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Behandlungserfolg beginnt im Kopf: Warum Erwartungen so entscheidend sind

Was Patientinnen und Patienten über ihre Therapie denken, beeinflusst maßgeblich, wie gut sie wirkt. Positive Erwartungen stärken die Wirkung, negative können sie schwächen oder sogar Nebenwirkungen verstärken. Eine aktuelle Veröffentlichung in JAMA Insights zeigt, wie medizinisches Fachpersonal diesen Effekt gezielt nutzen kann. Die vorgestellten Kommunikationsstrategien lassen sich besonders gut in der ergotherapeutischen Arbeit umsetzen, denn dort stehen individuelle Ziele, Vertrauen und Beziehungsgestaltung längst im Fokus.

Die Behandlungserwartungen von Patient:innen beeinflussen den Erfolg einer Therapie

Dass Erwartungen eine zentrale Rolle im Therapieerfolg spielen, ist wissenschaftlich gut belegt. Positive Vorstellungen darüber, was eine Behandlung bewirken kann, fördern den Genesungsprozess. Gleichzeitig können Sorgen und Ängste – etwa vor Nebenwirkungen – die Wirksamkeit einschränken. Die Psychologinnen und Psychologen Johannes Laferton, Winfried Rief und Meike Shedden-Mora empfehlen vier konkrete Strategien, mit denen Fachkräfte diesen Einfluss aktiv gestalten können – über alle Disziplinen hinweg.

Vier Kommunikationsstrategien zur gezielten Förderung positiver Erwartungen

1. Erfahrungen und Erwartungen verstehen

Ob eine Behandlung wirkt, hängt nicht nur von der Methode ab – auch persönliche Erwartungen und Sorgen der Patientinnen und Patienten spielen eine wichtige Rolle. Das zeigt eine Auswertung von sechs Studien mit insgesamt 748 Teilnehmenden. Dabei wurde deutlich: Selbst, wenn man sich viel Nutzen von der Behandlung verspricht, können gleichzeitig Ängste vor Nebenwirkungen den Behandlungserfolg beeinträchtigen.

Deshalb ist es wichtig, bereits zu Beginn offen nach bisherigen Erfahrungen mit Therapien, den Erwartungen an die aktuelle Behandlung und möglichen Befürchtungen zu fragen. So lassen sich individuelle Bedürfnisse besser erkennen und die Therapie darauf abstimmen.

2. Vertrauen durch Beziehung und Kommunikation stärken

Einfühlsame Kommunikation und fachliche Kompetenz wirken sich positiv auf den Erfolg einer Behandlung aus. Dabei spielen auch nonverbale Signale wie Blickkontakt, ein freundliches Nicken oder eine klare und verständliche Sprache eine wichtige Rolle. Solche Elemente schaffen Vertrauen und fördern die therapeutische Beziehung.

Wie stark sich das auswirken kann, zeigt eine Studie mit Patientinnen und Patienten mit Reizdarmsyndrom: Sie profitierten deutlich mehr von einer Behandlung, wenn die betreuende Person empathisch und zugewandt war – im Vergleich zu einer sachlich-distanzierten Begegnung.

3. Positive Erwartungen fördern – mit realistischen Zielen

Menschen starten mit bestimmten Erwartungen in eine Behandlung. Wenn Behandelnde diese Erwartungen gezielt aufgreifen und realistische Ziele gemeinsam mit den Betroffenen formulieren, kann das den Therapieverlauf spürbar verbessern. Ein zuversichtlicher Ausblick, der an den persönlichen Zielen der Patientin oder des Patienten anknüpft – etwa: „Nach der Operation möchten Sie wieder mit Ihrer Familie Bergwandern. Ich bin zuversichtlich, dass Sie in den ersten sechs Wochen schon kurze Spaziergänge unternehmen und nach drei Monaten bereits wieder moderate Wanderungen bewältigen können.“ – stärkt das Vertrauen in den eigenen Genesungsweg.

Dass ein persönlicher Genesungsfahrplan das Gesundwerden fördert, zeigen Studien an Patientinnen und Patienten mit Herzoperationen und operativen Eingriffen im Bauchraum. Sie konnten nach Eingriffen am Herzen bis zu 4,5 Tage früher aus dem Krankenhaus entlassen werden, und nahmen nach Bauch-OPs etwa fünf Tage früher ihre normalen Alltagsaktivitäten wieder auf.

Beim Entwickeln solch eines Genesungsfahrplans mit Hilfe einer psychologischen Intervention ist es wichtig, dass die Ziele realistisch sind und eine persönliche Bedeutung haben.

4. Angst vor Nebenwirkungen und unerwünschten Symptomen mindern

Viele Menschen überschätzen das Risiko von Nebenwirkungen und unterschätzen gleichzeitig den Nutzen einer Therapie. Entscheidend ist deshalb, wie Fachkräfte über mögliche unerwünschte Symptome sprechen. Eine ausgewogene, verständliche und gleichzeitig zuversichtliche Kommunikation kann dabei helfen, Sorgen abzubauen. Wenn Patientinnen und Patienten erfahren, warum bestimmte Reaktionen auftreten können – etwa, weil das Medikament aktiv im Körper wirkt – nehmen sie Nebenwirkungen oft weniger belastend wahr.

Das zeigen auch Forschungsergebnisse: In einer Studie mit Menschen, die Methotrexat gegen entzündliches Rheuma einnahmen, berichteten diejenigen über deutlich weniger Nebenwirkungen, denen man diese begleitenden Effekte als erwartbare und vorübergehende Zeichen der Wirkung erklärt hatte. Diese Gruppe brach die Therapie zudem seltener ab.

Kommunikation und Haltung als therapeutisches Werkzeug in der Ergotherpie nutzen

Die vorgestellten Strategien zeigen, welchen Einfluss Erwartungen auf den Behandlungserfolg haben – unabhängig vom Fachbereich. Gerade in der Ergotherapie, wo die Zielorientierung und die individuelle Beziehungsgestaltung eine zentrale Rolle spielen, lassen sich diese Erkenntnisse besonders gut umsetzen. Bereits heute ist es Teil des ergotherapeutischen Selbstverständnisses, gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten alltagsnahe, realistische Ziele zu entwickeln. Diese stärken nicht nur das Selbstwirksamkeitserleben, sondern fördern auch eine positive Grundhaltung gegenüber dem Behandlungsprozess.

Auch ein wertschätzender, klarer Umgang mit Sorgen, Nebenwirkungen oder auch Rückschlägen und eine empathische Kommunikation im therapeutischen Alltag tragen dazu bei, Erwartungen positiv zu beeinflussen und können damit einen wichtigen Beitrag zu Motivation, Therapieadhärenz und letztlich zum Behandlungserfolg leisten. Gute Kommunikation ist nicht nur eine hilfreiche Technik, sondern auch ein therapeutisches Werkzeug.

Originalpublikation

Laferton JAC, Rief W, Shedden-Mora M. Improving Patients’ Treatment Expectations. JAMA. Published online June 04, 2025. doi:10.1001/jama.2025.6261

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