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Unterschreitung der Regeltherapiezeit

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16. Februar 2019 17:44 # 1
Registriert seit: 16.02.2019
Beiträge: 2

Hallo liebe Kollegen,
ich arbeite seit 10 Jahren in einer Praxis, die einer Rehaklinik angeschlossen ist. Wir arbeiten in einem Interdisziplinären Team.
Nun haben wir seit zwei Wochen eine Therapiekoordinatorin, die eingestellt worden ist um unsere Praxis wirtschaftlich effizienter aufzustellen. Kurzerhand hat diese unsere Dokumentationszeiten gestrichen und Teambesprechungen sind auch nicht mehr im Plan. Das heißt nahtlose Behandlungen im 45 min. Takt. Dazwischen keine Pausen. d.h. nur die reguläre arbeitsrechtliche Pause von 30min. Ich habe schon Beiträge gelesen; die dort beschreiben, dass es schon einen Versicherungsbetrug darstellt, wenn man die Regeltherapiezeit unterschreitet um seiner Dokumentationspflicht nachzukommen. D. h. wenn ich 5min eher aufhöre. Muss ich mir jetzt einen Katheter legen lassen und eine Vorlage tragen, um nicht einen Sozialversicherungsbetrug zu begehen?
Ich brauche dringend wirklich gute Argumente die Dame umzustimmen uns die Dokumentationszeiten zu lassen. So arbeiten kann nur eine Ergomaschine...... das bin ich nicht.
16. Februar 2019 21:00 # 2
Registriert seit: 13.03.2011
Beiträge: 199

Was sagen denn eure Vorgesetzten dazu? Irgendwer muss ihr ja gesagt haben, wie sie koordinieren soll, oder?
Liebe ist, dem Geliebten zu geben, was er braucht. Der Geliebte wird dir geben, was du brauchst, wenn du die Erwartung aufgibst, etwas zu bekommen. [Anita Balser]
17. Februar 2019 08:11 # 3
Registriert seit: 04.08.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 1243

Ist das nicht leider Alltag, in den meisten Praxen?
Doku am Ende der Therapie, den Patienten dabei einbinden, das ist für mich in der Regel das Übliche.

Derzeit dürfte es kein Problem sein, sich beruflich zu verändern und bessere Bedingungen auszuhandeln.

Viel Erfolg
Signaturen lesen ist Zeitverschwendung!
17. Februar 2019 10:16 # 4
Registriert seit: 25.05.2008
Beiträge: 943

Hi,
diese Dame sollte sich einmal die RV durchlesen. Denn dort steht z.B. das u.a. die Doku zu der Regelbehandlungzeit dazu gehört. zumindest bei den Physios.
MfG
Igelchen
"Es weiß niemand besser, wo der Schuh drückt, als der, der ihn trägt."
dt. Sprichwort
17. Februar 2019 11:14 # 5
Registriert seit: 18.10.2012
Beiträge: 1476

Also bei meinen Patienten Orthopädie macht es schon Sinn die Doku während der Therapie zu machen. Bei vielen meiner Patienten wird z.B noch ne Abschlussmessung durchgeführt und das muss gleich Dokumentiert werden. Also kann ich das gleich in der Doku aufschreiben. Die Doku gehört somit mit in der Therapiezeit.
Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
17. Februar 2019 11:23 # 6
falladar
falladar
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1376

Zitat / Lexie2.0 hat geschrieben:
Hallo liebe Kollegen,
ich arbeite seit 10 Jahren in einer Praxis, die einer Rehaklinik angeschlossen ist. Wir arbeiten in einem Interdisziplinären Team.
Nun haben wir seit zwei Wochen eine Therapiekoordinatorin, die eingestellt worden ist um unsere Praxis wirtschaftlich effizienter aufzustellen. Kurzerhand hat diese unsere Dokumentationszeiten gestrichen und Teambesprechungen sind auch nicht mehr im Plan. Das heißt nahtlose Behandlungen im 45 min. Takt. Dazwischen keine Pausen. d.h. nur die reguläre arbeitsrechtliche Pause von 30min. Ich habe schon Beiträge gelesen; die dort beschreiben, dass es schon einen Versicherungsbetrug darstellt, wenn man die Regeltherapiezeit unterschreitet um seiner Dokumentationspflicht nachzukommen. D. h. wenn ich 5min eher aufhöre. Muss ich mir jetzt einen Katheter legen lassen und eine Vorlage tragen, um nicht einen Sozialversicherungsbetrug zu begehen?
Ich brauche dringend wirklich gute Argumente die Dame umzustimmen uns die Dokumentationszeiten zu lassen. So arbeiten kann nur eine Ergomaschine...... das bin ich nicht.


Wie machen das nur andere Berufsgruppen? Die Mitarbeiter bei VW am Band werden von welcher Windelmarke gesponsert? Als LKW-Fahrer bekommst du welche Vorlagen von der Berufsgenossenschaft empfohlen? Welche Kathetersorte tragen Ärzte am liebsten im OP? Welche Vorlagen benutzen Busfahrer und Lockführer?

Wenn du inkontinent bist, oder unter Blasenschwäche leidest, dann solltest du dir ein Attest beim Arzt holen und du hast jederzeit die Möglichkeit für einen bezahlten Gang zur Toilette, ohne ein schlechtes Gewissen gegenüber deinen Patienten haben zu müssen.

Wenn dir die neue Arbeitsanordnung nicht passt, such das Gespräch mit deinem Vorgesetzten! Auch die Dokumentationszeiten waren wohl vorher nicht als zusätzliche Pause gedacht gewesen. Wenn ihr die Dokuzeit nicht für die Doku genutzt habt und lieber zwischendurch Essen, Quatschen und eine Rauchen ward, ist diese Maßnahme durchaus verständlich. Hast du einmal die Effizienz eurer Teamsitzungen hinterfragt? Wofür sind diese gedacht und was ist dort wirklich passiert? Da helfen auch die besten Ausreden nichts. Die MA wollen immer mehr Gehalt und so wenig wie möglich um die eigentliche Therapie herum zu tun haben. Um trotzdem diesem Anliegen gerecht zu werden bedarf es einer organisatorischen Neuausrichtung und Umstrukturierung des Unternehmens. Welche Maßnahmen würdest du deinem Chef als Alternativen vorschlagen? Immer nur dagegen sein ist einfach. Wenn du etwas ändern willst, mach alternative umsetzbare Gegenvorschläge um das angestrebte Ziel des Unternehmens zu erreichen.

LG von einer Ergomaschiene, die seit über 20 Jahren so arbeitet und es nicht als problematisch ansieht.
17. Februar 2019 13:27 # 7
Registriert seit: 23.09.2018
Beiträge: 96

Ich finde den Vergleich von Falladar sehr bezeichnend. Einerseits haben alle meinen vollen Respekt, die schon lange so arbeiten. Andererseits: Ich finde nicht, dass wir unseren Beruf wie am Fließband ausüben sollten. Immerhin arbeiten wir nicht mit materiellen Gütern, sondern mit Menschen. Das beansprucht nicht nur körperlich, sondern durchaus auch die emotionalen und die sozialen Fähigkeiten. Nach der Arbeit am Fließband geht man nach Hause und kann gedanklich normalerweise ganz gut abschalten, was in der Arbeit mit Menschen nicht ganz so selbstverständlich ist. Auch die Vorbereitung auf die unmittelbare Tätigkeit erfordert keine extra Zeit. Somit hier meine Argumente gegen eine Streichung der Dokumentations- und Besprechungszeit:

- Die Qualität der Dokumentation wird sinken (wenn ich "nebenbei" dokumentieren muss, dann kann ich mir nicht überlegen, was sinnvoll ist zu schreiben, sondern schreibe nur, was ich eben nebenbei schaffe).
- Die Psychohygiene kommt viel kürzer (Dokumentationszeit und Besprechungen sind ja AUCH gut, um mal Patientenkontakte innerhalb (!) Arbeitszeit zu reflektieren, Intervision zu machen).
- Ein Team, das weniger Zeit zum Besprechen hat, kann über Kurz oder Lang nicht mehr so gut am selben Strang ziehen, weil der Informationsfluss nicht mehr so gegeben ist.
- Alle Möglichkeiten, seinen Horizont während der Arbeitszeit zu erweitern (durch Austausch, Nachlesen, Aktenstudie, ...) werden auf nahezu Null eingeschränkt.

Ich hoffe, das hilft weiter.

Alles Liebe!

17. Februar 2019 17:32 # 8
Registriert seit: 16.02.2019
Beiträge: 2

Ein lieben Dank an Vogelbeere! Ähnliche Argumente habe ich auch schon mit Kollegen aus der Physiotherapie besprochen....... Wir werden das irgendwann (wenn wir überhaupt die Zeit dazu finden) der Therapiekoordinatorin höchstwahrscheinlich dann nur zwischen Tür und Angel vortragen.
Deine Zeilen sprechen mir aus der Seele.
Diese Fließbandarbeit wird mit Sicherheit für die Qualität nicht förderlich sein. Es ist für uns ein Schock, diese Qualitätszeiten zu verlieren.
Es gibt ja die Regeltherapiezeiten bei Sensomotorisch-perzeptiver Behandlungen von 45-60min, wobei 45min "face to face Setting" und 15min Nachbereitung und inklusive Dokumentationszeit. Wir werden jetzt allerdings dazu aufgefordert, die 45min kürzer zu gestalten und diese nach eigenem Ermessen zu kürzen. Das ist doch eigentlich gegen die gesetzlichen Rahmenbedingungen?

Lieben Gruß an alle, die bisher geantwortet haben. Euch noch einen schönen erholsamen Sonntagabend insbesondere gilt dieser Gruß auch der Ergomaschine
17. Februar 2019 19:51 # 9
Registriert seit: 10.02.2005
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 654

Eine Praxis muss wirtschaftlich arbeiten. Das beinhaltet eine straffe Zeiteinteilung, genauso wie in jeder anderen Firma. Zum Toilettengang findet sich immer Zeit, zumindest schaffe ich es, mir nicht in die Hose zu machen, wenn ein Patient den anderen ablöst. Dokumentation kann man locker während der Behandlung machen, ein paar Sätze nebenbei in die Akte geschrieben reichen völlig aus. Ausführliche Dokumentation wird nicht von den Kassen bezahlt, die 70 Cent für das Schreiben von Berichten sind nicht mehr als eine Frechheit. Also fallen diese kurz aus und mir reicht zumeist die Ausfallzeit bei Absagen völlig dafür. Wenn ich jede SPB-Einheit 15 Minuten lang dokumentieren, vor- und nachbereiten würde, müsste ich jeden Tag 2-3 Stunden länger arbeiten. Ich habe keine Angestellten, aber wenn ich welche hätte, würde ich diese 2-3 Stunden pro Tag nicht investieren können, es sei denn, ich würde unter Mindestlohn zahlen.

Ich habe nicht das Gefühl, am Fließband zu arbeiten. Ich habe genug Zeit für meine Patienten und muss eben flott umschalten für eine neue Einheit. Das halte ich für professionell. Und bei aller Empathie: Zu Hause verschwende ich keine Gedanken an meine Patienten. Sie haben meine volle Aufmerksamkeit, wenn sie bei mir sind, aber das muss reichen. Ja, wir arbeiten mit Menschen. Nein, wir haben deshalb keine Sonderstellung, denn die ist wirtschaftlich nicht drin.

Ich bin selbstständig und arbeite seit vielen Jahren so. Dass es mäßig bis schlecht verdienenden Angestellten anders geht, kann ich verstehen. Aber ich glaube nicht, dass man das ändern kann ohne unwirtschaftlich zu werden. Wer das nicht aushält, kann ja mal in der freien Wirtschaft arbeiten. Da zeigen sie Dir nen Vogel, wenn Du mit Psychohygiene kommst. Und glaubt mir: in manchen Büros wären Supervision und Teamgespräche auch bitter nötig.

Karsten

R46.2 – und Spaß dabei!
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