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Diskussionsforum

Erste Stunde mit Kind

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7. Oktober 2017 11:27 # 1
Registriert seit: 16.05.2016
Beiträge: 8

Hallo zusammen,::smile::
ich habe letzte Woche meine Ausbildung beendet und arbeite nun seit Montag in einer Praxis. Am Donnerstag hatte ich ein Erstgespräch mit einer Mutter eines 7 jährigen Sohnes. Dieser habe starke Schwierigkeiten bei der Konzentration und er lässt sich schnell ablenken. Am Montag kommt das Kind nun zum ersten Mal zur Ergotherapie. Wie würdet ihr die Erste Stunde zur Kontaktaufnahme und zum Aufbau eines Vertrauens gestalten? Ich dachte entweder an einen von ihm gebauten Parcours oder an die Kids Activity cards (hierbei weiß ich allerdings nicht ob es in der ersten Stunde zu früh hierfür ist). Was haltet ihr von den Ideen? Hab tihr andere Vorschläge?
Vielen Dank schonmal vorab für eure Hilfe!::smile::
7. Oktober 2017 13:29 # 2
Bocephalus
Bocephalus
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 19

Hallo,
Du arbeitest frisch in einem bestehenden Betrieb.
Wie ist denn die Einarbeitung geregelt?
Hast Du einen Mentor?
Kennst Du bereits alle Aufnahmeformulare und Assessments, die in der Praxis bei Kindern genutzt werden?

Ergotherapeutische Diagnostik durchführen und dann die Ziele mit Kind und Eltern festlegen. Danach kannst Du anfangen, über Methoden nachzudenken..
Bessere Konzentration oder weniger Ablenkbarkeit sind im Übrigen keine Ziele.

Grüße!
7. Oktober 2017 13:43 # 3
Registriert seit: 16.05.2016
Beiträge: 8

Hallo,
ich habe eigentlich recht viel Einarbeitungszeit. Die Tetsungen, FEW2 und MABC2, welche bei uns hauptsächlich durchgeführt werden, habe ich mir bereits gut angeschaut und am Montag werde ich dazu nochmals eine Einarbeitung bekommen.

Bei uns ist das so geregelt, dass die Eltern während des Erstgespräches bereits nach ihren Zielen gefragt werden. Anhand dieser Ziele und der Ziele des Kindes wird dann die Therapie aufgebaut (natürlich kann ich immer mitentscheiden und empfehlungen geben...).
Wie ich die Therapie demnächst durchführen möchte wieß ich bereits, da ich Therapien schon des öfteren geplant habe. Allerdings habe ich nich nie eine Erste Therapieeinheit mit einem Kind geplant deswgeen brache ich hier evtl ein paar Tipps.

Grüße zurück ::smile::
7. Oktober 2017 15:52 # 4
Registriert seit: 03.01.2011
Beiträge: 383

Ich mache erst das Erstgespräch mit den Eltern (bzw. meist einem Elternteil) und ermittel mittels COPM die Ziele von diesen. Im Erstgespräch mit den Kindern mache ich das Gleiche. (je nachdem wie viel Zeit noch so übrig ist, werden evtl auch schon mit Eltern und Kind zusammen die Therapieziele festelegt, kann aber auch sein, dass wir das erst in der nächsten Einheit machen. Wenns nötig ist, mache ich dann evtl noch einen Test, aber auch nicht immer.
Ich hatte nie das Problem, das Kinder kein Vertrauen aufbauen konnten, weil ich gleich mit dem Zielgespräch eingestiegen bin. Eigentlich eher im Gegenteil. Ihnen wird gleich klar warum sie da sind und sie freuen sich, dass auch ihre Anliegen ernst genommen werden und als wichtig erachtet werden und nicht nur das was die Eltern wollen, zudem lernt man so das Kind auch gut kennen.
Meiner Meinung nach würde ein Parcours zwar dazu führen, dass das Kind zwar denkt "Oh cool Ergotherapie macht ja voll Spaß, da machen wir tollen Sport, da geh ich gerne hin". Aber macht das Sinn, dass das Kind die Ergotherapie damit verbindet? Welchen Sinn hat ein Parcours, bei einem Kind, dass wegen Konzentrationsproblemen kommt und man wird sich andauernd anhören müssen "wann gehen wir wieder in den anderen Raum und machen einen Parcours oder klettern oder oder oder". Klar macht sowas wie ein Parcours Spaß und auch mir ist es wichtig, dass die Kinder Spaß bei der Therapie haben und gerne kommen, aber dann muss man eben die nicht so spannenden Inhalte, spannend verpacken und nicht irgendwas machen, dass zwar Spaß macht, aber nichts mit den Zielen zu tun hat.
7. Oktober 2017 17:55 # 5
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1476

Geändert am 07.10.2017 18:08:00
Hallo ich führe in der ersten Einheit das Gespräch mit den Eltern oder meistens mit einem Elternteil. Hier geht es darum welche Ziele die Eltern haben, was sie sich von der Ergotherapie versprechen und dann wird das Kind gefragt, was es für Ziele hat. Anschließend folgt der Befund entweder bestehend aus Testungen oder und Beobachtungen. Dazu habe ich jedoch einen Bogen den ich abarbeite. Wie Kind auf einem Bein stehen lassen, auf einen Bein hüpfen, Ball fangen. Je nach dem welche Problematik die Eltern und das Kind angeben. Wenn es z. B nur die Stifthaltung ist schaue ich mir nur diese an und mach mit dem Kind noch den FEW2 da dieser auch Aufschluss auf Stifthaltung, Motorik liefert und Konzentration kann ich damit auch noch teilweise abtasten bzw hat diesbezüglich nen groben Überblick bekommen. Da diese Test sehr Zeitaufwändig sind wird erst in der zweiten Einheit therapiert. Manchmal wenn noch Zeit vorhanden ist beginne ich schon gleich voll mit der Therapie.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
8. Oktober 2017 12:22 # 6
Registriert seit: 12.09.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 278

Hallo

mich wundert ein wenig, dass du schon weißt, "wie du die Therapie demnächst durchführen wirst", bevor du das Kind kennen gelernt hast. Ich beziehe die Kinder in die Therapieplanung mit ein, frage sie nach ihren Zielen und mache die nächsten Schritte so transparent wie möglich.

Die Kids Activity-Cards halte ich für einen guten Einstieg, um einen ersten Eindruck zu bekommen, wie die Selbsteinschätzung deines Klienten funktioniert, was er selbst gerne verändern möchte und wie eine Zielsetzung und der gemeinsame Weg zum Ziel aussehen kann. Was machst du denn, wenn das Kind im schlimmsten Fall überhaupt nicht kooperieren möchte, sondern sich von den Eltern oder Lehrern zur Therapie genötigt fühlt? Manchmal entfalten sich im Gespräch mit dem Kind ganz andere Ziele als die Eltern so gedacht haben. Oder es sind Zwischenschritte nötig.

Den Beitrag von Mietzi zum Thema "Parcours" finde ich absolut gelungen und er spricht mir voll aus der Seele ::thumbup::. Ich habe manchmal den Eindruck, dass ein Parcours bei Praktikanten und Berufsanfängern (und sogar bei manchem alten Hasen) per se als Therapie gilt, egal wofür oder wogegen ::blush::

Schönen Sonntag noch
8. Oktober 2017 14:18 # 7
Registriert seit: 16.05.2016
Beiträge: 8

Hallo zusammen,

vielen Dank für die schnellen Antworten!
Wir haben damals in der Ausbildung gelernt, dass es sozusagen 2 "Arten" gibt eine erste Einheit mit dem Kind durchzuführen. Entweder mit einem Parcours oder mit einem Gespräch, in dem dann nach Zielen, Problemen usw. gefragt wird. Deswegen hatte ich überlegt, welchen der beiden Wege ich gehen soll. Nach euren Tipps habe ich mich jetzt dazu entschieden erstmal in Ruhe nur mit dem Kind zu sprechen und dann spontan zu entscheiden, wie ich weiter vorgehe.
In den darauffolgenden Einheiten werde ich dann die Testungen durchführen. Das wäre jetzt für ein erstes Treffen direkt zu viel finde ich.

Liebe Grüße und nochmal vielen Dank!
8. Oktober 2017 19:36 # 8
Registriert seit: 04.08.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 1242

Hallo,
schön, dass hier so viele so fitte Kinder zur Therapie bekommen.
Bei mir sind sie oft nicht in der Lage Ziele zu benennen, geschweige denn ein Gespräch zu führen. Das liegt zum Teil am Alter, meist 4-5 Jahre, sowie den Ausdrucksmöglichkeiten.
Nach einem Erstgespräch, meist mit der Mutter, spiele ich erst mal mit dem Kind. Dabei berücksichtige ich die im Gespräch benannten Probleme und Ziele. Wenn denn in dem Gespräch etwas konkret benannt werden konnte. Das scheitert teils an Sprachbarrieren, teils an den interlektuellen Fähigkeiten und/oder an der Bereitschaft des Erwachsenen.
Ich freue mich, wenn diese Fragen beantworten oder Fragebögen ausfüllen können und eine halbwegs angemessene Einschätzung der Situation haben.

Viel Erfolg
Signaturen lesen ist Zeitverschwendung!
9. Oktober 2017 18:21 # 9
Registriert seit: 03.01.2011
Beiträge: 383

Naja, klar gibt es immer Kinder bei denen diese Vorgehensweise nicht möglich ist. Aber bei einem 7 jährigen, der wegen Konzentrationsproblemen kommt, geh ich schon davon aus, dass sie funktioniert (außer es gibt Sprachbarrieren, davon hat die TE aber ja nicht berichtet).
Ein 4 Jähriger ist natürlich etwas anderes. Je nachdem, wegen was die kommen, kann man aber auch hier konkret Fragen stellen, muss sich aber dann sehr nah, an dem Erzählten der Eltern halten (ich lasse mir auch gerne den Tagesablauf von den Kindern erzählen und frage da dann gezielt nach (z.B.: "Kannst du denn auch alle deine Knöpfe alleine zu machen, oder hilft da die Mama" (wenn ich weiß, motorisch sind Defizite da))
Ich habe das "Glück" auf dem Land zu arbeiten, wir haben nur sehr selten Eltern, bei denen es wirklich Sprachbarrieren gibt und so können sie meist sehr gut über ihr Kind berichten, wenn man die richtigen Fragen stellt. Ausnahmen gibts natürlich immer, mit denen kann man einfach kein Betätigungsziel formulieren, weil sie einfach nicht beschreiben können, wie es genau ausieht das "nicht konzentrieren können"
Auch bei den Kindern kann es sein, dass man irgendwie nicht dahin kommt, wohin man eigentlich will und sie sagen immer nur "ja ich kann alles super gut" Da muss man evtl dann mal spontan schauen, was kann man machen.
Ich habe je nach Thema auch ein Spiel parat, um daran evtl schon einen ersten Eindruck zu bekommen. (z.B. bei den Konzentrationskindern das Spiel Gruselino). Das mache ich oft am Ende der ersten Einheit mit dem Kind und da spielt dann der Elternteil gleich mit, da kann man auch ein wenig die Dynamik zwischen Eltern und Kind beobachten (Wie verhalten sich die Eltern: lassen sie dem Kind auch mal den Vortritt, Loben sie, wie reagiert das Kind: kann es auch mal eine Karte verlieren, ist es gleich beleidigt, wenn ein paar Mal jemand anderes die Karte bekommt; kann das Kind über die dauer des Spiels die Konzentrations weiterhin drauf lenken oder merkt man dass es nach und nach schlechter wird, wie ist die Impulskontrolle; schafft das Kind die Zeit über aus dem Stuhl sitzen zu bleiben) Aber das alles hab ich dann in einem Spiel gesehen, was keine 10 Minuten dauert. In einem Parcours hätte ich kaum was davon gesehen und es hätte wesentlich länger gedauert.
13. November 2017 21:36 # 10
Registriert seit: 11.08.2005
Bundesland: Sachsen
Beiträge: 842

In der 1. Einheit mit Kind mache ich immer erstmal eine Kennenlernspiel. Mit Bildkarten, jeder (auch das Elternteil) soll sich 5 Bilder aussuchen und alle werden angehalten gleich gut aufzupassen Danach fange ich an zu erzählen "Ich habe mir den Hund ausgesucht, weil ...", bis alles durch ist. Dann ist das Elternteil dran und das Kind. Dann werden die Karten an den NAchbar weiter gegeben und nun muss sich z.B. das Kind erinnern was ich zu der Karte mit dem Hund gesagt hatte. Ich baue dann bei den Karten des Kindes ein paar Fehler ein, um zu schauen wie es reagiert und ob es bei der Aufgabe ist.

Ich habe viele Kinder, die ihrer Meinung nach alles gut können und keine Probleme haben. Die Eltern berichten aber was ganz anderes. Wa smacht ihr in solchen Fällen?
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Kein Ereignis hat irgendeine Macht über dich, außer der, die du ihm gibst.
14. November 2017 12:11 # 11
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Beiträge: 944

Danke an rapor,
mir geht's auch so....und ich dachte immer, ich bin die einzige, die das so sieht...

Ich hab die Erfahrung in den vielen Jahren gemacht, dass nur die über dem Durchschnitt liegenden Kinder (Entwicklungsstand) in der Lage waren, zu erkennen, dass was schief läuft und dass sie etwas besser machen können wollen..... und vor allem: denen das BEWUßT ist.....

alle anderen Kinder brauchen meiner Meinung nach erst mal eine sehr gute Beziehung zu mir, passende Anforderungen, Erfolgserlebnisse, Anerkennung und Wertschätzung und meine Beobachtungsgabe, um das Ziel überhaupt gemeinsam herausfiltern zu können.... sonst antworten sie irgendwelchen Quatsch, den ich nicht ernst nehmen kann, weil sie es nicht verstehen, geschweige denn einschätzen können.... Das nützt mir dann gar nichts. Ich hab bisher höchst selten danebengelegen. Das Kind ist keine Maschine, das funktionieren kann, ich muss es begleiten und den richtigen Input geben, im richtigen Moment...
Eine erste Stunde gibt es immer mit Elternteil und Kind, während ich mit Mama spreche, macht das Kind ein passendes Einlegespiel... dabei sehe ich Händigkeit, Konzentration, Vis. WN, , kognitive Fähigkeiten, und das erkenne ich aus dem Augenwinkel, es sitzt neben mir... dazwischen/ vorher frag ich nach Freunden, Schule, Kindergarten und merke auch da schon, wie es sich ausdrücken kann..... nach dem Gespräch entlasse ich die Mama in den Wartebereich mit Fragebögen und das Kind bekommt noch mal etwas Therapiezeit.... Auf dem richtigen Level..... schon hab ich gewonnen, eine gute Basis ist gelegt. Wenn ich diese Stunde vergeige, kann ich das nie wieder gut machen.....
So, und nun kann ich meine Gedanken kreiseln lassen und die Therapien drauf ausrichten, wie ich weiter vorgehen könnte......::smile::
"Die Kunst ist, den Kindern alles, was sie tun oder lernen sollen, zum Spiel zu machen."
John Locke
14. November 2017 12:53 # 12
Registriert seit: 04.08.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 1242

Und dann gibt es noch die Kinder, die unter dem Tisch oder Stuhl sitzen oder sich nur hinter oder auf Mama verstecken. Und die die laut weinen, dazu Eltern die nur wenig Deutsch verstehen und noch weniger reden können. Die kommen weil es ihnen jemand gesagt hat. Was Therapie soll ist dann nur schwer verständlich zu machen. Andere sind kognitiv nicht in der Lage zu folgen, finden man lässt die Kinder einfach älter werden und füttert und beschäftigt sie. Wozu gibt es Fastfood, Fernsehen, Smartphons und Spielkonsolen.
Ich liebe es, gerade zu schwer zugänglichen Kindern ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Dabei helfen mir aber auch Jahrzehnte Erfahrung mit Kindern. Besonders die Jahre als Clown und Zirkusdirektor/-anleiter kommen mir dabei sehr zugute.
Nach Ferien, in denen manche Kinder weder zur Therapie noch zur Kita kommen, natürlich ohne Bescheid zu geben, fängt man wieder von vorne an.
Kein "Hallo" oder Blickkontakt, erstmal wieder in den Rhythmus finden und/oder wieder Deutsch sprechen...
Ich bin schon froh ab Januar als Flexi-Rentnerweniger zu arbeiten, auch, weil ich meine Arbeit liebe. Auf die Dosis kommt es an.
Signaturen lesen ist Zeitverschwendung!
14. November 2017 17:53 # 13
Registriert seit: 12.09.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 278

Klar, die Probleme kenne ich auch mit vier- oder fünfjährigen Kindern. Die können in der Regel noch keine Ziele formulieren. Auch Kinder, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, können das nicht.

Jedoch geht es in der Frage doch um einen Siebenjährigen. Mit entsprechender Vorbereitung und Begleitung formulieren die Kinder dieser Altersgruppe bei mir in der Therapie in der Regel dann schon Dinge, die sie gerne ändern wollen. Typisch sind zum Beispiel: "Die anderen sollen nicht mehr über mich lachen.", "Ich wünsche mir einen Freund/eine Freundin", "Ich möchte keine traurigen Smileys mehr von der Lehrerin in mein Mitteilungsheft bekommen.", "Die Lehrerin soll nicht mehr mit mir schimpfen." "Ich habe keine Lust, immer so lange Hausaufgaben zu machen." "Mein Bruder soll mich nicht mehr ärgern." usw. usf.

All diese Äußerungen bieten doch einen guten Gesprächseinstieg. Manchmal haben Eltern und Kind auch ganz gegenteilige Meinungen über die "Problemlage", das ist dann auch ziemlich aufschlussreich und man kann jede Menge Kommunikations- und Streitkultur beobachten. ::wink::Wenn nach der Stunde Eltern und Kind sich gehört und vielleicht sogar verstanden fühlen, ist schon viel gewonnen.

Schönen Abend zusammen
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