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Assessments Geriatrie

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24. August 2022 20:28 # 1
Fee89
Fee89
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 19

Geändert am 24.08.2022 20:40:00
Hallo,

ich arbeite in der Akut Geriatrie und habe Fragen zu den Assessments.
1. Welchen Uhrentest macht ihr genau?
Wir machen den nach "Watson". Die Ergos in der Klinik von der wir die Patienten übernehmen (Kooperation Alterstraumazentrum) machen den nach "Shulman" ist das bei euch auch so? Kann man irgendwie sagen welcher besser ist, beliebter, sinnvoller?
2. Was haltet ihr persönlich von der GDS? Geht ihr da nach und nach die Fragen durch oder baut ihr das eher in ein Gespräch ein? Mir ist es oft etwas unangenehm da gewisse Fragen zu stellen ::wink::
3. Wenn ihr einen "kognitiv fitten Patienten" habt macht ihr dann trotzdem den MMST Aufgabe für Aufgabe durch also fragt dann auch "In welchem Land sind wir?", Gegenstand benennen... Man möchte ja auch nicht dass sich Patienten "veräppelt" vorkommen ::blush::
4. Macht ihr bei Patienten die in Voruntersuchung keine oder nur leichte Defizite zeigten standartsiert andere Test z.B. den DemTect?

LG Jeanette


25. August 2022 10:01 # 2
Registriert seit: 30.09.2021
Beiträge: 294

Zitat / Fee89 hat geschrieben:
Hallo,

ich arbeite in der Akut Geriatrie und habe Fragen zu den Assessments.
1. Welchen Uhrentest macht ihr genau?
Wir machen den nach "Watson". Die Ergos in der Klinik von der wir die Patienten übernehmen (Kooperation Alterstraumazentrum) machen den nach "Shulman" ist das bei euch auch so? Kann man irgendwie sagen welcher besser ist, beliebter, sinnvoller?
2. Was haltet ihr persönlich von der GDS? Geht ihr da nach und nach die Fragen durch oder baut ihr das eher in ein Gespräch ein? Mir ist es oft etwas unangenehm da gewisse Fragen zu stellen ::wink::
3. Wenn ihr einen "kognitiv fitten Patienten" habt macht ihr dann trotzdem den MMST Aufgabe für Aufgabe durch also fragt dann auch "In welchem Land sind wir?", Gegenstand benennen... Man möchte ja auch nicht dass sich Patienten "veräppelt" vorkommen ::blush::
4. Macht ihr bei Patienten die in Voruntersuchung keine oder nur leichte Defizite zeigten standartsiert andere Test z.B. den DemTect?

LG Jeanette
Das Vorgehen sollte in einer Einrichtung immer standartisiert sein damit sich alle Beteiligten auf feste Strukturen verlassen können, jeder weiß wovon der andere redet/schreibt und dignostisch keine Sachen übersehen werden.

Tests sind standartisiert. Wenn du Teile veränderst oder aus persönlichen Gründen wegläßt, dies in dem Testverfahren jedoch nicht vorgesehen ist, dann kannst du die Testung auch gleich sein lassen da das Ergebnis nicht mehr aussagekräftig ist.

Manche Patienten haben im Laufe der Jahre ihrer Erkrankung Mechanismen und Strategien entwickelt um ihr Erscheinungsbild nach außen hin zu kaschieren und weitestgehen als normal darzustellen. Sie sind mit der Zeit gute "Schauspieler" geworden. Diese Fassade kannst du mit einem Test zu Fall bringen/durchbrechen. Mit einem standartisierten Test muss dir nichts peinlich sein, wenn du ihn wie vorgeschrieben anwendest. Jede eigenmächtige Änderung, oder der Abweichung von vorgegebenen Sätzen, kann die gesamte Diagnistik zu einer peinlichen Situation bringen, weil du dann anfängst unstrukturiert herumzustochern oder die Zusammenhänge für alle Beteiligten sinnfrei oder sogar persönlich übergriffig werden. Eine Klarstellung und Korrektur ist in dieser Situation kontraproduktiv weil es dich unprofessionell erscheinen läßt und den Patienten abschreckt oder sogar blockiert.

Die geriatrische Depressionsskala besteht aus 15 Fragen, die aus einem ursprünglich 100 Fragen umfassenden Katalog entwickelt wurden und jeweils mit «Ja» und «Nein» beantwortet werden können. Der Fragebogen kann entweder in Interviewform oder auch durch den Patienten selbst ausgefüllt werden.

Eigentlich machst du dir zu viele unnütze Gedanken wie der Patient sich fühlen könnte/würde/sollte und zerstörst dir damit deine professionelle Arbeit(-seinstellung/-shaltung) selbst. Du blockierst dich mit deinen Vermutungen/Gedanken über das Gefühswesen des Patienten ohne dem Patienten selbst gerecht zu werden und ihn die Entscheidung, wie er sich bei der Befundung fühlt, was er zulassen und ablehnen will, selbst treffen zu lassen.
"Lebe im Heute als wenn es kein Morgen geben würde. Wenn es doch ein Morgen gibt, um so besser für dich."
25. August 2022 16:03 # 3
Registriert seit: 06.05.2008
Beiträge: 1187

Geändert am 25.08.2022 16:05:00
Genau wie Onkel Tom sagt.
Natürlich wird das bei jedem Patienten in genau gleicher weise gemacht. Es gibt ja auch genaue Anleitungen dazu. Und wenn du meinst ein Patient fühlt sich veräppelt... Wir klären natürlich auch auf das jeder die Testung auch verweigern darf. Das ist sehr selten der Fall und meist nur wenn die Patienten unsicher sind oder Angst haben das sie als dumm abgestempelt werden. Ein ausführliches Gespräch vorab nimmt meist die Ängste davor.

Und zum Uhrentest wir machen auch den nach Shulman.
Es gibt ein netzwerk Geriatrie in Bayern, da ist das genau vorgegeben welche Tests genau gemacht werden.
https://www.afgib.de/index.php?id=94

Den demtect machen wir auch wenn man unsicher ist und genauer testen möchte. Alles andere machen die Psychologen dann.Auch dieser ist streng standartisiert!
25. August 2022 17:57 # 4
Fee89
Fee89
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 19

Geändert am 25.08.2022 18:25:00
Erstmal vielen Dank für die anregenden Antworten!!
Falls das in meinem Text ungut rüber kam, es ist keineswegs meine Intuition mich über standartisierte Anforderungen hinwegzusetzen. Natürlich klär ich gerade bei kognitiv fitten Patienten auf, dass das eben so unsere Forschriften sind und beruhige auch wenn Gedanken aufkommen die Patienten könnten "dement" sein. Dann hab ich tatsächlich auch nie größere Probleme.
Am besten erkläre ich meine Gedanken anhand eines Beispiels
Ich komme das erste Mal zum Patient. Diesen "überfalle" ich nicht gleich mit Tests. Leider muss ich immer noch die Ergotherapie-Aufgaben erklären und schaffe einen groben Überblick für was wir zuständig sind. Dann führe ich ein Gespräch in der das häusliche, soziale und familiäre Umfeld geklärt wird. Dann beginne ich mit den Tests und erkläre nochmal wieso und warum. Wenn ein Patient unmittelbar vor den Tests mehrfach korrekt abgibt in welcher Stadt er ist, welcher Monat- dann trotzdem nochmal im Test gezielt fragen?
Oder zur GDS wenn die familiäre Situation ist, dass die Frau/der Mann erst verstorben ist, der Patient einen schweren Verlauf hat, schwerst erkrankt ist...finde ich da manche Fragen in der Situation einfach "unpassend" und eher provokant dann zu fragen "sind sie jetzt voller Energie?","haben sie viele Aktivitäten aufgeben müssen?"

Vielleicht fehlt mir da einfach etwas das Selbstbewusstsein oder die Distanz, auch einfach drüber wegzusehen wenn der Patient standartisierte Tests blöd findet. Oder Kollegen aus anderen Berufsgruppen blöd gucken wenn ich da so Fragen stelle.

Wie gestaltet ihr denn eine Aufnahme vom Ablauf her? Vielleicht liegt darin etwas das Problem.

Bin über jede Anregung froh und dankbar
25. August 2022 21:17 # 5
Registriert seit: 08.05.2003
Beiträge: 10

Geändert am 25.08.2022 21:19:00
Bei uns wird der Shulman-Test gemacht.
Allerdings machen den, sowie die MARDS und den SIS machen die Ärzte. Wenn der SIS auffällig ist, wird der MMSE gemacht. Diese Assessments werden bei uns durch Ärzte gemacht, genaue Demenz- oder neuropsychologische Testungen machen die Psychologen.

Und bei diesen Tests darf man die Durchführung nicht ändern, denn sonst sind die Ergebnisse nicht valide. Ist bei Mobilitätstestungen/ Funktionstestungen auch so.

Zum Ablauf: ich erkläre den Patienten die Testsituation und dass diese gemacht werden müssen, ggf., dass die Fragen nicht von mir kommen.
Und man muss eine gesunde Distanz entwickeln, sonst kommt man mit den Schicksalen nicht klar, denn gerade in der Geriatrie ist der Tod, Depression und Demenz allgegenwärtig.
25. August 2022 22:32 # 6
Fee89
Fee89
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 19

Geändert am 26.08.2022 05:54:00
Wenn mir ein Patient nach der MMST Frage nach dem Datum korrekt "25 August 2022" beantwortet und ich kurz danach frage "Welcher Monat ist gerade?" "Welches Jahr ist?" Durch das komplette Beantworten des Datums hat mir doch der Patient bewiesen dass er Monat und Jahr benennen kann. Warum wäre es in diesem Fall doch indiziert das nochmal zu fragen?
Ich finde je transparenter und begreiflicher man die Testung macht umso kooperativer ist der Patient auch.

Oder wieder Thema GDS- ich erkläre das Oberthema des Tests, der Patient trifft direkt selber Aussagen wie "seit meinem Sturz habe ich Angst dass mir was schlimmes passieren wird" , "seit meiner Amputation fühle ich mich wertlos" , "durch meine Krebserkrankung fehlt mir jegliche Energie"- ich reagiere darauf aber dann frag ich gleich danach das gleiche nochmal, wo mir dann der Patient-welch ein - die selbe Einschätzung gibt wie davor. Was ich dann sinnvoll fände wenn man schon die Fragen aufgreift aber dann eben nochmal auf die Aussage des Patienten eingeht. Aber dann nochmal stumpf die Fragen "durchzurattern" als hätte man dem Patienten vorher nicht zugehört finde ich irgendwie unpassend. Es soll ja die Psyche evaluiert werden, ob der Patient aus eigenem Antrieb ein Thema/Frage negativ oder positiv beantwortet oder weil ich ihn danach frag-was macht da den Unterschied?
26. August 2022 08:39 # 7
Registriert seit: 30.09.2021
Beiträge: 294

Patienten können Daten einfach benennen, ob sie jedoch auch den Sinn dahinter erfassen können, das ist nicht immer gegeben. (Es ist ähnlich wie bei einem Kitakind das bis 10 zählen kann und doch hinter den Zahlen keine Mengen sieht. Es ist für das Kind wie ein Gedicht aufsagen.) Daher macht es schon Sinn bestimmte Fragen, auch kurz hintereinander, in einer anderen Art und Weise zu wiederholen. Patienten haben auch gelernt, dass, wenn sie selbst in einen Redeschwall verfallen, sie sich aus bestimmten Situationen herauswinden können oder vom Thema ablenken können.

Das Datum steht auf den Stationen meist an jeder Ecke, wird im Radio angesagt oder steht auf dem Fernsehbildschirm, wird in Gesprächsgruppen/-kreisen immer wieder thematisiert. Ob dem Patienten dann auch wirklich bewusst ist was das Datum bedeutet, welche Jahreszeit damit verbunden ist, ob es ein Werktag oder ein Arbeitstag ist, ob wir am Monatsanfang oder -ende sind, das kannst du nur durch deine geziehlten Fragen herausbekommen.

Hast du nur eine Einweisung in die Tests und deren Durchführung bekommen, oder wurdest du intensiv geschult? Nach einer intensiven Schulung würden deine Fragen eigentlich nicht aufkommen, da du den Sinn, die Handhabung und die Auswertung dort genau erklärt bekommst. Dir ist anscheinend nicht genau klar was du mit den jeweiligen Ergebnissen anfangen sollst wenn du die eigentliche Vorgehensweise nicht verstanden hast. Das ist wie mit deinem Patienten. Du kannst den Test theoretisch durchführen (der Patient kann das Datum nennen) was der Test eigentlich prüft und dann für deine weitere Arbeit bedeutet, das hast du jedoch noch nicht verstanden (der Patient kann den Datensatz Datum nicht mit seiner Lebensrealität verbinden).
"Lebe im Heute als wenn es kein Morgen geben würde. Wenn es doch ein Morgen gibt, um so besser für dich."
27. August 2022 12:43 # 8
Registriert seit: 08.05.2003
Beiträge: 10

Zitat / Fee89 hat geschrieben:
Wenn mir ein Patient nach der MMST Frage nach dem Datum korrekt "25 August 2022" beantwortet und ich kurz danach frage "Welcher Monat ist gerade?" "Welches Jahr ist?" Durch das komplette Beantworten des Datums hat mir doch der Patient bewiesen dass er Monat und Jahr benennen kann. Warum wäre es in diesem Fall doch indiziert das nochmal zu fragen?
Ich finde je transparenter und begreiflicher man die Testung macht umso kooperativer ist der Patient auch.

Oder wieder Thema GDS- ich erkläre das Oberthema des Tests, der Patient trifft direkt selber Aussagen wie "seit meinem Sturz habe ich Angst dass mir was schlimmes passieren wird" , "seit meiner Amputation fühle ich mich wertlos" , "durch meine Krebserkrankung fehlt mir jegliche Energie"- ich reagiere darauf aber dann frag ich gleich danach das gleiche nochmal, wo mir dann der Patient-welch ein - die selbe Einschätzung gibt wie davor. Was ich dann sinnvoll fände wenn man schon die Fragen aufgreift aber dann eben nochmal auf die Aussage des Patienten eingeht. Aber dann nochmal stumpf die Fragen "durchzurattern" als hätte man dem Patienten vorher nicht zugehört finde ich irgendwie unpassend. Es soll ja die Psyche evaluiert werden, ob der Patient aus eigenem Antrieb ein Thema/Frage negativ oder positiv beantwortet oder weil ich ihn danach frag-was macht da den Unterschied?


Der Unterschied besteht darin, dass Tests nur valide sind, wenn sie immer gleich gemacht werden, nicht umsonst gibt es eine Testanleitung.
Wenn du z.B. bei der Rechenaufgabe im MMSE immer wieder sagst, dass minus 7 gerechnet werden muss, hat der Patient einen „Vorteil“ Weile die Aufgabenstellung lautet, dass man nur 1x vorlesen darf und der Patient die Aufgabe erinnern muss, denn das reine Rechnen geht je nach Biographie automatisch. Ebenso das Datum, was reproduziert werden kann, wenn man es sieht, jedoch der Sinn verwehrt bleibt. Ich hatte gerade gestern eine Patientin, die zwar wusste, dass wir „auf den September zugehen“ und bei genauem Nachfragen meinte, „dann haben wir jetzt April“.
Die Tests werden dokumentiert und dein Patient hat nichts davon, wenn du ihm Punkte schenkst, das bildet ihn nicht ab und macht es für nachfolgende Behandler schwerer und gibt gegebenenfalls Nachteile z.B. beim Pflegegrad.
Auch bei den Depressionstests geht’s nicht um eine ungefähre Selbsteinschätzung, denn vielen depressiven ist das gar nicht richtig möglich.

Wenn du also Tests nach deinem Gefühl abänderst, tust du dem Patienten nichts gutes.
Und in solchen Testsituationen geht es nicht darum, ob der Patient sich veralbert fühlt, dafür erklärt man es, gerade bei Demenz im Anfangsstadium können Patienten das mit solchen Tricks gut kaschieren.
2. November 2022 05:31 # 9
Fee89
Fee89
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Beiträge: 19

Zitat / onkel tom hat geschrieben:
Patienten können Daten einfach benennen, ob sie jedoch auch den Sinn dahinter erfassen können, das ist nicht immer gegeben. (Es ist ähnlich wie bei einem Kitakind das bis 10 zählen kann und doch hinter den Zahlen keine Mengen sieht. Es ist für das Kind wie ein Gedicht aufsagen.) Daher macht es schon Sinn bestimmte Fragen, auch kurz hintereinander, in einer anderen Art und Weise zu wiederholen. Patienten haben auch gelernt, dass, wenn sie selbst in einen Redeschwall verfallen, sie sich aus bestimmten Situationen herauswinden können oder vom Thema ablenken können.

Das Datum steht auf den Stationen meist an jeder Ecke, wird im Radio angesagt oder steht auf dem Fernsehbildschirm, wird in Gesprächsgruppen/-kreisen immer wieder thematisiert. Ob dem Patienten dann auch wirklich bewusst ist was das Datum bedeutet, welche Jahreszeit damit verbunden ist, ob es ein Werktag oder ein Arbeitstag ist, ob wir am Monatsanfang oder -ende sind, das kannst du nur durch deine geziehlten Fragen herausbekommen.

Hast du nur eine Einweisung in die Tests und deren Durchführung bekommen, oder wurdest du intensiv geschult? Nach einer intensiven Schulung würden deine Fragen eigentlich nicht aufkommen, da du den Sinn, die Handhabung und die Auswertung dort genau erklärt bekommst. Dir ist anscheinend nicht genau klar was du mit den jeweiligen Ergebnissen anfangen sollst wenn du die eigentliche Vorgehensweise nicht verstanden hast. Das ist wie mit deinem Patienten. Du kannst den Test theoretisch durchführen (der Patient kann das Datum nennen) was der Test eigentlich prüft und dann für deine weitere Arbeit bedeutet, das hast du jedoch noch nicht verstanden (der Patient kann den Datensatz Datum nicht mit seiner Lebensrealität verbinden).
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