch ein Physiotherapeut. Wobei die Patientin mit dem Daumen vorher beim Physio war und der meinte jetzt ginge es eher in das feine, da müssen Sie zum Ergotherapeuten gehen. Wobei ich jetzt sagen muss, dass ich auch Handtherapeutin bin und ich sagen muss diese Art von Behandlung gehört in Hände eines Handtherapeuten. Und welche Berufsgruppe spezialisiert sich eher auf die Hand? Richtig wir Ergotherapeuten.
Zudem muss ich noch erwähnen das manch ein Patient sagt, dass er wegen seiner Schulter lieber zu mir geht, wie zu einem Physiotherapeuten, weil der hat mal wieder so fest an mir herumgedrückt und jetzt habe ich noch mehr Schmerzen wie vorher. Das höre ich aber sehr oft bei meinen Patienten.Das finde ich dann auch schön, dass die Patienten dann auch lieber zu mir gehen wollen. Oder meine Patienten und auch die Ärzte der Meinung sind, für das und das Problem ist halt der Ergotherapeut wiederum besser. Häufig bekommen meine Schulter Patienten ( die die ich habe kommen wegen der Rotatorenmanschette ) auch meistens noch hinterher zur Physiotherapie dann noch zusätzlich vom Arzt Ergotherapie verschrieben, weil diese dann keine oder zu wenig Fortschritte machen. Das hat auch seinen Sinn, dass die Patienten genau beides bekommen. Der Physiotherapeut macht halt eher so Triggerpunktbehandlung und kümmert sich stundenlang um die Narbe und macht Übungen auf der Bank mit dem Patien. Und meine Aufgabe ist es eher mit meinem Patienten auf Funktioneller Ebene zu trainieren. Ich übe zwar auch nicht mit diesem wie er die Tasse aus dem Schrank holt, aber durch Therabandübungen und Übungen mit den Hanteln, kann er dann anschließend wieder die Tasse aus dem Schrank holen.
Nur sehr wenige Physiotherapeuten spezialisieren sich überhaupt auf dieses Gebiet.
Bezüglich Demenz wenn es darum geht die Patienten gerade im Anfangsstadium zu fördern sind wir Ergotherapeuten genau die Richtigen. Den wer macht mit dem Patienten das Hirnleistunstraining, welches genau auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist. Genau wir Ergotherapeuten. Eine 87 b Kraft kümmert sich eher um die Personen mit Demenz im fortgeschritten Stadium und macht halt ehr ein bisschen Beschäftigungstherapie. Wie Singen ein bisschen Ball spielen, denen aus der Zeitung vorlesen etc.

Wir analysieren das Problem unserer kleinen Patienten. Schauen uns an, woran es liegt, dass ein Kind nicht sauber ausschneiden kann. Ein Erzieher macht nur allgemeine Förderung. Wir sind dazu zuständig die Kinder die in bestimmten Bereichen einfach nicht alters entsprechend entwickelt sind auf dem Stand zu bringen, wo dieses Kind in seinem alter schon sein müsste.
Ich habe auch Langzeitpatienten wo es bei den meisten darum geht, deren bisherige Fähigkeiten aufrecht zu erhalten. Da mach ich auch Funktionelles Training, aber ich berate sie diesbezüglich, wenn diese Hilfsmittel benötigen, um in ihrem Alltag zurecht zu kommen. Genau dieses Feld gehört ganz klar in das Feld der Ergotherapie. Ich zeige den Patienten auch den Umgang mit so einem Hilfsmittel. Ich habe auch eine Patientin mit MS die sitzt im E- Rollstuhl und von ihr habe ich ganz klar den Auftrag: " Ich fühle mich mit dem Umgang mit meinem Rollstuhl noch unsicher und habe Angst, in einem Weiher zu fahren. Ich möchte, dass sie mit mir den sicheren Umgang mit meinem Rollstuhl üben" genau das hat meine Patienten mir in der Anamnese gesagt. Also auch solche Ziel bekomme ich ganz klar von meinem Patienten formuliert. Das war auch meiner Patientin klar, dass das die Aufgabe eines Ergotherapeuten ist, ihr solche Sachen beizubringen.

Ich habe auch teilweise Patienten die eine Verordnung für die Ergotherapie haben wo ich mir erstmal gedacht habe und mir die Frage gestellt habe, warum der Arzt eigentlich bei dieser Diagnose überhaupt Ergotherapie verordnet. Ich habe jetzt aktuell eine Patientin mit Hausbesuch bekommen die bei mir wegen einer Oberschenkelfraktur ist. Diese bekommt auch noch zusätzlich Physiotherapie.
Es wurde mir dann bei der Anamnese erst klar, warum der Arzt meinte, dass die Patientin zusätzlich noch Ergotherapie benötigte. Sie hat Probleme im Alltag und ich sollte mich darum kümmern wie sie selbständig die Strümpfe an und ausziehen kann. Zudem traut sie sich noch nicht mit ihrem Rollator zu gehen und hat angst hinzufallen.
Das waren genau die Aufträge von meiner Patientin an mich, was sie mit meiner Hilfe erreichen möchte.
Der Physiotherapeut macht mit ihr eher Übungen im Bett um die Beweglichkeit und die Kraft in dem Bein wieder herzustellen und ich bin dafür zuständig, dass die Patientin wieder das Vertrauen wiedererlangt und einfach sicherer im Gehen wird. Es geht auch nicht nur darum, dass die Patientin wieder sicher mit ihrem Rollator gehen kann, sondern wie gelangt sie zum sitzen auf dem Rollator, wenn sie eine Pause braucht.
So ich hoffe das hilft dir etwas weiter und du siehst, was genau wir alles so leisten und das es sogar wichtig ist, dass es uns gibt. Das wir Ergotherapeuten genau so viel leisten wie ein Physiotherpeut oder ein Logopäde und jede Berufsgruppe hat seine Daseinsberechtigung.
Jede Berufsgruppe geht an ein und das selbe Problem unterschiedlich heran und wir denken genau das ab, was eben weder ein Physiotherapeut noch ein Logopäde noch ein Erzieher abdecken kann, weil denen auch die Ausbildung dafür fehlt.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
13. Februar 2017 14:49 # 11
Registriert seit: 19.06.2004
Beiträge: 40

Hallo gfds,

konntest Du mit dem Artikel etwas anfangen?

Beste Grüße

Gregor
13. Februar 2017 15:35 # 12
Registriert seit: 11.02.2017
Beiträge: 3

Hallo gfds !

Ich war verblüfft,mit welcher Ähnlichkeit dein Anliegen sich mit meinem deckt!
Und ich bin eine Physio :-))
Ich sehe mich gerade hier im Forum um,weil ich darüber nachdenke,aus all diesen Gründen die du nanntest,umzuschulen
und ERGOTHERAPEUTIN zu werden!
Es hat mich von eh her fasziniert, wie die Ergos arbeiten,mehr am Patienten,analysierend.....Ich hatte immer den Eindruck, Ergos haben mehr Zeit und Ruhe :-) obwohl ich ja weiß,daß es nicht so ist.
Und doch war da immer so eine Wehmut.


Ich wünsche dir alles Gute

und allen die hier lesen ::smile::
13. Februar 2017 16:03 # 13
gfds
gfds
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 5

Hi Gregor,
Ja, den Artikel find ich gut. Wirklich gut. Ich habe aber dennoch ein paar Einwände ;)
Übrigens-ich möchte nicht widersprechen, nur lernen:)
Also, wenn du mir folgende Punkte konkret beantworten kannst (natürlich auch gerne wer anders, es sollte aber jemand sein, der betätigungsorientiert arbeitet), komme ich vielleicht weiter:

1. Dein artikel behandelt das Thema Graphomotorik. Diese habe ich im meinem Ausgangsposting schon als Ausnahme bezeichnet. Hier weiß keine andere Berufsgruppe besser Bescheid als wir. Und es ist natürlich Betätigung.
Wie verhält es sich aber bei anderen Diagnosen/Befunden, wie zB. ein leicht betroffener Hemi, Parästhesien an der Handinnenfläche, keine Alltagseinschränkungen. Oder ein frisch operierter Handpatient mit klaren Vorgaben bezüglich passiver oder aktiver Bewegung in der Therapie.
Ich würde mir albern vorkommen, mit solchen Patienten das COPM durchzuführen.

2. In deinem Artikel erwähnst du den ET6-6 und den MABC-2. Wenn ich Tests durchführe bin ich doch auch schon wieder weg von der Betätigungsorientierung, oder?

3. Was ist mit Klienten, die schon vom Arzt eine klare Vorgabe mitbekommen, (z.B. 6 x Doppelstunde Marburger, dann ist Schluss)? Muss ich die abweisen, wenn ich betätigungsorientiert sein will?

4.Wenn es für mich klar ist, dass ich durch funktionelle Behandlung, Muskelaufbau etc. eine vom Pat. gewünschte Betätigung wieder erreichen kann, mache ich das dann?, denn es ist ja eigentlich Physio.

5. Wenn ein Physio eine bestimmte Körperfunktion beübt (das Thema Schmerz mal beiseite gelassen), wozu macht er das, wenn nicht, um wieder Betätigung zu ermöglichen? Und die Physios waren vor uns da, und sind besser ausgebildet.

6. Wenn wir das alles weglassen, was bleibt dann noch? Das von Ceilidh gebrachte Beispiel, dem Patienten zu sagen:
"Wenns mit rechts nicht mehr geht, dann machen Sie´s doch mit links" ? Hilfsmittelversorgung? 95% der Neuros kommen aus der Reha zu mir in die ambulante Versorgung und sind bereits mit Hilfsmitteln versorgt, bzw. brauchen keine.

7. Thema Langzeitpat.: Was ist z.B. mit einem MS-Pat., der alle 3-6 Monate einen Schub hat, und in seiner Betätigungsperformanz immer weiter zurückfällt, trotz zwischenzeitlicher Fortschritte. Den muss ich doch weiter behandeln?!

8.Ich hätte gerne ein fiktives Beispiel einer Betätigungsorientierten Therapieeinheit (nicht Befund/Evaluation)

So, das ist nun doch ganz schön viel geworden. Und jetzt-überzeug(t) mich! :)
LG


13. Februar 2017 16:12 # 14
gfds
gfds
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 5

@Föntrocken:ist ja witzig, eigentlich für mich komplett unvorstell::smile::bar
13. Februar 2017 17:37 # 15
falladar
falladar
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1376

Geändert am 13.02.2017 17:43:00
@gfds

zu 2.
Tests sind Hilfsmittel um eine standartisierte meßbare Ausgangssitusation, Zwischenstände und ein Endergebnis zu erfassen bzw. zu beschreiben. Tests sind keine Therapieansätze.

zu 3.
Wenn es die Therapiemethode der Wahl ist, du diese Methode beherrscht, führe die Methode durch. Wenn es eine andere Therapiemethode gibt, die besser ist, kläre den Patienten und seine Angehörigen darüber auf. Du bist nicht verpflichtet falsche Enscheidungen anderer zu deinen eigenen Entscheidungen zu machen. Wir sind nicht beim Militär.

zu 4.
Manchmal gibt es keine klare Unterscheidung zwischen Physio und Ergo. Beide Berufsbilder ergänzen sich und jeder Therapeut arbeitet mit seinen Stärken. Ziel ist es, dass dem Patienten mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln geholfen wird. Mir ist es dabei völlig egal ob der Physio zeitweilig die gleichen Therapieansätze einsetzt. Es gibt immer mehr Fortbildungen die für beide Berufsgruppen inhaltsgleich angeboten werden. Das alte Kastendenken nervt im Berufsalltag einfach nur.

zu 5.
Die meißten Physios, die ich kenne, arbeiten funktionsorientiert und der Ergotherapeut handlungsorientiert. So sind die Behandlungsansätze und auch die Arbeitsplätze oft ausgerichtet.

zu 6.
DU!

zu 7.
Wir retten nicht die Welt. "Wir holen den Patienten dort ab, wo er steht" (Alter Spruch, doch immer wieder aktuell.) Du kannst nur mit dem arbeiten, was dir dein Patient bietet. Wenn letzte Woche, vor dem Schub, alles "besser" war, dann nutzt es nichts dem hinterher zu trauern sondern mit der aktuellen Basis neu zu arbeiten. Wie seine Prognose ist, weiß der Patient alleine. Er will aber jetzt handlungsfähig sein. Also: Was geht noch, worauf kann ich aufbauen, was braucht er, wie erreichen wir es gemeinsam? Wäre er erst jetzt als neuer Patient zu dir gekommen, hättest du ihn doch auch nicht aufgegeben und vor die Tür gesetzt. Er ist halt öfter "neu" als andere Patienten.

zu 8.
NÖ!

MfG falladar

PS: Wenn du dich nur über deinen Beruf definierst, kannst du auch kein vollwertiger Mensch sein, egal ob Ergotherapeut oder Bundeskanzler/in. Dein Beruf ist nur ein kleiner Teil, der dich als Person ausmacht.
Optionen:
1 2  

nach oben scrollen