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unerkannte Behinderung seit Kindheit?

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26. März 2022 16:13 # 1
Registriert seit: 26.03.2022
Beiträge: 2

Liebe Forumsuser,
Ich lebe mit Rätseln. Bin 58 Jahre und erwerbsunfähig seit 36. Damals berentet wegen Psyche, aber allen war klar, so richtig stimmt das nicht. Konnte nicht mehr laufen, Ataxie, untherapierbare Zwangserkrankung, Chaos im Kopf, Verwahrlosung, Rollstuhl, Pflegestufe. 2009 erkannte man eine schwere Schildrüsenunterfunktion, versteckt wegen Hypophysenschädigung. Mit LT lernte ich wieder laufen und die Unordnung und Zwänge im Kopf gingen weg.
Heute bin ich halbwegs zurück in der Normalität, aber manche Störungen bleiben. Niemand wagt eine Diagnose. Ich habe aber einmal im Leben Ergotherapie gehabt stationär und fühlte mich dabei wie eine Ertrinkende, der man zum ersten Mal eine Hand reicht. Jetzt bin ich so stabil, zurück schauen zu können und ich sehe immer klarer, dass ich von Geburt an eine Behinderung habe. Elternhaus war schwierig, man kümmerte sich kaum um die KInder. Vor 15 Jahren erfuhr ich vom Schicksal eines Halbbruders, der dieselben Probleme hatte wie ich, es aber nicht überlebte.
Was ich konkret fragen möchte : Meine Handschrift ist nach wie vor ein Riesenproblem für mich. Nicht nur furchtbar unleserlich gekrakelt, ich lasse auch ständig einzelne Buchstaben aus oder male aus unerklärlichen Gründen falsche Linien. Ich kann nicht in Linien oder Kästchen reinschreiben, Schon als Kind habe ich so geschmiert, dass mir die Lehrer immer eine Note abgezogen haben dafür. Rückblickend sehe ich weiteres: Habe mit 8 oder 9 Jahren immer gedacht, ich werde nie lernen, ein Konto zu führen, einen Beruf zu lernen, Auto zu fahren, Familie zu gründen. Manches habe ich dann doch geschafft, aber Auto und Familie war undenkbar. War immer erschöpft und schnell überfordert von Sinneseindrücken. Bei Klassenfahrten lag ich im Bett. Ich habe absolutes Gehör, bin aber extrem geräuschempfindlich.

Wo soll ich fragen? Ich würde gern wieder Ergotherapie erhalten. Ohne Diagnose gehe das nicht, sagt man mir. Kann mir jemand erklären, warum ich Buchstaben vergesse oder falschrum male? Ich wäre sehr dankbar für einen Rat.
Andrea

27. März 2022 17:06 # 2
Registriert seit: 12.09.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 279

Liebe Andrea

Um Ergotherapie zu erhalten, ist keine gesicherte Diagnose notwendig. Es reicht aus, wenn ein Arzt eine Funktionseinschränkung feststellt und eine Verordnung für Ergotherapie ausstellt. Ich rate dir, deine Probleme dem Hausarzt schildern und den Wunsch nach Ergotherapie aufgrund der guten Erfahrungen in der Vergangenheit zu äußern. Hilfreich wäre es sicherlich auch, vor dem Arztbesuch eine Liste zu schreiben, welche Einschränkungen du bei der Bewältigung deines Alltags erlebst und für welche du dir Beratung oder Therapie wünscht.

Warum du Buchstaben vergisst oder falschherum malst kann verschiedene Ursachen haben. Auch hier könnte dir ein Ergotherapeut möglicherweise helfen, herauszufinden, woran es liegt und deine Rechtschreibung und Handschrift zu verbessern.

Viel Erfolg,

xxu

28. März 2022 22:20 # 3
Registriert seit: 30.07.2001
Beiträge: 58

Liebe Andrea,

Als Ergotherapeut*innen steht es uns nicht zu eine Diagnose zu stellen.
Allerdings dachte ich spontan bei Deiner Beschreibung an FASD.
Ich kenne Klienten mit eben dieser Diagnose und ähnlicher Problematik.
Vielleicht magst Du hier mal nachschauen um was es geht:
https://www.fasd-deutschland.de/

Vielleicht liege ich auch komplett falsch, aber vielleicht hilft es Dir ja weiter.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Gute!

Liebe Grüße
Renate
29. März 2022 09:22 # 4
Registriert seit: 26.03.2022
Beiträge: 2

Liebe Fachleute,
Ich danke Euch für die Antworten. Vorab kann ich sagen, nein dies FASD kommt nicht in Frage. Das Elternhaus war kompliziert, aber niemand hat getrunken. Wir sind ganz ohne Alkohol aufgewachsen, unser Vater war auch nie im Leben in einer Kneipe. Was die Ursachen angeht, ist mir natürlich klar, dass man keine Ferndiagnosen stellen darf. Ich wollte sagen, es muss tatsächlich ein seltenes Problem sein, davon bin ich heute überzeugt. Als ich vor 15 Jahren hörte vom Leben meines Halbbruders, da war ich geschockt. Wir sind uns nie begegnet, aber er hatte dieselben Probleme. Nur er wurde dadurch zum Tablettensüchtigen und starb mit 40 Jahren an der Kombi Tabletten und Alkohol, vermutlich nicht gewollt. Auch mein Vater hatte im Alter Bewegungsprobleme und konnte nicht mehr von Hand schreiben, obwohl er als Lektor ständig geschrieben hat.
Mein Hausarzt denkt, es könnte sich um eine angeborene Erkrankung des Hormonsystems handeln, und vielleicht hatte ich schon als Kind zu wenig Schilddrüsenhormone. Er sagt, es gibt Mangelzustände, die im Gehirn Schäden auslösen, die nicht mehr behebbar sind. Aber wissen tut es niemand.

Was ich weiss, ist, die Ergotherapeutin in der Klinik, die war für mich der erste Mensch, der versucht hat, mir zu helfen und das Chaos zu ordnen. Ich weiss auch noch, sie hat Tests gemacht und sagte mir, ich habe Wahrnehmungsstörungen und nicht nur Depression oder so. Ich hatte Vertrauen zu ihr, und das will was heissen, ich bin jahrzehntelang nur beschimpft und gedemütigt worden, weil ich immer alles falsch gemacht habe. Darum bin ich jetzt sehr froh, wenn ich doch keine DIagnose brauche. Aber welcher Artz stellt mir so ein Rezept aus? Mein Hausarzt sagt, ich muss zum Psychiater gehen, aber ich habe Angst davor.

Vielen, vielen Dank !
Andrea
29. März 2022 21:14 # 5
Registriert seit: 29.09.2007
Beiträge: 785

Hallo Andrea,
Vielleicht kann der Hausarzt eine/n Psychiater*in empfehlen? Vielleicht verringert das die Hemmschwelle? Evtl auch ein anbahnender Anruf, um das ganze etwas vorzubereiten?

Alles Gute & Gruß
nimis
30. März 2022 18:07 # 6
Registriert seit: 12.09.2002
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Beiträge: 279

Liebe Andrea,

bitte keine Angst haben vor den Psychiater*innen, das sind (meist) auch nur freundliche Menschen, deren Aufgabe es ist, dir bestmöglich zu helfen! Wenn du dein Anliegen so schilderst, wie du es hier getan hast, solltest du Unterstützung bekommen. Sei mutig und trau dich, du kannst hier echt etwas gewinnen - vor allem, wenn du weißt, dass dir die Ergotherapie schon einmal geholfen hat.

Daumendrücken und viel Erfolg!

xxu
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