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Neue Rheuma-App mit Angeboten aus Physiotherapie, Ergotherapie und Psychotherapie soll medizinische Versorgung verbessern

Regelmäßige Therapietermine sind für viele Menschen mit Rheuma eine Herausforderung – sei es wegen beruflicher Verpflichtungen, eingeschränkter Mobilität oder langer Anfahrtswege. Das Projekt RELIEV der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) entwickelt daher eine digitale Therapieplattform für Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Ziel ist es, die medizinische Versorgung flexibler zu gestalten, Betroffene langfristig zu begleiten und Praxisbesuche zu reduzieren.

Rheuma-Therapie

Zeit, Geld und Wege sparen

Allein in Niedersachsen leiden etwa 245.000 Menschen an Rheuma – darunter nicht nur ältere, sondern auch erwerbstätige Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche. Viele Betroffene sind berufstätig, aufgrund der Erkrankung jedoch häufig nur bedingt in der Lage zu arbeiten oder sogar vollkommen arbeitsunfähig. Die jährlichen Kosten für Rheumamedikamente sind hoch und liegen pro Fall zwischen 12.000 und 25.000 Euro. Neben Schmerzmitteln, Kortisonpräparaten und Biologika – biotechnologisch hergestellten Medikamenten, die gezielt in den Entzündungsprozess eingreifen – ist auch die Physiotherapie ein wichtiger Baustein, um Entzündungen zu bremsen und die Beweglichkeit zu verbessern. Doch nicht alle Patientinnen und Patienten können diese notwendige Behandlung wahrnehmen. Die Gründe sind vielfältig und liegen nicht nur in den knappen Kapazitäten auf Seiten der Praxen. Oftmals fällt es den Betroffenen schwer, Termine in ihren Alltag zu integrieren – sei es aufgrund von Vollzeitberuf, Schule oder Studium, langen Anfahrtswegen aus ländlichen Gebieten, der Betreuung von oder durch Angehörigen oder der eigenen eingeschränkten Mobilität. Die Folge: Physiotherapeutische Angebote, die mehrmals pro Woche stattfinden, oder andere für viele Betroffene wichtige Versorgungsbausteine wie Ergotherapie oder Psychotherapie werden abgebrochen oder gar nicht erst wahrgenommen.

Dieses Problem will das Projekt RELIEV (Rheumaerkrankungen langfristig Interdisziplinär entlasten und vorbeugen) nun lösen. Unter der Leitung von Professor Dr. Georg Behrens, Oberarzt an der Klinik für Rheumatologie und Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), arbeiten Forschende gemeinsam mit Patientinnen und Patienten sowie Rheuma- und Physiotherapiepraxen an der Entwicklung einer innovativen Versorgungs-App. Ziel ist es, die Behandlungsqualität zu verbessern, individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen und gleichzeitig den zeitlichen Aufwand für Betroffene, behandelnde Ärztinnen und Ärzte sowie Therapeutinnen und Therapeuten durch eine digitale Therapieplattform zu verringern. Durch die Kombination aus persönlicher Betreuung und digitalen Angeboten soll sich die Zahl der Praxisbesuche um 90 Prozent verringern. Die NBank fördert das Projekt mit einer halben Million Euro.

Therapie individuell und ortsunabhängig

Die Rheuma-App RELIEV ist nicht als rein digitales Angebot konzipiert, sondern begleitet und unterstützt die ambulante Therapie. Ziel ist es, Betroffenen dabei zu helfen, ihre Erkrankung eigenständig zu managen und die Therapie individuell an ihre Lebenssituation anzupassen. Neben Videoanleitungen für Bewegungsübungen enthält die App auch hilfreiche Tipps zum Umgang mit der Krankheit und psychischen Belastungen. Eine Chat-Funktion ermöglicht zudem den direkten Austausch mit Therapeutinnen und Therapeuten, bietet Feedback zum Therapieverlauf und beantwortet offene Fragen. RELIEV stellt die Bedürfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt und ermöglicht eine flexible, ortsunabhängige Versorgung mit geprüften Angeboten aus Physiotherapie, Ergotherapie und Psychotherapie. Durch das Baukastenprinzip können Nutzerinnen und Nutzer die für sie passenden Module auswählen, im eigenen Tempo anwenden und so aktiv an ihrer Gesundheitsversorgung mitwirken.

Langfristige Begleitung statt kurzfristiger Verordnungen

Das Grundgerüst für die App ist bereits vorhanden und stützt sich auf Erfahrungen aus dem MHH-Projekt ErgoLoCo, einer Plattform für Online-Live-Ergotherapie bei langfristigen Beschwerden nach Corona-Infektion und dem Anschlussprojektes DiEgO. Diese Projekte konnten bereits zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die eigenverantwortlich an ihrer Therapie teilnehmen, langfristig motivierter bleiben und nachhaltigere Fortschritte erzielen. Im Gegensatz zu kurzfristigen Verordnungen bietet die App eine kontinuierliche Begleitung und unterstützt Betroffene dabei, mehr Bewegung in ihren Alltag zu integrieren.

Ein weiterer Effekt ist, dass RELIEV nicht nur Rheumakranke und Fachpraxen, sondern auch das Gesundheitssystem entlastet: Dank mehr Bewegung zu Beginn der Erkrankung muss die Behandlung mit teuren Biologika erst später beginnen. Allein bei 100 Betroffenen würde ein Jahr Aufschub eine Ersparnis von etwa 1,2 Millionen Euro bedeuten. Dabei sind die indirekten Kosten durch Erwerbsminderung und Arbeitsunfähigkeit noch gar nicht miteingerechnet.

Ausblick: Überführung in die Regelversorgung

Das Projekt startet mit zunächst 50 Betroffenen. Danach soll die digitale Therapieplattform in einer größeren Studie mit 100 Teilnehmenden getestet werden. Ziel ist, die App in die Regelversorgung zu überführen. „Als öffentlich zugängliche Software ließe sich das digitale Angebot dann auch auf andere chronische Erkrankungen übertragen“, sagt Dr. Alexandra Dopfer-Jablonka, Oberärztin an der an der Klinik für Rheumatologie und Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dann könnte RELIEV einen wichtigen Beitrag leisten, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern und die Vereinbarkeit von Therapie mit Beruf und Familie zu erleichtern.

Das Projekt RELIEV erfolgt in Kooperation mit der Universitätsmedizin Göttingen, dem Rheumazentrum Niedersachsen, sowie einer Rheumapraxis und einer Praxis für Physiotherapie in Hannover.

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