Dass Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie Autismus-Spektrum-Störungen häufiger links- oder gemischthändig sind, wurde in der Praxis bereits mehrfach beobachtet. Ein internationales Forschungsteam aus Bochum, Hamburg, Nimwegen und Athen hat diesen Zusammenhang nun genauer untersucht. Ihre Meta-Analyse zeigt: Eine Links- oder Gemischthändigkeit zeigt sich vor allem bei neurologischen Erkrankungen, die früh im Leben auftreten und mit sprachlichen Auffälligkeiten verbunden sind – wie etwa bei Dyslexie, Schizophrenie oder Autismus.
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Symptome als Ausgangspunkt der Betrachtung
Das Forschungsteam analysierte bestehende Metaanalysen erneut – diesmal mit einem besonderen Fokus. Sie gingen davon aus, dass eine abweichende Händigkeit mit Erkrankungen in Zusammenhang stehen könnte, bei denen sprachliche Symptome auftreten. Da sowohl Sprache als auch Händigkeit im Gehirn überwiegend einseitig organisiert sind, lag die Vermutung nahe, dass sie durch ähnliche frühkindliche Entwicklungsprozesse beeinflusst werden. Zudem prüfte das Team die Hypothese, dass Links- oder Gemischthändigkeit vor allem bei Erkrankungen häufiger vorkommt, die bereits früh im Leben beginnen. Auch dieser Gedanke stützt sich auf die Tatsache, dass die Händigkeit sehr früh festgelegt wird.
Beide Annahmen haben sich bestätigt. Die Ergebnisse wurden am 2. Mai 2025 im Psychological Bulletin veröffentlicht.
Verbindung zwischen Händigkeit und neuronalen Entwicklungsstörungen
Links- oder Gemischthändigkeit tritt bei Personen mit Dyslexie, einer Störung der Lesefähigkeit, zum Beispiel statistisch signifikant häufiger auf als bei gesunden Personen. Auch bei Autismus, der in schweren Fällen mit Kommunikationsstörungen einhergeht, und bei Schizophrenie, bei der Betroffene mitunter Stimmen hören, gibt es sowohl sprachliche Symptome als auch eine erhöhte Rate an Links- und Gemischthändigkeit.
Die Häufung der abweichenden Händigkeit ließ sich zudem wie vermutet bei Erkrankungen umso häufiger nachweisen, desto früher sich die Symptome manifestieren. Anders war es bei Depressionen, die durchschnittlich erst um das 30. Lebensjahr auftreten: Hier ließ sich kein Zusammenhang zur Händigkeit feststellen.
Die Forschenden sehen darin einen Beleg dafür, dass die Händigkeit und verschiedene neuronale Entwicklungsstörungen durch teilweise überlappende Prozesse in der frühen Hirnentwicklung beeinflusst werden.
Originalpublikation
Julian Packheiser, Jette Borawski, Gesa Berretz, Sarah Alina Merklein, Marietta Papadatou-Pastou, Sebastian Ocklenburg: Handedness in Mental and Neurodevelopmental Disorders: A Systematic Review and Second-Order Meta-Analysis, in: Psychological Bulletin, 2025, DOI: 10.1037/bul0000471, https://doi.org/10.1037/bul0000471