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persönliche Haftung bzw. Gehaltsreduzierung in freier Praxis

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14. Juli 2017 17:41 # 1
Registriert seit: 14.07.2017
Beiträge: 1

Hallo,

mich würde interessieren, wie es bei Euch Mitarbeitern in einer Praxis gehandhabt wird, wenn Rezepte aufgrund von Formfehlern von den Krankenkassen nicht bezahlt werden? Immer wiedermal kommen Verordnungen zurück, weil die 14 Tage - Regel nicht eingehalten wurde, Behandlungsbeginn spätestens am überschritten wurde, und so weiter.
Nun meint mein Chef, daß er uns zukünftig bei derlei Fehlern den Betrag des nicht abgerechneten Rezepts vom Gehalt abziehen würde. Kennt solches Vorgehen auch jemand von Euch, bzw. ist das überhaupt arbeitsrechtlich durchsetzbar?

vielen Dank für Eure Infos
14. Juli 2017 18:05 # 2
Registriert seit: 15.03.2003
Beiträge: 944

Hallo,
wenn ich von der Kasse das Geld nicht bekomme, wegen formfehlern, kann ich auch das Gehalt nicht davon bezahlen.... das ist gaaaanz einfach. Und wenn ihm das schon mehrfach passiert ist, kann er und ihr es immer noch nicht begriffen habt, darf er das schon mal sagen... es IST NUN MAL WICVHTIG!!!!! ES IST EXISTENZIELL WICHTIG!!! Sonst geht die Praxis den Bach runter und der Job ist weg!!!
"Die Kunst ist, den Kindern alles, was sie tun oder lernen sollen, zum Spiel zu machen."
John Locke
14. Juli 2017 18:40 # 3
Sina12
Sina12
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 121

Es gibt einige Beiträge dazu schon hier im Forum und auch in Fachjournalen war das oft Thema. Bevor man aber über derartige Sanktionen nachdenkt, könnte ich mir vorstellen, dass dein Chef als letzte Instanz die Rezepte kontrollieren könnte. Genauso könnte er euch eine Auflistung zurecht legen, nach der ihr jedes Rezept am Anfang überprüft. Gerade zweiteres zeigt doch den Willen zu mehr Eigenverantwortung. Meine Erfahrung ist, je mehr man Angst hat, etwas falsch zu machen, umso eher passieren sie. Lieber eine ToDoListe zum strengen Abarbeiten als Umsicht vorraussetzen...
15. Juli 2017 16:15 # 4
Registriert seit: 06.12.2006
Beiträge: 3149

Das ist nicht rechtens.
Als Praxisinhaber stehe ich für Fehler gerade und nicht der Mitarbeiter.
Daher prüfe ich alle Verordnungen beim Eingang und nochmals bei der Abrechnung.
Grüße von

Maria2


16. Juli 2017 12:54 # 5
Registriert seit: 01.04.2014
Beiträge: 599

Dein Chef trägt das unternehmerische Risiko und ist verpflichtet alle Verordnungen vor der Abrechnung zu prüfen. Was er vor hat ist also nicht Rechtens. Er kann dein Gehalt nicht kürzen.

Allerdings finde ich wichtig, dass sich jeder Angestellte bewußt macht, dass er dazu beitragen muss, dass sein Arbeitsplatz erhalten bleibt. Und dazu gehört eben auch, wenn der Chef delegiert hat, dass ihr Vermerke auf der Verordnung machen müsst, dass Ihr das entsprechend sorgsam tut und bei Fragen und Unsicherheiten Euch an ihn wendet.
16. Juli 2017 16:15 # 6
falladar
falladar
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1376

Geändert am 16.07.2017 16:16:00
1.)
Eine Gehaltskürzung ist nicht so einfach umsetzbar. Für diese sind vom Gesetzgeber klare Regeln und vorgegeben. Eine dieser Regeln besagt, dass eine Gehaltskürzung nur bis zur Pfändungsfreigrenze (ca. 1.133,80 Euro monatlich für Alleinstehende) erfolgen darf. Alles darüber hinaus ist nicht erlaubt.

2.)
Für die Eingangs- und Endkontrolle der Verordnungen ist der PI zuständig. Der PI bestätigt auf der Rückseite jeder Verordnung für die Korrektheit der eingetragenen Daten. Da er diese Bestätigung erst am Ende der Behandlungsserie rechtssicher leisten kann, weiss er also spätestens immer vor der Abrechnung der Verordnungen mit der GKV ob diese auch korrekt sind und kann fehlerhafte Verordnungen noch "heilen". Er kann diese Aufgaben arbeitsvertraglich deligieren. Er haftet aber weiterhin für alle Fehler und das Fehlverhalten seiner Mitarbeiter. Einziges rechtssicheres Mittel für das Fehlverhalten ist eine schriftliche Abmahnung der Mitarbeiter. Sollte das Fehlverhalten der Mitarbeiter trotz Abmahnung andauern, liegt hier ein grob fahrlässiges bis vorsätzliches Fehlverhalten vor, das bis zu einer fristlosen Kündigung und Schadensersatzforderungen gegenüber den Mitarbeitern vor dem Arbeitsgericht führen kann.

3.)
Der Arbeitgeber muß bei einer Abmahnung und vor Gericht nachweisen können, dass er die Mitarbeiter in den ihnen übertragenen Aufgaben ausreichend geschult hat, oder dass dies normale, zu ihrem Berufsbild gehörene Aufgaben (Ausbildungsstandart) sind. Übersteigt die Aufgabe/das Arbeitsgebiet die Qualifikation des Mitarbeiters und er wird trotzdem angehalten diese zu übernehmen, kann er die Mitarbeiter für auftretende Fehler nicht haftbar machen. Für die Eingangs- und Endkontrolle der Verordnungen muß der Mitarbeiter umfangreichere Kenntnisse besitzen, als diese in der Ausbildung vermittelt werden. (Der Mitarbeiter muß hierfür u.a. umfangreiche Kenntnisse über den Heilmittelkatalog, der Rahmenempfehlungen und der Genehmigungsverfahren besitzen.) Selbst Fachliche Leitungen und Praxisinhaber haben in diesem Bereich ihre Wissenslücken und Fehlinformationen. Da einzelne (Vertrags-)Unterlagen aber nur FL und PI zugänglich sind, kann eine normaler MA bei diesem Thema nicht von sich aus (Eigenschulung) kontinuierlich auf dem aktuellen Wissensstand sein und diesen ohne Anleitung/Schulung durch seine Vorgesetzten in der Praxis fehlerfrei umsetzen.

Fazit:
Ist der MA ausreichend geschult und eingearbeitet und gehört die Tätigkeit zu seinem arbeitsvertraglich festgelegten Aufgabengebiet, kann er bei Fehlern/Fehlverhalten/Unterlassung/ect. schriftlich abgemahnt werden und bei anhaltendem Fehlverhalten gekündigt werden und Schadensersatz gerichtlich eingefordert werden.

MfG falladar
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