Hallo !
Ich habe bisher nur still mitgelesen, hätte aber nun eine Frage ans Forum:

Ich habe seit längerem mal wieder einen Aphasiker in Behandlung. Seine Problematik auf der Aktivitätsebene ist eigentlich ziemlich klar eigengrenzt: er verwechselt Zahlen (kann daher Uhrzeit und Datum nicht korrekt nennen) das Sprachverständnis ist situativ eingeschränkt, dies macht sich vorallem in der Therapie bei der Aufgabenstellung bemerkbar, vorallem wenn eine Überforderung einsetzt, oder er bemerkt, dass er Fehler macht. Ich habe begonnen gezielt mit ihm die Uhrzeit und das Datum zu üben, ich merke aber, dass dieser Schritt eigentlich noch zu groß ist, da ermit den Zahlen noch große Schwierigkeiten hat. Ich frage mich, wei sinnvoll ein simples Aufschreiben und Nachsprechen oder Üben isolierter Zahlen/Zahlenreihen ist? In der Vergangenheit habe ich so mit einigen Patienten gearbeitet, war aber nie wirklich zufrieden (und hatte auch ehrlich gesagt nur mäßigen Erfolg damit). Ich suche nun seit Stunden im Netzt nach geeigneten Therapiematerialien... Mit fällt dabei auf, dass es im Prinzip hauptsächlich Material für Logopäden gibt. Da der Patient aber bereits 2x/Wo Logopädie bekommt, würde ich gerne mit Uhrzeit/Datum und Umgang mit Geld einen alltagsorientierten Schwerpunkt setzen. Dies ist derzeit auch das Hauptziel des Patienten in der Ergo.

Hätte also eventuell jemand von euch ein paar Erfahrungswerte und praktische Tips zum Aufbau der Therapie mit Schwerpunkt Zahlen? Würde mich sehr freuen!

Dankeschön und viele Grüße
I.

Auch wenn's sich evtl. blöd anhört, aber warum nicht den Patienten einfach zum Logopäden schicken?

Hallo
Aus Sicht der HoDT (Handlungsorientierte Diagnostik und Therapie) kann ich Dir folgende Anregungen für die Ergo geben.
Uhr: Die Zahlen korrekt auszusprechen heisst noch lange nicht, die Bedeutung der Zeit zu kennen und umgekehrt. Bei Aphasikern funktioniert analoge Zeit normalerweise gut, die Symbolik der Zahlen in der digitalen Zeit ist das Problem. Im Alltag sind eigentlich alle Zeitangaben digital und die Übersetzung der Angaben in analog funktioniert meistens nicht. Mit meiner letzten Aphasikerin habe ich eine Übersetzungsuhr aus Karton mit allen Zeitangaben gemacht (12 Stunden, 24er Stunden und die 60er Minuten) mit beweglichen Zeigern, so konnte sie jeweils räumlich Rechnen um zur richtigen Zeit aus dem Haus zu gehen für die ÖV Benutzung.
Zahlen/ Rechnen: Zahlen sind Symbole für Mengen. Bei den Aphasikern funktionieren Mengen noch aber oft nicht die Übersetzung in Zahlen.
Bei meiner Patientin hat das Rechnen mit realem Geld viel besser geklappt als das Rechnen mit Zahlen auf dem Papier, irgendwie schien das reale Geld im Hirn an einem anderen Ort abgespeichert zu sein als die Zahlen. Dh dort am besten ausprobieren.
Was Logopäden auch oft nicht machen ist allenfalls Standardapps auf Smartphones und Tablets zur Kommunikation verwenden: z.b. Kontakte mit Bildern und allen Infos um dann zu zeigen wen man meint, z.b. Google Maps um zu zeigen wo man wohnt, wo Angehörige wohnen etc. usw. Aber wichtig: Aphasiker haben oft eine Apraxie was das Bedienen der Geräte sehr erschwert. Und Pictogramme sind Symbole und das kann auch durch die Aphasie beeinträchtigt sein.
Und was auch Logos oft nicht machen: wirklich real einkaufen gehen und üben wie man Packungsanschriften entziffert wenn das Layout gewechselt hat und man sein Lieblingsirgendwas nicht mehr findet, wie man fragt wenn man ein Anliegen hat etc. etc. und real zu kochen und Anweisungen auf Packungen zu entziffern und und und

Und noch wichtig: Zusammenarbeiten mit den Logopäden und fragen welcher Eingangskanal (Hören, Schrift, Bilder usw.) und welcher Ausgangskanal (Sprechen, Schreiben, Zeichnen etc.) am wenigsten beeinträchtigt ist und diesen in der Alltagskommunikation forciert gebrauchen.
weitergehende Infos bräuchten wahrscheinlich einen Kurs ;-)
bin gespannt auf Deine Rückmeldung
Grüsse

Arbeite viel mit richtigem Material. Einkaufen oder Marktsituationen üben. Sachen abzählen lassen. Obst oder Gurken usw.
es gibt von den Supermärkten oft so Prepaidkarten. Damit kam mein aphasischer Vater sehr gut zurecht. Bekam dann immer auch einen Beleg wieviel noch drauf ist.
Geld zählen und Münzen in Scheine und umgekehrt wechseln.

Uhrzeiten aussprechen und Wissen wieviel Uhr es ist bzw. auch verstehen was man da zb macht. Dafür gibt es viele Arbeitsblätter. Da wird sicher die Logo mit ihm arbeiten.
Ich würde das alles so alttagspraktisch wie möglich gestalten und vor allem schauen was der Patient genau braucht. welche Art von Uhr ihm hilft. Kann er die gesprochene Uhrzeit verstehen ? die Uhrzeigerstellung ? die digitalen Zahlen?
Uhrentest kann man ja einfach mal ausprobieren in dem er einzeichnet. Usw.
Viel erfolg.
Mein Vati lebt leider nicht mehr, nach 17 Jahren Aphasie. Es war die innigste Zeit meines Lebens mit ihm.