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Diskussionsforum

Patienten abweisen?

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22. April 2010 22:13 # 1
Registriert seit: 25.04.2006
Beiträge: 150

Hallo,ich würde gerne wissen, ob wir Patienten "abweisen" dürfen. Es geht um eine Familie, die schon mehrere Praxen durch hat, überall unzufrieden war und ständig nörgelt - was viel schlimmer ist, sie wollen kaum Infos über ihr Kind geben.Z.B. haben sie im Anamnesegespräch die Fragen nicht beantwortet, sondern immer gesagt ich solle mir selbst ein Bild machen, sonst sei ich vorbelastet ( auch bei Entwicklungsfragen, fachärztl. Untersuchungen,etc. ). Alle Erklärungen, weshalb das wichtig sei halfen nicht. Die Eltern führen die Aufgaben/Mitarbeit im Alltag nicht durch, mit dem Argument sie haben keine Zeit. Jetzt kam für mich die Spitze des Eisberges: Der Junge erzählte in der Therapie er gehe zum Handball, dies schrieb ich in den Arztbericht - da ich es bei einem hypotonen Kind wie ihm sehr positiv finde, etc....
Der Kinderarzt fragte den Jungen dann bei einem Arzttermin, ob das Handballtraining ihm gefallen würde, worauf die Eltern wissen wollten woher er das wüßte. Er nannte den Bericht, was dazu führte, dass der Vater mich anrief und sehr forsch und unverschämt meinte, das dass private Infos seien und den Arzt das nix anging. Ein ruhiges Gespräch war nicht möglich.
Jetzt würde ich der Familie gerne sagen, dass ich ja ihre Unzufriedenheit merken würde und ich ihnen anbiete, dass sie zu einer Kollegin in eine andere Praxis wechseln könnten ( habe eine Kollegin schon gefragt, ob sie Termine frei hat, hat sie , sodass es sofort weitergehen kann).
Wenn die Familie sagt, sie will bei mir bleiben, kann ich sie dann abweisen, oder darf ich das nicht?

Tja, jetzt hab ich viel geschrieben und hoffe auf Rückmeldung . In meinen über 10Jahren Ergo hab ich sowas echt noch nicht erlebt!

22. April 2010 22:47 # 2
chipchap
chipchap
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1334

Hallo,
tatsächlich abweisen darf ein Heilmittelerbringer eigentlich niemanden, der eine VO in der Hand hat. Aber die Therapie abbrechen, wegen fehlendem Vertrauensverhältnis zwischen Therapeut und Familie, und vor allem wegen fehlender Mitarbeit (was nutzt ein Termin pro Woche, wenn zu Hause nix umgesetzt wird?): halte ich für legitim. Nach Rücksprache mit dem Arzt.
Vielleicht sollte er mal mehr nachbohren, woher so ein großes Mißtrauen der Eltern entstanden ist....und nochmal erklären, warum es für die Behandlung eines Kindes so wichtig für die Therapeuten ist, alle Umfeldfaktoren zu kennen!
LG,
chipchap

22. April 2010 23:40 # 3
Registriert seit: 05.04.2010
Beiträge: 902

leider kenne ich sowas zu gut. ich arbeite derzeit noch in einer tagesklinik für kinder- und jugendpsychiatrie und erlebe immer wieder eltern, die nicht mitarbeiten. wir arbeiten zu 95% verhaltenstherapeutisch, ansatzweise auch tiefenps., aber das eher weniger. die eltern werden vor behandlungsbeginn aufgeklärt, dass sie zu den wöchentlichen auswertungsrunden kommen sollten, dass die belohnungssysteme geführt werden müssen usw. und immer wieder kommen kinder dann mit keinen punkten (durchschnittlich können sie 5-8 am tag verdienen), belohnungen werden nicht eingelöst oder irgendwas wird "belohnung" genannt, was eh passiert wäre (z.b. geburtstagsfeier der schwester ist dann ne belohnung)...

ich denke, abweisen kannst du sie nicht, eher n therapeutenwechsel vorschlagen oder nen therapievertrag machen (eben mal nicht kind-therapeut, sondern eltern-therapeut)... und auf jeden fall erstmal klären, WARUM sie so enttäuscht und unzufrieden sind.
auf der anderen seite....(klingt jetzt vielleicht hart und unsozial), es ist nicht dein kind, du kannst nicht alle retten, es ist im grunde nicht dein problem. auf der anderen seite versteh ich, dass es einen wahnsinnig macht, wenn keine oder wenig erfolge aufgrund mangelnder mitarbeit erzielt werden...
rede doch mal mit ihr, vielleicht ohne kind, wär besser!
viel erfolg!

23. April 2010 08:51 # 4
saloia
saloia
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 3624

hallo, gothika---

zu der berichtsinfo: ich gehe davon aus, das du vor behandlungsbeginn in jedem fall eine schweigepflichtsentbindung (gg.über ärzten/ betr. einrichtung/ kk... was halt nötig ist) unterschreiben lässt? sonst hätte der vater recht...

zum ablehnen: das ist wie so oft definitionssache.
nenn es abbrechen--- dann ist es, wie oben schon geschildert, ok und sinnvoll...
rücksprache mit dem arzt und vermerk auf der VO..

habe ich auch mit erwachsenen psych. patienten schon gemacht, die einen exorbitant hohen "therapeutenverschleiß" hatten, und, sorry, lediglich stundenweises "entertainment" zu erwarten schienen..
der arzt war dankbar für die klare rückmeldung: "dann werd ich doch lieber da verschreiben, wo es auch angenommen wird"
so wird ein schuh draus!

ps: weiß die andere praxis, was auf sie zukommt?? das elternverhalten wird sich wohl nicht grundlegend ändern....
man sollte vielleicht, so hart es klingt, einsehen, das bei manchen patienten (-konstellationen) unser einsatz sinnlos ist, obwohl die notwendigkeit da ist... traurig für die involvierten betroffenen, aber vom umfeld her manchmal nicht anders zu regeln...



gruß - saloia
-------------------------------------

>>>> Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben. <<<<< (g.b.shaw)

....UND EINE NEUE SOFTWARE BRAUCHEN WIR AUCH ENDLICH !!

23. April 2010 18:41 # 5
Registriert seit: 25.04.2006
Beiträge: 150

Vielen Dank für die schnellen Rückmeldungen. Ich bemühe mich mal kurz die Beiträge zu "kommentieren": Ja, die Frage woher das Mißtrauen kommt wollte ich klären, bekomme aber nur ein "das sehen sie völlig falsch....".
Schweigeflichtsentbindung habe ich, sofern ich über den DVE informiert bin, hat man sowieso eine Entbindung zu den Arzt, der das Rezept ausstellt.
"Retten" will und kann ich niemanden, mir geht es auch nicht um die fehlende Mitarbeit, sondern um die ganze "Story", das raubt Kraft und Nerven, sodass ich keine Lust mehr habe meine Energie da rein zu stecken.
Und ja, die Kollegin der anderen Praxis weiß bescheid, ohne Namen und Daten versteht sich.

27. April 2010 21:10 # 6
anepalme
anepalme
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 88

hallo liebe kollegen, zum thema: patienten ablehnen hab ich eine frage.
jetzt stehe ich ganz kurz vor der eröffnung meiner praxis und die patientenanfragen nehmen langsam aber sicher zu. gesetzt den fall, ich komme dahin, dass es erstmal keine termine mehr gibt und ich auch noch keinen mitarbeiter habe, was ist dann? kann ich patienten dann an die kollegen in der umgebung weiter empfehlen? und die eigentliche frage: darf ich wirklich niemanden ablehnen? meine praxis ist spezialisiert auf best.klientel, was wenn plötzlich ein verhaltensauffälliges kind vor mir steht nein - die frage ist wirklich ernst gemeint.

vielen dank für eure rückmeldung! anna
28. April 2010 07:12 # 7
chipchap
chipchap
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 1334

@anepalme
1)
Du darfst niemanden "fachbereichsbezogen" ablehnen. Mit der Zulassung verpflichtest Du Dich, jeden Pat. mit einer GKV-VO zu behandeln. Deshalb müssen wir ja auch die Einrichtung und das Material "für jeden Fall" vorweisen können! Aber es ist legitim z.Bsp. zu sagen: "Wir behandeln nur selten Kinder...". Da schaltet eigentlich jedes Elternteil und geht woanders hin (ich als Mutter würde es tun).
2)
Wenn Dein Plan voll ist, gibt es eben erst auf lange Sicht den nächsten freien Termin. In der Regel wartet das kein Patient ab (die VO müsste ja auch wieder aktualisiert werden) und sucht sich eine Praxis mit einer zeitnahen Aufnahmemöglichkeit.
LG,
chipchap

29. April 2010 17:49 # 8
anepalme
anepalme
Ehemaliges Mitglied
Beiträge: 88

hey chipchap, vielen dank, mh...ich habs verstanden! lg! anna
29. April 2010 23:28 # 9
Registriert seit: 30.11.2007
Beiträge: 160

Hi,

also bei uns gibt es eine Vormerkliste oder Warteliste, wie auch immer man das nennt. Allerdings besteht unsere Praxis auch schon länger und mit einigen Mitarbeitern wird schneller ein Termin frei.
Aber ich denke auch mit einer neuen Praxis kann man soetwas einführen und einfach mal Name und Telefonnummer des Pat. notieren, sollte sich kurzfristig was ergeben, kann du einfach anrufen und einen Termin anbieten. Ich finde das praktisch und es gibt den Patienten das Gefühl, dass du dich bemühst.

Zum eigentlichen Thema des Threads: Ich denke man kann schon thematisieren, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit einfach bestimmte Rahmenbedingungen braucht. Wenn diese nicht gegeben sind, kannst du die Möglichkeiten, die du siehts darstellen und dann mit den Eltern entscheiden wie es weiter gehen soll. Weiter empfehlen geht auch, allerdings verlagert sich so nur das Problem, gelöst wird es nicht.




1. Mai 2010 11:04 # 10
Registriert seit: 19.11.2009
Bundesland: Niedersachsen
Beiträge: 20

Hi,
erst mal Grundsätzliches. Eine Schweigepflichtentbindung ist totaler Unsinn. Auf dem Rezept ist das erstellen von Behandlungsberichten an den austellenden Arzt mit ja oder nein gekennzeichnet. Hier mußt Du keinem gegenüber darüber Rechenschaft ablegen wenn ein Bericht deinerseits zum Arzt erfolgt. Im Gegenteil, dieses ist ein wichtiger Bestandteil Deiner Arbeit um gemeinsam mit dem Arzt zu reflektieren inwieweit die Behandlungen Sinn machen und Fortschritte usw. anzeigen. Du kannst aus persönlichen Gründen Grundsätzlich einen Pat ablehnen, solltest dieses aber vorher mit Deinem Vorgesetzten besprechen. Bist Du Praxisinhaber kannst Du natürlich auch mit Grund eine Behandlung abbrechen und kannst es, wenn der Patient oder in dem Fall die Eltern zu unverschämt sind, dieses der Krankenkasse mitteilen. Laßt Euch nicht immer ins Boxhorn jagen, wir sind zwar Dienstleister aber keine Sklaven oder Prellböcke für unverschämte und charakterlose Mitmenschen.
Gruß Bernersen

1. Mai 2010 19:11 # 11
Registriert seit: 25.04.2006
Beiträge: 150

Danke bernerse!!!!Du glaubst garnicht wie froh ich über Deinen Beitrag bin!!!!Dein Beitrag bestätigt mich in meinem Wissen und Gewissen

14. März 2020 20:41 # 12
Registriert seit: 02.05.2019
Beiträge: 2

Natürlich steht es jedem Dienstleister frei, selbst zu entscheiden, ob die Vorraussetzungen von Patientenseite und die eigene soweit stimmen, dass eine Zusammenarbeit möglich ist. An erster Stelle sollte doch eine erfolgreiche Therapie für den Patienten stehen. Fühlt man sich einem Fall nicht gewachsen oder stimmt die Einstellung zur Behandlung nicht von Patientenseite, so kann man dankbar sein, wenn man diesen Eindruck schon im Vorfeld hat und nimmt diesen Patienten nicht auf.
Was ich nicht gut finde, ja sogar unverantwortlich und
unprofessionell , ist hier der Vorschlag einer Kollegin, Patienten trotzdem aufzunehmen, auch wenn die Vorraussetzung zur Zusammenarbeit offensichtl nicht stimmen, um dann wohlwissend bald abzubrechen. Ethisch gesehen eine Ungeheuerlichkeit!
14. März 2020 22:18 # 13
Registriert seit: 27.03.2009
Beiträge: 166

Hey J. Herrmann

vor 10 Jahren waren die Dinge noch etwas anders.

Guten Morgen! Wir haben lange auf deinen Beitrag gewartet. Wahrscheinlich haste da noch in die Windeln....::biggrin::
Liebe Grüße,
Pitbull
13. April 2023 17:25 # 14
Registriert seit: 17.06.2005
Beiträge: 34

Hallo zusammen,

Ich möchte das Thema nochmal aufgreifen. Wir hatten heute eine Diskussion mit einer Angehörigen einer Demenzpatientin. Die Frau wurde arg persönlich indem sie die Kollegin persönlich angegriffen und beleidigt sowie die Therapie schlecht gemacht hat. Welche bereits seit 12 Wochen nicht mehr stattfand wegen beispielsweise Krankenhausaufenthalten der Patientin. In der Zwischenzeit hat die Kollegin die Stunde neu besetzt. Man kann ja nicht die Stunde wochenlang frei halten. Jedenfalls würde die Angehörige jetzt derart unhöflich und persönlich das wir die Behandlung nicht weiter führen möchten. Wie seht ihr die Sache.

Vg
14. April 2023 06:54 # 15
Registriert seit: 21.11.2014
Beiträge: 99

Warum solltet ihr denn eine Behandlung durchführen, die von Seiten der Angehörigen nicht für gut geheißen wird?
Also mal vom rechtlichen (Vollmacht etc.) abgesehen...
Würd ich nich hin fahren.
"Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können!"
- Abraham Lincoln -
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