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Großer Wunsch: Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit?

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26. September 2018 14:31 # 1
Registriert seit: 23.09.2018
Beiträge: 96

Hallo!

Mein Patient hat die Diagnose einer Lunatumzyste links (als Linkshänder). Er ist erst 40 und seit Monaten deshalb in Krankenstand, ohne Aussicht auf baldige Wiederaufnahme des Berufs. Er kann seinen handwerklichen Beruf zurzeit nicht ausüben, da er jeden Druck auf sein Handgelenk als schmerzhaft empfindet und ihm z.B. auch ADL wie Rasieren, Kochen usw. Beschwerden machen. Also eig. jeder linkshändige Werkzeuggebrauch, aber auch wenn er die linke nur als Haltehand gebraucht. Sein großer Wunsch ist es, seine Arbeitsfähigkeit wieder zurück zu erlangen. Die Voraussetzung dafür ist für ihn eine merkliche Schmerzreduktion. Seine Handgelenksbeweglichkeit (auch die Fingerbeweglichkeit) ist nicht eingeschränkt. Seine Handkraft hat sich über die Monate Schonung auch für ihn spürbar reduziert. Tagsüber trägt er eine HG-Schiene. Eine Operation wird vorerst von den Ärzten nicht angedacht, weil diese angeblich zu riskant wäre (?)! Ich finde ehrlich gesagt, dass eine Operation hier zugunsten seiner Arbeitsfähigkeit schon Sinn machen würde, aber darüber kann ich ja nur mutmaßen.

Ich habe den Eindruck, hier wurde Ergotherapie in der Hoffnung verordnet, dass ich Wunder wirken kann und dass dadurch dann plötzlich alles gut wird. Ich versuche mal, selbst daran zu glauben ::rolleyes::::tongue::

Hat jemand Ideen, welche funktionellen Maßnahmen man setzen kann, damit der Schmerz, der durch den Druck auf das Handgelenk entsteht, gelindert werden kann (abgesehen von der Adaptierung der Aufgaben und der verwendeten Werkzeuge mit Griffverdickungen die ich mit ihm durchaus vorhabe gemeinsam zu erarbeiten)? ::confused:: Was kann ich da tun?
27. September 2018 11:51 # 2
Registriert seit: 07.01.2014
Beiträge: 43

Hallo Vogelbeere,
eine reine Immobilisation ist meines Erachtens für alle Strukturen ungünstig. Wenn Du also während der Therapie die Schiene ablegen darfst, so würde ich mit den Patienten die Dart-Throwing-Motion (von Radialextension nach Ularflexion) erarbeiten. Das ist eine schräge Bewegungsrichtung, die eine große Stabilität im Medicarpalgelenk aufweist und gleichzeitig für das Os lunatum am schonendsten ist. Weiterhin sollte eine Dext über 20° und eine Raddukt über 5° vermieden werden, da dann der Druck im Gelenk deutlich zunimmt. Ulnard. und Flex können bis 20° ausgeführt werden, ohne den Druck auf das Lunatum zu erhöhen.
Eine komplette Ruhigstellung führt meiner Meinung nach zu Inaktivitätsatropien und Demineralisierung des Knochens ect.
Der Patient soll möglichst viel unbelastet bewegen und einen kraftvollen Faustschluss zunächst (bis zur Freigabe durch den Arzt) vermeiden, da damit die dist. Handwurzelreihe auf die prox. Reihe aufgeladen wird, was zur Kompression des Os lunatum führt.
Du solltest durchblutungsfördernde Maßnahmen durchführen. Das ist sowohl lokal als auch über sympathicustonusdämpfende Maßnahmen an der BWS möglich. Zur Schmerzhemmung kann auch ein TENS-Gerät eingesetzt werden. Aber vergiss nicht, dass der Schmerz uns signalisiert, wann eine Bewegung oder Belastung zu viel ist.
Ich hoffe, Du hast hiermit eine kleine Hilfe für Dein Vorgehen bekommen.
Viel Erfolg,
M. Fischer
Akademie für Handrehabilitation
www.handakademie.de
27. September 2018 21:06 # 3
Registriert seit: 23.09.2018
Beiträge: 96

Ja, vielen lieben Dank, diese umfangreichen und sehr konkreten Empfehlungen helfen mir sehr weiter! Eine Frage noch: Welche durchblutungsfördernden Maßnahmen kann ich da setzen? Wärmeanwendungen? Ich kann mir da gerade wenig vorstellen... ::confused::

Danke schon einmal!
27. September 2018 22:27 # 4
Registriert seit: 07.01.2014
Beiträge: 43

Hallo nochmal,
solange keine entzündlichen Veränderungen vorhanden sind, kann man gut mit Wärme arbeiten. Hitze (z.B. heiße Rolle) wäre auch schmerzlindernd und kann sowohl lokal als auch im Bereich der BWS appliziert werden. Besteht eine Schwellneigung, würde ich lieber im BWS-Bereich (heiße Rolle) arbeiten. Dann wäre auch eine Lymphdrainage indiziert, um den venösen Rücktransport zu verbessern und darüber auch wieder die arterielle Versorgung zu verbessern.
L.G. M. Fischer
www.handakademie.de
1. Oktober 2018 09:17 # 5
Registriert seit: 23.09.2018
Beiträge: 96

Danke für die tollen Tipps! Die heiße Rolle an und für sich ist eine sehr hilfreiche Idee, die mir einleuchtet, v.a. im BWS-Bereich ist mir die praktische Anwendung klar... Dennoch eine Frage dazu: Die Rolle ist ja normalerweise recht groß und schwer. Wie kann ich diese lokal im Bereich des HG anwenden? Trotzdem mit 1 Liter Wasser und normal großen Handtüchern oder in einer verkleinerten Version? Danke!
1. Oktober 2018 23:30 # 6
Registriert seit: 07.01.2014
Beiträge: 43

Hallo Vogelbeere,
im BWS-Bereich wirkt die heiße Rolle sympathisustonusdämpfend, wodurch die parasympathische Aktivität erhöht wird und die Gefäße weit gestellt werden. Dadurch kommt es in der gesamten oberen Extremität, also auch in der Hand zur besseren Durchblutung. Lokal angewandt habe ich die Hitzewirkung auch nur lokal. Dafür brauchst Du keine große Handtuchrolle. Es reicht in der Regel ein Handtuch aus und dann benötigt man natürlich auch weniger Wasser (gerade soviel, bis ca. 1/3 der Rolle beim Einfüllen durchnässt ist).
L.G. M.Fischer

www.handakademie.de
2. Oktober 2018 09:12 # 7
Registriert seit: 22.11.2016
Beiträge: 47

Hallöle
eine Anmerkung noch von mir. Heiße Rolle wirkt erst recht bei Schwellung!! Durch den ständigen Wechsel von Vasokonstriktion und -dilatation regt es nebenbei eben auch die Lymphgefäße an.

Und mache auch mit deinem Patienten einiges in Sachen ADL!! Zystenbildungen sind immer Zeichen von Überlastungen und von daher schau, wie er sich im Alltag belastet, in seinem Beruf. Vielleicht muss er Grifftechniken ändern (Marion hatte ja schon von der besten Bewegung im HG gesprochen, die für das Lunatum besser wäre), vielleicht muss er speziell auftrainiert werden, vlt braucht er Hilfsmittel ect… Denn sonst sitzt er über kurz oder lang wieder bei dir auf dem Behandlungsstuhl! Und er scheint dort seine Schwachstelle zu haben. Auf jeden Fall aber wichtig: er darf erst wieder arbeiten, wenn er krafttechnisch wieder fit genug dafür ist!! Und vorher muss der Reiz raus sein. das ist immer langwierig und scheitert oft an der Ungeduld der Patienten, auch an den Existenzängsten bei langer Krankschreibung, aber es gibt nur Hop oder Top...das muss man klar kommunizieren.

Viel Erfolg und
LG Andrea
www.handakademie.de
2. Oktober 2018 09:18 # 8
Registriert seit: 23.09.2018
Beiträge: 96

Danke für den Hinweis bezüglich heißer Rolle! Das ist mir eine große Hilfe. ::thumbup:: Ja, in Bezug auf ADL habe ich vor, einiges zu machen. Er hat ja wie gesagt große Einschränkungen, wenn er Werkzeug jeder Art verwendet (z.B. beim Rasieren und Kochen). Da schau ich auf alle Fälle, dass ich mir das mit ihm anschauen und analysiere, was man verändern könnte.
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