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Akademisierung der Therapieberufe: Deutschland droht, den Anschluss zu verlieren

International ist die akademische Ausbildung von Logopäd*innen, Physio- und Ergotherapeut*innen mittlerweile Standard. Dagegen dominiert in Deutschland weiterhin die dreijährige Berufsausbildung an einer Berufsfachschule. Dennoch hat sich mittlerweile eine Vielzahl von Studienangeboten für Therapieberufe an deutschen Hochschulen etabliert. Dies zeigt eine Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung. Am Beispiel der Schweiz zeigen die Autorinnen, dass eine Vollakademisierung der drei Berufszweige gelingen kann, wenn es einen klaren politischen Willen zur Ausbildungsreform gibt.

Akademisierung der Therapieberufe

Die Hebammenausbildung erfolgt in Deutschland seit 2020 in Form eines praxisnahen Bachelorstudiums. Für die Therapieberufe fehlt jedoch weiterhin eine flächendeckende Lösung. Während international für Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie seit Jahrzehnten eine hochschulische Ausbildung Standard ist, gibt es in Deutschland weiterhin sowohl einen beruflichen als auch eine akademischen Ausbildungsweg.

Eine Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung im Rahmen eines Dossiers aus der Reihe DUZ Spotlight – Gute Praxis international zeigt für die bestehenden hochschulischen Angebote eine stark steigende Nachfrage. Zwischen den Wintersemestern 2005/2006 und 2021/2022 hat sich die Zahl der Studierenden in Studiengängen für nichtärztliche Heilberufe/Therapien fast verfünffacht. Aktuell sind in diesem Studienbereich rund 15.000 Studierende eingeschrieben.

Für die Bereiche Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie gab es im vergangenen Jahr deutschlandweit 112 Studienangebote, die meisten davon in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Von diesen folgt fast die Hälfte einem dualen Ansatz und beinhaltet ein ausbildungsintegrierendes oder begleitendes Studium. 17 Studienangebote sind primärqualifizierend, d.h. die Berufsqualifizierung wird durch erfolgreiches Absolvieren eines Hochschulstudiums in Vollzeit erreicht. 70 Prozent der Studiengänge konzentrieren sich auf eines der drei Fächer, es gibt aber auch Angebote, die bis zu drei Fächer kombinieren.

Fast drei Viertel aller Studiengänge werden von Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften angeboten, die sich oftmals in privater Trägerschaft befinden. „Trotz der steigenden Nachfrage nach Studienangeboten verharrt man in Deutschland politisch bei der Ausbildungsreform in der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie in einer unentschlossenen Zwischenposition. Seit rund 15 Jahren wird über die Akademisierung diskutiert, aber eine klare Richtungsentscheidung fehlt“, bilanziert Sigrun Nickel.

Akademisierung der Therapieberufe

„Die Stagnation dürfte dabei sicher auch finanzielle Gründe haben“, vermutet die Leiterin Hochschulforschung beim CHE. Schließlich würden sich bei einer Vollakademisierung Teile der Ausbildungskosten vom Gesundheitssektor auf die Länder als Träger der Hochschulen verlagern. Auch steigende Durchschnittsgehälter in den Therapieberufen bei einem akademischen Abschluss könnten als Kostentreiber gesehen und das Vorhaben deshalb entsprechend ausgebremst werden.

Dass es auch anders geht, zeigen die Dossier-Autorinnen Sigrun Nickel und Anna-Lena Thiele am Beispiel der Schweiz. Trotz ähnlicher politischer Diskussionen und einem ebenfalls starken und anerkannten Ausbildungssystem, verlagerten die Eidgenoss*innen seit den 2000er Jahren die Ausbildung von Logopädie, Physio- und Ergotherapie sukzessive an die Hochschulen. Mittlerweile ist der Akademisierungsprozess dort vollständig abgeschlossen und die Nachfrage nach entsprechenden Studienplätzen wächst weiter.

Der Schwerpunkt zum Thema ist am 17. Februar im Rahmen der Ausgabe 02/2023 der DUZ erschienen und wurde von Sigrun Nickel und Anna-Lena Thiele erstellt. Das Dossier ist die zwölfte Ausgabe des gemeinsam von CHE und DUZ Deutsche Universitätszeitung entwickelten Formats „DUZ Spotlight – Gute Praxis international“, das in loser Folge in der DUZ und auf www.che.de veröffentlicht wird.

Weitere Informationen



Quelle: CHE Centrum für Hochschulentwicklung


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