Diskussionsforum
Ergotherapeut bleiben oder nicht
Registriert seit: 09.06.2025
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Guten Tag, Ich bin am Ende meiner Weisheit und schwanke zwischen Selbstzweifeln und Frust hin und her. Kurz zu mir: Ich habe 2021 die Ergotherapieausbildung beendet und gle8ch begonnen im Praxisbereich zu arbeiten. Bereits in meiner ersten Praxis ging es mir nicht wirklich gut und ich habe mich mit vielen Themen sehr alleine gelassen gefühlt. Auch die strengen Arbeitszeiten und das hart durchgetaktete "ein Patient nach dem anderen“ Ablauf hat mich sehr gestresst und überfordert. Dies hat dann leider bereits nach meinem ersten Arbeitsjahr zu einem Burn out geführt. Es ging mir miserabel und ich habe sehr gezaudert in den Beruf zurückzukehren, obwohl die Arbeit an sich mir Spaß macht. Im Verlauf der psychischen Behandlung habe ich eine ADHS Diagnose bekommen und wurde auf Tabletten eingestellt (nachdem ich Jahrelang sinnlos psychische Diagnosen gesammelt habe, war das das erste Mal dass tatsächlich etwas geholfen hat) was für mich eine große Hilfe dargestellt hat. Ich habe zudem auch den Verdacht dass da ebenfalls etwas Autismus mit drin steckt. Das beschäftigen mit beiden Krankheitsbildern hat mir im jedem Fall sehr geholfen, ich habe viel über mich gelernt und konnte viele Strategien nutzen/alte ungesunde Strategien ablegen. Damit bewaffnet habe ich mich erneut in den Beruf begeben, in der Hoffnung dass es dieses Mal besser laufen würde. Ich hatte mehrere Bewerbungsgespräche und habe eine Praxis ausgewählt von der ich mit den besten Eindruck hatte. Dieser positive Eindruck hat sich leider nicht gehalten. Um fair zu sein habe ich mir kurz nach der Einstellung ein riesiges Projekt aufgebürdet (eine Neurofeedbackstation welche auch ein Herzensprojekt war) für das ich definitiv noch viel zu unerfahren war. Allerdings hat meine Chefin, nachdem ich Interesse geäußert hatte, auch sehr viel Druck gemacht dies so schnell wie möglich durchzusetzen. Da dann allerdings nur wenig bis gar keine Unterstützung dazu kam und ich auch keine Extra Orgazeit für das Projekt bekommen habe, habe ich mich sehr schnell wieder stark damit überfordert. Ich habe Fachbücher gewälzt, viele extrafortbildungsstunden selber bezahlt und habe trotzdem bis heute saß Gefühl kaum etwas damit zu erreichen. Zusätzlich habe ich nach wie vor keine einzige Fortbildung in einem reinen ergotherapeutischen Feld, wodurch ich das Gefühl habe absolut ohne richtige Grundlage darzustehen (ich arbeite schwerpunktmäßig mit Kindern und wir haben keine erfahrenen Kindertherapeuten in der Praxis und mein Praktikum in dem Bereich war eine Katastrophe). Dies ist vor einigen Wochen nun in einer Panikattacke ausgeufert, nach der ich 2 Wochen krank geschrieben war. Letztens hatte ich nun ein Gespräch mit meiner Chefin, wo sie mir im Grunde vermittelt hat, dies wäre selbstverschuldet gewesen, ich müsse lernen besser Grenzen zu setzen und auf mich zu achten (ich sage nicht dass das nicht auf jeden Fall teil des Problems ist, ich frage mich nur wie ich unter diesen Umständen anders hätte handeln können) nun haderte ich schon vor diesem Gespräch damit zu gehen, fühle mich allerdings schlecht wegen der teuren Station die ich mit angefangen habe. Vor allem aber, habe ich große Angst mich noch einmal woanders zu bewerben, da ich mich inzwischen frage, ob ich vielleicht einfach nichts in diesem Beruf verloren habe. Vielleicht bin ich einfach nicht in der Lage mich ausreichend abzugrenzen und zu strukturieren. Und vielleicht werden alle Probleme die ich mit dem Job habe nur beim nächsten Arbeitgeber wieder von vorne los gehen. Ich bin überreizt in Gruppen und unstrukturiert in der Therapieplanung. Ich habe konstant ein schlechtes Gewissen den Patienten unzureichende Angebote zu machen. Bereits nach den ersten 2 Wochentagen bin ich so erschöpft dass ich nicht weiß wie ich den Rest der Woche durchstehen soll und vergesse ständig Dinge. Ich weiß dass ich das alles besser hinbekomme wenn ich nicht so erschöpft bin, aber die Frage ist doch wie wahrscheinlich es ist, dass ich irgendwo einen Job in der Ergotherapie finde, der mich nicht so beansprucht, dass ich wieder genauso fertig bin wie jetzt. Ich habe das Gefühl in diesem Beruf nur gute Arbeit leisten zu können (und das will ich) wenn ich extra Anstrengung gebe, wobei ich eigentlich nicht mal genug Energiereserven habe um neben der normalen Arbeit auf meine Gesundheit zu achten. Ich möchte gerne Ergotherapeut sein, aber vielleicht reiche ich nicht dafür. Ich weiß natürlich dass mir niemand hier sagen kann was ich tun soll, egal wie viel ich erzähle. Aber vielleicht hat ja jemand hier etwas ähnliches durch und kann mit mir Erfahrungen teilen. Vielen lieben Dank auf jeden Fall fürs Lesen
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Hallo Rhys, atme erstmal gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz tief durch! Zunächst einmal kann ich dir sagen, dass ich am Anfang meines Berufslebens auch sehr mit mir und meiner Leistung als Therapeutin gehadert habe. Ich glaube, in gewissem Maß sind solche Unsicherheiten normal. Die Sicherheit kommt mit der Erfahrung, das weiß ich jetzt. Auch wenn ich noch heute manchmal überlege, ob ich genug weiß, wirklich gute Arbeit leiste. Doch die Rückmeldung meiner Kollegen und meiner Vorgesetzten, sowie die Reaktionen der Patienten stärken mich. Inzwischen bilde ich auch Ergo-Schüler im Rahmen ihres Fachpraktikums im Psychiatrischen Bereich aus. Das macht mir sehr viel Freude, kostet natürlich aber auch Kraft und Zeit. Dinge, die ich mir selbst nehmen muss, die kriege ich nicht geschenkt. Beim Lesen deines Textes kam mir die Frage auf, ob die von dir beschriebenen Schwierigkeiten nicht auch in anderen Berufen auftreten würden? Grenzen setzen musst du in jedem Beruf, und auch im privaten ist das eine wichtige Fähigkeit. Sich selbst zu strukturieren ist nicht immer leicht, aber ebenso eine wichtige Fähigkeit, nicht nur im Beruf. Vielleicht versuchst du dir - ggf. mit professioneller Hilfe - diese Fähigkeiten zu erarbeiten? Du möchtest doch gern in diesem Beruf arbeiten, oder? Egal welcher Beruf, schau, welche Fähigkeiten du benötigst um dein Ziel zu erreichen - und dann arbeite daran. Grenze dich ab, schütze dich selbst, lerne dich zu strukturieren....etc. Ich wünsche dir alles Gute! LG Salu
Liebe ist, dem Geliebten zu geben, was er braucht. Der Geliebte wird dir geben, was du brauchst, wenn du die Erwartung aufgibst, etwas zu bekommen. [Anita Balser]
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Hallo Rhys,
überfordert waren wir am Anfang alle. Überlege doch einmal mit Deinen Stundenlohn runterzugehen und dafür mehr Pausen zu haben? Wenn es Dir besser geht bzw. Du Dich routinierter fühlst, kann man das ja wieder ändern.
Beste Grüße, Susanne
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Zitat / Susa Li hat geschrieben:Hallo Rhys,
überfordert waren wir am Anfang alle. Überlege doch einmal mit Deinen Stundenlohn runterzugehen und dafür mehr Pausen zu haben? Wenn es Dir besser geht bzw. Du Dich routinierter fühlst, kann man das ja wieder ändern.
Beste Grüße, Susanne Warum denn mit dem Stundenlohn runter gehen? Pausen werden nicht bezahlt. Man kann sich doch so viele Pausen einplanen wie man selbst für richtig hält. Es kostet dem Arbeitgeber nichts.
"Lebe im Heute als wenn es kein Morgen geben würde. Wenn es doch ein Morgen gibt, um so besser für dich."
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Registriert seit: 30.05.2016
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Na ja, das setzt dann voraus, dass man länger in der Praxis sein möchte. Für mich klang der Post so, als wäre die Belastung insegesamt zu viel.
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Registriert seit: 09.06.2025
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Hallo ihr Lueben, erst mal vielen lieben Dank für die Antworten. Natürlich ist es so dass man sich in jedem Beruf strukturieren muss. Allerdings ist es in anderen Berufen ja nicht unbedingt immer üblich dass der ganze Tag aus kleinen individuellen Terminen besteht, die man jeweils komplex vorbereiten und planen muss. Es ist nicht üblich dass man Hausbesuche macht, etc. Ich würde durchaus sagen; dass es nicht normal ist sich in dem Maß selber strukturieren und organisieren zu müssen, wie das im therapeutischen Bereich nun mal der Fall ist. Und ich merke dass es mir sehr schwer fällt, da den Überblick zu behalten. Und natürlich versuche ich mit da Strategien und Wege zu erarbeiten, merke aber immer wieder dass mir eine Menge Aufgaben einfach runterfallen, trotz aller Strategien, da ich sie schlichtweg vergesse und auch keinen festen Arbeitsplatz habe, wo ich eine Chance hätte alles übersichtlich und dauerhaft einsehbar zu sammeln. Das macht einfach das ADHS sehr schwierig. Und die Frage ist dann ob ich dauerhaft da hinterher sein kann, wenn es mich so viel Kapazität kostet alleine nur die Büroaufgaben im Blick zu behalten. Ich habe auch schon überlegt mit den Stunden wieder runter zu gehen, habe allerdings Sorge, dass aufgrund der großen Station die an mir hängt, meine Chefin sich dagegenstemmen wird. Ich fühle mich gerade massiv unter Druck das Ganze zum Laufen zu kriegen und fühle mich eigentlich zu unqualifiert um das zu schaffen. Und ich bin durchaus bereit da dann entsprechend auch mehr Energie reinzustecken, allerdings fühle ich mich dauerhaft nicht ernst genommen wenn ich Sorgen bezüglich der Station äußere. Also auf der einen Seite bin ich dann die unerfahrene Anfängerin, die das alles nicht einschätzen kann und auf der anderen Seite wurde mir dieses große Projekt in die Hand gedrückt. Und die Erwartung ist dass ich es schaffe komplexes neurologisches Fachwissen was ich dafür brauche, die grundlegenden erogtherapeutischen Fähigkeiten entwickeln, die ich auch dafür brauche sowie die zusätzliche Wartung und Pflege der teuren Technik schaffe, ohne dass irgendwas davon in meine Arbeitszeit zählt und ich soll mich dabei nicht verausgaben und noch Energie für die Vermarktung des Ganzen aufbringen. Und wenn ich dann nach Hause komme und nichts mehr auf die Reihe kriege außer schlafen weiß ich nicht mehr was ich machen soll, um diese Situation irgendwie in den Griff zu bekommen. Und wenn ich dann krank geschrieben werde und meine Chefin meint die Station läuft ganz toll weil ich mich so anstrenge, die Technik selbst aber durch meine Unerfahrenheit keine Wirkung zu zeigen scheint und die Patienten deswegen aufhören und im Grunde Patienten nur Loben wir engagiert ich bin, sie mir dann aber sagt ich muss mich auch schonen und mich weniger engagieren...dann ist das doch nicht mehr meine bloße Unsicherheit als Anfängerin, oder? Wie gesagt ich erwarte keine einfache Lösung; die Situation ist kompliziert. Trotzdem vielen Dank für die Antworten und eine gute Woche.
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Registriert seit: 13.03.2011
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Die Vorstellung, die sich beim Lesen in meinem Kopf entwickelt, würde wohl jeden überfordern. Der Aufbau einer neuen Station/ eines so großen Projekts benötigt Zeit! Und diese muss dir innerhalb deiner Arbeitszeit eingeräumt werden. Das heißt, du bist in der Verantwortung zu schauen, was brauche ich an Ressourcen (Zeit, Literatur, Fortbildungen, Technik, etc.) um diese Aufgabe meistern zu können. Und das musst du dir dann einfordern. Wenn das dein Chef/ Chefin nicht möchte, dann kannst du das Projekt nicht machen. Das erfordert natürlich einiges an Mut und Selbstbewusstsein...aber wenn du nicht für dich selbst einstehst, wer sollte es denn sonst tun? Ich weiß, wie schwer das ist....und am Anfang wäre ich dazu wohl auch kaum in der Lage gewesen. Inzwischen habe ich mein Lehrgeld bezahlt...habe mich engagiert und am Ende dafür von meinem ehemaligen Chef leider n Tritt in den Hintern bekommen. Ich wünsche dir, dass es dir gelingt, für dich zu sorgen und für dich einzustehen. Ich denke, du benötigst vor allem mehr Selbstbewusstsein und Mut.  Du wirst deinen Weg finden! LG Salu
Liebe ist, dem Geliebten zu geben, was er braucht. Der Geliebte wird dir geben, was du brauchst, wenn du die Erwartung aufgibst, etwas zu bekommen. [Anita Balser]
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